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Kioskbetrieb im Dunkeln: Aufgrund von Engpässen bei der Stromversorgung wird der Strom regelmäßig für mehrere Stunden abgestellt. Kioskbetrieb im Dunkeln: Aufgrund von Engpässen bei der Stromversorgung wird der Strom regelmäßig für mehrere Stunden abgestellt. | © picture alliance/dpa/Juan Diego Montenegro

Markets International 1/25 I Ecuador I Energie

Neue Energie(n) schöpfen

Ecuador leidet unter einer schweren Energiekrise. Das veranlasst die Regierung, Rahmenbedingungen zu verbessern und Projekte anzuschieben. Deutsche Unternehmen können profitieren.

Von Janosch Siepen | Bogotá

Wenn in Ecuador wieder einmal der Strom abgeschaltet wird, beginnt für viele Patienten im Land das stundenlange Bangen. Eine von ihnen ist Linda Vidal, eine Frau Anfang 50 mit Hodgkin-Lymphom und einer chronischen Atemwegserkrankung. Ohne ihren elektrisch betriebenen Sauerstoffkonzentrator muss sie stillsitzen, damit sie atmen kann. 

Markets International Ausgabe 1/25

Markets International 02/24 Markets International 02/24 | © GTAI

Dieser Beitrag stammt aus der Zeitschrift Markets International, Ausgabe 1/2025 mit dem Schwerpunkt Robotik. Erfahren Sie, welche weiteren Beiträge die Ausgabe für Sie bereit hält.

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Menschen wie Vidal sind Leidtragende einer schweren Energiekrise im Land, die sich Ende 2024 verschärft hat. Eine der stärksten Dürren der vergangenen 60 Jahre führt dazu, dass dem Land Wasser und damit Strom fehlen. Weil Ecuador fast 80 Prozent seines Stroms aus Wasserkraft bezieht, jahrelang zu wenig in Wärmekraft investiert hat, der Strommarkt des Landes staatlich gelenkt und kaum wettbewerbsfähig ist, sind die Konsequenzen des Energiemangels inzwischen dramatisch: Bis zu 14 Stunden müssen die Menschen in Ecuador pro Tag ohne Strom auskommen. Und auch die Industrie leidet: Der großen Mirador-Kupfermine wurde 19 Tage lang der Strom abgestellt. Zwischen September und November 2024 entstanden Verluste von 7,5 Milliarden US-Dollar im Industrie- und Handelssektor, so die Handelskammer von Quito. 

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Energiekrise belastet Unternehmen

Auch deutsche Unternehmen sind von der Stromkrise betroffen. „Durch den Wassermangel ist unser Absatz von Hochdruckreinigern deutlich zurückgegangen. Wegen der Stromausfälle haben Kunden außerdem Probleme mit der Zahlungsabwicklung“, sagt Christopher Iza, Supply Chain Manager beim baden-württembergischen Unternehmen Kärcher in Ecuador. Und der deutsche Reifenhersteller Continental gab bekannt, dass die Stromversorgung seines Werks in Cuenca ohne Vorankündigung abgeschaltet worden sei, was die Fabrik lahmlegte. „Die Energiekrise in Ecuador trifft sowohl unsere Produktion, weil wir pro Woche 32 Stunden ohne Strom auskommen müssen, als auch die Nachfrage“, sagt Luiz Gomes, CEO bei Continental Tire Andina. 

Das Pharmaunternehmen Grünenthal musste den Betrieb nie einstellen. „Unsere Fabrik arbeitet mit einer alternativen Stromerzeugung via Generatoren weiter“, sagt Produktionsleiterin Ana Maria Lazo. „Wir sind Teil des Gesundheitssektors, von strategischer Bedeutung, daher kann unsere Produktion nicht eingestellt werden, da wir sonst unsere Patienten nicht versorgen könnten.“ Grünenthal ist eine Ausnahme, denn der Großteil der ecuadorianischen Wirtschaft ist geprägt von kleinen und mittleren Unternehmen, die meist nicht über eigene Stromerzeugungskapazitäten verfügen.

Deutsche Firmen können profitieren

Die Situation zwingt die Regierung nun dazu, die Energieversorgung im Land auszubauen. Weil das Land dafür neue Projekte anschiebt und rechtliche Rahmenbedingungen verbessert, bieten sich künftige Geschäftschancen für deutsche Unternehmen. So stimmte die ecuadorianische Nationalversammlung Ende Oktober 2024 dem Gesetz zur Förderung von privaten Initiativen bei der Stromerzeugung zu. Privatunternehmen dürfen nun deutlich größere Kraftwerke bauen, Erzeuger von erneuerbaren Energien bekommen bessere Rahmenbedingungen, Gas darf für den Eigenbedarf importiert werden und neue Ausschreibungen für Gasfelder sind geplant.

Daneben halten neue Großvorhaben interessante Geschäftsmöglichkeiten bereit: Das Geothermieprojekt Chachimbiro kommt nach einem neuen Finanzierungsabkommen nun endlich in Fahrt. Neue Wasserkraft- und Solarprojekte sind geplant, und im Bergbau schreiten verschiedene Projekte voran. 

Diverse ausländische Firmen profitieren bereits von der gesteigerten Nachfrage nach Energielösungen. Progen (USA) und Austral Technical Management (Uruguay) zum Beispiel lieferten zuletzt Generatoren für mehrere hundert Millionen US-Dollar. Das Unternehmen 2G Energy aus dem Münsterland liefert Gasgeneratoren nach Ecuador, die künftig mit Biogas funktionieren sollen. „Biogas ist eine gute Alternative für den komplexen und sehr reglementierten Erdgasmarkt“, sagt Ulrike Stieler von der AHK Ecuador. „Es bestehen große Absatzchancen bei Industriekunden, die resilienter werden wollen.“

Krise erfordert Investitionen

Auch wenn sich die Energiekrise im Januar deutlich entspannte, könnten Stromabschaltungen ab April wieder zunehmen, so Experten. Laut Schätzungen erfordert der Ausbau von Stromerzeugung und -leitungen in Ecuador etwa 17 Milliarden US-Dollar. Geld, das das Land nicht hat. Externe Finanzierung kann zwar Abhilfe schaffen, allerdings bleiben strukturelle Hürden, wie die Kontrolle der Stromtarife und das Fehlen eines Stromgroßhandelsmarkts, bestehen. So bleibt das Risiko, dass in den kommenden Jahren in Ecuador immer wieder einmal die Lichter ausgehen

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