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Markttrends
Finnland deckt seinen Bedarf an Medizintechnik vor allem aus dem Ausland. Finanzielle Probleme im Gesundheitswesen behindern die Beschaffung.
14.02.2025
Von Niklas Becker | Helsinki
Finnlands Markt für Medizintechnik belief sich 2023 nach Schätzungen des Marktforschungsunternehmens Fitch Solutions auf ein Volumen von etwa 1,3 Milliarden Euro. Pro Kopf entspricht das einem Wert von 236 Euro. Der finnische Markt wird nach Ansicht der Experten in den Folgejahren schrittweise wachsen. Die aktuelle Sparpolitik der finnischen Regierung sowie die schwache Wirtschaftslage in Europa bremsen jedoch die Marktentwicklung. Zwischen 2023 und 2028 erwartet Fitch Solutions ein durchschnittliches jährliches Marktwachstum um 6,5 Prozent. Im Jahr 2028 wird sich das Volumen demnach auf 1,8 Milliarden Euro beziehungsweise 323 Euro pro Kopf belaufen.
Nachfrage wird über Importe gedeckt
Der finnische Markt für Medizintechnik wird vor allem durch Produkte aus dem Ausland abgedeckt. Der Wettbewerb ist sehr hart. In den vergangenen Jahren gab es wenige neue Markteintritte, viele der globalen Player sind bereits auf dem Markt vertreten. 2023 beliefen sich die Importe auf insgesamt 1,1 Milliarden Euro und lagen damit auf dem Vorjahresniveau. Wichtigster Lieferant waren, wie bereits 2022, die Niederlande. Rund ein Drittel der importierten Medizintechnik stammte von dort. Deutschland liegt im Lieferantenranking auf Platz 2.
Rückgang der aus Deutschland importieren Medizintechnik 2023.
Im Jahr 2021 und in den Vorjahren stellten deutsche Medizintechnikhersteller noch die größte Gruppe dar. Grund für die Verschiebung in der Rangfolge sind merkliche Rückgänge der aus Deutschland importierten und deutliche Zuwächse der aus den Niederlanden importierten Medizintechnik. So lagen die Einfuhren aus Deutschland im Jahr 2023 mit 206 Millionen Euro etwa 14 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Die niederländische Konkurrenz verzeichnete im gleichen Zeitraum einen Zuwachs um 18 Prozent auf 362 Millionen Euro. Gemessen am absoluten Wert fielen die deutschen Rückgänge bei Elektrodiagnose- sowie Röntgenapparaten besonders stark aus. Auf der Gegenseite stieg die finnische Nachfrage nach niederländischen Elektrodiagnoseapparaten sowie medizinischen und chirurgischen Instrumenten überdurchschnittlich an.
In den ersten drei Quartalen 2024 setzte sich die aus deutscher Sicht schlechte Entwicklung fort. So kamen die Niederlande in diesem Zeitraum auf einen Importanteil von 35 Prozent. Bei den deutschen Herstellern waren es weniger als 19 Prozent. Ein entscheidender Grund für die deutlichen Zuwächse der niederländischen Exporte nach Finnland dürfte das Unternehmen Mediq sein. Das niederländische Unternehmen hat in Finnland eine große Marktpräsenz.
Lang diskutierte Reform wurde umgesetzt
Finnland hat im Sommer 2021 die lang diskutierte Sozial- und Gesundheitsreform beschlossen. Über die sogenannte Sote-Reform wurde 15 Jahre debattiert. Hintergrund ist die stark dezentrale Organisation der finnischen Gesundheits- und Sozialdienste. Vor der Reform oblagen diese Aufgaben den 310 Gemeinden. Im Januar 2023 wurde die Organisation an 21 neu geschaffene Gesundheits- und Sozialregionen (hyvinvointialue) übertragen. Finnlands Hauptstadt Helsinki verwaltet ihre Sozial- und Rettungsdienste weiterhin selbst.
Ziel der Sote-Reform war es, die Gesundheits- und Sozialversorgung in Finnland landesweit auf ein einheitliches Niveau zu bringen. Schlagzeilen machte die Reform bisher jedoch vor allem durch die klammen Kassen der Gesundheitsregionen. Alle Regionen stehen vor finanziellen Herausforderungen und haben deshalb Einsparungen angekündigt. IM Jahr 2024 belief sich das Defizit der 21 Gesundheitsregionen (Helsinki ausgenommen) auf rund 1,5 Milliarden Euro; 2023 waren es 1,3 Milliarden Euro.
Um die finanziellen Ziele zu erreichen, ist zwangsläufig auch eine Kürzung der Dienstleistungen und eine Reduzierung der Zahl der Arztzentren erforderlich. Die Dienstleistungen werden zunehmend zentralisiert. Besonders in den bevölkerungsärmeren Gegenden in Nordfinnland ist das ein viel diskutiertes Thema.
Finanzielle Probleme plagen Gesundheitsregionen
Auf dem finnischen Markt aktive Medizintechnikhersteller berichten, dass der Fokus bei Ausschreibungen für Medizintechnik vor allem auf dem Preis liegt. Durch die angespannte finanzielle Lage der Gesundheitsregionen ist die Bedeutung des Preises bei Ausschreibungen seit der Umsetzung der Sote-Reform teilweise sogar gestiegen.
Neu ist seit der Umsetzung der Sote-Reform allerdings, dass das Volumen der Ausschreibungen größer ausfällt, da nun nur noch 22 Gesundheits- und Sozialregionen und nicht mehr 310 Gemeinden ausschreiben. Die Regionen leiden jedoch noch immer unter der Umstrukturierung. Sie mussten die verschiedenen Anbieter der Gemeinden zusammenfügen und hatten zugleich einen Mangel an Ausschreibungsexperten.
Marktteilnehmer berichten jedoch, dass sich die Qualität der Ausschreibungen verbessert. In der Vergangenheit sei ein Problem gewesen, dass zum Teil entsprechendes Know-how in den Gemeinden fehlte. Nun setzten die Regionen immer häufiger auf den Dialog mit Anbietern. "Das ist eine gute Entwicklung, denn so kann das eigene Angebot angepasst werden und man bietet nicht blind", berichtet ein Marktteilnehmer im Gespräch mit GTAI und ergänzt: "Es gibt jedoch immer noch Raum für Verbesserungen bei den Ausschreibungen."
Projekt | Investitionssumme | Geplante Fertigstellung | Anmerkung |
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Helsinki, Krankenhaus Laakson sairaala | 1.003 | bis 2030 | Krankenpflegebezirk Helsinki und Uusimaa; 190.000 m² Geschossfläche |
Universitätskrankenhaus Oulu ("Future Hospital OYS 2030") | 900 | im Jahr 2028 | Krankenpflegebezirk Nord-Österbotten; 200.000 m² Geschossfläche (Neubauanteil) |
Helsinki-Malmi, neues Krankenhaus | 380 | im Jahr 2032 | Stadt Helsinki, 80.000 m² Geschossfläche |
Hämeenlinna, Krankenhaus Ahveniston sairaala | 356 | im Jahr 2026 | Krankenpflegebezirk Kanta-Häme; 74.300 m² Geschossfläche |
Pori, Krankenhaus Satasairaala | 150 | im Jahr 2029 (Neubau), 2032 (Sanierung) | Krankenpflegebezirk Satakunta; 39.039 m² Geschossfläche (Neubau und Sanierung) |
Kotka, Zentralkrankenhaus Kymenlaakson keskussairaala | mehr als 100 | im Jahr 2029 | Kommunalverband Kymenlaakso; 40.000 m² Geschossfläche |
Helsinki-Kamppi, Gesundheitszentrum | 84 | im Jahr 2027 | Stadt Helsinki; 8 Etagen oberirdisch, 16.400 m² Geschossfläche |
Turku, Krankenhaus- und Ärztezentrum | k.A. | im Jahr 2027 | Privater Gesundheitsdienstleister Terveystalo; 14.000 m² Geschossfläche |
Private Gesundheitsdienstleister mischen auch mit
Nicht zu vernachlässigen sind in Finnland private Gesundheitsdienstleister. Sie übernehmen die berufsspezifische Gesundheitsversorgung am Arbeitsplatz, zu der die finnischen Unternehmen gesetzlich verpflichtet sind.
Finnische Erwerbstätige haben dadurch meist einen besseren Zugang zur Gesundheitsversorgung als beispielsweise Rentner oder Arbeitsuchende. Aufgrund der langen Wartezeiten im öffentlichen Gesundheitswesen steigt die Nachfrage nach privaten Gesundheitsdienstleistungen. Laut finnischer Behörde für Gesundheit und Wohlbefinden (Terveyden ja hyvinvoinnin laitos; THL) erbringen private Gesundheitsdienstleister mehr als die Hälfte der primären Gesundheitsdienste (ohne Zahnmedizin).
Name | Umsatz 2023 |
---|---|
Mehiläinen | 1.850 |
Terveystalo | 1.286 |
Pihlajalinna | 720
|
Cor Group Oulu | 468
|
Attendo
| 441 |
Esperi Care | 398 |