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Special | Finnland | Klimaschutz im Dialog

"Der russische Angriff wird den Übergang beschleunigen"

Finnland will bereits 2035 klimaneutral sein. Wie das gelingen kann und welche Herausforderungen auf das Land zukommen, erklärt Dr. Mari Pantsar vom finnischen Zukunftsfonds Sitra.

Von Niklas Becker | Helsinki

Dr. Mari Pantsar ist seit 2014 beim finnischen Innovationsfonds Sitra für das Themenfeld klimaneutrale Kreislaufwirtschaft verantwortlich. Zudem gehört sie zum Management-Teams des Fonds. Sitra ist der Zukunftsfonds des Landes, der direkt dem finnischen Parlament unterstellt ist. Sein Investitionsvolumen beläuft sich auf rund 1 Milliarde Euro. Im Fokus der Arbeit stehen drei Ziele: Lösungen für die ökologische Nachhaltigkeitskrise zu finden, eine faire Datenwirtschaft zu fördern sowie Demokratie und Partizipation zu stärken.

Mari Pantsar Mari Pantsar | © Kuva: Miikka Pirinen / Sitra

Welche Rolle spielt der Klimaschutz in Finnland? Sehen Sie Unterschiede zu anderen europäischen Ländern?

Die Notwendigkeit von Klimaschutzmaßnahmen ist in Finnland weithin anerkannt. Auch in unserer Politik spielt der Klimaschutz eine sehr wichtige Rolle. So hat die aktuelle Regierungskoalition im Jahr 2019 beschlossen, dass Finnland ab 2035 klimaneutral sein soll. Den Kohleausstieg bis 2029 hatte bereits die konservative Vorgängerregierung besiegelt. Ein großes Thema in Finnland sind unsere Wälder. Es ist hier von zentraler Bedeutung, dass besonders sorgfältig zwischen Klimaschutz und Natur auf der einen Seite sowie den wirtschaftlichen Aspekten auf der anderen Seite abgewogen wird. Dieses Thema spielt hierzulande eine wichtigere Rolle als in anderen Ländern der Europäischen Union.

Könnten Sie das etwas ausführen?

Die Forstwirtschaft spielt für Finnland eine wichtige ökonomische Rolle. Gleichzeitig wissen wir aber, dass unsere Forstwirtschaft ökologischer werden muss, um unsere Ziele in Bezug auf das Klima und die biologische Vielfalt zu erreichen.

Halten Sie das finnische 2035-Klimaneutralitäts-Ziel für realistisch und erreichbar?

Es wird sicherlich nicht einfach. Aber ich bin überzeugt, dass wir es schaffen können. Wir müssen alles in unserer Macht Stehende dafür tun und sollten auch bedenken, dass dieses Ziel nur ein Schritt auf dem Weg zu einer vollständig dekarbonisierten Gesellschaft ist.

Wie will Finnland diese Ziele erreichen?

Eine Schlüssellösung ist die Elektrifizierung. Wir müssen unsere Stromerzeugung sauberer machen und gleichzeitig alle möglichen Endverbrauchssektoren wie Verkehr, Heizung und industrielle Prozesse elektrifizieren. Wir bei Sitra haben uns diese Möglichkeiten genauer angesehen und herausgefunden, dass die Elektrifizierung eine äußerst kosteneffiziente Lösung ist, um unser Ziel für 2035 zu erreichen. Die Onshore-Windenergie spielt dabei eine entscheidende Rolle.

Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Umsetzung des 2035-Ziels? In welchen Bereichen wird es am schwierigsten sein, die Klimaneutralität zu erreichen?

Es gibt viele Herausforderungen und alle Sektoren haben eigene Probleme. Im Verkehr muss die Dekarbonisierung und Elektrifizierung deutlich beschleunigt werden. Es ist jedoch nicht einfach, die Öffentlichkeit von den notwendigen Maßnahmen - wie beispielsweise einer höheren Besteuerung von nichtelektrischen Fahrzeugen - zu überzeugen. In der Landwirtschaft stammen die Emissionen hingegen von kleinen über das ganze Land verstreuten Bauernhöfen. Es fehlen finanzielle Anreize zur Verringerung der Emissionen. Die wirtschaftliche Entwicklung des ländlichen Raums ist eine Herausforderung für Finnland. Die wohl größte Herausforderung ist aber wohl der eben bereits genannte Konflikt zwischen Ökonomie und Ökologie in der Forstwirtschaft.

Inwieweit ist Finnland auf Technologien aus dem Ausland angewiesen?

Finnland ist ein kleiner Markt und sehr stark vom internationalen Handel abhängig. Wir verlassen uns in vielen Bereichen auf importierte Technologien, beispielsweise bei der sauberen Energieversorgung und der Elektrifizierung des Verkehrs. Gleichzeitig liegen unsere Absatzmärkte auch im Ausland. Wir müssen unsere Innovationen exportieren, damit sich die Entwicklungen rentieren. Der heimische Markt allein ist zu klein.

Welche Auswirkungen hat der russische Angriff auf die finnischen Klimaziele?

Finnland ist bei fossilen Brennstoffen (abgesehen von Torf) vollständig von Importen aus dem Ausland abhängig. Der überwiegende Teil wurde aus Russland importiert. Der russische Angriff auf die Ukraine wird den Übergang zu einem nachhaltigen Energiesystem weg von fossilen Brennstoffen daher beschleunigen. Politiker in Finnland und in der Europäischen Union haben bereits Maßnahmen in diese Richtung ergriffen. Es ist wichtig sicherzustellen, dass diese Entwicklung langfristig anhält. Gleichzeitig müssen wir vorsichtig sein, welche Anreize wir für den Ersatz russischer fossiler Brennstoffe schaffen, damit wir nicht in umweltschädlichen Lösungen verharren.

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