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Frankreichs Industrie investiert in Energieeffizienz
Dank steigender Stromkosten überlegen auch kleinere Unternehmen, ihre Betriebe energieschonender aufzustellen. Energieeffizienz soll Kosten senken und die Produktivität steigern.
13.02.2023
Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris
Energieeffizienz war in weiten Teilen kleiner und mittlerer Industriebetriebe lange eher ein Randthema. Die bis Ende 2020 weitestgehend stabilen und kalkulierbaren Energiepreise boten wenig Anreiz, in die Energieeffizienz des Unternehmens zu investieren.
Spätestens seit dem Sommer 2022 aber ist die Notwendigkeit zum Energiesparen in alle Industriesektoren vorgedrungen. Bereits im Jahr 2021 hatten sich die Strompreise aufgrund des nachpandemischen Wiederanziehens der wirtschaftlichen Aktivitäten verdreifacht. Der Ukrainekrieg und der Rückgang der Atomstromproduktion haben 2022 dazu beigetragen, dass Strom nicht nur teuer, sondern auch knapp wurde.
Drohende Stromausfälle schockieren Frankreich
In einem Hauruckverfahren hat die Regierung in 2022 das Energiesparprogramm "Sobriété éngergetique" aufgelegt. Ziel ist es, bis 2024 den Stromverbrauch um 10 Prozent gegenüber 2019 zu senken. Steigende Strompreise und die Furcht vor Stromausfällen führen dazu, dass landesweit Unternehmen, Behörden und Privatleute ihren Stromverbrauch einschränken, mit Erfolg. Zwischen dem 14. Oktober 2022 und dem 29. Januar 2023 ist der Stromverbrauch laut Ministerium für die Energiewende um 7,1 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2018/2019 gesunken.
Allerdings erfolgten die Stromeinsparungen seitens der Industrie teils wenig nachhaltig und auf Kosten der Produktivität. Energieintensive Unternehmen wie Stahl- und Glashersteller oder Chemieunternehmen sahen sich angesichts nicht mehr rentabler Energiekosten gezwungen, die Produktion herunterzufahren oder, wie der Glashersteller Duralex, für mehrere Monate zu unterbrechen.
Unternehmen auf der Suche nach Einsparpotentialen
In Bevölkerung und Industrie hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Zeiten verhältnismäßig günstiger Energie vorbei sind. Nunmehr fokussieren sich auch kleine und mittlere Industriebetriebe darauf, ihre Unternehmen dauerhaft energieeffizienter aufzustellen. Ziel der Unternehmen ist es, bei gleichbleibender oder noch besser gesteigerter Produktivität Kosten zu sparen. Dabei konzentrieren sich Einsparpotenziale vor allem auf die drei Felder verhaltensbedingte Stromeinsparungen, gebäudebezogene Effizienzmaßnahmen wie Dämmung und Isolierung sowie Energieeinsparung im Produktionsprozess.
Hierbei steht nicht notwendigerweise der Austausch existierender Produktionsanlagen im Vordergrund. Investitionen in Energiemanagementsysteme, Sensoren, Wärmedämmung, Abwärmerückgewinnung und Druckluftoptimierung sind wesentliche Elemente, die zur schnellen Amortisation von Investitionen beitragen können.
Energieeffizienzmaßnahmen gehen zudem nicht selten Hand in Hand mit einer Digitalisierung von Gebäudemanagement und Produktion. Auch die Eigenstrom- und Wärmeerzeugung durch erneuerbare Quellen wird zunehmend interessanter. Laut der staatlichen Energiewendeagentur Ademe zeigen insbesondere die Bereiche Luft-Wärmepumpen und Biomasseanlagen eine hohe Dynamik.
Förderprogramme unterstützen bei Effizienzmaßnahmen
Die Finanzierung von Energiesparmaßnahmen in der Produktion ist aber gerade für kleine und mittlere Unternehmen oft nicht alleine zu stemmen. Die Energiewendeagentur ADEME fördert durch Subventionen und vergünstigte Kredite vielfältige Maßnahmen.
Projektbezeichnung | Beschreibung | Förderhöhe |
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Fonds zur Förderung von erneuerbarer Wärmeproduktion und Abwärmenutzung; Unterstützung Projektvorbereitung und Investition | Gesamtbudget 2023: 520 Millionen Euro; Einzelförderung in Höhe von 50 bis 70 Prozent (Projektvorbereitung / Studie) bzw. 45 bis 65% (Investition) | |
Studie zur Verbesserung der Energieeffizienz oder zur Dekarbonisierung von Industrieunternehmen | Zielgruppe kleine und mittlere Unternehmen; Förderung von bis zu 70 Prozent | |
Wirtschaftlichkeitsaudit Energie für die Industrie | 50 bis 70 Prozent | |
Machbarkeitsstudie über die Einrichtung von Anlagen zur Abwärmenutzung | 50 bis 70 Prozent | |
Realisierung von Anlagen zur Abwärmenutzung | 45 bis 60 Prozent | |
WIrtschaftlichkeitsaudit Energie für die Industrie | 50 bis 70 Prozent | |
Energiediagnose und Ermittlung vorrangiger Energiemaßnahmen für den Betrieb von Gewächshäusern | 50 bis 70 Prozent | |
Zinsbegünstigte Kredite für Investitionen in Energieeffizienz und Dekarbonisierung | Darlehenshöhe: 50.000 bis 5 Millionen Euro |
Markt bietet Platz für Start-ups und etablierte Unternehmen
Die Vielfalt der Betätigungsfelder, die sich im Rahmen von Energieeffizienzmaßnahmen stellen, bietet Beteiligungschancen für viele Akteure. Planungs- und Beratungsunternehmen, Ausrüster, Maschinen- und Anlagenbauer, Heizungs- und Klimatechniker sind ebenso gefragt wie IT-Dienstleister und Installations- und Wartungsunternehmen.
Große französische Unternehmen sind mit ihren Angeboten nicht nur in Frankreich, sondern teils weltweit aktiv. Das zur Vince-Gruppe zählende Unternehmen Actemium biete ein umfassendes Dienstleistungs- und Ausrüstungsangebot in Energieeffizienzsektoren wie Kühlung, Abwärmerückgewinnung oder Druckluftoptimierung. Schneider Electronics, Leroy Somer und Clextral sind wichtige Anbieter von Energieversorgungsanlagen und Prozessausrüstungen.
Das Cleantech-Unternehmen Metron, der Energiedienstleister Dalkia, BNP PARIBAS und Amazon Web Services (AWS) haben sich im November 2022 zusammengeschlossen und das Programm Decarb Fast Track aufgelegt. Im Rahmen diesen Programms können Unternehmen über 24 Monate umfassende Dienstleistungen rund um Energieeinsparung und Dekarbonisierung von Betrieb und Produktion in Anspruch nehmen.
Auch deutsche Unternehmen sind vor Ort aktiv. Der TÜV Rheinland bietet Unternehmen Energieaudits und die Möglichkeit, sich nach der Energiemanagement-Norm ISO 50001 zertifizieren zu lassen. Der Heiz- und Klimaspezialist Viessmann bietet energetische Komplettsysteme für die Industrie. Siemens, Bauer und Kaeser sind gefragte Anbieter insbesondere im Bereich Druckluft.
Auch Start-ups erschließen sich diesen wachsenden Markt, nicht selten in Kooperation mit großen Branchen- und Energieunternehmen. Deepki hat eine digitale Lösung für das Tracking und die Analyse des Energieverbrauchs von Gebäuden und Gebäudebetrieb entwickelt. Das Start-up Alpinov X bietet energieeffiziente und CO2-neutrale Kühlungslösungen und kooperiert hierbei mit dem Energieversorger Engie. Boreales Energy, ein Start-up aus der Normandie, kombiniert Kühlung und Energiespeicher und zielt damit auf die Bedarfe insbesondere der Nahrungsmittel- und Chemieindustrie ab.
Bezeichnung | Anmerkung |
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Agentur für die Energiewende | |
Informations- und Netzwerkplattform für deutsche und französische Akteure der Energiewende aus Wirtschaft und Politik | |
Staatliche Investitionsbank für Finanzierung und Wirtschaftsförderung | |
Technischer Verband für den Energie- und Umweltbereich | |
Fédération des Services Energie Environnement (Fedene) | Verband für erneuerbare Energien |