Branche kompakt | Australien | Bauwirtschaft
Nachhaltiges Bauen und Energieeffizienz
Deutsche Anbieter haben gute Absatzchancen. Neue Berichtspflichten erschweren australischen Bauunternehmen das Geschäft.
28.02.2025
Von Daniel Lenkeit | Sydney
Nach Angaben der australischen Regierungsbehörde "Infrastructure Australia" sind Gebäude und Infrastruktur für ein Drittel der CO2-Emissionen des Landes verantwortlich. Dabei fallen zehn Prozent der gesamten Emissionen allein auf sogenanntes "embodied carbon", diejenigen CO2-Emissionen, die mit Materialien und Bauprozessen während des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes oder einer Infrastruktur verbunden sind.
Mittels nachhaltiger Bauweisen und höherer Energieeffizienz will Australiens Bauwirtschaft sowohl die Umweltbelastung reduzieren als auch Betriebskosten, etwa im Gebäudesektor, minimieren.
Bauwirtschaft in Down Under bietet zahlreiche Chancen für deutsche Unternehmen
Generell ist der australische Bausektor für deutsche Firmen ein guter Absatzmarkt. Das gilt umso mehr in den Bereichen Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Hier sind innovative und hochwertige Lösungen gefragt, bei denen deutsche Hersteller Technologievorsprünge nutzen können.
Hersteller hochwertiger Dämmmaterialien und energieeffizienter Verglasungen haben ebenso gute Absatzchancen wie Produzenten innovativer und nachhaltiger Materialien. Dazu gehören unter anderem nachhaltige Baustoffe und Recyclingmaterialien. Hersteller von kohlenstoffarmem Beton, umweltfreundlichem Stahl und Stahlbeschichtungen sowie Materialien mit niedrigem Gehalt an flüchtigen organischen Verbindungen (VOC-Gehalt) - etwa für Bodenbeläge - sollten den Markt im Auge behalten.
Ebenso sind zunehmend Softwarelösungen gefragt. Technische Systeme zur digitalen Gebäudeplanung, Energie- und Beleuchtungsüberwachung und -steuerung bieten gute Chancen. Der Einsatz von Building Information Modeling (BIM), Sensorik und Internet of Things (IoT) können Gebäude in Echtzeit analysieren – ein Ansatz, der im Rahmen von australischen Umweltratingsystemen wie NABERS zunehmend gefragt ist.
Energieeffizienz und nachhaltiges Bauen sind wichtige Themen in Australiens Bausektor
Gerade im Gebäudebau werden energieeffiziente und grüne Baupraktiken immer wichtiger. Staatliche Initiativen und verschärfte Bauvorschriften, wie sie etwa im Rahmen von BASIX, Green Star Zertifikation und im National Construction Code umgesetzt werden, fördern den Einsatz moderner Dämmung, effizienter Heiz- und Kühlsysteme sowie erneuerbarer Energien. Das gilt sowohl für Neubauten als auch bei der Sanierung bestehender Gebäude.
Insbesondere in New South Wales müssen bei Neubauprojekten im Wohnbereich über BASIX strenge Anforderungen an den Energie- und Wasserverbrauch eingehalten werden, um die Nachhaltigkeit der Wohnsiedlungen zu sichern.
Auch im Gewerbebau steigt der Wert zertifizierter Gebäude, vor allem im Bereich Energieeffizienz. Durch Initiativen wie das NABERS Energy Rating System oder das Commercial Building Disclosure Program wird die Nachfrage nach moderner Gebäudetechnik, integrierter, erneuerbarer Energieversorgung und nachhaltigen Baumaterialien weiter zunehmen. Deutsche Anbieter dieser Technologien und Produkte finden hier einen wachsenden Markt.
Neue Berichtspflichten stellen australische Bauunternehmen vor Herausforderungen
Ab 2025 müssen sich Bauunternehmen in Australien auf strengere Berichtspflichten für Nachhaltigkeit einstellen. Das kann unter anderem betriebliche, finanzielle und strategische Anpassungen erforderlich machen.
Die Nachhaltigkeitsberichterstattung ist Teil eines neuen Gesetzes (Treasury Laws Amendment Bill), das klimabezogene finanzielle Risiken von Unternehmen und deren Nachhaltigkeitsleistung offenlegen soll. Die Anforderungen orientieren sich an internationalen Standards für Nachhaltigkeitsberichte (Leitlinien des International Sustainability Standards Board (ISSB)) und zielen darauf ab, die Unternehmenstransparenz, das Management von Klimarisiken und die Verantwortung in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) zu verbessern.
Umsetzung der Berichtsauflagen erfolgt schrittweise
Die Anforderungen gelten zuerst nur für Unternehmen mit mehr als 500 Angestellten, 500 Millionen Australischen Dollar ($A) Umsatz (etwa 317,7 Millionen US$) oder 1 Milliarde $A (etwa 635,4 Millionen US$) an Vermögenswerten, wobei die Einführung für kleinere Unternehmen schrittweise erfolgen wird.
Ab Juli 2026 fallen Unternehmen mit mehr als 250 Angestellten, mehr als 200 Millionen $A Umsatz (etwa 127,1 Millionen US$) oder 500 Millionen $A (etwa 317,7 Millionen US$) an Vermögenswerten in die Berichtspflicht. Ab Juli 2027 folgt dann die letzte Gruppe: Unternehmen mit mehr als 100 Angestellten, mehr als 50 Millionen $A Umsatz (etwa 31,7 Millionen US$) oder 25 Millionen $A (etwa 15,9 Millionen US$) an Vermögenswerten. Alle kleineren Unternehmen sind von den Nachhaltigkeitsberichten befreit.
Für viele australische Baufirmen werden damit die ESG-Anforderungen komplexer. Sie stehen ab Januar 2025 vor der Aufgabe, die neuen Pflichten in ihre bestehenden ESG-Rahmenwerke zu integrieren. Eine besondere Hürde stellen Berichtspflichten zu CO2-Emissionen in der Lieferkette dar. Gerade für die Baubranche mit ihren oft komplexen Lieferketten dürfte dies kein leichtes Unterfangen werden. Eine umfangreiche Datenerfassung bei Zulieferern und Subunternehmern wäre nötig. Diese ist wiederum abhängig von standardisierten Berichterstattungsverfahren der Partner.
Obwohl die Einhaltung der neuen Vorschriften anfänglich mit zusätzlichen Kosten verbunden ist, werden Unternehmen, die frühzeitig auf die Anforderungen reagieren, von einer höheren Wettbewerbsfähigkeit profitieren.
Deutsche Unternehmen, die Beratungs- und Dienstleistungsangebote im Bereich Nachhaltigkeitsberichterstattung und ESG-Compliance anbieten, dürften in Australien zukünftig noch mehr gefragt sein.