Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | Frankreich | Solarenergie

Licht am Horizont für Frankreichs Solarbranche

Die französische Solarindustrie leidet unter der chinesischen Konkurrenz. Neue französische und europäische Vorgaben aber befeuern Großinvestitionen. 

Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris

"Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für Photovoltaik Made in Europe", stellt Jan Jacob Boom-Wichers, Geschäftsführer des französischen Unternehmens Holosolis, fest. Zusammen mit seinem international aufgestellten Team geht Boom-Wichers die Solarwende an. Holosolis investiert 850 Millionen Euro in die Produktion von Solarzellen und -modulen neuester Generation im französischen Hambach. Bis 2026 soll ein Werk mit einer Kapazität von 5 Gigawatt entstehen. 

"Das regulative Umfeld ist gut", so der Unternehmer. "Der Net Zero Industry Act ist auf EU-Ebene verabschiedet, in Deutschland ist das Solarpaket beschlossene Sache und Frankreich hat den Pacte Solaire aufgelegt. Die neuen Regelungen machen den Weg frei für eine europäische Solarindustrie. Und die brauchen wir auch, wenn wir nicht von einer Energieabhängigkeit in die nächste fallen wollen."

Mit Gigafabriken gegen den Abwärtstrend 

Holosolis ist nicht das einzige Unternehmen, das Chancen für eine europäische Solarindustrie sieht. Das französische Unternehmen Carbon mit Sitz in Lyon investiert ebenfalls, und das groß. Im Hafenindustriegebiet Fos-sur-Mer, Marseille, wird Carbon eine 5 Gigawatt-Produktion von Ingots, Wafern, Solarzellen und Modulen aufbauen, eine Investition von 1,5 Milliarden Euro. Das Abstimmungsverfahren läuft, die Bauanträge wurden im April 2024 eingereicht, 2027 soll das Werk volle Kapazität erreicht haben. Bis 2030 stehen weitere Investitionen an. Ziel ist, an mehreren Standorten eine Gesamtkapazität von 20 Gigawatt aufzubauen. Die französische Regierung hat bereits zugesagt, beide Vorhaben zu fördern. 

Mit ihren Großprojekten stellen sich Holosolis und Carbon gegen den bis dato auch in Frankreich herrschenden Abwärtstrend der Photovoltaikindustrie. Zwar baut Frankreich seine Kapazitäten für Solarstrom rapide aus. Allerdings hatte die französische Photovoltaikbranche vom Solarboom bislang nicht profitieren können. Zu übermächtig waren die Produktionskapazitäten der Konkurrenz aus China, zu brutal der Preiskampf. Im April 2024 hatte einer der wenigen noch verbliebenen französischen Modulhersteller, das Unternehmen Systovi, das Handtuch geworfen. 

Solarkapazitäten wachsen rasant

Der Ausbau der Solarkapazitäten geht in großen Schritten voran. Gesetzliche Vorgaben wie die Verpflichtung zur Nutzung von Photovoltaikanlagen auf Gewerbedächern und Erleichterungen für unter anderem Agrosolar treiben den Markt. Auch wächst bei Industrie, Gewerbe und Privatleuten angesichts eines zunehmenden Strombedarfs und instabiler Strompreise der Wunsch nach einer Eigenstromversorgung. Die installierten Photovoltaikkapazitäten steigen massiv. Rund 21,6 Terawattstunden Solarstrom produzierte Frankreich 2023, eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 16,5 Prozent, so der französische Netzbetreiber RTE.

In Zukunft wird die Bedeutung von Photovoltaik noch weiter wachsen. Dekarbonisierung, ökologische Transformation und die damit einhergehende Elektrifizierung aller Bereiche von Industrie und Gesellschaft erfordern die massive Ausweitung der Stromproduktion. RTE prognostiziert, dass die installierten Kapazitäten von Photovoltaik von gut 19 Gigawatt Ende 2023 auf je nach Entwicklung des französischen Energiemixes 90 bis 214 Gigawatt im Jahr 2050 ansteigen. 

Europaweit sollen die installierten Solarkapazitäten nach dem REPower Plan der EU-Kommission bis 2030 auf knapp 600 Gigawatt steigen. Hierfür müssen jährlich 45 Gigawatt an installierter Kapazität zugebaut werden. 

Europäische Regelungen beleben einen Industriezweig

Um diesen Ausbau aus eigener Kraft stemmen zu können, dreht sich das regulative Umfeld in Europa und auch Frankreich in Richtung Wiederaufbau und Stärkung einer europäischen Solarindustrie. Der Ende April 2024 vom Europäischen Parlament verabschiedete Net Zero Industry Act (NZIA) sieht vor, dass bis 2030 zumindest 40 Prozent der in der EU installierten Photovoltaiktechnologie "Made in Europe" sein sollen. Im Einklang mit den europäischen Zielen nimmt auch die französische Regierung den Kampf um den Neuaufbau einer nationalen Solarindustrie auf. 

Französischer Solarpakt fördert Industrie und Stromproduktion

Mithilfe des im April 2024 verabschiedeten Solarplans "Pacte Solaire", will die Regierung die Produktion von Solarkomponenten anschieben. Bis 2030 sollen 40 Prozent der in Frankreich verbauten Photovoltaiktechnologie auch in Frankreich produziert werden. Den Wiederaufbau der Solarindustrie fördert sie durch großzügige Steuergutschriften im Rahmen des "Crédit d'Impôt sur les Industries vertes" sowie finanzielle Beihilfen im Rahmen von Förderprogrammen wie dem Innovationsplan France 2030. 

Pact Solaire soll französische Produktion von Solartechnologie ankurbelnKapazitätsziele des Solarpakts (Pacte solaire) in Gigawatt
Komponente

Installierte Kapazitäten 2030

Wertschöpfungskette Silicium

3 bis 5

Silicium-Blöcke und Halbleiter

5 bis 10

Zellen

5 bis 10

Solarglas

3 bis 5

Wechselrichter

3

Quelle: Regierung Frankreich (Pressemeldung Pacte Solaire) 2024

Um sicherzustellen, dass die möglicherweise teureren lokalen und europäischen Produkte auch tatsächlich Abnehmer finden, soll insbesondere der öffentliche Sektor dazu verpflichtet werden, bei Ausschreibungen seine Auswahlkriterien zu erweitern. In Zukunft sollen entsprechend den Vorgaben des Net Zero Industry Acts Kriterien wie die lokale Herkunft, die Einhaltung von Sozialnormen oder der CO₂-Fußabdruck von Produkten größeres Gewicht bekommen. Um die Nachfrage anzuschieben und eine hinreichende Solarstromproduktion zu erreichen, sieht der Pacte Solaire zudem Erleichterungen für die Installation von Solaranlagen vor. 

Europäische Produktion konkurrenzfähig

Holosolis-CEO Boom-Wichers begrüßt die neuen Solarvorgaben. Auch unabhängig hiervon mache ihm der Preiskampf wenig Sorgen, auch aufgrund des Net Zero Industry Act, der Marktregeln für europäische Produkte einführt. Denn Abnehmer für Solartechnologie "Made in Europe" gibt es. Bereits vor Beginn der Arbeiten konnte Holosolis Kaufabsichtserklärungen im Umfang von über 4 Gigawatt einwerben. 

"Mit unserer Kapazität von 5 Gigawatt erzielen wir Skaleneffekte. Die Preise für unsere Produkte liegen damit kaum über denen chinesischer Produkte. Über die Dauer gerechnet fallen diese Kosten weniger ins Gewicht", stellt Boom-Wichers fest. "Der europäische Markt ist groß genug für europäische und chinesische Anbieter."

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.