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Alternative Antriebe dringen ins Baumaschinensegment vor
Indien bleibt ein wichtiger Absatzmarkt für Baumaschinen und deutsche Exporte können sich hier behaupten. Das Angebot an Fahrzeugen mit Elektroantrieb wächst.
15.02.2024
Von Boris Alex | New Delhi
Die Nachfrage nach Baumaschinen ist in Indien ungebrochen. Der Subkontinent ist nach den USA und China der drittgrößte Markt für Baumaschinen weltweit. Wachstumstreiber bleibt der Infrastruktursektor, aber auch der Wohnungs- und Gewerbebau entwickeln sich positiv. Die Hersteller setzen zudem auf eine steigende Nachfrage aus dem Bergbausektor.
Auf Indiens größter Baumaschinenmesse EXCON rückte im Dezember 2023 das Thema Nachhaltigkeit stärker in den Fokus. Immer mehr Hersteller bieten Fahrzeuge mit Elektro- oder Hybridantrieb an.
Branche steuert erneut auf Absatzrekord zu
Für das laufende Finanzjahr 2023/2024 (1. April bis 31. März) erwartet die Indian Construction Equipment Manufacturers' Association (ICEMA) einen Absatz zwischen 125.000 und 130.000 Baumaschinen. Das wäre nochmal eine deutliche Steigerung gegenüber dem Rekordergebnis aus der Vorperiode mit 108.000 verkauften Einheiten. Im Zeitraum April bis September 2023 verzeichneten die Hersteller bereits ein Plus von 25 Prozent auf gut 57.000 Geräte. Davon gingen laut ICEMA knapp 10 Prozent in den Export.
Für das kommende Finanzjahr erwartet der Verband aber eine leichte Abkühlung. Nach zwei Rekordjahren dürften die Hersteller 2024/2025 zwischen 12 und 15 Prozent weniger Baumaschinen verkaufen, so die ICEMA-Prognose.
Mittelfristig bleiben die Wachstumsaussichten in dem Segment aber positiv. Bis 2030 könnte der jährliche Baumaschinenabsatz auf 250.000 bis 300.000 Einheiten zulegen, schätzt die indische Ratingagentur CRISIL. Die Nachfrage wird in den kommenden Jahren vor allem durch die Infrastrukturinvestitionen von bis zu 1,7 Billionen US-Dollar (US$) vorangetrieben.
Im Haushalt für 2024/2025 werden die Ausgaben der Zentralregierung für den Infrastruktursektor wohl erneut steigen. In der laufenden Budgetperiode wurden die Mittel bereits um ein Drittel auf 120 Milliarden US$ angehoben.
Mehr Geld für den Straßenbau
Wie bereits in den letzten Jahren dürfte der Großteil der öffentlichen Mittel in den Straßenbau fließen. Der Ausbau des Schnellstraßennetzes genießt bei der Zentralregierung Priorität. In den letzten beiden Finanzjahren wurden jeweils rund 10.000 Kilometer High- und Expressways fertiggestellt. Das zuständige Straßenbauministerium Ministry of Road Transport and Highways (MoRTH) will bis Ende März 2024 weitere 10.000 Kilometer ausschreiben.
Gute Nachrichten gibt es für Anbieter von Erdbewegungsgeräten: Die Sparte dominiert mit einem Anteil von 70 Prozent den Baumaschinenabsatz. Sie verbuchte in den ersten sechs Monaten des Finanzjahres 2023/2024 ein Absatzplus von fast 30 Prozent auf 39.500 Einheiten. Die wichtigsten Untersegmente sind Baggerlader und Raupenbagger, die einen Anteil von 90 Prozent an den verkauften Erdbewegungsgeräten haben. Der Absatz von Straßenbaumaschinen sowie von Betonmischanlagen und -fahrzeugen legte im betrachteten Zeitraum um jeweils etwa 40 Prozent zu. Das Segment Förder- und Handhabungstechnik verbuchte mit einem Plus von 60 Prozent den stärksten Zuwachs, so die Daten von ICEMA.
Emissionsärmere Baumaschinen werden mehr nachgefragt
Auf der EXCON-Messe rückten die Themen Nachhaltigkeit und Energieeffizienz stärker in den Fokus der Aussteller und Besucher. Die Bau- und Bergbauindustrie verbrauchte im Finanzjahr 2022/2023 etwa 4 Milliarden Liter Diesel, schätzt das MoRTH. Das Ministerium sieht in der Branche großes Einsparpotenzial bei den Kohlendioxidemissionen. Indien will bis 2070 klimaneutral sein und nimmt dabei auch die Industrie in die Pflicht. Das Angebot an Baumaschinen und -fahrzeugen, die mit alternativen Kraftstoffen wie Biodiesel oder Flüssigerdgas betrieben werden, wächst bereits seit einigen Jahren.
Nun kommen auch noch verstärkt Geräte und Fahrzeuge mit alternativen Antrieben wie Batterien und Brennstoffzellen dazu. Vor allem bei Kleinladern und -baggern wächst das Angebot von Modellen mit Hybrid- oder reinem Batterieantrieb.
Unter anderem stellten Volvo, SANY, JCB und TATA Hitachi ihre Elektro-Produktpalette für den indischen Markt vor. Der japanische Hersteller Komatsu präsentierte einen Hydraulikbagger, der mit einem Brennstoffzellenantrieb von Toyota läuft.
Auch für die deutschen Zulieferer ist der Markt in diesem Segment interessant. ZF stelle auf der Messe seinen Elektroantrieb "eTRAC" für kompakte Arbeitsmaschinen vor.
Import von Baumaschinen schwächelt – Export boomt
Die indischen Importe von Baumaschinen haben sich – entgegen dem positiven Absatztrend – im laufenden Finanzjahr 2023/2024 abgekühlt. Von April bis November 2023 gingen sie gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 17 Prozent auf 625 Millionen US$ zurück. Maßgeblich hierfür war ein Minus von 44 Prozent bei Erdbewegungsmaschinen. Im Finanzjahr 2022/2023 legten die Baumaschinenimporte noch um 18 Prozent auf 1,1 Milliarden US$ zu. Dabei machten Erdbewegungs- und Straßenmaschinen jeweils knapp die Hälfte der Einfuhren aus.
Die indischen Importe aus Deutschland blieben mit rund 61 Millionen US$ in den ersten acht Monaten 2023/2024 auf dem Niveau des Vorjahreszeitraums. Im Finanzjahr 2022/2023 legten die Einfuhren aus der Bundesrepublik noch um 50 Prozent auf 92 Millionen US$ zu.
Deutsche Hersteller zählen neben chinesischen, südkoreanischen und japanischen Produzenten zu den wichtigsten Lieferanten von Baumaschinen nach Indien.
Bezeichnung / HS-Position | 2021/2022 | 2022/2023 | 2023/2024 (1. Apr. - 30. Nov.) | Veränderung Apr.–Nov. 2023 / Apr.–Nov. 2022 |
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Selbstfahrende Planiermaschinen, Erd- oder Straßenhobel, Schürfwagen, Bagger, Schürf- und andere Schaufellader, Straßenwalzen / 8429 | 470,2 | 580,8 | 386,2 | 9,3 |
Maschinen, Apparate und Geräte zur Erdbewegung, zum Planieren, Verdichten oder Bohren des Bodens / 8430 | 446,6 | 505,8 | 206,1 | -44,4 |
Maschinen, Apparate und Geräte für den Straßen-, Hoch- oder Tiefbau / 8479.10 | 38,3 | 38,1 | 32,3 | 35,7 |
Insgesamt | 955,1 | 1.124,7 | 624,6 | -16,5 |
Die indischen Exporte von Baumaschinen legten hingegen kräftig zu. Von April bis November 2023 stiegen sie gegenüber dem Vorjahreszeitraum um fast die Hälfte auf 1,1 Milliarden US$. Rund drei Viertel der Ausfuhren waren Straßenbaumaschinen. Weitere 266 Millionen US$ entfielen auf Erdbewegungsgeräte. Die wichtigsten Absatzmärkte sind Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und die USA.