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Special | Indien | Klimaschutzatlas

Klimaschutz-Atlas

Indien setzt beim Klimaschutz auf erneuerbare Energien

Vor allem mit der Dekarbonisierung des Energiesektors und der Industrie will Indien bis 2070 klimaneutral werden. Die Kosten sind gewaltig - aber auch das Geschäftspotenzial.

Von Boris Alex | New Delhi

  • Klimastrategie: Klimaschutz soll Wirtschaft nicht bremsen

    Indien will vor allem mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die Industrieländer sollen dabei helfen, die Klimaziele zu erreichen.

    Indien will einen spürbaren Beitrag zum Klimaschutz leisten, denn der Subkontinent zählt zu den am stärksten vom Klimawandel bedrohten Ländern, so die Analyse des Intergovernmental Panel on Climate Change. Die Maßnahmen sollen allerdings nicht die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes bremsen. Die Regierung fordert daher von den Industrieländern technische und finanzielle Unterstützung, um ihre Klimaziele zu erreichen. Im Mittelpunkt der nationalen Klimastrategie steht der Energiesektor, der für 36 Prozent der Kohlendioxid(CO₂)-Emissionen verantwortlich ist. Mit dem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien will Indien die CO₂-Intensität gemessen am Bruttoinlandsprodukt verringern und das Land bis 2070 in die Klimaneutralität führen. 

    Indien: Klimabilanz im Jahr 2021

    Indikator

    Indien

    Deutschland 

    Bevölkerung (in Mio.)

    1.393

    83,2

    Ranking des Landes im Climate Change Performance Index (CCPI) 1)

    Rang: 8

    Punktezahl: 67,35

    Rang: 16

    Punktezahl: 61,11

    Anteil des Landes an den weltweiten Treibhausgasemissionen (in %)

    6,8

    1,8

    CO₂-Ausstoß gesamt (in Mio. t pro Jahr)

    2.710

    675

    CO₂-Ausstoß pro Kopf (in t CO₂/Kopf und Jahr)

    1,9

    8,1

    Emissionsintensität der Wirtschaft (in kg CO₂/BIP2))

    0,3

    0,2

    Energieintensität der Wirtschaft (in MJ 3)/2017 US$ PPP 4)5))

    4,28

    2,76

    1 2023, Rang von 63; 2 Bruttoinlandsprodukt; 3 Megajoule; 4 Purchasing Power Parity (Kaufkraftparität); 5 Angabe für 2019.Quelle: CCPI 2023; Global Carbon Atlas 2022; Enerdata 2022; Internationaler Währungsfonds 2022


    Von Boris Alex | New Delhi

  • Klimaziele: Indien will bis 2070 klimaneutral sein

    Um seine Klimaziele zu erreichen, baut Indien die erneuerbaren Energien kräftig aus - bremst gleichzeitig aber beim Ausstieg aus der Kohlekraft.

    Indien behält bei der Formulierung seiner nationalen Klimaziele (nationally determined contribution, NDC) stets auch die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes im Blick. Auf der Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Glasgow im Dezember 2021 (COP26) wurden die sechs Jahre zuvor in Paris formulierten NDC für 2030 zum Teil nachgeschärft. Im August 2022 hatte die Regierung diese nochmals modifiziert. Jetzt will Indien bis 2030 die Intensität der Kohlendioxid(CO₂)-Emissionen (emission intensity) gegenüber 2005 um 45 Prozent senken. Für die Berechnung setzt Indien den Ausstoß in Relation zum Bruttoinlandsprodukt. Auf der Klimakonferenz 2015 in Paris wurde noch eine Senkung von 33 bis 35 Prozent anvisiert.

    Mehr Flexibilität bei der Erreichung der Klimaziele

    Auch die Ausbauziele bei den erneuerbaren Energien wurden 2022 nochmals modifiziert. Demnach soll bis 2030 die Hälfte der installierten Stromerzeugungskapazitäten aus nichtfossilen Energieträgern stammen. Die Regierung will damit - nach eigenen Angaben - den Ausbau der Energieversorgung flexibler gestalten. Geht man von einer prognostizierten Gesamtleistung von 900 Gigawatt bis 2030 aus, würden bereits nichtfossile Kapazitäten von 450 Gigawatt ausreichen, um das nationale Klimaziel zu erreichen - und damit weniger als die auf dem COP24 verkündeten 500 Gigawatt. 

    Indien hat bislang keine festen Reduktionsziele bezüglich der absoluten CO₂-Emissionen verkündet. Die Regierung will aber bis 2030 durch Aufforstung eine Kohlenstoffsenke (carbon sink) mit insgesamt 2,5 Milliarden bis 3 Milliarden CO₂-Äquivalenten schaffen. Bis 2070 soll Indien klimaneutral sein, so die Ankündigung von Premierminister Narendra Modi auf der COP26. Die Millionenmetropole Mumbai hatte im März 2022 als erste südasiatische Stadt publik gemacht, dass sie bereits bis 2050 klimaneutral sein will.  

    Die Nichtregierungsorganisation Climate Action Tracker stuft die nationalen Klimaziele im Hinblick auf das allgemeine 1,5-Grad-Ziel aus dem Übereinkommen von Paris jedoch als "höchst unzureichend" (highly insufficient) ein. Indien bremst vor allem bei der Abwendung von der Kohleenergie. So konnte das Land gemeinsam mit anderen Staaten durchsetzen, dass in der Abschlusserklärung von Glasgow kein Ausstieg (phase out), sondern nur eine Reduktion (phase down) der Kohle beschlossen wurde.


    Emissionswerte und -ziele Indiens (Treibhausgasemissionen in Millionen Tonnen CO2-Äquivalente)

    Jahr

    Treibhausgasemissionen

    1990

    579

    2000

    979

    2010

    1.678

    2020 (Ist)

    2.442

    2030 (Ziel)

    -

    2050 (Ziel)

    -

    2060 (Ziel)

    -

    2070 (Ziel)

    0

    Quelle: Global Carbon Atlas 2022

    Unternehmen verfolgen eigene Klimaschutzziele

    Generell stoßen der Klimaschutz und die von der Regierung bislang formulierten Klimaziele auf breite politische Unterstützung. Gleiches gilt für die Wirtschaft, die in vielen Bereichen wie Elektromobilität, erneuerbare Energien und Wasserstoffwirtschaft die Politik eher zu einem noch stärkeren Engagement drängt. Eine Reihe von Großunternehmen, vor allem aus energieintensiven Branchen wie Stahl, Petrochemie oder Zement, haben bereits eigene CO₂-Reduktions- und zum Teil sogar Neutralitätsziele formuliert. Bei Zukunftsthemen wie grünem Wasserstoff oder CO₂-Abscheidung ist die Privatwirtschaft meist die treibende Kraft - sowohl bei Innovationen, als auch bei Forschung und Entwicklung.

    Von Boris Alex | New Delhi

  • Klimagesetze: Keine gesonderten Regelungen geplant

    Indien hat die gesetzliche Grundlage für den Handel mit Kohlendioxidzertifikaten geschaffen. Unternehmen können zum Einsatz von nichtfossilen Energieträgern verpflichtet werden.

    Der Subkontinent verfügt zwar über eine umfassende Gesetzgebung zum Umweltschutz, hat aber bislang keine Gesetze oder Verordnungen explizit zum Klimaschutz verabschiedet. Der im Jahr 2008 beschlossene "National Action Plan on Climate Change" bildet den Handlungsrahmen für die Regierung. In dem Dokument steht, welche Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel ergriffen werden sollen, es hat aber keinen Gesetzesrang. New Delhi hat aktuell auch keine Pläne, ein Klimaschutzgesetz mit konkreten Zielen, wie beispielsweise die Klimaneutralität bis 2070, auf den Weg zu bringen.

    Die bestehenden Umweltgesetze reichen aus, um die Klimaziele zu realisieren, so die offizielle Position der Regierung. Zudem ist in der indischen Verfassung der Schutz der Umwelt durch den Staat und seine Bürger festgeschrieben. Wichtige Gesetze mit Bezug zum Klimaschutz sind laut Grantham Research Institute on Climate Change and the Environment unter anderem der "Electricity Act, 2003" (Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien), der "Energy Conservation Act, 2001" (Energieeinsparung) sowie der "Disaster Management Act, 2005" (Schutz vor Naturkatastrophen). Dabei handelt es sich nicht um eine komplette Auflistung, sondern um eine Auswahl der wichtigsten Gesetze.

    Gesetzliche Basis für Handel mit Kohlenstoffzertifikaten geschaffen

    Im Dezember 2022 hat die Regierung mit dem "Energy Conservation (Amendment) Act" die gesetzliche Basis für die Einrichtung eines nationalen Marktes für den Handel mit CO₂-Zertifikaten geschaffen. Mit dem Zusatz wurde außerdem die rechtliche Grundlage dafür gelegt, dass Unternehmen künftig dazu verpflichtet werden können, einen Teil ihres Energiebedarfs aus nichtfossilen Quellen wie Wind, Solar und Biomasse sowie aus grünem Wasserstoff zu decken.

    Von Boris Alex | New Delhi

  • Investitionen: Bis zu 15 Billionen US-Dollar für Klimaneutralität

    Der Großteil der Investitionen für den Klimaschutz dürfte in den Ausbau der erneuerbaren Energien fließen. Auch grüner Wasserstoff und der Transportsektor bieten Chancen.

    Um bis 2070 klimaneutral zu sein, muss Indien massiv in Maßnahmen zur Dekarbonisierung der Energieversorgung, des Transportsektors und der Industrie investieren. Der Council on Energy, Environment and Water beziffert den Investitionsbedarf auf insgesamt 10 Billionen US-Dollar (US$). Gut 80 Prozent davon werden für die Umstellung des Energiesektors auf erneuerbare Energien benötigt. Indien muss die Stromerzeugungs- und Speicherkapazitäten aus Wind, Solar, Wasserkraft, Biomasse und Wasserstoff bis 2070 von 172 Gigawatt (Stand März 2023) auf 7.425 Gigawatt ausbauen. Weitere 30 Milliarden US$ werden jedes Jahr zur Senkung der Emissionen in der Industrie benötigt.

    Mehrere hundert Milliarden US-Dollar pro Jahr benötigt

    Die Unternehmensberatung McKinsey beziffert den Investitionsbedarf, um die Nettonull bis 2070 zu erreichen, sogar auf 12 Billionen bis 15 Billionen US$. Statt der gut 200 Milliarden US$, die jedes Jahr investiert werden müssten, fließen nach Berechnungen der Berater aber jährlich nur etwa 44 Milliarden US$ in Klimaschutzmaßnahmen. Alleine um die für 2030 anvisierten Klimaschutzziele zu erreichen, werden Investitionen von mindestens 2 Billionen US$ benötigt, so die Berechnungen der indischen Regierung.

    Wichtige Förderprogramme zum Klimaschutz in Indien

    Mission

    Ziele und Maßnahmen (Auswahl)

    National Solar Mission

    - 100 Gigawatt netzgebundene Solarkapazität

    - 2 Gigawatt Off-Grid Solaranwendungen (Leuchten, Pumpen)

    - Aufbau einer lokalen Produktion von Fotovoltaikausrüstung

    National Mission for Enhanced Energy Efficiency

    - Effizienzprogramm für energieintensive Branchen

    - Handelsplattform für Effizienzzertifikate

    - Förderung von öffentlich-privaten Partnerschaften zur Energieeffizienz

    National Mission for Green India

    - Wiederaufforstung von 10 Millionen Hektar

    - Programm zur CO₂-Abscheidung von bis zu 60 Millionen Tonnen

    National Mission on Sustainable Habitat

    - Implementierung von nachhaltigen Bauvorschriften

    - Energiesparmaßnahmen im Rahmen der "Smart Cities Mission"

    National Water Mission

    - Erhöhung der Wassereffizienz um 20 Prozent

    - Wassereinsparung in Haushalten und Industrie

    National Mission for Sustainable Agriculture

    - Steigerung der Produktivität, Nachhaltigkeit und Klimawandelresilienz im Agrarsektor

    - Optimierung der Wassernutzung in der Landwirtschaft

    National Mission for Sustaining the Himalayan Ecosystems

    - Erforschung des Klimawandels in der Himalaya-Region

    - Schutz der Gletscher

    National Mission on Strategic Knowledge for Climate Change

    - Koordination von Forschungs- und Entwicklungsprogrammen zum Klimaschutz

    National Green Hydrogen Mission

    - Aufbau von Produktionskapazitäten für grünen Wasserstoff von 5 Millionen Tonnen pro Jahr bis 2030

    - Verringerung des CO₂-Ausstoßes um 50 Millionen Tonnen pro Jahr

    Quelle: Recherche Germany Trade & Invest 2023

    Indien hat im Rahmen seines 2008 verabschiedeten "National Action Plan on Climate Change" acht Missionen auf den Weg gebracht. Anfang 2023 kam dann noch die Mission zum Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft hinzu. Unter die Initiativen fallen jeweils eine Reihe von Investitionsprogrammen mit Bezug zum Klimaschutz. Die finanzielle Ausstattung für die Programme wird im Rahmen des Bundeshaushalts für das jeweilige Finanzjahr vom 1. April bis 31. März festgelegt. Die Mittel erhält in der Regel das für die Mission zuständige Ministerium. Darüber hinaus erhalten die einzelnen Bundesstaaten im Rahmen ihrer "State Action Plans on Climate Change" zum Teil gesondert Fördergelder von der Zentralregierung, um lokale Maßnahmen zum Klimaschutz zu implementieren.

    Privatsektor investiert in erneuerbare Energien

    Die im Rahmen dieser staatlichen Missionen bereitgestellten Haushaltsmittel sind aber nur ein Bruchteil dessen, was benötigt wird, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Ohne ein starkes Engagement des Privatsektors dürfte das Net-Zero-Ziel in weite Ferne rücken. Dieser ist beim Ausbau der erneuerbaren Energien bereits die treibende Kraft. Konzerne wie Tata und Reliance entwickeln Geschäftsmodelle entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Reliance will beispielsweise bis 2030 sein Solarportfolio auf 100 Gigawatt ausbauen. Zudem investiert der Konzern in die Produktion von Solarzellen und -modulen. Bis 2024 plant Reliance, 10 Milliarden US$ in diese Geschäftsfelder zu stecken.

    Indien will die Rahmenbedingungen für Investitionen in Klimatechnologien verbessern und bezuschusst beispielsweise mit dem Industrieförderprogramm "Production-Linked Incentives" (PLI) die Produktion von Fotovoltaikausrüstung bis 2026 mit insgesamt 2,6 Milliarden US$. Auch bei der Finanzierung der erneuerbaren Energien geht die Regierung neue Wege: Im Februar 2023 begab sie erstmals grüne Anleihen im Wert von 1,9 Milliarden US$. Die Erlöse sollen in Wind- und Solarprojekte fließen.

    Eine Herausforderung bleibt die Finanzierung der indischen Klimaschutzpläne. Die Unternehmensberatung Arthur D. Little beziffert die Finanzierungslücke auf bis zu 3,5 Billionen US$.

    Ausbau des Stromnetzes geplant

    Mit dem "Green Energy Corridors"-Programm soll das indische Stromübertragungs- und -verteilungsnetz für die steigende Einspeisung von Wind- und Solarstrom ausgebaut und technisch angepasst werden. Im Januar 2022 wurden Fördermittel von 1,6 Milliarden US$ für die zweite Projektphase bewilligt. Bis 2026 sollen fast 11.000 Kilometer an neuen Stromleitungen verlegt und Transformatoren mit einer Leistung von 27.500 Megavoltampere installiert werden. Dadurch können weitere 20 Gigawatt an Stromerzeugungskapazitäten aus alternativen Quellen in das Netz eingespeist werden - ohne, dass es zu Überlastungen kommt. 

    Milliarden für klimafreundliche Mobilität

    Im Transportsektor sollen vor allem die Elektromobilität und der Schienennahverkehr zur CO₂-Reduzierung beitragen. Mit dem Programm "Faster Adoption and Manufacturing of Electric Vehicles in India" (FAME II) wird die Anschaffung von Elektrofahrzeugen gefördert. Für das laufende Finanzjahr 2023/2024 stockte die Regierung die Mittel aus dem Bundeshaushalt um 80 Prozent auf 630 Millionen US$ auf. Neben der Zentralregierung fördern zahlreiche Regionen die Elektromobilität separat. Der Bundesstaat Uttar Pradesh hat im Oktober 2022 neue Subventionsrichtlinien verabschiedet. Neben direkten Zuschüssen werden oft vergünstigte Steuersätze als Subventionen eingesetzt. Tendenziell ist die Förderung für kleine Fahrzeuge wie Krafträder höher als für Pkw.

    Die Zentralregierung finanziert zudem den Bau von U-Bahn- und Schnellbahnnetzen (Mass Rapid Transit) in immer mehr indischen Städten. Bis 2026 soll sich das Streckennetz landesweit auf 1.700 Kilometer verdoppeln. Voraussetzung ist oft, dass die Projekte als öffentlich-private Partnerschaft realisiert werden.

    Von Boris Alex | New Delhi

  • DIHK-AHK-Umfrage zum Klimaschutz 2022

    Indien

    Die Umfrage wurde im April und Mai 2022 von der DIHK unter 2.860 Mitgliedsunternehmen der deutschen Auslandshandelskammern (AHK) durchgeführt. Unternehmen aus insgesamt 107 Ländern nahmen daran teil. Die Befragung gibt wieder, wie die in dem jeweiligen Land tätigen deutschen oder eng mit Deutschland kooperierenden Unternehmen die Situation vor Ort wahrnehmen.

    Von Martin Knapp (DIHK) | Berlin

  • Energie: Ausbau der erneuerbaren Energien hat Priorität

    Indien will mit Wind- und Solarkraft die Dekarbonisierung des Energiemix vorantreiben. Auch grüner Wasserstoff soll künftig produziert werden. Der Investitionsbedarf ist riesig.

    Indiens Energiepolitik zielt in erster Linie darauf ab, die benötigte Energie so schnell und kostengünstig wie möglich zu produzieren. Mit welchem Energieträger dieses Ziel erreicht wird, spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle. Egal ob Kohle, Wind, Solar oder Kernkraft - für alle gibt es Platz im indischen Energiemix. Mit dem rasanten Wirtschaftswachstum ab dem Jahr 2000 ist der Bedarf an billiger Energie explodiert. Um die Nachfrage zu decken, wurde die Erzeugung aus fossilen Quellen kräftig ausgebaut. Kohle hatte 2021 einen Anteil an der Primärenergieerzeugung von 57 Prozent und Erdöl von 27 Prozent. Im Gegenzug ging der Anteil emissionsfreier oder -ärmerer Träger wie Wasserkraft und Erdgas im Energiemix zurück.

    Energieversorgung

    Indien hat 2010 mit der "National Solar Mission" erst relativ spät den Startschuss zum Ausbau der erneuerbaren Energien gegeben. Der Anteil von Wind, Solar, Biomasse und Wasserkraft (bis 25 Megawatt; Small Hydro) am Primärenergieverbrauch war 2021 mit 5 Prozent zwar noch gering. Er wird aber in den nächsten Jahren kontinuierlich wachsen, da die Regierung vor allem mit erneuerbaren Energien ihre Klimaziele erreichen will. Weil saubere Stromquellen alleine aber den wachsenden Energiebedarf nicht decken werden, setzt Indien weiter auch auf Kohle - allerdings soll ihr Anteil am Primärenergiemix ab etwa 2030 sinken, so die Prognose des Ministry of Power.

    Stromerzeugung

    Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung lag 2021 bei 10 Prozent. Damit hat er sich innerhalb von fünf Jahren verdoppelt. Gegenüber 2020 legte die Produktion um 13 Prozent auf 172 Terawattstunden zu. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der netzgebundenen Kapazität lag im März 2023 mit 125 Gigawatt bei 30 Prozent. Großwasserkraftwerke hatten einen Anteil von 11 Prozent. Zählt man noch die knapp 7 Gigawatt Kernenergie hinzu, dann entfallen inzwischen 43 Prozent der installierten Stromerzeugungskapazität auf nichtfossile Energieträger

    Der geplante Ausbau der erneuerbaren Energien auf bis zu 500 Gigawatt bis 2030 ist aber nur der erste Schritt zur Dekarbonisierung der Wirtschaft. Um bis 2070 klimaneutral zu werden, müsste Indien seine Kapazitäten auf 7.400 Gigawatt ausbauen, so die Berechnung des Council on Energy, Environment and Water. Indien will deshalb den Zubau bei Wind und Solar mit Hochdruck vorantreiben. Anfang April 2023 hatte die Regierung bekannt gegeben, dass sie in den kommenden fünf Finanzjahren jährlich 50 Gigawatt an neuen Kapazitäten ausschreiben will.

    Ambitionierte Ausbauziele für erneuerbare Energien

    Bis zum Ende des Jahres 2030 sollen so die Kapazitäten für die Solarstromerzeugung auf 280 Gigawatt vervierfacht werden. Der Marktforscher JMK Research erwartet bis 2030 aber nur einen Zubau auf etwa 220 Gigawatt. Die Ratingagentur Fitch Solutions ist deutlich pessimistischer und rechnet bis dahin nur mit Kapazitäten von 140 Gigawatt. Ende 2022 befanden sich Freiflächenanlagen mit einer Kapazität von 100 Gigawatt in der Projektpipeline. Rund die Hälfte davon sollen bis 2026 ans Netz gehen. Den Investitionsbedarf hierfür beziffert die Unternehmensberatung Ernst & Young auf mindestens 50 Milliarden US-Dollar (US$).

    Die netzgebundenen Windkraftkapazitäten sollen bis 2030 von aktuell 43 auf 140 Gigawatt zulegen, so die Pläne der Regierung. Der Global Wind Energy Council erwartet bis 2026/2027 einen Zubau von etwa 20 Gigawatt. Dies wäre zwar eine deutliche Steigerung gegenüber den letzten Jahren, bliebe aber dennoch hinter den Ausbauzielen zurück. Neuen Schub könnte die Offshore-Windkraft bringen. Das Potenzial von 174 Gigawatt wird bislang noch nicht genutzt. Bis 2030 plant das Ministry of New and Renewable Energy,  37 Gigawatt Offshore-Windkapazitäten  installiert zu haben.

    Grüner Wasserstoff steht in den Startlöchern

    Indien will zum globalen Vorreiter bei grünem Wasserstoff werden. Das Marktvolumen für die Herstellung, Speicherung und Transport des weitgehend -kohlenstoffdioxid-neutralen Wasserstoffs könnte bis 2030 auf 8 Milliarden US$ zulegen, so die Zahlen von NITI Aayog. Erste konkrete Investitionsvorhaben gibt es bereits. Reliance Industries will in seinem Industriepark im Bundesstaat Gujarat künftig grünen Wasserstoff aus Solarstrom erzeugen. Zudem ist der Bau eines Werks zur Fertigung von Elektrolyseuren für den indischen Markt sowie den Export mit einer Jahreskapazität von 2.500 Megawatt geplant - Kostenpunkt: 500 Millionen US$.

    Der geplante Ausbau der Kernenergie kommt in Indien langsamer voran als geplant. Zurzeit sind 22 Reaktoren mit einer Leistung von knapp 7 Gigawatt am Netz. Von dem Ziel, bis 2032 die Atomstromkapazitäten auf 63 Gigawatt auszubauen, ist Indien aber weit entfernt. Aktuell befinden sich acht Reaktoren mit insgesamt 6 Gigawatt im Bau. Technisch basieren die Hälfte davon auf der einheimischen Weiterentwicklung des Canada Deuterium Uranium-Schwerwasserreaktors. Weitere drei sind Druckwasserreaktoren russischer Bauart. Zudem wird derzeit ein Prototyp des ersten Thorium-Flüssigsalzreaktors des Landes mit einer Leistung von 500 Megawatt errichtet. Indien zählt zu den Ländern mit den größten Thorium-Vorräten weltweit und ist einer der Vorreiter bei dieser Technologie.

    Von Boris Alex | New Delhi

  • Verkehr: Indien fördert Elektromobilität

    Indiens Städte bauen den Schienennahverkehr aus und die Eisenbahn soll bis 2030 klimaneutral werden. Die Nachfrage nach Zwei- und Dreirädern mit Batterieantrieb wächst.

    Der Transportsektor spielt eine wichtige Rolle in der indischen Klimapolitik. Zwar ist der Anteil am gesamten Kohlendioxid(CO₂)-Ausstoß mit 9 Prozent im internationalen Vergleich gering, verzeichnet aber sehr hohe Zuwächse. Die Regierung verfolgt mehrere Ansätze, um den Anstieg der CO₂-Emissionen im Verkehrssektor zu bremsen. So will sie bis 2026 das städtische Schienennahverkehrsnetz auf 1.700 Kilometer nahezu verdoppeln. Die Staatsbahn Indian Railways soll bis 2030 klimaneutral werden. Der Anteil von Ethanol in Kraftstoffen soll bis 2025 auf 20 Prozent erhöht werden. Bis 2030 sollen 45 Prozent des Warenverkehrs über die Schiene abgewickelt werden - zurzeit ist es etwa ein Drittel.

    Ladeinfrastruktur muss ausgebaut werden

    Die indische Regierung hat sich der globalen EV30@30-Initiative angeschlossen, die bis zum Jahr 2030 einen Elektrofahrzeuganteil bei Neuzulassungen von 30 Prozent anstrebt. Davon ist Indien noch weit entfernt: 2022 lag der Anteil der E-Fahrzeuge an den Neuzulassungen bei 5 Prozent, bei Pkw sogar nur bei 1 Prozent.

    Indien will bis 2030 den Anteil der elektrischen Fahrzeuge bei Pkw auf 30 Prozent, bei Lkw und Bussen auf 70 Prozent und bei Zwei- und Dreirädern auf 80 Prozent steigern. Die Strategieberatung Bain & Company schätzt den Anteil von E-Pkw am Gesamtmarkt für das Jahr 2030 hingegen nur auf 15 bis 20 Prozent. Für Zweiräder sollen 40 bis 45 Prozent erreicht werden. Den gesamten Umsatz in der Wertschöpfung mit E-Mobilität 2030 beziffern die Analysten auf 100 Milliarden US-Dollar (US$).

    Auch beim Ausbau der Ladeinfrastruktur muss Indien Druck machen. Im Dezember 2022 gab es auf dem Subkontinent nur rund 5.150 öffentliche Ladestationen. Das Beratungsunternehmen Grant Thornton schätzt, dass das Land bis 2026 mehr als 400.000 Stromtankstellen benötigt, um den Ausbau der elektrisch betriebenen Fahrzeugflotte zu ermöglichen.

    Von Boris Alex | New Delhi

  • Indiens Industrieunternehmen setzen sich eigene Klimaziele

    Indiens Industriesektor bietet viel Potenzial für die Dekarbonisierung. Einige Branchen investieren bereits in Technologien zur Verringerung ihres Kohlendioxid-Ausstoßes. (Stand 05.04.2023)

    Um bis 2070 klimaneutral zu werden, muss Indien die Emissionen von Kohlendioxid (CO₂) in der Industrie drastisch reduzieren. Je nach Quelle hatte der Sektor 2019 einen Anteil von 22 bis 28 Prozent am gesamten CO₂-Ausstoß des Landes. In ihren nationalen Klimazielen hat sich Indiens Regierung unter anderem dazu verpflichtet, die CO₂-Intensität – also die Emissionen in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) – bis 2070 um 45 Prozent gegenüber dem Niveau von 2005 zu senken. Um das Net-Zero-Ziel zu erreichen, müssten allein im Industriesektor bis 2050 rund 1,3 Billionen US-Dollar (US$) in Maßnahmen zur Dekarbonisierung investiert werden, so eine Berechnung von McKinsey.

    Industriestruktur: Energieintensive Branchen sind stark vertreten

    Energieintensive Branchen dominieren Indiens verarbeitende Industrie. Sie bieten enormes Einsparpotenzial. Allein die Stahl- und Zementproduktion ist für ein gutes Drittel der Emissionen in diesem Sektor verantwortlich, so die Daten der Unternehmensberatung. Andere Schlüsselbranchen wie die chemische Industrie (vor allem die Petrochemie und die Kunststoff- und Düngemittelproduktion), die Metallverarbeitung, der Kfz-Sektor oder der Bergbau haben einen großen Energiebedarf. Sie sind durch das hohe Wachstumstempo in den vergangenen Jahren für den steigenden CO₂-Ausstoß Indiens mitverantwortlich. Ihr Anteil an den Industrieemissionen wird auf 20 Prozent geschätzt.

    Ziel ist Entkopplung von Wachstum und Emissionen

    Indien will den Anteil der verarbeitenden Industrie am BIP von 17 auf 25 Prozent erhöhen. Dabei soll die steigende Produktion vom CO₂-Verbrauch abgekoppelt werden. Die Maßnahmen dürfen sich aber nicht negativ auf die Konjunktur und den Arbeitsmarkt auswirken, so die Vorgaben der Regierung. Moderne Produktionstechnologien sollen die Energieeffizienz in industriellen Prozessen erhöhen. Zudem wird ein Wechsel hin zu schadstoffärmeren Brennstoffen wie Erdgas und grünem Wasserstoff forciert. Mit strengeren Recyclingvorschriften ließen sich Rohstoffe und Materialien nachhaltiger einsetzen und so noch mehr CO₂ einsparen, so die Long-Term Low-Carbon Development Strategy der Regierung.

    Indien hat seit 2012 ein Förderprogramm zur Steigerung der Energieeffizienz in der Industrie. Im Rahmen von Perform, Achieve, Trade (PAT) wurde ein sogenannter "cap and trade"-Mechanismus eingeführt. Dabei erhalten Firmen Energiesparzertifikate, wenn sie ihren Verbrauch senken. Diese können sie dann an Unternehmen veräußern, die ihre Reduktionsziele nicht erreicht haben. Bis 2019 wurden so 22 Millionen Tonnen Öläquivalent eingespart, so das Bureau of Energy Efficiency (BEE). Bis zum Ende des Finanzjahres 2022/2023 (1. April bis 31. März) sollen weitere 3,5 Millionen Tonnen Öläquivalent eingespart werden.

    Indien macht Weg frei für Handel mit Zertifikaten

    Das Interesse der Industrie am PAT-Programm ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen, was vor allem auf den Preisverfall für die Zertifikate zurückzuführen ist. Dadurch hat es sich für viele Unternehmen nicht rentiert, in Technologien zur Erhöhung der Energieeffizienz zu investieren. Im November 2022 hat die Regierung mit dem Energy Conservation (Amendment) Act die gesetzliche Basis für die Einrichtung eines nationalen Marktes für den Handel mit CO₂-Zertifikaten geschaffen. Dieser soll mittelfristig das PAT-Programm ablösen.

    Indien zählt zu den weltweit größten Anbietern von CO₂-Zertifikaten. Der Hauptteil davon wird vom Ausland abgenommen. Mit dem geplanten Emissionshandel sollen die Zertifikate nun im Land verbleiben und dort für Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen sorgen, so die Pläne der Regierung. Wie der Markt im Detail ausgestaltet wird, soll im Laufe des Finanzjahres 2023/2024 bekannt gegeben werden, kündigt das BEE an.

    Fokusbranche Stahl: Hersteller wollen Ausstoß verringern 

    Indien war 2022 mit einer Produktion von 125 Millionen Tonnen hinter China der zweitgrößte Hersteller von Rohstahl. Bis 2031 sollen die Kapazitäten auf 300 Millionen Tonnen steigen. Die indischen Stahlkocher verbrauchen mehr Energie und stoßen mehr CO₂ aus als der internationale Durchschnitt. Bis 2030 sollen die Emissionen pro Tonne Rohstahl um etwa ein Viertel auf 2,2 bis 2,4 Tonnen Öläquivalent sinken.

    Einige Hersteller verfolgen ambitioniertere Reduktionsziele: Tata Steel will den Ausstoß bis dahin auf weniger als 1,8 Tonnen und JSW Steel auf unter 1,95 Tonnen Kohlendioxid drücken. Um dieses Ziel zu erreichen, will JSW in den nächsten Jahren 1,2 Milliarden US$ in seine Stahlproduktion investieren. Der Konzern möchte mit dem deutschen Anlagenbauer SMS Group Lösungen zur Senkung des CO₂-Ausstoßes implementieren.

    Indiens Stahlsektor ist bei seinen Dekarbonisierungsplänen technologieoffen. Die Unternehmen wollen verstärkt emissionsärmere Energieträger wie Wind- und Solarkraft, sowie mittelfristig auch grünen Wasserstoff im Produktionsprozess einsetzen. Indien möchte bis 2030 Kapazitäten für grünen Wasserstoff in Höhe von 10 Millionen Tonnen jährlich aufbauen. Die Branche bietet auch für Lösungen zur CO₂-Abscheidung und -Speicherung (carbon capture and storage, CCS) Geschäftschancen. Tata Steel und JSW betreiben bereits CCS-Testanlagen in jeweils einem ihrer Stahlwerke.

    Fokusbranche Petrochemie: Raffinerien sollen mit erneuerbaren Energien betrieben werden

    Auch die Raffinerien der indischen Ölkonzerne sollen grüner werden. Die Unternehmen setzen dabei auf die Substitution von Kohle und Gas durch erneuerbare Energien. Darüber hinaus wollen sie in Technologien zur Steigerung der Energieeffizienz der Raffinerien sowie zur CO₂-Abscheidung und -Speicherung investieren.

    Die Indian Oil Corporation will in den nächsten Jahren 25 Milliarden US$ investieren, um bis 2046 klimaneutral zu sein. Der staatliche Ölkonzern plant bis 2030 den Bau einer Produktionsanlage für grünen Wasserstoff mit einer Kapazität von 130.000 Tonnen pro Jahr. Auch Petrochemiekonzerne wie Reliance Industries und Hindustan Petroleum haben sich bis 2040 Net-Zero-Ziele gesetzt.

    Von Boris Alex | New Delhi

  • Gebäude: Programme zur Energieeinsparung aufgesetzt

    Strengere Bauvorschriften und Programme zur energetischen Sanierung von Gebäuden sollen den steigenden Energieverbrauch bremsen.

    Indien belegte 2020 beim Energieverbrauch von Gebäuden gemessen in Tonnen Kohlendioxid (CO₂) pro Kopf unter den G20-Nationen zwar den vorletzten Platz. Allerdings verzeichnete der Subkontinent zwischen 2015 und 2020 mit durchschnittlich 3 Prozent pro Jahr auch die größten Zuwächse hinter China, so eine Weltbankanalyse. Vor allem Klimaanlagen treiben den Energieverbrauch im Gebäudesektor in die Höhe. So soll sich bis 2038 der Anteil der klimatisierten Wohnfläche auf 40 Prozent vervierfachen.

    Mit dem 2017 verabschiedeten Energy Conservation Building Code (ECBC) will Indien den Energieverbrauch von gewerblichen und öffentlichen Neubauten bis 2030 um bis zu 50 Prozent gegenüber 2017 reduzieren. Dadurch ließen sich bis zu 250 Millionen Tonnen CO₂ einsparen, so die Berechnung des Bureau of Energy Efficiency. Für Wohngebäude gilt seit Ende 2018 der ECBC-Residential-Kodex. Im Rahmen ihres "National Building Energy Efficiency Programme" fördert die Regierung zudem die energetische Sanierung öffentlicher Bestandsbauten. Dadurch konnten seit 2017 mehr als 785.000 Tonnen CO₂ eingespart werden, so die Daten von Energy Efficiency Services Limited.

    Nachfrage nach Smarthometechnik könnte boomen

    Indien lag Ende 2022 bei der LEED-Zertifizierung (Leadership in Energy and Environmental Design) auf Rang 2 hinter China. Insgesamt 323 Gebäude mit einer Fläche von 10,4 Millionen Quadratmetern erhielten die Auszeichnung - doppelt so viele wie im Vorjahr. Damit sind inzwischen fast 2.000 Gebäude mit einer Gesamtfläche von über 56 Millionen Quadratmetern nach LEED zertifiziert.

    Um Gebäude noch energieeffizienter zu gestalten, können Haushalts- und Multimediageräte miteinander vernetzt werden, sodass diese intelligent interagieren und zentral steuerbar sind. Der Absatz von Smarthometechnik könnte sich bis 2027 auf 7 Milliarden US-Dollar verdoppeln, so die Prognose von Statista.

    Von Boris Alex | New Delhi

  • Land- und Forstwirtschaft: Aufforsten für den Klimaschutz

    Indien hat sich dazu verpflichtet, seine Waldfläche zu erhöhen. Viehwirtschaft und wachsende Müllberge produzieren immer mehr Methan. 

    Indien hat sich im Pariser Klimaschutzabkommen zur Wiederaufforstung verpflichtet. Langfristig soll der Anteil an Wald an der gesamten Landfläche von 22 auf 33 Prozent erhöht werden. Bis 2030 ließen sich durch diese Kohlenstoffsenke zusätzlich 2,5 Milliarden bis 3 Milliarden Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO₂) aus der Atmosphäre abbauen, so die Berechnung des Ministry of Environment, Forest and Climate Change. Dem gegenüber steht allerdings die Rodung von Wäldern für den Bergbau sowie für große Infrastrukturprojekte. Konkrete Maßnahmen zur Aufforstung sollen in der neuen "National Forest Policy" formuliert werden. Die aktuell gültige Fassung stammt aus dem Jahr 1988. Ein erster Entwurf wurde 2018 zur Beratung ausgearbeitet, allerdings bislang nicht verabschiedet.

    Obwohl die Landwirtschaft für gut ein Fünftel der Emissionen von klimaschädlichen Gasen verantwortlich ist, hat die Regierung hier bislang keine konkreten Gegenmaßnahmen in die Wege geleitet. Der Subkontinent verfügt mit rund 530 Millionen Tieren über den größten Viehbestand weltweit. Allein die 300 Millionen Rinder sind für gut die Hälfte der Emissionen im Agrarsektor - vor allem Methan - verantwortlich, schätzt das Umweltministerium.

    Deponiegase bereiten zunehmend Probleme

    Die Abfall- und Abwasserbehandlung sind für etwa 4 Prozent des indischen Ausstoßes von Klimagasen verantwortlich. Bis 2041 soll sich das Volumen der städtischen Siedlungsabfälle auf 200 Millionen Tonnen verdoppeln. Ein Drittel des Mülls wird auf zum Teil illegalen Deponien entsorgt und diese tragen verstärkt zur Methangasproduktion bei. Der Bedarf an Ausrüstung zur Aufbereitung und Verbrennung von Deponiegasen dürfte daher in den nächsten Jahren weiter wachsen. Um das Müllaufkommen bewältigen zu können, müssten bis 2030 etwa 65 Milliarden US-Dollar an Investitionen in die Kreislaufwirtschaft fließen, schätzt das Ministry of Housing and Urban Affairs.

    Von Boris Alex | New Delhi

  • Fachkräfte für den Klimaschutz: Personalbedarf wächst

    Die Umwelttechnikbranche benötigt für den Ausbau der erneuerbaren Energien zusätzliche Fachkräfte. Bei der Ausbildung gibt es aber weiterhin Defizite.

    Die indische Regierung erwartet von ihren Klimaschutzmaßnahmen auch positive Effekte auf dem Arbeitsmarkt. Für den geplanten Ausbau der erneuerbaren Energien auf bis zu 500 Gigawatt bis 2030 werden unter anderem Ingenieure, Monteure und Facharbeiter für die Wind- und Solarindustrie benötigt, so die Analyse des Council on Energy, Environment and Water (CEEW). Im März 2022 zählte die Branche 164.000 Beschäftigte, davon arbeiteten 85 Prozent in der Solarsparte. Will Indien seine geplanten Ausbauziele bei Solar- und Windkraft bis 2030 erreichen, würde dies lang- und kurzfristige Beschäftigungsmöglichkeiten für bis zu 3,4 Millionen Menschen eröffnen, schätzt CEEW.

    Wegen seiner jungen Bevölkerungsstruktur kommen in Indien jedes Jahr mehr als 10 Millionen neue Arbeitskräfte auf den Markt. Der Großteil davon verfügt allerdings über keine oder nur geringe berufliche Qualifikationen. Die Ausbildung in den Berufsschulen (Industrial Training Institutes) gilt als veraltet und praxisfern, weshalb viele Umwelttechnikunternehmen ihre Mitarbeiter in der Regel intern aus- und fortbilden müssen.

    Die Regierung hat deshalb gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft und Verbänden ein Ausbildungsprogramm speziell für die Solarbranche (Suryamitra Skill Development Programme) aufgelegt. Zwischen 2015 und 2022 wurden so 100.000 Personen in technischen Berufen rund um Installation und Wartung von Solaranlagen geschult.

    Von Boris Alex | New Delhi

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft, auch Hinweise zu Ausschreibungen

    AHK Indien

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Ministry of Environment, Forest and Climate Change

    Umweltministerium

    Ministry of Power

    Energieministerium

    The Energy and Resources Institute (TERI)

    Staatliches Forschungsinstitut für den Energiesektor

    Bureau of Energy Efficiency

    Regulierungsbehörde für Energieeffizienz

    Federation of Indian Chambers of Commerce & Industry (FICCI)

    Industrieverband

    Confederation of Indian Industry (CII)

    Industrieverband

    Associated Chambers of Commerce of India (Assocham)

    Industrieverband

    Renewable Energy India Expo

    Messe zur Energiewirtschaft, Umwelt- und Klimaschutz (04. bis 06. Oktober 2023 in Greater Noida/New Delhi)

    The Smarter E

    Messe zur Solarenergie (17. bis 19. Januar 2024 in Gandhinagar/Gujarat)

  • Angebote der AHK

    AHK Indien

    In der Abschlusserklärung im Anschluss an die 6. Deutsch-Indischen Regierungskonsultationen nimmt der Abschnitt über die „Partnerschaft zur grünen und nachhaltigen Entwicklung“ großen Raum ein. Beide Regierungen unterstreichen ihre Verantwortung für den Klimaschutz, die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels sowie die UN-Ziele zur nachhaltigen Entwicklung.

    Die Erklärung zählt eine Reihe von bilateralen Kooperationen auf, die diese Partnerschaft konkretisieren sollen. Darunter das Indo-German Energy Forum (IGEF), das eine indisch-deutsche Roadmap für grünen Wasserstoff entwickeln soll, sowie die indisch-deutsche Partnerschaft für erneuerbare Energien. Die AHK Indien ist ein wichtiger Partner im Rahmen dieser Kooperationen. Sie bündelt u.a. in Runden Tischen und auf Fachmessen vor Ort die Positionen und Aktivitäten von Unternehmen sowie anderer wirtschaftsrelevanter Akteure, weist auf Projektbeteiligungsmöglichkeiten hin und hilft bei der Entwicklung von Geschäftsmodellen. Ferner unterstützt sie im Rahmen der Exportinitiative Energie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz deutsche klein- und mittelständische Anbieter klimafreundlicher Energielösungen bei der Erschließung des indischen Marktes.

    Kontakt


    Telefon: +91 22 6665 2121

    E-Mail: bombay@indo-german.com

    Homepage: http://indien.ahk.de
    http://www.indo-german.com

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