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Branche kompakt | Indien | Bauwirtschaft

Indiens Bauwirtschaft wächst in allen Segmenten

Das Bauvolumen in Indien soll bis 2025 zwischen 6 und 7 Prozent pro Jahr zulegen. Vor allem in den Städten muss Wohnraum geschaffen und die Infrastruktur ausgebaut werden. 

Von Boris Alex | New Delhi

  • Marktchancen

    Höhere Investitionen im Infrastruktursektor und eine lebhafte Nachfrage nach Wohn- und Gewerbebauten sorgen für gut gefüllte Auftragsbücher in der indischen Baubranche. 

    Das Bauvolumen in der indischen Bauindustrie soll bis 2025 zwischen 6 und 7 Prozent jährlich auf 900 Milliarden US-Dollar (US$) zulegen, so die Prognose der staatlichen Investitionsbehörde Invest India. Zwar ist der Infrastruktursektor nach wie vor die treibende Kraft für die Branche, aber auch der Wohnungs- und Gewerbebau haben sich nach einer Abkühlung während der Coronapandemie wieder erholt.

    In den acht größten Ballungszentren legten 2022 die Baubeginne von Wohnungen und Häusern gegenüber dem Vorjahr um 41 Prozent auf 328.129 Einheiten zu, so die Daten von Knight Frank Research. Der Verkauf von Neubauten verzeichnete in diesem Zeitraum ein Plus von 34 Prozent auf 312.666 Wohnungen und Häuser.

    Wohnungsbau trotz gestiegener Zinsen lebhaft

    Selbst steigende Zinsen - die indische Zentralbank hatte den Leitzins (Repo Rate) im Jahresverlauf um 225 Punkte auf 6,25 Prozent angehoben - konnten die Stimmung auf dem Markt für Wohnimmobilien nicht eintrüben. Im 1. Quartal 2023 hat sich die Dynamik mit einem Plus von 12 Prozent bei den Baubeginnen gegenüber der Vorjahresperiode allerdings leicht abgeschwächt. Die Aussichten für den Wohnungsbau bleiben positiv. Die Builders Association of India schätzt, dass bis 2050 etwa 100 Millionen Wohneinheiten in den Städten benötigt werden.

    In dem aus deutscher Sicht besonders relevanten Premiumsegment wächst der Bedarf weiter überdurchschnittlich. So legten in den Ballungsgebieten die Baubeginne von Wohnimmobilien ab einem Bauwert von rund 180.000 US$ im 1. Quartal 2023 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um die Hälfte auf etwa 20.000 Einheiten zu, so die Angaben des Immobiliendienstleister JLL India.

    Bedarf an neuer Bürofläche und Industriebauten zieht an

    Der Markt für Gewerbeimmobilien hat sich 2022 ebenfalls positiv entwickelt. In den acht größten Städten wurden 4,6 Millionen Quadratmeter an neuer Bürofläche fertiggestellt, 28 Prozent mehr als im Vorjahr. Laut dem Immobilienentwickler DLF sollen bis 2025 jährlich zwischen 2,8 Millionen und 3,3 Millionen Quadratmeter an neuer Büroflächen auf den Markt kommen. Auch der Bedarf an Einzelhandelsfläche wächst. Für 2023 erwartet der Immobiliendienstleister Anarock die Eröffnung von 16 Einkaufszentren mit einer Verkaufsfläche von 674.000 Quadratmetern. Bis 2028 dürften allein in den sieben größten Städten weitere 2,3 Millionen Quadratmeter dazu kommen.

    Der Bedarf an Industriebauten zieht wegen geplanter Großinvestitionen unter anderem in der Elektro- und Elektronikindustrie, dem Automobilsektor und der chemischen Industrie ebenfalls wieder an. Der boomende IT- und Telekommunikationssektor sorgt zudem für eine steigende Nachfrage nach Rechenzentren. JLL India erwartet in diesem Segment bis 2024 Investitionen in Höhe von 5,5 Milliarden US$. Bis 2025 werden zudem weitere 18,5 Millionen Quadratmeter an neuer Lagerhausfläche benötigt. Wachstumstreiber ist der Onlinehandel.

    Regierung stockt Ausgaben für Infrastruktur auf

    Die indische Zentralregierung stellt für Investitionen im Infrastruktursektor im laufenden Haushalt 2023/2024 umgerechnet 121 Milliarden US$ bereit - ein Drittel mehr als in der Vorperiode. Das staatliche Infrastrukturprogramm "National Infrastructure Pipeline" (NIP) umfasste im Juni 2023 rund 9.000 Einzelvorhaben mit einem Volumen von 1,8 Billionen US$. Beim zweiten großen Investitionsprogramm "Gati Shakti" werden Projekte im Wert von 1,2 Billionen US$ zur multimodalen Konnektivität der indischen Wirtschaftszentren realisiert.

    Die Verkehrsinfrastruktur genießt dabei Priorität. Im Rahmen des Straßenbauprogramms "Bharatmala Pariyojana" sollen 84.000 Kilometer neu gebaut und modernisiert werden. Die erste Phase mit 34.800 Kilometern soll Ende 2027 abgeschlossen sein - fünf Jahre später als geplant. Die Regierung will 2023 bereits die ersten Vorhaben der zweiten Projektphase ausschreiben. Diese umfasst High- und Expressways mit zusammen 5.000 Kilometern. Die Kosten beziffert das Ministry of Road Transport and Highways auf 36 Milliarden US$.

    Mehr Geld fürs Schienennetz und für Flughäfen

    Für den Schienenverkehr stehen mit 31 Milliarden US$ 6 Prozent mehr Mittel im Haushalt 2022/2023 zur Verfügung. Indian Railways will bis 2031 im Rahmen ihres "National Rail Plan" 176 Milliarden US$ in die Eisenbahninfrastruktur stecken - unter anderem in ein Hochgeschwindigkeitszugnetz. Die erste Trasse zwischen Mumbai und Ahmedabad ist im Bau und soll 2027 in Betrieb gehen. Das Netz könnte bis zu zwölf Strecken umfassen und würde rund 200 Milliarden US$ kosten, schätzt das Ministry of Railways.

    Um das wachsende Passagieraufkommen an indischen Flughäfen bewältigen zu können, sollen bis 2030 im ganzen Land 21 neue Airports gebaut und an weiteren 50 die Kapazitäten erweitert werden. Den Kosten hierfür beziffert das Ministry of Civil Aviation bis 2026 auf 12 Milliarden US$.

    Geschäftschancen entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Bausektor

    Die indische Baubranche bietet auch für deutsche Unternehmen Geschäftschancen. Vor allem dann, wenn spezialisierte Ingenieurs- und Beratungsexpertise - unter anderem bei Brücken- und Tunnelbauprojekten oder im Flughafenbau - gefragt ist. Beim Wohnungsbau bleibt das schnell wachsende Premium- und Luxussegment Chancen beispielsweise für Anbieter von hochwertiger Küchenausstattung und Haustechnik interessant. Eine "Show Kitchen", die nicht zum Kochen, sondern nur zu Repräsentationszwecken dient, ist in wohlhabenden indischen Haushalten inzwischen Standard.

    Der Absatz von Baumaschinen soll bis 2026 um ein Viertel auf 100.000 Einheiten zulegen, so die Prognose von Off-Highway Research. Drei Viertel davon sind Erdbewegungs- und Straßenbaumaschinen, so die Analyse des Marktforschers. Indien importierte 2022 Baumaschinen im Wert von 2,7 Milliarden US$ - ein Plus von 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Deutschland zählt zu den wichtigsten Lieferländern und konnte die Exporte nach Indien um 21 Prozent auf 187 Millionen US$ steigern.

    Ausgewählte Investitionsprogramme und Großprojekte in Indien (Investitionen in Milliarden US-Dollar)

    Vorhaben

    Investitionssumme

    Projektstand

    Projektträger

    Investitionsprogramm National Infrastructure Pipeline, mit 9.000 Infrastrukturprojekten

    1.785,0

    derzeit in Umsetzung, Laufzeit bis 2025

    verschiedene Ministerien und Bundesstaaten, Koordinierung durch das Department of Economic Affairs

    Investitionsprogramm PM Gati Shakti – Nationaler Masterplan für multimodale Konnektivität

    1.223,0

    derzeit in Umsetzung, Laufzeit bis 2025

    Ministry of Home AffairsMinistry of Road Transport & HighwaysMinistry of RailwaysMinistry of Ports, Shipping & WaterwaysDepartment for Promotion of Industry and Internal Trade

    Regional Rapid Transit System (RRTS) / Regionalbahnnetz mit 350 km Länge im Großraum Delhi

    17,0

    Phase I: erste Strecke im Bau; Fertigstellung aller 3 Verbindungen bis 2025; Phase II: 8 Strecken 380 km, Planungsphase

    National Capital Region Transport Corporation

    Gurugram Global City / Stadtentwicklungsprojekt in Grurugram (Haryana)

    15,0

    Frühe Planungsphase; Landerwerb verzögert sich; Finanzierung noch offen

    Haryana State Industrial & Infrastructure Development Corporation

    Bau einer Anlage für grünen Wasserstoff und Ammoniak durch Ocior Energy im Distrikt Kachchh

    4,9

    Absichtserklärung unterzeichnet, Produktionsstart geplant für 2030

    Ocior Energy

    Varanasi-Kolkata Expressway / 610 Kilometer lange Autobahn

    3,7

    1. Teilstück ausgeschrieben; Baubeginn: 2023; Fertigstellung: 2027

    National Highways Authority of India

    Dharavi Development Project / Stadtentwicklungsprojekt in Mumbai

    2,8

    Ausschreibung abgeschlossen; Laufzeit des Projekts bis 2039

    Adani Group

    New Chennai International Airport / Parandur (Tamil Nadu)

    2,5

    Planungsphase; Fertigstellung: 2028

    Tamil Nadu Industrial Development Corporation

    Central Vista Redevelopment Project / Neubau des Regierungsviertels in New Delhi

    2,4

    Baubeginn: 2021; Fertigstellung: 2024

    Central Public Works Department

    Quelle: Recherchen Germany Trade & Invest 2023


    Von Boris Alex | New Delhi

  • Nachhaltiges Bauen und Energieeffizienz

    Strengere Bauvorschriften und Programme zur energetischen Sanierung von Gebäuden sollen den steigenden Energieverbrauch bremsen.

    Gebäudesektor bietet Potenzial zur Energieeinsparung

    Die indische Regierung hat sich beim Klimaschutz ehrgeizige Ziele gesetzt. Bis 2070 will der Subkontinent klimaneutral sein. Um das Net-Zero-Ziel zu erreichen, soll vor allem die Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen ausgebaut werden. Indien will aber in den kommenden Jahren auch Maßnahmen ergreifen, um den Energieverbrauch von Gebäuden vom wachsenden Bedarf an Wohnraum abzukoppeln. Etwa 40 Prozent des städtischen Energieverbrauchs entfallen auf den Sektor. Der Konsum soll jedes Jahr um 8 Prozent zulegen. Der Stromverbrauch von Wohngebäuden dürfte sich in den Städten bis 2050 verdreifachen, schätzt die Internationale Energieagentur IEA.

    Der Anteil von Gebäuden an den gesamten Emissionen von Kohlendioxid (CO2) liegt direkt bei 5 Prozent und indirekt bei 15 Prozent, so Climate Transparency. Indien belegte 2020 beim Energieverbrauch von Gebäuden gemessen in Tonnen CO2 pro Kopf unter den G20-Nationen zwar den vorletzten Platz. Allerdings verzeichnete der Subkontinent zwischen 2015 und 2020 mit durchschnittlich 3 Prozent pro Jahr auch die größten Zuwächse hinter China, so eine Analyse von Climate Transparancy. Vor allem Klimaanlagen treiben den Energieverbrauch im Gebäudesektor in die Höhe. So soll sich bis 2038 der Anteil der klimatisierten Wohnfläche auf 40 Prozent vervierfachen.

    Gesetzgeber fordert und fördert nachhaltiges Bauen 

    Mit dem 2017 verabschiedeten Energy Conservation Building Code (ECBC) will Indien den Energieverbrauch von gewerblichen und öffentlichen Neubauten bis 2030 um bis zu 50 Prozent gegenüber 2017 reduzieren. Dadurch ließen sich bis zu 250 Millionen Tonnen CO₂ einsparen, so die Berechnung des Bureau of Energy Efficiency (BEE). Für Wohngebäude ab einer angeschlossenen Leistung von 100 Kilowatt gilt seit 2018 der ECBC-Residential-Kodex. Laut BEE verbrauchen nach ECBC-Vorschriften errichtete Bauten zwischen 17 und 42 Prozent weniger Energie. Über ihr "National Building Energy Efficiency Programme" fördert die Regierung die energetische Sanierung öffentlicher Bestandsbauten. Dadurch konnten seit 2017 mehr als 813.000 Tonnen CO₂ eingespart werden.

    Mit dem "Green Rating for Integrated Habitad Assessment" (GRIHA) gibt es seit 2007 ein staatlich anerkanntes Effizienzlabel für Gebäude. Bis Ende 2022 haben allerdings erst 527 ein GRIHA-Zertifikat erhalten. Bei der Zertifizierung nach LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) lag der Subkontinent 2022 auf Rang zwei hinter China. Insgesamt 323 Gebäude mit einer Fläche von 10 Millionen Quadratmetern erhielten die international anerkannte Auszeichnung - doppelt so viele wie im Jahr davor. Damit sind inzwischen fast 2.000 Gebäude mit einer Gesamtfläche von über 56 Millionen Quadratmetern nach LEED zertifiziert.

    Indische Baubranche ist sehr preissensibel

    Um seine ehrgeizigen Klimaschutzziele zu erreichen, muss Indien das Einsparpotenzial im Gebäudesektor viel stärker aktivieren als bisher. Mit jeder Verschärfung der energetischen Bauvorschriften eröffnen sich auch wachsende Geschäftschancen entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Bausektor. Zwar sind sich Branchenunternehmen und zum Teil auch die Kunden - vor allem bei gewerblichen und öffentlichen Bauten - der Thematik bewusst. Die Preissensibilität ist allerdings im Bausektor sehr ausgeprägt und Bauherren werden eher selten über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen, wenn den zusätzlichen Kosten keine höheren Erträge gegenüberstehen.

    Bei Gewerbebauten kann dies aber auch ein Imagegewinn für das Unternehmen durch eine "grüne" Fabrik oder Bürohaus sein. Bei Wohngebäuden ist die Priorität in der Regel nicht Energieeffizienz, sondern Kostensenkung und im Hochpreissegment zudem die "Annehmlichkeiten" wie ein Swimmingpool, was eher konträr zu den Klimazielen steht. Mit dem Argument einer langfristigen Energiekosteneinsparung durch den Einsatz effizienter Baumaterialien, kann ein Hersteller meist nicht punkten, da die meisten indischen Bauherren eher kurzfristige Finanzierungshorizonte anpeilen.

    Bewusstsein für grünes Bauen wächst - aber auf sehr niedrigem Niveau

    Aber es findet langsam ein Umdenken statt. Waren beispielsweise doppelt oder dreifach verglaste Kunststofffenster in Indien vor zehn Jahren noch Exoten, kommen sie zumindest im Hochpreissegment inzwischen verstärkt zum Einsatz - weniger wegen der Energieeinsparung, sondern wegen des besseren Schutzes gegen die Luftverschmutzung in den Großstädten. Auch werden immer öfter zentrale Klimaanlagen statt wie bislang Einzelgeräte in jedem Zimmer eingebaut. Der Absatz von Smart Home-Technik, mit denen sich der Energieverbrauch senken lässt, wächst auch in Indien und könnte sich bis 2027 auf 7 Milliarden US$ verdoppeln, so die Prognose von Statista.

    Von Boris Alex | New Delhi

  • Branchenstruktur

    In der indischen Baubranche dominieren lokale Unternehmen. Bei Architektur- und Ingenieurdienstleistungen bieten sich auch ausländischen Anbietern interessante Geschäftschancen.

    Bauvolumen soll bis 2025 auf 900 Milliarden US-Dollar steigen

    Die Bauindustrie zählt zu den Schlüsselsektoren der indischen Wirtschaft. Im Finanzjahr 2022/2023 hatte sie einen Anteil von 9 Prozent am Bruttoinlandsprodukt und beschäftigte etwa 50 Millionen Menschen direkt. Das Bauvolumen dürfte - nach einer Abschwächung der Aktivitäten während der Coronapandemie - 2022 um 16 Prozent auf 740 Milliarden US$ zugelegt haben. Bis 2025 könnte es auf bis zu 900 Milliarden US-Dollar steigen, so die Prognose von Invest India.

    Die Stimmung in der Baubranche ist gemischt: Zwar sorgen die höheren Investitionen im Infrastruktursektor für eine gute Auftragslage. Allerdings haben die Unternehmen mit steigenden Preisen für Energie und Baustoffen wie Zement und Stahl zu kämpfen. Auch die Anschaffungskosten für Baumaschinen sind 2022 gegenüber dem Vorjahr um etwa ein Viertel gestiegen. Dennoch konnten die führenden Bau- und Infrastrukturkonzerne ihre Umsätze 2022/2023 erneut steigern.

    Führende Baufirmen in Indien (Umsatz in Millionen US-Dollar)

    Unternehmen

    2020/2021

    2021/2022

    2022/2023

    Larsen & Toubro

    18.576

    19.055

    22.635

    Reliance Infrastructure

    2.282

    2.474

    2.549

    Rail Vikas Nigam

    2.104

    2.326

    2.504

    NCC Limited

    1.086

    1.336

    1.920

    Hindustan Construction

    1.127

    1.280

    1.217

    Lodha Group

    744

    1.287

    1.078

    NBCC India

    933

    923

    1.081

    Prestige Group

    872

    767

    1.027

    PNC Infratech

    790

    865

    982

    GMR Infrastructure

    851

    950

    826

    Finanzjahr 01.04. bis 31.03.Quelle: Moneycontrol, Unternehmensangaben 2023

    Großprojekte werden meist von indischen Baukonzernen realisiert

    Der indische Tiefbau ist fest in der Hand großer lokaler Infrastrukturkonzerne wie Larsen & Toubro oder Reliance Infrastructure. Ausländische Unternehmen kommen vor allem dann zum Zuge, wenn sie sich im Rahmen eines Konsortiums an einer Ausschreibung beteiligen. Bei Großvorhaben im Hafen- und Flughafenbau oder im Transport- und Energiesektor sind Finanzierungsmodelle wie öffentlich-private Partnerschaften und Zweckgesellschaften (Special Purpose Vehicle) weit verbreitet.

    Große Hochbauprojekte im Privatsektor werden von lokalen Immobilienentwicklern wie DLF, Prestige Group, Lodha Group oder Godrej Properties umgesetzt. Die Developer konzentrieren sich dabei meist auf ihre regionalen Stammmärkte und arbeiten dort als Generalunternehmen mit lokalen Baufirmen zusammen. Der Staatskonzern NBCC India spielt bei öffentlichen Bauvorhaben eine wichtige Rolle.

    Trotz der Dominanz lokaler Baukonzerne bietet Indien auch für deutsche Anbieter - vor allem von Architektur-, Ingenieurs- und Planungsdienstleistungen - Geschäftschancen. So hat das Düsseldorfer Architekturbüro Eller + Eller im Frühjahr 2021 den Wettbewerb zum Bau eines Innovationszentrums von Siemens Healthineers in Bengaluru gewonnen. Auch Blocher Partners aus Stuttgart hat über seine indische Tochter in Ahmedabad bereits eine Reihe von Wohnungs- und Gewerbeprojekte in Indien realisiert. Seit Juni 2022 ist das deutsche Ingenieursbüro Jan und Friends (J&F) in Indien aktiv.

    Von Boris Alex | New Delhi

  • Rahmenbedingungen

    Indiens Bausektor steht deutschen Unternehmen zwar offen, das Geschäft läuft aber über persönliche Beziehungen, was den Markteintritt erschwert. Die Zahlungsmoral ist schwach.

    Wenig Beschränkungen in der Baubranche

    Indiens Bausektor steht ausländischen Investoren weitgehend offen. Direktinvestitionen in Projekte im Wohnungs-, Gewerbe sowie im öffentlichen Bau sind - unter Auflagen - bis 100 Prozent erlaubt und werden im beschleunigten Genehmigungsverfahren ("Automatic Route") bewilligt.

    Vorhaben der öffentlichen Hand werden auf der zentralen Ausschreibungsplattform der indischen Regierung veröffentlicht. Zwar ist der Prozess weitgehend digitalisiert und damit transparenter. Deutsche Unternehmen bemängeln jedoch, dass die Tender oft auf indische Firmen zugeschnitten sind und Ausschreibungen nicht selten wieder zurückgezogen werden, wenn nicht das gewünschte Ergebnis eintrifft. Bei Straßen- und Schienenverkehrsprojekten ist es üblich, dass das Vorhaben nicht als Ganzes, sondern in mehreren Teilabschnitten oder Tranchen ausgeschrieben wird.

    Viele Infrastrukturprojekte überschreiten Kosten- und Zeitrahmen

    In Indien sind Kosten- und Zeitüberschreitungen bei Infrastrukturprojekten keine Seltenheit. Die Infrastructure and Project Monitoring Division veröffentlicht regelmäßig Statusberichte zu Vorhaben der Zentralregierung mit einem Investitionsvolumen von mehr als 18 Millionen US$. Im März 2023 waren von den 1.449 berücksichtigten Projekten 821 nicht im Zeitrahmen. Sie lagen im Schnitt um 38 Monate hinter dem ursprünglichen Zeitplan zurück. Die Kostenüberschreitungen beliefen sich auf zusammen 55 Milliarden US$, rund 22 Prozent des gesamten Projektvolumens.

    Im Privatsektor laden die Projektentwickler die Unternehmen zur Angebotsabgabe (Request for Quotation, Request for Proposal) ein. Um an Projektfrühinformationen zu gelangen, ist der Aufbau eines Netzwerks zu den privaten Infrastrukturkonzernen wichtig. Die zahlreichen Messen und Konferenzen zu verschiedenen Aspekten des Tiefbaus bieten hierfür eine gute Plattform.

    Rechtliche Absicherung wichtig

    Während die Projektplanung inzwischen oft auf internationalem Niveau ist, gibt es bei der Bauausführung hinsichtlich Qualität und Termintreue zum Teil noch Defizite. Vor allem bei öffentlichen Bauaufträgen sind Verzögerungen und Kostenüberschreitungen eher die Regel. Auch gilt die Zahlungsmoral im indischen Baugewerbe als äußerst schwach. Daher sollten Unternehmen bei der Vertragsgestaltung Punkte wie Zahlungsmodalitäten und Streitschlichtung frühzeitig klären, um sich rechtlich abzusichern.

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Boris Alex | New Delhi

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Wirtschaft

    AHK Indien

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Ministry of Road Transport and Highways

    Ministerium für Straßenbau

    Indian Railways

    Eisenbahnministerium

    Ministry of Civil Aviation

    Luftfahrtministerium

    Ministry of Housing and Urban Affairs

    Ministerium für Wohnungsbau und Stadtentwicklung

    Construction Federation of India

    Baufachverband

    Builders Association of India

    Baufachverband

    Confederation of Real Estate, Developers Associations of India

    Verband der Immobilienentwickler

    Indian Infrastructure

    Fachzeitschrift für den Tiefbau Projektfrühinformationen

    Infrastructure Today

    Fachzeitschrift für den Tiefbau mit Projektfrühinformationen

    Construction World

    Fachzeitschrift für die Bauwirtschaft

    Excon India

    Messe für Baumaschinen, 12.12. bis 16.12.2023, Bengaluru

    bauma CONEXPO INDIA

    Messe für Baumaschinen und Baustoffe 11.12. bis 14.12.2024, Noida/New Delhi

    India Investment Grid

    Projektdatenbank der indischen Regierung

    Central Public Procurement Portal

    Zentrale Veröffentlichungsstelle für öffentliche Ausschreibungen


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