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Special | Indien | Robotik

Roboterindustrie setzt auf Indien als Wachstumsmarkt

Die indische Industrie ist noch wenig automatisiert. Roboter kommen vor allem im Kfz-Sektor zum Einsatz, aber das soll sich ändern. Doch viele Unternehmen scheuen die hohen Kosten.

Von Boris Alex | New Delhi

  • Branchenüberblick: Geringe Roboterdichte bietet Potenzial

    Indiens Industriesektor muss in Automatisierung investieren, um wettbewerbsfähiger zu werden. Der Bedarf an Robotern in der Kfz- und der Elektronikindustrie dürfte weiter wachsen.

    Indien zählt zu den größten Wachstumsmärkten für Industrieautomatisierung und auch bei der Robotik bietet das Land Potenzial. Im Jahr 2021 lag der Umsatz mit Industrierobotern bei 240 Millionen US-Dollar (US$) und mit Kollaborativen Robotern (Cobots) bei 200 Millionen US$, so die Daten des IT-Verbands NASSCOM. Bis 2030 soll der Anteil der verarbeitenden Industrie am Bruttoinlandsprodukt auf 25 Prozent steigen - im Jahr 2021 lag er bei 17 Prozent. Im Rahmen des 27 Milliarden US$ schweren Förderprogramms Production Linked Incentives (PLI) erhalten Firmen unter anderem aus der Elektronikfertigung, der Automobilbranche, der Metallindustrie und dem Pharmasektor einen Bonus, wenn sie ihre Produktion in Indien steigern. Die Branchen decken sich weitestgehend mit den wichtigsten Abnehmern von Industrierobotern, entsprechend positiv sind die Wachstumsaussichten für dieses Segment.

    Neuinstallationen von Industrierobotern soll um 10 Prozent jährlich zulegen

    Dass hier noch Luft nach oben ist, zeigen die Daten der International Federation of Robotics (IFR). Bei den Neuinstallationen von Industrierobotern belegte Indien 2020 mit 3.215 Einheiten weltweit nur den 12. Platz - hinter Mexiko und vor Thailand. Zwischen 2010 und 2018 hatte sich der Absatz auf 4.771 Roboter verfünffacht, ging in den beiden Folgeperioden allerdings wieder zurück, so die Daten des Verbands. In den nächsten Jahren dürfte die Zahl der neu installierten Industrieroboter aber wieder anziehen. Jährliche Zuwächse von 10 Prozent sind nach Einschätzung des All India Council for Robotics & Automation (AICRA) realistisch. Die IFR prognostiziert für 2024 einen Anstieg bei den Neuinstallationen auf 5.100 Einheiten.

    Laut IFR waren Ende 2020 in ganz Indien 28.638 Industrieroboter im Einsatz - zehn Jahre zuvor waren es erst 5.000. Trotz der hohen Wachstumsdynamik der letzten Jahre hinkt Indien im internationalen Vergleich weit hinterher. China hat 2020 fast sechs Mal so viele Industrieroboter neu installiert wie in ganz Indien im Einsatz sind. Noch deutlicher sichtbar ist der Rückstand bei der Gegenüberstellung dieser Zahl zu den Beschäftigten im Industriesektor. Hier belegt Indien mit sechs Robotern je 10.000 Personen weltweit einen der hintersten Plätze, so die IFR-Daten.

    Elektromobilität als Wachstumstreiber für Robotik

    In der Kfz- und Zulieferindustrie ist die Automatisierung schon weiter vorangeschritten. Die Branche liegt bei Neuinstallationen und beim Bestand von Industrierobotern seit Jahren an der Spitze und führt mit 184 Robotern je 10.000 Beschäftigten deutlich vor allen anderen Industriezweigen. Zwar waren die Installationen im Kfz-Sektor zuletzt rückläufig. Mittel- bis langfristig erwartet der Robotikverband AICRA aber wieder eine lebhaftere Nachfrage. Vor allem die Elektromobilität dürfte für neuen Schub sorgen. Bis 2027 könnte die Zahl der neu zugelassenen Elektrofahrzeuge auf 9 Millionen steigen, so die Unternehmensberatung EY - im Jahr 2021 waren es nur rund 300.000.

    Indische und internationale Autokonzerne sollen bis 2028 umgerechnet fast 9 Milliarden US$ in die Produktion von Elektromobilen investieren. TATA Motors plant ein Investment von rund 2 Milliarden US$ bis 2025. Suzuki will 1,3 Milliarden US$ und Hyundai 500 Millionen US$ in den Aufbau von Fertigungskapazitäten für Elektrofahrzeuge stecken. Im Zuge dessen sind auch eine Reihe von Batteriefabriken geplant, was die Nachfrage nach Industrierobotern weiter ankurbeln dürfte. Der Batteriehersteller GODI Energy will für 3 Milliarden US$ mehrere Gigafactories in Indien bauen. Der taiwanische Elektronikkonzern Foxconn prüft ebenfalls einen Einstieg in diesem Segment, so Pressemitteilungen.

    Roboterhersteller setzen auf Elektronik- und Halbleiterproduktion 

    Die Elektronikindustrie gilt als weiterer Wachstumsmotor für die Roboternachfrage. Auf das Segment entfielen zwar Ende 2020 nur knapp 3 Prozent der installierten Industrieroboter. Aber Indien verfolgt ambitionierte Pläne bei der Fertigung von elektronischen Bauteilen. Im Rahmen ihres PLI-Förderprogramms unterstützt die Regierung gut 300 Investitionsvorhaben mit einem Volumen von 11 Milliarden US$. Darüber hinaus gibt es Pläne zum Bau der ersten indischen Halbleiterfabriken vom israelischen Foundry-Unternehmen Tower Semiconductor. Foxconn ist aktuell im Gespräche mit der Regierung von Maharashtra zum möglichen Bau einer Chipfabrik in dem Bundesstaat.

    Während die Nachfrage nach Industrierobotern in den kommenden Jahren weiter wachsen dürfte, hat die Automatisierung auf anderen Anwendungsgebieten - beispielsweise für Serviceroboter - angesichts der niedrigen Lohnkosten einen schwereren Stand. Bei Logistik- und Lagerrobotern sieht AICRA allerdings Potenzial: Der Markt für Warenhauslogistik soll vor allem wegen des boomenden Onlinehandels bis 2025 um 9 Prozent jährlich wachsen. Der Umsatz lag 2020 bei rund 9 Milliarden US$.

    Reliance steigt bei Roboter-Startup Addverb ein

    Der wachsende Bedarf an Industrieautomatisierung wird auch von indischen Herstellern und Startups bedient. Dabei stehen Internet of Things (IoT), Big Data, Künstliche Intelligenz und Smart Factories im Vordergrund. Es gibt aber auch eine Reihe von Unternehmen und Startups wie MCI Robotics, Asimov Robotics, Gridbots oder Addverb, die Roboter und Cobots für die Industrie sowie Serviceroboter entwickeln und fertigen. Addverb will seine Produktion von Logistikroboter auf 50.000 Stück pro Jahr verfünffachen. Mitte 2022 hat sich der indische Mischkonzern Reliance Industries für 132 Millionen US$ bei dem Unternehmen eingekauft.

    In Folge der Coronakrise importierte Indien 2020 nur noch Industrieroboter (ZT-Pos. 8479.50) im Wert von 80 Millionen US$ - zwei Jahre zuvor waren es noch fast 220 Millionen US$. Die wichtigsten Lieferländer sind Südkorea, Japan, China und Deutschland. Die Bezüge aus Deutschland gingen gegenüber 2019 um fast ein Fünftel auf 14,5 Millionen US$ zurück.

    Von Boris Alex | New Delhi

  • Strategien und Ziele: Förderung der Robotik steht noch am Anfang

    Indien unterstützt die Forschung und Entwicklung im Bereich Robotik. Die Produktion von Robotern ist in Förderprogrammen für die Elektronikindustrie eingebettet.

    Indien will die Wettbewerbsfähigkeit seiner verarbeitenden Industrie steigern und unterstützt die Unternehmen dabei, ihre Produktion zu automatisieren und zu digitalisieren. Die wichtigsten Instrumenten sind Steuervergünstigungen, Sonderabschreibungen, zinsgünstige Darlehen sowie verringerte Zollsätze. Damit will die Regierung den Firmen den Zugang zu Industrie-4.0- und Smart-Manufacturing-Anwendungen, Big-Data- und Künstliche-Intelligenz-Lösungen (KI) sowie zu Automatisierungstechnik ermöglichen. Von der Förderung profitieren damit auch Unternehmen, die Industrieroboter in ihren Werken einsetzen wollen.

    Fokus liegt auf Künstlicher Intelligenz

    Die indische Regierung hat bislang keine dedizierten Förderprogramme oder Strategiepapiere zur Entwicklung der heimischen Roboterindustrie aufgelegt. Die Robotik ist in verschiedene Initiativen im Bereich KI eingebettet. KI ist eine der neun Missionen des wissenschaftlichen Beratungsgremiums der Regierung (Prime Minister's Science, Technology and Innovation Advisory Council, PM-STIAC). Indien hat in den letzten Jahren eine Vielzahl von KI-Aktivitäten gestartet und kooperiert auch mit deutschen Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen. Laut einem Bericht des Center for Security and Emerging Technology (CSET) vom März 2021 war Indien 2020 der weltweit viertgrößte Produzent von KI-relevanten wissenschaftlichen Arbeiten und auch bei der Registrierung von KI-Patenten unter den Top Ten.

    Einer Studie des IT-Verbands NASSCOM zufolge könnte KI bis 2025 insgesamt 500 Milliarden US$ zum indischen BIP beitragen. Als wichtigste Einsatzgebiete für KI-Anwendungen gelten der Einzelhandel, die Finanzbranche, der Gesundheitssektor, die verarbeitende Industrie und der Energiesektor. Bei der Robotik liegt der Schwerpunkt auf Entwicklungen im Bereich der Robotergestützten Prozessautomatisierung (Robotic Process Automation, RPA). Indien mit seiner über Jahrzehnten gewachsenen Software-Industrie dürfte bei diesem Thema auch im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig sein. Die Regierung hofft, hier ebenfalls eine Führungsrolle einnehmen zu können.

    Forschungskooperationen mit der Privatwirtschaft

    Die indischen KI- und Robotikaktivitäten sind auf dem Portal INDIAai, eine Kooperation des Ministry of Electronics & Information Technology (MEITY) und des IT-Verbands NASSCOM, gebündelt. Das Centre for Artificial Intelligence and Robotics (CAIR) ist eine Einrichtung des indischen Verteidigungsministeriums und ist vor allem in der Forschung und Entwicklung von nicht-zivilen Anwendungen im Bereich KI und Robotik aktiv. Eine der wichtigsten Initiativen ist der AI and Robotics Technology Park (ARTPARK) in der Tech-Metropole Bengaluru. Dieser ist eine Plattform für Kollaborationen zwischen Startups und Unternehmen aus der KI und Robotik mit Universitäten und Forschungseinrichtungen sowie mit Unternehmen aus der Industrie. Das Robotics Research Center (RRC) ist eine weitere Kooperationen zwischen dem International Institute of Information Technology (IIIT) in Hyderabad und der Privatwirtschaft.

    Auch bei der staatlichen Förderung von Industrie 4.0 und Smart Manufacturing spielt die Robotik eine wichtige Rolle. Im Rahmen ihres "SAMARTH Udyog Bharat 4.0" Programms unterstützt das zuständige Ministry of Heavy Industries Unternehmen dabei, Technologien wie Internet of Things (IoT), Big Data und KI in ihre Produktionsprozesse zu integrieren. Laut NASSCOM investierte der Industriesektor im Finanzjahr 2020/2021 (1. April bis 31. März) rund 6 Milliarden US$ in Industrie-4.0-Lösungen. Um mehr Unternehmen den Zugang zu ermöglichen, wurde im Frühjahr 2022 das Smart Manufacturing Competency Centre in Ahmedabad gegründet. Auch dort sollen Kollaborationen zwischen Privatwirtschaft, Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen sowie staatlichen Stellen gefördert werden.

    Förderprogramm für Elektronik gilt auch für Robotik

    Indien hat 2020 unter dem Slogan "Atmanirbhar Bharat" (Unabhängiges Indien) eine Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik eingeläutet. Im Rahmen dieser Kampagne soll die Industrie mehr für den heimischen Markt, aber auch für den Export produzieren. Ein zentrales Förderprogramm ist Production Linked Incentives (PLI) - also Bonuszahlungen, die an Produktionsmengen geknüpft sind. Hierfür sieht die Regierung bis 2026 rund 27 Milliarden US$ vor. Zwar gibt es keine dedizierte Förderung der Robotik, diese ist aber nach Angaben der indischen Regierung in den Programmen für die Fertigung von elektronischen Bauteilen und von Drohnen berücksichtigt.

    Von Boris Alex | New Delhi

  • Rahmenbedingungen: Preissensibler Markt

    Die Einfuhrbedingungen für Roboter entsprechen denen anderer Industriemaschinen. Manuelle Arbeit ist billig und viele Unternehmen scheuen die Kosten für Automatisierung.

    Der Zugang zum indischen Markt steht Unternehmen aus Deutschland weitgehend offen. Beschränkungen gibt es vor allem in Bereichen der inneren Sicherheit wie der Kernenergie oder der Rüstungsindustrie. Die Vorschriften über Einfuhrverbote und -beschränkungen in Indien werden in der Einfuhrliste "Indian Trade Classification (ITC) of Import Items" einschließlich der allgemeinen Anmerkungen im Abschnitt  "Chapter 1A: General Notes Regarding Import Policy" sowie den Verordnungen des Directorate General of Foreign Trade (DGFT) festgeschrieben.

    Auf die Einfuhr von Industrierobotern (HS-Pos. 8479.50) wird ein Basiszoll von 7,5 Prozent erhoben. Zur Zollanmeldung von Waren muss der indische Importeur beim DGFT mit einer Importer Exporter Codenummer (IEC) registriert sein. Die Waren werden mit der Zollanmeldung (Bill of Entry) unter Vorlage der Warenbegleitpapiere zum zollrechtlich freien Verkehr oder für ein Zolllagerverfahren angemeldet. Die Anmeldung erfolgt elektronisch über das Indian Customs EDI System (ICES).

    Für bestimmte Bauteile wird Konformitätsbescheinigung benötigt 

    In Anlage 3 der indischen Einfuhrliste werden Waren aufgeführt, für deren Inverkehrbringen und Inbetriebnahme die Einhaltung verbindlicher, vom Bureau of Indian Standards (BIS) festgesetzter Normen vorgeschrieben ist. Zu dem Warenkreis zählen auch bestimmte Schalter und Sicherungen, Stromkabel und Stromzähler. Für diese Waren muss der indische Hersteller oder Importeur zunächst eine Konformitätsbewertung und Registrierung beim BIS beantragen.

    Indien ist ein sehr preissensibler Markt, auf dem Anbieter von High-Tech-Ausrüstung und -Lösungen oft einen schweren Stand haben. Angesichts der nach wie vor niedrigen Kosten für manuelle Arbeit, scheuen mittelständische Unternehmen die hohen Anfangsinvestitionen bei der Industrieautomatisierung. Roboterhersteller müssen dies bei der Marktbearbeitung beachten und gegebenenfalls technisch weniger anspruchsvolle Alternativen anbieten, um mit indischen und kostengünstigeren Anbietern aus anderen Ländern konkurrieren zu können.   

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest/Indien

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Indien

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Ministry of Electronics & Information Technology

    Förderprogramme für die Elektronikindustrie

    All India Council For Robotics & Automation (AICRA)

    Verband für die Roboterindustrie

    INDIAai

    Plattform für Künstliche Intelligenz und Robotik

    NASSCOM

    Verband für die Digitalwirtschaft

    NITI Aayog

    Denkfabrik der indischen Regierung, entwickelt Strategiepapiere für Zukunftsthemen

    Robotics India

    Informationsportal zur Roboterindustrie

    India Industrial Automation, Robotics and Electronics Expo (IIAREE) 

    Fachmesse für Automatisierung und Robotik (16. bis 18. Februar 2023 in New Delhi)

    Automation Expo

    Fachmesse für Automatisierung und Robotik (September 2023 in Mumbai)

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