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Branche kompakt | Indonesien | Energiewirtschaft

Der Weg zu einer Energiewende ist weit

Trotz politischer Bekenntnisse zu erneuerbaren Energien stockt deren Ausbau. Denn sie sind teuer. Und schon heute ächzt der Staatshaushalt unter den Energiesubventionen.

Von Frank Malerius | Jakarta

Ausblick der Energiewirtschaft in Indonesien

  • Starke Steigerung des Energiebedarfs der Privathaushalte (Benzin/Strom/Kochgas).
  • Exorbitante Steigerung des Energiebedarfs der Industrie durch den Ausbau der Erzverarbeitung.
  • Strenge Local-Content-Regelungen bremsen den Ausbau erneuerbarer Energien.
  • Keine eigene Produktion grüner Technologien.
  • Energieerzeugung basiert hauptsächlich auf Kohle – Politik fürchtet bei teuren Erzeugungsformen noch höhere Energiesubventionen.

Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: April 2024

  • Politische Ziele

    Die indonesische Politik bekennt sich offiziell zum Ziel der Klimaneutralität. Doch gleichzeitig ist kein Ende der Nachfragesteigerung bei fossilen Energieträgern absehbar.

    Indonesien will bis 2060 klimaneutral werden. Doch bislang lässt sich nicht erkennen, dass diese Zielsetzung eingehalten werden kann. Denn schon die für Indonesien im Pariser Abkommen von 2015 vereinbarten Klimaziele für 2025 werden klar verfehlt. Zu keinem Zeitpunkt wurde ernsthaft versucht, die Vorgaben zu erfüllen. Das dämpft die Aussichten für die weit über die Pariser Ziele hinausgehende frisch vereinbarte Just Energy Transition Partnership (JETP) zur Klimaneutralität des Energiesektors.

    Der Grund für die geringen Fortschritte Indonesiens liegt in einem Zielkonflikt. Denn die Wirtschaft muss wachsen, um Menschen aus der Armut zu holen und in die Mittelschicht zu führen. Dazu muss eine Industrie entstehen, die Arbeitsplätze schafft. Und dafür bedarf es günstige Energie. Erneuerbare Energien hingegen sind teuer, weil Indonesien die entsprechenden Technologien importieren muss. Gleichzeitig ächzt der Staatshaushalt unter den Subventionen, mit denen er alle Energieformen (Benzin/Strom/Diesel) für die Verbraucher erschwinglich halten muss. Die heimische Kohle, die zwei Drittel der Stromproduktion deckt, ist hingegen günstig. 

    Entgegen den ehrgeizigen Plänen der Regierung ist ein Boom der erneuerbaren Energien nicht in Sicht. Stattdessen wird derzeit die energieintensive Verarbeitung heimischer Rohstoffe, insbesondere von Nickelerz, im Rahmen der sogenannten  Downstreaming-Strategie ausgebaut. Dadurch sinkt kurzfristig der ohnehin geringe Anteil der Erneuerbaren am Stromverbrauch.

     

    Von Frank Malerius | Jakarta

  • Markttrends

    Es gibt zahlreiche kleinere Projekte der Erneuerbaren in Indonesien. Doch ein Ausbau im industriellen Maßstab ist bisher nicht in Sicht.

    In Indonesien gibt es derzeit wenige große Energieprojekte innerhalb der öffentlichen Stromnetze. Das hat einen einfachen Grund: Im Java-Bali-Stromnetz, das für 70 Prozent der Stromerzeugung des Archipels steht, gibt es seit vielen Jahren große Überkapazitäten. Während der Coronakrise sollen sie bis zu 50 Prozent betragen haben. Aufgrund zu optimistischer Prognosen über das Wirtschaftswachstum ist ein starker Zubau von Kohlekraftwerken um 2015 umgesetzt worden. Derzeit laufen sogar Verhandlungen über die Stilllegung von Kohlekraftwerken, die mit internationalen Geldern, unter anderem von der Asian Development Bank (ADB), finanziert werden sollen. Auch auf Sumatra, das für weitere 20 Prozent der Stromerzeugung steht, gibt es Überkapazitäten. Laut PLN hält diese landesweite Situation noch etwa bis 2028 an. Pro Jahr steigt der indonesische Strombedarf im Gleichschritt mit dem Wirtschaftswachstum etwa um 5 Prozent.

    Trotz des Überangebots an Erzeugungskapazitäten laufen in dem riesigen Archipel mit seinen mehr als 6.000 bewohnten Inseln zahlreiche lokale Stromprojekte. Denn es gibt Hunderte kleine und isolierte Stromnetze. Und selbst die großen Stromnetze auf Sumatra, Java-Bali, Kalimantan und Sulawesi, sind nicht miteinander verbunden. Auch deshalb besteht vor allem bei den Übertragungsnetzen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten ein erheblicher Ausbaubedarf.

    Zu den wenigen großen Erneuerbaren-Projekten gehört der Bau der Kayan-Cascade-Staudämme im weitgehend menschenleeren Nordkalimantan. Abnehmer soll ein riesiger neuer Industriepark sein. Weiteres grünes Großprojekt sind geplante riesige Solarparks auf Batam für den Stromexport nach Singapur. Aber beide Projekte werden erst in vielen Jahren Elektrizität produzieren.

    70 %

    der indonesischen Stromerzeugung entfallen auf Java.

    JETP macht Druck auf grünen Umbau

    Wie sich der Ausbau der Stromerzeugung in Indonesien in den kommenden Jahren entwickelt, hängt auch von der Rolle der Just Energy Transition Partnership (JETP) ab, einer 2022 geschlossenen Vereinbarung zwischen Geberländern und Indonesien über den Komplettumbau des indonesischen Stromsektors zur Klimaneutralität bis 2050. Der überaus ambitionierte Plan sieht die Verachtfachung der Stromerzeugungskapazitäten vor. Und während Kohle - die heute zwei Drittel des indonesischen Stroms erzeugt - auf null gefahren werden soll, wird der Ausbau aller anderen Stromerzeugungsform um den Faktor 17 steigen. Insgesamt wurden 1.000 Projekte identifiziert.

    Für die Umsetzung von JETP sprechen die Bekenntnisse der politischen Eliten zum Netto-Null-Ziel. Und das steigende Umweltbewusstsein der indonesischen Mittelschicht.    

    Dagegen stehen die exorbitanten Kosten eines solchen Umbaus, für den es in einem solchen Umfang bisher nirgendwo auf der Welt ein Vorbild gibt. Alleine die ersten 400 Projekte des JETP-Investitionsplans werden mit knapp 100 Milliarden US-Dollar (US$) veranschlagt. Die Stromnetze müssten bis 2050 so ausgebaut werden, dass sie eine Solar-Peak-Kapazität von 265 Gigawatt (Vergleich Deutschland 2024: circa 70 Gigawatt) zum Tagesende auf null runterregeln und durch andere Erzeugungsformen ersetzen können. Laut offiziellen Statistiken hat Solar allerdings die mit Abstand höchsten Gestehungskosten aller Stromerzeugungsformen. Im Jahr 2020 betrugen sie knapp das 20fache von Kohle.

    Aber die Gestehungskosten dürfen nicht steigen. Denn die Hälfte der indonesischen Haushalte bezieht subventionierten Strom. Das kostet den hoch verschuldeten staatlichen Strommonopolisten PLN jährlich Milliardensummen. Die Subventionierung aller Energieformen (Benzin, Strom, Kochgas) fressen schon heute 10 Prozent der Staatsausgaben auf. Einige Haushaltsentwürfe der vergangenen Jahre mussten bis zu 20 Prozent für diese staatlichen Armenhilfen einplanen. Keine indonesische Regierung wird die Bekämpfung der Armut und den wirtschaftlichen Fortschritt hohen Energiepreisen opfern. 

    Gigantischer Kohlekraftwerksbau in der Erzverarbeitung

    Trotz des geplanten grünen Umbaus der indonesischen Strombranche entfallen die derzeit weitaus größten neuen Erzeugungskapazitäten auf Kohlekraftwerke. Dabei handelt es sich vor allem um sogenannte Eigenkraftwerke von Unternehmen in der Rohstoffverarbeitung, insbesondere der Edelstahlproduktion. Sie werden vor allem von den in der Branche tätigen chinesischen Unternehmen gebaut und benötigen gigantische Kohlemengen. 

    Da diese Anlagen weitgehend off-grid produzieren und in den normalen Energiestatistiken nicht auftauchen, ist ihr Umfang schwer zu ermessen. Ein Bericht sah Ende 2022 neue Kapazitäten von 18,8 Gigawatt im Bau. Alleine das entspricht etwa der Hälfte des indonesischen Kohlekraftwerksbestandes. Und das ist erst ein Zwischenstand, denn die indonesische Downstreaming-Strategie zur Weiterverarbeitung von Erzen befindet sich erst am Anfang. Zahlreiche weitere energiehungrige Erzschmelzen sind in Planung. Einen Eindruck der Dimensionen des Energiebedarfs bietet der Indonesia Morowali Industrial Park (IMIP) in Zentralsulawesi. 

     

    Projekte der erneuerbaren Energien in IndonesienLeistung in Megawatt; Investitionen in Millionen US-Dollar

    Projektbezeichnung (Standort)

    Leistung 

    Unternehmen 

    Status

    Investitionsvolumen

    Wasserkraftwerke Kayan Cascade (Nordkalimantan)

    9.000

    PowerChinaBaubeginn

    17.800

    Solarkraftwerke und Batteriespeicher in Batam (Sumatra) für den Stromexport nach Singapur

    bis zu 11.000

    u.a. Marubeni Global IndonesiaIn Planung

    9.000

    Geothermiekraftwerk Hululais (südwestliches Sumatra)

    110

    Pertamina Geothermal

    Im Bau

    2.500

    Wasserkraftwerk Batang Toru (Nordsumatra)

    510

    North Sumatra Hydro Energy; PLN

    Im Bau

    1.600

    Pumspeicherkraftwerk Cisokan (Westjava)

    4x260

    PLNBaubeginn

    850

    Wasserkraftwerk Bendungan Merangin (südwestliches Sumatra)

    107

    k.A.

    In Planung

    420

    Geothermiekraftwerk Kaldera Danau Banten (westliches Java)

    110

    Sintesa Banten GeothermalIm Bau

    k.A.

    Schwimmende Solarkraftwerke in Danau Singkrang (Westsumatra) und Saguling Reservoir (Westjava)

    92+77

    PLN, ACWA Power (Saudi Arabien)In Planung

    k.A.

    Quelle: Medienberichte; JETP-Investtionsplan

    Von Frank Malerius | Jakarta

  • Branchenstruktur

    Der indonesische Energiemarkt befindet sich zu großen Teilen in öffentlicher Hand. Der staatliche Stromkonzern PLN hat ein Monopol auf den Zugang zu den Endkunden.

    Wie so viele Industriebranchen in Indonesien, so ist auch der Energiesektor weitgehend staatlich organisiert. Insbesondere der Ölkonzern Pertamina und der Stromkonzern PLN dominieren weite Bereiche ihrer Geschäftsfelder mit abgesicherten Monopolrechten. Dritter großer Energiesektor neben dem Öl- und Gasgeschäft ist die Kohlebranche. Hier gibt es deutlich mehr Privatwirtschaft, zumindest in Förderung und Transport. 

    PLN ist für etwa 70 Prozent der indonesischen Stromproduktion verantwortlich und setzt den Rahmen für die privaten Produzenten im Land, den sogenannten Independent Power Producers (IPPs). In der Stromübertragung und dem Stromvertrieb zum Endkunden besitzt PLN ein Monopol. PLN untersteht dem Ministerium für Energie und Rohstoffe (ESDM), wird von Marktteilnehmern aber als machtvolle Einheit mit eigener Agenda charakterisiert.

    Großer Bedarf im Netzausbau

    Indonesien besitzt wenig eigenes technologisches Know-How. Kraftwerke werden weitgehend von ausländischen Lieferanten gebaut. Indonesische Unternehmen übernehmen den Rohbau und die infrastrukturelle Anbindung. Siemens hat eine Produktion von Komponenten für die Stromübertragung in Indonesien und ist am Bau vieler Übertragungsleitungen beteiligt. Java gilt als zu 100 Prozent elektrifiziert, Indonesien insgesamt als zu etwa 98 Prozent. Die größten Lücken bestehen in abgelegenen Regionen in Papua, den Molukken und Kalimantan. 

    Angesichts eines jährlichen Wachstums des Strombedarfs von etwa 5 Prozent (das entspricht einer Verdoppelung in 12 Jahren bis 15 Jahren) besteht in den kommenden Jahren ein großer Bedarf an zusätzlichen Leitungen. Insbesondere dann, wenn nicht grundlastfähige Erzeugungsformen wie Solar und Wind verstärkt ans Netz gehen sollten. Alleine zwischen dem Jahr 2000 und 2018 hat sich die Stromnachfrage in Indonesien verdreifacht.

    Importabhängigkeit bei grünen Technologien

    In den technologieintensiven erneuerbaren Energien hat sich in Indonesien keine eigene Industrie entwickelt. Es werden weder Solarpanele noch Windturbinen im Land hergestellt. Genauso wenig die High-Tech-Wasserturbinen oder etwa Bohrtechnik für Geothermie. Praktisch alles muss importiert werden. Das macht erneuerbare Energien gegenüber der im Übermaß im Land vorhandenen Kohle besonders teuer. Vor allem deshalb haben sich die Erneuerbaren bisher nicht in einem größeren Umfang entwickelt.

    Es gibt auch kaum größere indonesische Unternehmen, die auf erneuerbare Energien spezialisiert sind. Viele Erneuerbaren-Projekte werden von PLN oder Pertamina umgesetzt. Etliche größere ausländische Unternehmen setzen sich Solaranlagen auf ihre Fabriken und Verwaltungsgebäude. Dabei sind Imagepflege oder interne Nachhaltigkeitsvorgaben oft wichtiger als Wirtschaftlichkeit. Denn eine lohnende Einspeisung in die öffentlichen Stromnetze ist bisher nicht möglich. Manchmal steigen auch branchenfremde Player in das Geschäft mit grünen Energien ein, so wie etwa der Mischkonzern Marubeni, der in Batam große Solarkraftwerken für den Export von Solarstrom nach Singapur bauen will.

     

    Wichtige Branchenunternehmen in Indonesien Umsatz in Milliarden US-Dollar

    Unternehmen

    Sparte

    Umsatz 2022 

    Pertamina (staatlich)Ölförderung, -raffinierung und -vertrieb

    84,9

    PLN (staatlich)Stromproduktion und -vertrieb

    29,4

    Adaro EnergyKohleförderung, Kraftwerksbetrieb

    8,1

    Bayan ResourcesKohleförderung, Kraftwerksbetrieb

    4,7

    MedcoEnergiÖl- und Gasförderung, Kraftwerksbetrieb

    2,3

    Bumi ResourcesKohleförderung, Kraftwerksbetrieb

    1,8

    Quelle: Medien-, Geschäftsberichte


     

    Von Frank Malerius | Jakarta

  • Marktorganisation und Rahmenbedingungen

    Günstige heimische Kohle dominiert Indonesiens Strommarkt. Für den industriellen Ausbau der Erneuerbaren fehlen Anreize für Investoren. Zudem ändert sich der Rechtsrahmen ständig.

    In der indonesischen Energiepolitik herrscht eine große Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Zwar bekennen sich die politischen Eliten im Gleichschritt mit den Medien unablässig zum Klimaschutz. So hat Indonesien das Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 unterzeichnet und 2022 auf dem G20-Gipfel auf Bali die Just Energy Transition Partnership (JETP) vereinbart, die den Komplettumbau der indonesischen Stromversorgung auf erneuerbare Energien in nur zweieinhalb Dekaden vorsieht - unter vollständigem Verzicht auf Kohleverstromung. Angesichts dessen könnte der unbedarfte Beobachter zum Schluss kommen, dass die Energiewende in Indonesien kurz bevor steht. 

    Doch die Realität sieht anders aus: Indonesien war zu keinem Zeitpunkt auf dem Kurs, die Pariser Klimaziele zu erreichen. Im Januar 2024 hat die Regierung endlich auch offiziell das Scheitern eingestanden. Die Ziele sehen vor, dass der Archipel 23 Prozent seiner Primärenergie bis 2025 aus erneuerbaren Quellen erzeugt. Immerhin steigerte Indonesien diesen Anteil von 5 Prozent im Jahr 2015 auf 13 Prozent im Jahr 2023. Doch ein genauer Blick zeigt: Die Anteile von Wasserkraft und Geothermie sind gar nicht gestiegen, Solar- und Windstrom ist in dem riesigen Archipel weiterhin fast nichtexistent. 

    Stattdessen basiert der Anstieg fast ausschließlich auf der Verwendung von Biodiesel im Tank, das mittlerweile die wichtigste Anwendungsform von Palmöl im Land ist. Zweiter Treiber ist Biomasse, deren Strom überwiegend kleinteilig jenseits der öffentlichen Netze zum Einsatz kommt, und die ebenfalls zu einem erheblichen Anteil aus Palmölernteresten bestehen dürfte. Für diese – statistisch gesehen –  grünen Energien wurden vor allem auf Sumatra und in Kalimantan Abermillionen Hektar Primärwald gerodet. 

    Rekordförderung von Kohle

    Stattdessen eilt Indonesien von Rekord zu Rekord bei der Kohleförderung. Die großen Reservoirs liegen vor allem im Osten Kalimantans. Wurden 2015 noch 461 Millionen Tonnen gefördert, so waren es 2023 bereits 775 Millionen Tonnen. Für 2024 hat die Regierung das Ziel von 922 Millionen Tonnen ausgegeben. Das entspricht einer glatten Verdoppelung gegenüber dem Jahr der Pariser Klimaschutzkonferenz. 

    Treiber der Entwicklung ist der Export des schwarzen Goldes vor allem nach China, Indien und Japan. Etwa drei Viertel der Fördermenge werden ausgeführt. Solange die Weltmarktpreise hoch sind, soll so viel Kohle wie möglich aus dem Boden geholt werden. Das geschieht im Tagebau, mit geringen Extraktionskosten. Die Exporterlöse sind gigantisch und füllen nebenbei den Staatssäckel. Im Jahr 2022 betrugen sie 55 Milliarden US$ und waren damit doppelt und dreimal so hoch wie in den Jahren davor. Aber auch die heimische Nachfrage nach Kohle wächst kontinuierlich, mit wachsendem Wohlstand und steigendem Strombedarf. Die Kohleförderer müssen ein Viertel ihrer Fördermenge zumeist deutlich unter den Weltmarktpreisen an die einheimische Kraftwerksbetreiber angeben (sogenannte "Domestic Market Obligation - "DMO"). 

    Unter diesen Voraussetzungen scheint derzeit schwer vorstellbar, dass Indonesien bis 2050 seine Kohleverstromung einstellt, Werte von Billionen US$ im Boden belässt und freiwillig Wohlstand und Fortschritt zurückstellt. Vor einigen Jahren hatten deutsche Forschungseinrichtungen mehrere Dutzend Entscheider der indonesischen Energiepolitik interviewt. Die Befragten sagten, dass die aktuellen Erneuerbaren-Ausbauziele eher ein symbolischer Akt seien. Kohle sei ein Mittel, um Armut zu bekämpfen, die Industrialisierung voranzutreiben und Entwicklung in Regionen zu bringen, die andernfalls keine wirtschaftliche Perspektive hätten.

    Zu niedrige Einspeisetarife

    Wer ein realistisches Szenario für erneuerbare Energien in Indonesien entwerfen will, kommt um die Anerkennung der großen volkswirtschaftlichen Bedeutung von Kohle nicht herum. Sie ist der Grund, weshalb sich Erneuerbare schwertun. Lange Zeit hat sich die Regierung gesträubt, überhaupt einen verbindlichen Rechtsrahmen für sie zu schaffen. Wer eine Geothermieanlage oder ein Solarkraftwerk bauen wollte, musste die Abnahmepreise mit dem Monopolisten PLN verhandeln, ohne dass es überhaupt festgelegte Untergrenzen gab. 

    Über die 2022 endlich rechtsverbindlich festgeschriebenen Einspeisetarife gehen die Meinungen in der Branche auseinander. Jedenfalls haben sie keinen Investitionsboom bei den Erneuerbaren ausgelöst. Denn PLN hält weiter die Fäden in der Hand. Vertreter der Erneuerbaren beschreiben den Monopolisten als ausgesprochen harten Verhandlungspartner um Abnahmepreise, der bei grünem Strom zu wenig Zugeständnissen bereit ist. Daher gelten viele potenzielle Erneuerbaren-Projekte in Indonesien weiterhin als "not bankable".

    Und die Rechtsunsicherheit wurde keineswegs beseitigt. Beispielhaft dafür stehen die zahlreichen Gesetzesänderungen für Solardachanlagen in den vergangenen Jahren. Neuen Anreizen folgten kurz darauf immer wieder neue Hürden. PLN ist stets darauf bedacht, von privaten Betreibern nicht zu viel voll vergüteten Strom in die öffentlichen Netze einspeisen zu lassen. Deshalb gibt es in dem den Äquator umfassenden Archipel bis heute nur einige wenige Tausend Solardachanlagen, die meisten davon von auf Imagepflege bedachte Unternehmen. 

    Tipps für den Markteinstieg
    • Die vielen laufenden Gesetzgebungsprozesse genau verfolgen
    • Sich Lobbygruppen anschließen (z. B. der Europäischen Handelskammer "EuroCham")
    • Starken einheimischen Partner suchen
    • Geduld haben

     

    Hohe Local-Content-Anforderungen

    Private Unternehmen in der Stromproduktion arbeiten in der Regel nach dem Modell Build-Operate-Transfer (BOT), bei dem die Anlage nach einem festgelegten Zeitraum (oft 30 Jahre) in den Besitz von PLN übergeht. Mittlerweile können sie unter Umständen aber auch ohne "Transfer" weiterbetrieben werden. Schwierigstes Thema neben den Einspeisetarifen ist für die Erneuerbaren jedoch Local Content. An den hohen Anforderungen scheitern zahlreiche Projekte. Indonesien stellt kaum eigene Technologie her, will aber teure Importe vermeiden. Solaranbieter berichten, dass bei Projektausschreibungen meist ein Großteil der Elektronik aus indonesischer Herstellung kommen muss, die aber qualitativ minderwertig ist.

    Doch auch Local-Content-Regelungen sind Marktteilenehmern zufolge bisweilen verhandelbar. Die besten Chancen auf Realisierung haben prestigeträchtige Projekte, die auf Regierungsebene vereinbart werden. Ein Beispiel ist eine Ende 2023 in Westjava ans Netz gegangene schwimmende Solaranlage. Sie ist das erste größere Solarkraftwerk in Indonesien überhaupt. Betreiber ist die Mubadala Investment Company aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Präsident Joko Widodo weihte sie ein.

    Preissensible Ausschreibungen 

    Viele Erneuerbare-Projekte werden von PLN ausgeschrieben. Laut Marktbeobachtern hat sich das indonesische Ausschreibungswesen gegenüber früheren Zeiten zwar verbessert. Dennoch entspricht es nicht westlichen Standards, noch immer herrscht Intransparenz. Viele Ausschreibungen im Energiebereich gelten Branchenkennern zufolge in dem schwierigen Umfeld für ausländische Unternehmen als uninteressant. Dass sich Projekte über Jahre verzögern, gehört zur Normalität. Oft bevorzugt der Prozess einseitig die günstigsten Anbieter.

    Auch der Import von Technologie bereitet häufig Probleme, insbesondere jenseits der großen Häfen auf Java. Grund können sich kurzfristig verändernde Gesetzeslagen, Korruption oder schlicht erratische Maßnahmen sein. Logistiker können stundenlang über die vielfältigen Facetten gescheiterter oder verzögerter Einfuhrprozesse berichten. Experten berichten aber auch, dass der Importprozess vor allem durch eine zunehmende Digitalisierung an Transparenz gewonnen hat.

    Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Frank Malerius | Jakarta

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade and Invest (GTAI)

    Informationen zum Thema Energiewirtschaft

    Exportinitiative Energie

    Informationen zu Veranstaltungen, Markt- und Länderinformationen

    Factsheets der Exportinitiative Energie

    Factsheets mit allgemeinen Energieinformationen zum Land (teilweise mit Technologie- oder Anwendungsfokus)

    AHK Indonesien („Ekonid“)

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Europäische Handelskammer in Jakarta (EuroCham)Interessenvertretung europäischer Unternehmen
    Ministerium für Energie und Rohstoffe (ESDM)Entwirft die nationale Energiestrategie
    Perusahan Listrik National PLNIndonesischer Strommonopolist, Verhandlungspartner für Abnahmepreise
    Institute for Essential Services Reform (IESR)Think Tank für erneuerbare Energien
    Asosiasi Gas Industri Indonesia (AGII)Verband der Gasindustrie
    Asosiasi Energi Surya Indonesia (AESI)Solarverband
    Asosiasi Panasbumi Indonesia (INAGA)Geothermieverband
    INA GreentechFachmesse für grüne Technologien in Jakarta
    Electric & Power IndonesiaInternationale Fachmesse in Jakarta
    Indo Renery & ElectricFachmesse für Erneuerbare Energien in Jakarta

     

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