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Branche kompakt | Indonesien | Abfallwirtschaft

Hoher Beratungs- und Technologiebedarf

Im urbanen Indonesien entsteht ein wachsendes Umweltbewusstsein. Die Politik treibt dort mit ausländischer Hilfe den Bau von Recycling- und Waste-to-Energy-Anlagen voran.

Von Frank Malerius | Jakarta

  • Marktchancen

    Indonesien benötigt Deponietechnologie, Ausrüstung zum Plastikrecycling und Waste-to-Energy-Anlagen. Deutsche Anbieter sind im Geschäft.

    Es kursieren zahlreiche Angaben über den Abfallentsorgungsmarkt in Indonesien. Laut Umweltministerium wurden 2021 knapp 31 Millionen Tonnen Abfall produziert. Das seien 15,6 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Den Angaben zufolge wird knapp die Hälfte des Abfalls eingesammelt. Davon wiederum werden etwa zwei Drittel in irgendeiner Weise weiter- oder wiederverwertet. Circa 41 Prozent des indonesischen Abfalls stammen aus Haushalten, weitere 35 Prozent entfallen auf Geschäfte und traditionelle Märkte. Etwa 40 Prozent des Abfalls sind Nahrungsmittelreste, zusätzliche 13 Prozent ebenfalls organischen Ursprungs. 

    Im urbanen Indonesien - etwa 55 Prozent der 275 Millionen Indonesier leben in Städten - ist ein wachsendes Umweltbewusstsein entstanden. Denn Abfall ist im Alltag zum Problem geworden. Achtlos weggeworfener Müll verunreinigt das Grundwasser, verstopft die städtischen Flüsse und fördert damit Überschwemmungen. Außerdem verschmutzt er touristische Sehenswürdigkeiten. An den Hauptstränden Balis wurde der angeschwemmte Plastikmüll bisweilen in haushohen Haufen zwischen den Sonnenbadenden aufgetürmt, um ihn irgendwann zu Deponien abzutransportieren. Aus diesen Missständen heraus sind zahlreiche zivilgesellschaftliche Initiativen rund um Müllvermeidung, -entsorgung und -wiederverwertung entstanden. 

    Indonesiens Abfall nach Zusammensetzung

    Art

    Anteil in Prozent

    Nahrungsmittelreste

    40,0

    Plastik

    17,5

    Holz, Äste, Blätter

    13,1

    Papier, Pappe

    11,9

    Metall

    3,2

    Glas

    2,5

    Textilien

    2,4

    Gummi, Leder

    1,8

    Sonstiges

    7,7

    Quelle: Indonesisches Umweltministerium 2022


    Plastikmüll muss importiert werden

    Dennoch steht Indonesien bei der Schaffung einer Kreislaufwirtschaft rund um Abfall noch am Anfang. In den Dörfern und den halblegalen Armenvierteln am Rand der großen Städte wird der Abfall traditionell in offenen Feuern am Wegesrand verbrannt oder landet in Flüssen und letztendlich im Meer. In den urbanen Zentren wird der Hausmüll zumeist von einer Müllabfuhr abgeholt und landet größtenteils auf Deponien, von denen viele nicht versiegelt sind. Jakartas Müll endet fast komplett auf den bis zu 50 Meter hohen Hügeln der gigantischen Deponie Bantar Gebang jenseits der südöstlichen Stadtgrenze in der Nachbarprovinz Westjava, deren Kapazität nach 30 Jahren Nutzung fast erschöpft ist. 

    In Bantar Gebang offenbart sich ein Paradox. Denn dort liegen Millionen Tonnen Plastik, die durch das Netz der traditionellen, auf Handarbeit basierenden Wiederverwertungs- und Recyclingsysteme gerutscht sind. Die indonesische Industrie würde sie dringend benötigen, stattdessen kauft sie mangels heimischen Nachschubs Plastikmüll in fernen Ländern ein. Kommt dieser schlecht sortiert an, sodass keine fachgerechte Weiterverarbeitung gewährleistet werden kann, schickt das Land die entsprechenden Container unter großer medialer Empörung zum Absender zurück. Plastik gehört zu den größten Importposten des Archipels. Im Jahr 2021 musste es im Wert von fast 9 Milliarden US-Dollar (US$) eingeführt werden. Davon entfielen 7 Milliarden US$ auf Kunststoffe in Primärformen und 2 Milliarden US$ auf verarbeitete Kunststoffprodukte.

    Indonesiens Abfall nach Herkunft

    Herkunft

    Anteil in Prozent

    Haushalte

    40,9

    Geschäfte

    18,1

    Traditionelle Märkte

    17,4

    Büros

    8,2

    Öffentliche Einrichtungen

    6,3

    Industrie

    5,8

    Sonstiges

    3,4

    Quelle: Umweltministerium 2022


    Recycling in Handarbeit

    Innerhalb der städtischen Abfallwirtschaft gibt es eine Recyclingindustrie. Auf Rohstoffe wie Plastik, Papier oder Metall spezialisierte Müllsammler holen sich diese wiederverwertbaren Rohstoffe aus den öffentlichen Abfallbehältern, den Müllschächten der Privathäuser oder sammeln sie auf den Deponien ein und verkaufen sie an Zwischenhändler. Diese veräußern die Stoffe dann in größeren Mengen an mehr oder weniger technisierte Recyclingbetriebe weiter.

    Über diese traditionellen Wiederverwertungswege hinaus sind zahlreiche Mikro-Geschäftsmodelle entstanden. Dazu gehören kommunal oder privat betriebene sogenannte Waste Banks, zu denen Menschen gegen eine kleine Gutschrift ihren wiederverwertbaren Haushaltsmüll bringen. Die Gutschrift wird als Geld oder mancherorts sogar in Gold ausgezahlt. Sie kann auch umwandelbar in ein Gut sein, das der Dorfgemeinschaft dient. Laut Umweltministerium gibt es landesweit mittlerweile mehr als 10.000 Waste Banks mit mehreren hunderttausend Kunden. Ihr Anteil am gesamten Recycling liegt aber nur bei wenigen Prozent.

    Deutsche Technologie im Einsatz

    Dieses auf Handarbeit beruhende System ist lückenhaft, sodass noch immer Unmengen an anorganischem Abfall auf Deponien, am Straßenrand, im Meer oder an den Stränden enden. Diese Situation hat die Politik unter Handlungsdruck gesetzt. Als wegweisend gilt die Präsidialverordnung 97/2017, nach der bis 2025 um 30 Prozent weniger Abfall produziert und davon 70 Prozent weiterverarbeitet werden soll. Die Städte und Gemeinden sind mit der Umsetzung beauftragt und müssen dabei regelmäßig an die nationalen Behörden berichten und sich einem Ranking unterziehen.

    Weiterer Meilenstein ist die Präsidialverordnung 35/2018, die Waste-to-Energy-Lösungen vorantreiben soll. Sie verpflichtet zwölf Städte des Archipels dazu, entsprechende Anlagen zu bauen und Anlagenbetreibern eine sogenannte Tipping Fee pro Tonne Müll zu bezahlen. Schließlich sind die Hersteller und Verkäufer von Plastikverpackungen unter der sogenannten "Waste Reduction Roadmap", (Ministerialverordnung 75/2019) zur Abfallverminderung aufgefordert.

    Um diese Verordnungen zu erfüllen, sind Know-how und Technik erforderlich, die Indonesien selbst nicht hat. Dazu gehört Technologie rund um Mülldeponien, Ausrüstung zum Plastikrecycling und vor allem Wast-to-Energy-Anlagen. Mehrere deutsche Marktteilnehmer sind bereits im Geschäft. So ist etwa das Entsorgungsunternehmen Alba im PET-Recycling tätig, die Umwelttechnikfirma Wehrle in der Abwasserbehandlung und das Technologieunternehmen Euwelle will bald in Westjava Haushaltsmüll zu Treibstoff, Strom und Düngemittel umwandeln. Zudem bauen Intec Engineering und SBW Energy in Jakarta eine Waste-to-Energy-Anlage für 360 Millionen US$.

    Ausgewählte Investitionsprojekte in der Abfallwirtschaft in Indonesien

    Projekt

    Investition (in Millionen US$)

    Stand

    Projektträger

    Bau von Waste-to-Energy-Anlagen in zwölf Städten (Jakarta, Tangerang, Südtangerang, Bandung, Semarang, Surakarta, Surabaya, Makassar, Bekasi, Denpasar, Palembang, Manado)

    k.A.

    in Planung

    Lokale Behörden (nach Präsidialverordnung 35/2018)

    Anlage zur Umwandlung von Abfall in Strom, Dünger und Treibstoff in Nambo (Westjava)

    k.A.

    Im Bau

    Euwelle

    Waste-to-Energy-Anlage in Jakarta

    360

    In Planung

    Intec Engineering GmbH, SBW Energy

    Anlage zur Verarbeitung von Giftmüll, Mojokerto (Ostjava)

    167

    k. A.

    Informationen: Investitionsministerium

    Abfallentsorgungsanlage, neue Hauptstadt Nusantara (Ostkalimantan)

    45 

    Ausschreibung

    Ministry of Public Works

    Umrechnung nach Durchschnittswechselkurs 2021: 1 US-Dollar = 14.316 RupiahQuelle: Pressemeldungen

    Von Frank Malerius | Jakarta

  • Branchenstruktur

    Die Abfallentsorgung in Indonesien ist durch kleine, lokal agierende Unternehmen und den informellen Sektor geprägt. 

    Es sind keine genauen Zahlen über die Größe der indonesischen Abfallentsorgungs- und Recyclingbranche verfügbar. Das Statistikamt subsummiert sie zusammen mit der Wasserver- und -entsorgung sowie Sanierung. Dieser Bereich beschäftigte 2021 demnach geschätzte 560.000 Menschen und verzeichnete eine Wirtschaftsleistung von 12 Billionen Rupiah (etwa 840 Millionen US$). Das entspricht 0,07 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das jährliche Wachstum dieses Sektors wird mit etwa 5 Prozent angegeben. Der 2015 gegründete Verband der Plastikrecyclingbranche, ADUPI, hat 500 Mitgliedsunternehmen. Alleine im Großraum Jakarta soll es mehrere zehntausend Müllsammler geben.

    In den Städten ist die Entsorgung weitgehend in städtischer Hand. Privatunternehmen und der informelle Sektor arbeiten ihr zu. Im Recyclingsektor dürfte der Anteil der Privatwirtschaft höher sein, vor allem dann, wenn es um große Investitionsprojekte geht und Hochtechnologie zum Einsatz kommt. Genaue Angaben sind aber nicht verfügbar.

    Guter Ruf von "made in Germany"

    Indonesien muss in allen Industriebranchen mangels eigener Fähigkeiten Technologie importieren, insbesondere, wenn es um größere Anlagen geht. Da es kaum Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten gibt, wird sich an dieser Situation auf absehbare Zeit nichts ändern. China ist der mit Abstand wichtigste Technologielieferant und drängt vor allem Japan zurück. Unternehmen aus vielen Ländern buhlen um den indonesischen Entsorgungsmarkt. Chinesische Unternehmen sollen insbesondere bei der Deponiesanierung besonders offensiv in den Markt drängen. Nicht immer traut man allerdings chinesischen Lösungen. Deutsche Umwelttechnik genießt in Indonesien einen hervorragenden Ruf.

    Von Frank Malerius | Jakarta

  • Rahmenbedingungen

    Das indonesische Ausschreibungssystem hat sich verbessert, bietet dennoch nicht immer Chancengleichheit. Das größte Problem sind hohe Local-Content-Anforderungen.

    Öffentliche Ausschreibungen laufen in Indonesien über die elektronische Ausschreibungsplattform LKPP. Das Ausschreibungswesen hat branchenübergreifend Mängel. Nicht immer ist Transparenz gewährleistet, bisweilen sind die technischen Spezifikationen nicht korrekt. Manchmal sind die Ausschreibungen genau auf den gewünschten Anbieter zugeschrieben oder einem Gewinner wird nachträglich der Zuschlag wieder entzogen und die Ausschreibung wiederholt. Deutschen Anbietern zum Leid sind Ausschreibungen oftmals auf das billigste Angebot zugeschnitten. Dennoch berichten viele Marktteilnehmer, dass das Ausschreibungswesen insgesamt Fortschritte gegenüber früheren Zeiten gemacht hat.

    Großes Problem in allen Industriebereichen sind die vielfach nicht zu erfüllenden Anforderungen für den Local Content ("TKDN"). Die Regierung will mit hohen Anforderungen lokale Anbieter einbinden. Sie stellen aber oftmals keine geeigneten Produkte her. Darüber hinaus sollen ausländische Anbieter zu einer Produktion im Land gezwungen werden. Für sie fehlen jedoch zumeist Fachkräfte und oftmals auch eine relevante Marktgröße. Nicht immer ist die Berechnung des Local Contents transparent, manchmal gibt es Verhandlungsspielraum. Das bei ausländischen Anbietern branchenübergreifend berüchtigte TKDN kann Projekte über lange Zeiträume verzögern.

    Sind lokale Behörden mit im Spiel, steigt oft das Risiko unlauterer Geschäftspraktiken. Westliche Firmen, die einer strikten Compliance unterliegen, berichten von Nachteilen bei Projektvergaben. 

    Wirtschaft wird offener

    Indonesien galt bisher, auch im regionalen Vergleich, als schwieriger Investitionsstandort. Jedoch haben sich die Investitionsbedingungen erheblich verbessert, seit im Frühjahr 2021 die sogenannten Omnibus Law for Job Creation mit ihrer Liberalisierung des Investitionsrechts implementiert wurden. Es ist die wichtigste Wirtschaftsreform der vergangenen Jahrzehnte. Fast alle Branchen sind nun offen für ausländisches Engagement und ausländische Unternehmen haben einen größeren Handlungsspielraum als zuvor. Für ein Urteil über Erfolg oder Misserfolg der Reform ist es kurz nach der Öffnung des Landes nach der Coronakrise noch zu früh. Wirtschaftskanzleien berichten immerhin von einem steigendem Interesse deutscher Unternehmen an Indonesien.

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Frank Malerius | Jakarta

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    AHK Indonesien („Ekonid“)

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    German RETech Partnership e.V.

    Netzwerk deutscher Unternehmen und Institutionen der Entsorgungs- und Recyclingbranche zur Exportförderung

    Ministerium für Umweltschutz und Fortwirtschaft

    Zuständig für die Abfallwirtschaft

    Fischereiministerium

    Zuständig für Meeresverschmutzung

    Ministerium für Energie und Rohstoffe

    Zuständig für Waste-to-Energy

    Indonesian Plastic Recyclers (IPR)

    Verband der Plastikrecyclingfirmen

    Verband für Plastikrecycling (ADUPI)

    Verband der Plastikrecyclingfirmen

    Indonesian Waste Platform (IWP)

    Kooperationsplattform für alle Sektoren der Recyclingindustrie (kooperiert mit Fischerei- und Umweltministerium)

    Vereinigung der Müllsammler (IPI)

    Interessenvertretung der im informellen Sektor tätigen Müllsammler

    Indowaste

    Jährliche internationale Branchenmesse (in Kooperation mit IndoRenergy und IndoWater) in Jakarta und Surabaya

    Waste4Change

    Nichtregierungsorganisation, berät im Bereich Abfallvermeidung und Recycling

    Lembaga Kebijakan Pengadaan Barang/Jasa Pemerintah (LKPP)

    Behörde für öffentliche Ausschreibungen

    Nationales Informationssystem zur Abfallentsorgung (SIPSN)

    Informationsseite des Umweltministeriums (Indonesisch)


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