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Indonesien wird noch lange auf Schiffsimporte angewiesen sein
Die indonesischen Werften sind klein und es fehlt an Know-how. Durch ein staatliches Förderprogramm wächst die Nachfrage nach Schiffen – die lokale Anbieter nicht bedienen können.
11.01.2024
Von Frank Malerius | Jakarta
Indonesien will mehr Schiffe und Schiffsbaukomponenten fertigen. Damit soll auch die Abhängigkeit von entsprechenden Importen reduziert werden. Der Rückstand zu den großen Schiffbaunationen ist aber riesig. Denn sie können großformatiger und günstiger produzieren. Der Abstand kann nur in kleinen Schritten verringert werden. Der Bedarf an Importen und Know-how-Transfer wird noch lange bestehen.
Nachfrage aus Deutschland zieht wieder an
Indonesien importierte in den vergangenen Jahren Schiffe im Wert zwischen 0,8 Milliarden und 1,3 Milliarden US-Dollar (US$) pro Jahr. Sie kommen überwiegend aus Japan und aus den anderen großen Schiffbaunationen China und Südkorea. Deutschland ist ein kleiner Lieferant, der vor allem Schlepper sowie Zug- und Spezialschiffe für Indonesien baut. Immerhin erreichten die deutschen Schiffsexporte 2023 ein Fünfjahreshoch. Aufgrund der Abhängigkeit von Großaufträgen schwankt die Exportstatistik stark. Auch deutsche Schiffsmotoren werden in moderaten Mengen von indonesischen Herstellern nachgefragt – im jüngeren Durchschnitt etwa 10,5 Millionen US$ pro Jahr.
Welche Schiffstypen Indonesien benötigt
Indonesien fehlen Massengutfrachter für den Transport von Kohle, dem wichtigsten Exportgut des Landes. Das schwarze Gold muss aber auch zu den vielen Kohlekraftwerken, vor allem auf Java, transportiert werden. Vergleichsweise neu ist der Transport großer Kohlemengen von den Gruben Ostkalimantans über die Straße von Sulawesi zu den neuen Nickelschmelzen in Zentralsulawesis und den Nordmolukken.
Ebenfalls benötigt werden Tanker für den Transport von Palmöl, dessen mit Abstand wichtigster Exporteur Indonesien weltweit ist. Zudem werden in der indonesischen Offshore-Öl- und Gasförderung Spezialschiffe benötigt, darunter Carrier für Liquified Natural Gas (LNG).
Neben großen Containerschiffen, die nur in den wenigen modernen indonesischen Containerhäfen anlegen können, werden eine Vielzahl anderer Frachtschiffstypen benötigt, die unterschiedlichste Waren in kleinere Häfen – etwa in Flussmündungen – bringen können. Deren technischer Stand lässt sich im kleinen Hafen von Sunda Kelapa in Jakarta besichtigen. Dort liegen uralte, traditionelle Holzschiffe, die neben allerlei Produkten des täglichen Bedarfs auch Industriegüter wie Stahlrohre in entlegene Winkel des Archipels liefern. Ihre Fracht wird von Trägern oder mit Schwingkränen an Deck gehievt.
Komponentenbau ist rückständig
Laut einer OECD-Studie ist Indonesien der weltgrößte Produzent von Schleppern und Zugschiffen ("Tugboats"), mit einem Weltanteil von über einem Viertel. Diese werden in den vielen kleinen Werften des Landes gebaut. Dennoch ist der indonesische Schiffbau im internationalen Vergleich rückständig. Es fehlt an moderner Technologie, Know-how und Kapital. Dominiert wird er – wie viele andere Industriebranchen – von Staatsunternehmen. Die beiden größten Branchenvertreter sind die staatlichen PAL sowie Dok Dan Perkapalan Kodja Bahar.
Das Industrieministerium hat eine Road Map für die Entwicklung des indonesischen Schiffbaus entworfen, der zufolge heimische Werften bis 2025 Schiffe von 200 Deadweight Tonnage (Maßzahl für die Tragfähigkeit eines Schiffs) fertigen können sollen. Gleichzeitig soll das National Ship Design and Engineering Center (NaSDEC) LNG-Tanker entwerfen und Zulieferindustrien Schiffsmotoren bauen können. Wo genau sich der indonesische Schiffbau in diesem Entwicklungsplan derzeit befindet, ist schwierig zu beurteilen.
Grundlage für einen Fortschritt muss eine eigene Fertigung von Komponenten sein. Doch dort hapert es so sehr, dass das Industrieministerium mit der Regulation 19/2020 (inklusive englischer Produktliste) Anreize für deren Import setzen muss. Auch für den Schiffskomponentenbau gibt es eine Road Map. Eine Kooperation mit der japanischen Entwicklungshilfeorganisation JICA soll die Branchenkompetenz stärken.
Werften können den Bedarf an Schiffen nicht decken
In Indonesien gibt es etwa 250 Werften. Die meisten sind kleine Betriebe. Größere Schiffe können vor allem auf der Singapur vorgelagerten Insel Batam sowie in Jakarta und Surabaya gebaut werden, teilweise auf Werften, in die ausländisches Kapital investiert ist – wie etwa McDermott oder ASL Marine (beide auf Batam).
Aber auch sie sind im Vergleich zu den großen Schiffswerften in China, Südkorea und Japan nur kleine Unternehmen. Alle indonesischen Schiffswerften zusammen sollen laut dem indonesischen Industrieministerium eine Produktionskapazität von etwa 1 Million Deadweight Tonnage haben. Zum Vergleich: Chinas Werften produzierten im Jahr 2022 Schiffe von insgesamt 38 Millionen Deadweight Tonnage.
Die geringe indonesische Schiffbaukapazität kann den Bedarf des 17.000 Inseln zählenden Archipels nicht decken. Vor allem seit Staatspräsident Joko Widodo im Jahr 2015 das Programm des Maritime Highway ins Leben gerufen hat. Seit dem Start des Programms wurden zahlreiche neue Schiffsrouten für den Warentransport eingerichtet, um die Preise in abgelegenen Regionen zu senken. Dafür braucht es viele neue Häfen sowie neue Schiffe. Die Schiffe müssen häufig importiert und Frachtaufträge an ausländische Flotten vergeben werden. Das Defizit bei Frachtdienstleistungen lag 2022 bei 7,3 Milliarden US$.
Medienberichten zufolge umfasst die indonesische Flotte rund 80.000 Schiffe. Die Hälfte davon soll im Fischereisektor tätig sein. Weitere 20.000 bis 30.000 Schiffe gelten als Handelsschiffe. Auch sie sind oft klein. Die Flotte gilt als veraltet, die Mehrheit der Schiffe soll älter als 15 Jahre sein. Zwischen 2019 und 2021 wurden demnach nur 473 Schiffseinheiten im Inland gebaut. Ein großer Anteil entfiel auf Bargen (274 Einheiten) und Schlepper (100 Einheiten).
IPERINDO | Schiffbauverband |
PIKKI (engl.: ISCIA) | Schiffskomponentenverband |
INSA | Verband der indonesischen Schiffseigner |
ABUPI | Verband der Hafenbetreiber |