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Branchen | Indonesien | Baustoffe

Zementbranche leidet unter Überkapazitäten

Die indonesische Regierung verbietet mittlerweile den Bau neuer Produktionsanlagen. Auch die Coronakrise ist ein Grund für die schwache Baukonjunktur.

Von Frank Malerius | Jakarta

Zement ist ein für die Entwicklung Indonesiens unverzichtbares Produkt. Der Baustoff ist Grundlage der Infrastrukturoffensive, mit ihrem archipelweiten Bau von Straßen, Bahnstrecken, Airports und Häfen. Und man benötigt ihn für Häuser, Apartments und Bürogebäude, die bei einem Bevölkerungswachstum von jährlich fast drei Millionen Menschen kontinuierlich in großer Anzahl gebaut werden müssen. Der Hochbau ist der weitaus größte Abnehmer von Zement in Indonesien.

Dennoch ist der Zementverbrauch Indonesiens mit durchschnittlich 238 Kilogramm pro Kopf und Jahr deutlich geringer als in den weiter entwickelten Ländern Thailand oder Malaysia. Das Versprechen eines steigenden Bedarfs und eines bis zur Coronakrise deutlich stärker als die Gesamtwirtschaft wachsenden Bausektors, hat die Branche zu einem starken Ausbau ihrer Produktionskapazitäten verleitet. Es kamen unter anderem Zementhersteller aus China und Thailand in den Markt. Dadurch sind große Überkapazitäten entstanden. Der jährliche Zementbedarf liegt bei etwa 63 Millionen Tonnen, die Produktionskapazitäten sind aber fast doppelt so hoch. 

Eine weitere Ursache für die Überkapazitäten liegen in der Geografie des Inselstaats. Denn der Markt ist dort mehr als anderswo lokal getrieben. Der Transport der Zementsäcke über schlechte Straßen und auf zahllose Inseln ist vergleichsweise teuer, in abgelegenen Regionen kostet er mehr als das Produkt selbst. Dies ist Anreiz zum Bau lokaler Zementwerke, trotz nationaler Überkapazitäten. Zuletzt waren neue Werke im zentraljavanischen Grobongan und im ostjavanischen Jember entstanden. Doch 2021 hat die Regierung den Bau weiterer Zementwerke verboten, bis sich der Markt wieder erholt hat. Ausgenommen ist die stark unterentwickelte Region Papua.

Verschuldete Baukonzerne

Zudem schwächelt der Bausektor. War dieser 2018 noch um satte 6,8 Prozent gewachsen, brach er 2020 ein und hat sich seitdem nicht wieder erholt. Im 1. Halbjahr 2023 wuchs die Baubranche nur um real 2,7 Prozent und blieb damit weit hinter der um 5,1 Prozent wachsenden Gesamtwirtschaft zurück. Laut den Marktanalysten von Data Consult sank die Zementproduktion zwischen 2018 und 2022 sogar um fast 10 Prozent. 

Der Bausektor ist – so wie viele andere Branchen in Indonesien auch – von Staatsunternehmen dominiert. Viele von ihnen sind hoch verschuldet. So hoch, dass die Regierung ihnen kürzlich eine weitere ungezügelte Kreditaufnahme untersagt hat. Die Folge: Größere Bauvorhaben werden verschoben oder ganz aufgegeben. Darüber hinaus waren im Hochbau schon vor der Coronakrise Überkapazitäten entstanden. Und dauerhafte Home-Office-Regelungen haben den Bedarf an Bürofläche noch weiter sinken lassen. Im Central Business District Jakartas sind Büros selbst in Toplagen zu Spottpreisen erhältlich. Sinnbildlich für diese Entwicklung stehen die Twin-Türme "Indonesia One", die die zweithöchsten Gebäude der Stadt werden sollen, halbfertig verlassen im Zentrum Jakartas. An ihnen wird seit April 2020 nicht mehr weitergebaut.

Dennoch gibt es zahlreiche große Bauvorhaben in Indonesien. Das größte ist die neue Hauptstadt Nusantara in der Provinz Ostkalimantan. Hier dürfte es es über viele Jahre einen großen Bedarf an Zement geben. Derzeit wird dieser dort angesichts schlechter Zufahrtsstraßen per Schiff angeliefert. 

Der Staat dominiert auch die Zementbranche

Nicht nur die Bauwirtschaft, sondern auch der Zementsektor wird vom Staat dominiert. Die Zement-Holding Semen Indonesia, auf die die Hälfte des Marktes entfällt, gehört zu 51 Prozent der öffentlichen Hand. Das Unternehmen setzt sich aus zahlreichen lokalen Anbietern zusammen, etwa Semen Gresik in Ostjava, Semen Padang in Westsumatra oder Semen Tomasa in Südsulawesi. Etwa ein Drittel der Holding gehört ausländischen Anteilseignern.

Ausländische Anbieter haben eine beträchtliche Marktmacht. So wird das zweitgrößte Zementunternehmen des Landes, Indocement Tunggal Prakarsa (ITP), von Heidelberg Materials (ehemals HeidelbergCement) kontrolliert. Laut Data Consult hat ITP insgesamt 13 Produktionsbetriebe mit einer jährlichen Kapazität von 25,5 Millionen Tonnen. Zuletzt ist ITP in den unterentwickelten Osten Indonesiens expandiert, auch am Bau der neuen Hauptstadt ist das Unternehmen nach der Übernahme eines Zementterminals in Samarinda in Ostkalimantan beteiligt.

Ein 50-Kilogramm-Sack Zement kostet in Indonesien umgerechnet zwischen 4 und 5 US-Dollar (US$). Die Markentreue der Kunden soll hoch sein. Nicht immer sei der Preis das entscheidende Kaufargument, berichtet ein australischer Zementmanager und beschreibt die Kundenbeziehungen der Branche als "team sports". 

Mit Abstand größter Bedarf auf Java

Der Schwerpunkt der indonesischen Bautätigkeit liegt auf Java. Knapp 53 Prozent der Zementnachfrage entfielen 2022 auf die Insel, die nur 7 Prozent der Landfläche des Archipels ausmacht. Allerdings liegt dieser Wert unter dem Anteil ihrer Wirtschaftsleistung von 57 Prozent. Das bedeutet: Die Infrastrukturprojekte außerhalb Javas haben einen überproportional hohen Anteil am Zementverbrauch.

In der Zementproduktion werden große Mengen an Treibhausgasen ausgestoßen. Laut Data Consult benötigte die Branche 2022 etwa 15 Millionen Tonnen an Kohle. Ein Teil davon wird staatlich subventioniert. Viele Hersteller verfügen mangels ausreichender Stromversorgung durch den staatlichen Strommonopolisten PLN über eigene Kraftwerke. 

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