Rechtsbericht | Indonesien | Arbeitsrecht
Arbeitszeit- und Lohnkürzungen in Indonesien
Um Massenentlassungen einzudämmen, ändert eine Ministerialverordnung vorübergehend die arbeitsrechtlichen Vorschriften in Indonesien.
21.03.2023
Von Dr. Julio Pereira | Berlin
Am 8. März 2023 erließ das indonesische Arbeitsministerium die Ministerialverordnung Nr. 5 von 2023 (MOM 5), mit der die Vorschriften über Arbeitszeiten und Löhne geändert werden. Die neuen Vorschriften gelten für Unternehmen, die in bestimmten Wirtschaftszweigen tätig sind, welche von der Gefahr einer Abschwächung der Weltwirtschaft betroffen sind.
Zielsetzung der MOM 5
Die MOM 5 wurde erlassen, um Unternehmen zu unterstützen, die mit den Auswirkungen der "Veränderungen in der Weltwirtschaft" konfrontiert sind, welche zu einem "Rückgang der Marktnachfrage" geführt haben. Laut der Verordnung besteht das Ziel darin, sowohl die Arbeitsplätze der Arbeitnehmer als auch die Geschäftskontinuität zu "schützen und zu erhalten". Unternehmen können in den Genuss der Regelung kommen, unabhängig davon, ob sie sich in privatem oder staatlichem Besitz befinden. Diese Unternehmen müssen in bestimmten Sektoren tätig sein und ihre Produkte müssen exportorientiert sein.
Was bewirkt die neue Verordnung?
Die neue Verordnung ermöglicht die "Anpassung" sowohl der Arbeitszeit als auch des Gehalts der Arbeitnehmer durch das Unternehmen. Dazu muss das Unternehmen einige formale Anforderungen erfüllen und eine Vereinbarung direkt mit dem Arbeitnehmer oder mit der Gewerkschaft des Unternehmens unterzeichnen.
Was ist die in MOM 5 vorgesehene "Anpassung"?
Es handelt sich um eine außergewöhnliche Maßnahme, bei der das Unternehmen und der Arbeitnehmer vorübergehend grundlegende Elemente des Arbeitsvertrags neu aushandeln. In der Verordnung heißt es ausdrücklich, dass eine solche Anpassung vorgenommen wird, um eine "Kündigung" der Verträge zu vermeiden.
Es gibt zwei mögliche Maßnahmen:
Anpassung der Arbeitszeit: Das Unternehmen kann die im Vertrag vorgesehene Arbeitszeit reduzieren.
Lohnanpassung: Das Unternehmen kann die Löhne der Arbeitnehmer senken, sofern der Endbetrag mindestens 75 Prozent des zuvor gezahlten Lohns entspricht.
Beide Maßnahmen können nur auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer durchgeführt werden. Die Maßnahmen gelten für sechs Monate ab dem Inkrafttreten der Ministerialverordnung.
Vereinbarung zwischen Unternehmen und Arbeitnehmer
Die Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer muss schriftlich abgeschlossen werden und Angaben zum Gehalt und zur Arbeitszeit des Arbeitnehmers enthalten. Außerdem muss sie bei der zuständigen Bezirksverwaltung des Arbeitsministeriums registriert werden. Bei der Eintragung der Vereinbarung ist der Nachweis zu erbringen, dass die nachstehenden Kriterien erfüllt sind.
Vom Unternehmen zu erfüllende Kriterien
Damit ein Unternehmen unter die neue Verordnung fällt, müssen die folgenden Kriterien erfüllt sein:
- Das Unternehmen muss mindestens 200 Beschäftigte haben;
- Das Unternehmen muss nachweisen, dass die Arbeitskosten mindestens 15 Prozent der Produktionskosten ausmachen; und
- Das Unternehmen muss nachweisen, dass es Bestellungen für die Waren aus Europa oder den Vereinigten Staaten gibt.
Welche Sektoren fallen unter die neuen Vorschriften?
Die neuen Vorschriften gelten ausschließlich für die folgenden Sektoren:
- Textil- und Bekleidungsindustrie;
- Schuhindustrie;
- Leder- und Lederwarenindustrie;
- Möbelindustrie; und
- Kinderspielzeugindustrie.
Hintergrund
Die gesetzlichen Änderungen des Arbeitsrechts in Indonesien erfolgen teilweise vor dem Hintergrund von Massenentlassungen in einigen Industriezweigen. Unter besonderem Druck steht die Textilindustrie. Angesichts der schlechten Aussichten für das Geschäft mit Europa und den USA hat dieser Sektor in den letzten Monaten Tausende von Beschäftigten entlassen müssen.
Zum Thema:
- Ministerialverordnung Nr. 5 von 2023 (MOM 5);
- Arbeitsministerium (Indonesien);
- GTAI-Rechtskompakt (Indonesien);
- GTAI-Bericht: "Wirtschaft wächst 2022 um 5,3 Prozent".