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Wirtschaftsumfeld | Iran | Wirtschaftsstruktur

Diversifizierung trägt zur Resilienz bei

Die iranische Wirtschaft ist breit aufgestellt und verfügt deshalb über eine große Resilienz gegen Sanktionen. Die Abwesenheit westlicher Partner bremst aber die Entwicklung. 

Von Robert Espey | Dubai

Iran gehört weltweit zu den Ländern mit den größten Öl- und Gasreserven. Gemäß Angaben der Organization of the Petroleum Exporting Countries (OPEC) lag Iran 2023 bei den nachgewiesenen Ölreserven auf Rang 3 (hinter Venezuela und Saudi-Arabien) und bei Gas auf Platz 2 (hinter Russland und vor Katar). Als Produzent und Exporteur von Gas und Öl ist Iran aber deutlich schlechter positioniert. Ein wesentlicher Grund sind die 2018 von Donald Trump wieder in Kraft gesetzten US-Wirtschaftssanktionen.

Öl- und Gassektor gewinnt wieder mehr an Bedeutung

Ohne die US-Sanktionspolitik wäre Iran ein deutlich größerer Öl- und Gasproduzent und entsprechend stärker wäre die Bedeutung des Öl- und Gassektors für die Volkswirtschaft. Nach vorläufigen Berechnungen der iranischen Zentralbank hatte die Öl- und Gasförderung 2023/2024 einen Anteil an der Bruttowertschöpfung von nur 8,5 Prozent zu laufenden Preisen. Vor der Reaktivierung der US-Sanktionen waren es 14,5 Prozent (2017/2018).

85,3 Mio.

Personen lebten 2023 in Iran.

Quelle: Statistical Centre of Iran 2024

276 Mrd.

US-Dollar betrug das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023/2024. *)

*) iranisches Jahr 1402: 21. März 2023 bis 20. März 2024, Umrechnung zum durchschnittlichen freien Marktkurs (2023/2024: 1 US$ = 517.687 Rial).

Quelle: Central Bank of Iran 2024, Bonbast Exchange 2024  

3.239

US-Dollar machte das BIP pro Kopf damit 2023/2024 aus.

Quelle: Central Bank of Iran 2024, Statistical Centre of Iran 2024

Rang 66

belegte Iran 2023 unter den deutschen Exportzielen.

Quelle: Destatis 2024

Rang 149

nimmt Iran im Corruption Perceptions Index 2023 ein (unter 180 Ländern).

Quelle: Transparency International 2024

Bei der Ölproduktion setzt sich 2024 die Erholung fort. Aber das vor Reaktivierung der US-Sanktionen erreichte Niveau von 3,8 Millionen Barrel pro Tag (2017; nur Rohöl, ohne Kondensate) wird bei weitem noch nicht erreicht. Gemäß OPEC-Angaben lag die Rohölförderung 2023 bei durchschnittlich 2,9 Millionen Barrel pro Tag. Im 1. Halbjahr 2024 waren es schon durchschnittlich 3,2 Millionen Barrel pro Tag. Die Sanktionen hatten 2020 die Produktion auf 2 Millionen Barrel pro Tag absinken lassen. 

Nach Angaben des iranischen Ölministeriums wurde 2019/2020 mit 2,1 Millionen Barrel pro Tag der Tiefpunkt erreicht. Im Juni 2024 soll die Förderung bei 3,6 Millionen Barrel pro Tag gelegen haben.

Die Produktionserhöhung spiegelt vor allem die Entwicklung der Ölexporte wider. Trotz fortbestehender US-Sanktionen gelingt es Iran, immer mehr Öl ins Ausland zu verkaufen. Hauptkunde ist China. Die Regierung spricht von mittlerweile 15 Abnehmerländern.

Iran will mittelfristig seine Ölförderkapazität von aktuell 3,8 Millionen auf 5,7 Millionen Barrel pro Tag ausbauen. Die Gasförderung soll von 1 Milliarde auf 1,5 Milliarden Kubikmeter pro Tag steigen. Die dazu notwendigen Investitionen werden mit 160 Milliarden US-Dollar (US$) veranschlagt.

Verarbeitende Industrie ist wichtigster Wirtschaftszweig

Das verarbeitende Gewerbe ist der mit Abstand wichtigste Wirtschaftszweig. Zu laufenden Preisen bewegte sich der BIP-Anteil in den letzten fünf Jahren zwischen 16 und 22 Prozent. Für 2023/2024 werden 19,9 Prozent gemeldet. Die Petrochemie und die Kfz-Industrie sind die größten Sparten des verarbeitenden Gewerbes.

Trotz der Wirtschaftssanktionen baut Iran die petrochemische Industrie kontinuierlich aus. Viele Projekte entwickeln sich aber deutlich langsamer als geplant. Nach Angaben der National Petrochemical Company existieren gegenwärtig 67 Petrochemiekomplexe mit einer jährlichen Gesamtkapazität von 90 Millionen Tonnen.

Durch Fertigstellung von 15 Petrochemieprojekten sollen sich die Kapazitäten 2024/2025 auf 100 Millionen Tonnen erhöhen. Für 2025/2026 werden 110 Millionen Tonnen als Zielmarke genannt. Bis 2035 sind 200 Millionen Tonnen angestrebt. Vor der Reaktivierung der US-Sanktionen war geplant, in Kooperation mit westlichen Partnern 120 Millionen Tonnen bis 2021 und 180 Millionen Tonnen bis 2025 zu erreichen.

Die petrochemische Produktion liegt unter ihren Kapazitäten. Nach offiziellen Angaben betrug der Jahresausstoß 2022/2023 rund 67 Millionen Tonnen. Schätzungen zufolge könnten es 2023/2024 bis zu 75 Millionen gewesen sein.

Bedeutung der Wirtschaftszweige in Iran 2023/2024 1) Anteile in Prozent

Sektoren

Anteil an der Bruttowertschöpfung 2)

Anteil an den Beschäftigten 3)

Land- und Forstwirtschaft, Fischerei

13,2

14,8

Bergbau (inklusive Öl- und Gasförderung

10,9

0,8

   Öl- und Gasförderung

8,5

-

Verarbeitendes Gewerbe

19,9

17,2

Energieversorgung

0,5

0,7

Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung

0,1

0,7

Baugewerbe

5,8

14,2

Dienstleistungen

49,6

51,6

1) iranisches Jahr 1402 (21. März 2023 bis 20. März 2024); 2) vorläufige Angaben, zu laufenden Preisen; 3) Schätzungen.Quelle: Central Bank of Iran 2024, Statistical Centre of Iran 2024, Germany Trade & Invest 2024

Nach Angaben der Organisation Internationale des Constructeurs d’Automobiles (OICA) konnte Iran 2023 die Automobilproduktion um 12 Prozent auf 1,2 Millionen Fahrzeuge erhöhen. Die Reaktivierung der US-Sanktionen hatte die Produktion 2018 um 28 Prozent auf 1,1 Millionen Einheiten einbrechen lassen. Der Tiefpunkt wurde 2019 mit 0,8 Millionen Fahrzeugen erreicht.

Gemäß dem Industrieministerium erhöhte sich die Fahrzeugproduktion 2023/2024 um 8 Prozent auf 1,34 Millionen Einheiten. Hauptproduzenten waren die beiden staatlich kontrollierten Unternehmen Iran Khodro und Saipa. Bei privaten Kfz-Herstellern liefen 0,31 Millionen Fahrzeuge von den Bändern.

Irans Kfz-Sektor leidet unter großen Strukturproblemen. Aufgrund der sanktionsbedingt geringen Kooperation mit ausländischen Partnern besteht der Pkw-Ausstoß vor allem aus völlig veralteten, modifizierten Nachbauten ausländischer, insbesondere französischer Modelle.

Iran bemüht sich aber um eigenständige Entwicklungen. So hat Iran Khodro einen vollelektrischen Pkw (Modell Tara) vorgestellt, der mit einer 45 Kilowattstunden-Batterie eine Reichweite von 300 Kilometer haben soll. Eine kleine Firma in Shiraz, Khodro Sazan Jonoob, hat einen vollelektrischen, zweisitzigen Pkw entwickelt (Modell Oxygen; Reichweite: 220 Kilometer). Der Hersteller Modiran will das Modell Arrizo PHV des chinesischen Herstellers Chery montieren.

Ausführliche Informationen zur Wirtschaft finden Sie in den Wirtschaftsdaten kompakt.

SWOT-Analyse Iran

S

Stärken Strengths

  • Große Öl- und Gasreserven und andere Rohstoffvorkommen
  • Diversifizierte Wirtschaftsstruktur
  • Hohes Ausbildungsniveau
  • Junge, westlich orientierte Bevölkerung
  • Traditionell gute Beziehungen zu Europa (vor allem zu Deutschland)
W

Schwächen Weaknesses

  • US-Sanktionen behindern Handels- und Finanzbeziehungen sowie Direktinvestitionen
  • Anhaltender Reformstau, staatliche Unternehmen dominieren
  • Schwierige staatliche Bürokratie
  • Fehlende ausländische Finanzierungen, Devisenknappheit, Währungsschwäche, mangelhaftes Bankensystem, hohe Haushaltsdefizite
  • Staatlich kontrollierte, autoritär-konservative Gesellschaftsordnung
O

Chancen Opportunities

  • Ausbau/Modernisierung der Öl- und Gasindustrie
  • Ausbau/Modernisierung der verarbeitenden Industrie
  • Ausbau/Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur
  • Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Umwelttechnik
  • Ausbau/Modernisierung des Gesundheitswesens
  • Anmerkung:  Angesichts der fortbestehenden US-Sanktionen und der jüngsten politischen Entwicklungen sind die Chancen aktuell nicht oder nur sehr eingeschränkt realisierbar.
T

Risiken Threats

  • Streit über das iranische Atomprogramm eskaliert weiter, Wiederinkrafttreten umfassender UN- und EU-Sanktionen
  • Militärische Konflikte mit Israel, den USA und arabischen Staaten
  • Weitere Zunahme sozialer und politischer Konflikte, Machtkämpfe innerhalb des Machtapparats
  • Staatlich kontrollierte Unternehmen werden noch dominanter, verstärkte Interventionen in der Privatwirtschaft
  • China baut seinen politischen und wirtschaftlichen Einfluss massiv aus

Großraum Teheran und Ölprovinz Khuzestan sind führende Wirtschaftsregionen 

Auf die Hauptstadtregion (Provinzen Teheran und Alborz) entfällt etwa ein Viertel der Wirtschaftsleistung des Landes. Der Dienstleistungssektor ist im Großraum Teheran dominierend mit über 80 Prozent der Wertschöpfung. Die beiden größten Sparten sind Immobiliendienstleistungen und der Groß- und Einzelhandel. In der Hauptstadtregion ist aber auch die verarbeitende Industrie stark vertreten. Etwa 20 Prozent der industriellen Wertschöpfung des Landes werden hier erbracht.

Eckdaten der wichtigsten Provinzen in Iran 2020/2021 1)

Provinz (Hauptstadt)

Anteil an der Bruttowertschöpfung (in Prozent)

Bruttowertschöpfung pro Kopf (in US$) 2)

Bevölkerung (in Millionen)

Teheran (Teheran)

22,6

3.855

14,0

Khuzestan (Ahvaz)

13,9

6.669

5,0

Isfahan (Isfahan)

6,1

2.710

5,3

Bushehr (Bushehr)

5,4

10.343

1,2

Khorasan Razavi (Mashad)

4,7

1.630

6,9

Fars (Shiraz)

4,2

1.998

5,1

Kerman (Kerman)

3,8

2.720

3,3

East Azarbayejan (Tabriz)

3,6

2.123

4,0

Mazandaran (Sari)

3,1

2.224

3,4

Alborz (Karaj)

2,8

2.307

2,9

1) iranisches Jahr 1399 (21. März 2020 bis 20. März 2021), letzte verfügbare Daten; 2) Umrechnung in US$ zum freien Wechselkurs (Jahresdurchschnitt 1399: 1 US$ = 228.809 Rial).Quelle: Statistical Centre of Iran 2024, Central Bank of Iran 2024, Germany Trade & Invest 2024

Die zweitwichtigste Wirtschaftsregion ist die Provinz Khuzestan, mit einem Anteil an der Wertschöpfung Irans von etwa 14 bis 15 Prozent. Die führenden Branchen der Provinz sind die Öl- und Gasförderung sowie die Petrochemie. Diese beiden Sektoren machen in Khuzestan mehr als drei Viertel der Wertschöpfung aus.

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