Interview | Israel | Logistik
"Israels Außenhandelslogistik wird sich schnell normalisieren"
Trotz Schwierigkeiten stoppte der Nahostkrieg die Warenströme von und nach Israel zu keinem Zeitpunkt ganz, sagt Amir Brendel, Vice President des Logistikunternehmens Orian.
23.01.2025
Von Wladimir Struminski | Israel
Israels Außenhandel wird fast ausschließlich auf dem See- und Luftweg abgewickelt. Der Gaza-Krieg und dessen Begleitkonflikte haben auch die Logistikbranche tangiert. Über die daraus entstehenden Schwierigkeiten und deren Lösungen sprach Germany Trade & Invest mit Amir Brendel, Vice President Freight Forwarding bei der Orian Ltd., dem strategischen Partner von DB Schenker in Israel.
Amir Brendel, Vice President Freight Forwardi, Orian Ltd. | © Yosi Alterman
Herr Brendel, seit dem Beginn des Gaza-Krieges sind 16 Monate vergangen. Wie wirkt sich der Konflikt auf die Logistik des israelischen Außenhandels aus?
Die Lieferverbindungen bleiben auf dem Seeweg ebenso wie auf dem Luftweg aufrechterhalten. Allerdings nicht ohne Probleme, vor allem bei der Luftfracht. Die meisten ausländischen Luftfahrtgesellschaften stellten während des Krieges ihre Flüge nach Israel über längere Perioden ein. Das führte und führt zu Engpässen in den Lieferketten. Die Lieferzeiten bei der Einfuhr nach Israel haben sich im Durchschnitt mehr als verdoppelt: von typischerweise vier bis fünf Tagen auf zehn Tage bis zu zwei Wochen. Die Lufttransportkosten stiegen auf das Zwei- bis Dreifache des Vorkriegsstandes.
Wie bewältigt die Logistikbranche solche Situationen?
Zuallererst haben wir als Spediteure gelernt, auf Flugstopps internationaler Airlines schnell und flexibel zu reagieren, beispielsweise durch die Nutzung von Ausweichflughäfen. Das Problem der Transportkapazitäten bleibt hauptsächlich in der Zuständigkeit von zwei israelischen Luftfahrgesellschaften: der Luftfrachtgesellschaft CAL und der Passagier-Airline El Al. Sie versuchen, ihre bestehenden Flotten optimal zu nutzen und charterten zum Teil Flugzeuge für Frachtbeförderung.
Die gestiegenen Kosten werden letztendlich von den Importeuren und deren Kunden getragen, wobei der Einfluss auf die Endpreise stark von der Warenkategorie abhängt. Bei Elektronikprodukten liegen die Transportkosten bei 3 bis 4 Prozent des Warenwertes. Bei Kleidung können sie bis zu 50 Prozent betragen. Allerdings haben viele Importeure ihre Einfuhr trotz der gestiegenen Preise erhöht, um ihre Lager aufzufüllen.
Informationen zu den wichtigsten Umschlagplätzen, Transportwegen und Entwicklungen im Logistikwesen Israels bietet Ihnen der Branchenartikel Transport und Logistik Israel.
Und wie läuft die Luftfrachtlogistik bei der Ausfuhr aus Israel?
Ähnlich wie bei der Einfuhr. Allerdings ist das Kapazitätsproblem nicht ganz so scharf, weil das Gewicht der Luftfrachtexporte aus Israel viel niedriger als das der Importe ist. Typischerweise liegt es, wie die Amtsstatistik zeigt, bei etwas mehr als 60 Prozent des Gewichts importierter Waren.
Wie hat sich der Krieg auf den Seetransport ausgewirkt?
Bei Weitem nicht so dramatisch wie auf die Luftfracht. Es gibt kaum Schifffahrtsgesellschaften, die israelische Häfen nicht mehr anlaufen. Daher kommt es zu keinen wesentlichen Kapazitätsproblemen.
Allerdings behindert die weitgehende Lahmlegung der Handelsschifffahrt über das Rote Meer durch Angriffe der jemenitischen Huthi-Kräfte den Warentransport nach Israel. Die Lieferungen an den Hafen von Eilat an der israelischen Rotmeerküste wurden stark eingeschränkt. Zudem kommen die meisten Importwaren aus Fernost, die früher über das Rote Meer und den Suezkanal in die Mittelmeerhäfen Ashdod und Haifa geliefert wurden, jetzt nach einer Umschiffung Afrikas über das Mittelmeer in diesen Häfen an.
Das hat die Transportzeiten zwischen Fernostländern und Israel von 20 bis 25 Tagen auf 45 bis 60 Tage verlängert und die Transportkosten erhöht. Allerdings sind die Transportkosten im Handelsseeverkehr weltweit gestiegen. Der Krieg hat nur einen relativ kleinen Anteil der Kostensteigerung bei der Seefracht nach und von Israel beigetragen.
Gibt es seit dem Kriegsausbruch besondere Entwicklungen im Handelsverkehr zwischen Israel und Deutschland?
Nein. Die Warentransporte zwischen den beiden Ländern folgen dem allgemeinen Muster.
Wie sehen Sie das Jahr 2025?
Die Entwicklung wird entscheidend von der Politik abhängen. Ich glaube, dass Israels Außenhandelslogistik, inklusive der Luftfrachtbeförderung und des Transportweges über das Rote Meer, sich nach einem Ende des Krieges schnell normalisieren wird.