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Israel bereitet sich auf die Wasserstoff-Ära vor

Das Land will Wasserstoff in seine Energiewirtschaft integrieren. Trotz Eigenproduktion werden Importe nötig sein. Deutschen Unternehmen bieten sich Geschäftschancen.

Von Wladimir Struminski | Israel

Israel will in den nächsten Jahren Wasserstoff in seine Energiewirtschaft integrieren. Dabei können sich zahlreiche Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen öffnen. Beispiele sind insbesondere Anbieter von Anlagen und Technologien zur Herstellung, Speicherung, Transport und Nutzung von Wasserstoff. Israel ist auch an ausländischen Investitionen in seine Wasserstoffwirtschaft interessiert. Ferner können sich Kooperationsmöglichkeiten bei Forschung und Entwicklung ergeben.

Die Vorbereitungen laufen an

Das Energieministerium (Ministry of Energy and Infrastructure) hat eine langfristige Strategie für die Entwicklung des Wasserstoffsektors erarbeitet. Der Planungshorizont reicht bis 2050, aber bereits in den nächsten zehn Jahren soll sich der Energiesektor auf die Nutzung von Wasserstoff einstellen und diese dann ausbauen.

Wie hoch der israelische Wasserstoffbedarf sein wird, lässt sich gegenwärtig nicht genau vorhersagen. Nach einem Modell des Energieministeriums wird der jährliche Mindestbedarf 2050 bei 575.000 Tonnen liegen. Das hat die Leiterin der internationalen Abteilung des Ministeriums, Janet Shalom, gegenüber Germany Trade and Invest erklärt.

Allerdings gebe es auch Szenarien, laut denen die Nachfrage das Mehrfache der prognostizierten Mindestmenge betragen werde. Die Entwicklung werde von technologischen ebenso wie ökonomischen Faktoren abhängen. Als wichtigste Verbraucher würden die Elektrizitätswirtschaft, der Verkehrssektor zu Lande, zu Wasser und in der Luft sowie die Industrie anvisiert. In der Elektrizitätswirtschaft soll Wasserstoff in jedem Fall zur Energiespeicherung dienen.

Die Vorbereitungen auf das Wasserstoffzeitalter, so Shalom ferner, umfassten mehrere Ebenen. Ein wichtiger Aspekt sei die Schaffung einer physischen Infrastruktur für die Wasserstoffwirtschaft. Unter anderem unterstützt das Ressort Pilotprojekte zur Nutzung des neuen Energieträgers. Dazu gehört eine 2023 eröffnete Tankstation unweit der israelischen Nordmetropole Haifa. Ein weiteres Vorhaben ist der Bau einer Wasserstofferzeugungsanlage an dem südisraelischen Standort Yotvata.

Ein weiteres wichtiges Projekt ist die Schaffung eines Wasserstoff-Clusters, einer sogenannten Hydrogen-Valley. Parallel dazu formuliert die Regierung einen gesetzlichen Rahmen für die Herstellung, den Transport und die Nutzung von Wasserstoff. Dazu wurde ein Fachforum ins Leben gerufen, dem Vertreter der Regierung, der Wirtschaft, der Wissenschaft und relevanter Nichtregierungsorganisationen angehören 

Einheimische Produktionskapazitäten voraussichtlich unzureichend

Israel möchte selbst Wasserstoff herstellen. Eine Möglichkeit ist die kohlenstofffreie Produktion mithilfe erneuerbarer Energien. Im Fall Israels ist das nahezu gleichbedeutend mit Fotovoltaik. Auf sie entfielen 2022 nach Angaben der Strombehörde (Israel Electricity Authority) 93,2 Prozent aller mit erneuerbaren Energien betriebenen Stromerzeugungskapazitäten. Allerdings sind die für Fotovoltaikanlagen verfügbaren Flächen begrenzt. 

Eine Alternative wäre die Herstellung von Wasserstoff mithilfe einheimischer Erdgasvorkommen unter gleichzeitiger Kohlenstoffabscheidung. Wie und in welchem Umfang einheimischer Wasserstoff auf diese Weise hergestellt werden kann, hängt von künftigen Fortschritten dieser Technologie ab.

Internationale Einbindung angestrebt

Trotz geplanter Eigenproduktion geht das Energieministerium davon aus, dass Israel Wasserstoff importieren muss. Als Transportweg wäre der Wirtschaftskorridor Indien-Nahost-Europa (IMEC) für Israel interessant.

Der IMEC, so Janet Shalom, könnte zudem der anvisierten Unterseepipeline EastMed vom östlichen Mittelmeer nach Europa neue Impulse geben. Ursprünglich war die Nutzung der - erst zu bauenden - Pipeline für Erdgastransporte geplant. Allerdings könnte sie nach Auffassung des Ministeriums auch für den Wasserstofftransport aus den Golfstaaten über Israel nach Europa genutzt werden.

Israel ist an internationaler Zusammenarbeit im Bereich der Forschung und Entwicklung für die Wasserstoffwirtschaft interessiert. Ausländischen Unternehmen stehe dafür ein israelisches Ökosystem zur Verfügung, zu dem Hochschulen ebenso wie Unternehmen gehörten. Ausländische Investitionen in die Entwicklung des Wasserstoffsektors seien möglich und willkommen. Das Energieministerium sei bereit, Informationen mit ausländischen Unternehmen zu teilen, die Know-how für die Entwicklung der israelischen Wasserstoffwirtschaft anböten oder israelische Technologie erwerben wollten.

In der Datenbank der gemeinnützigen israelischen Hightech-Organisation Start-up Nation Central waren im Mai 2024 rund 50 Firmen aufgeführt, die sich mit verschiedenen Aspekten der Wasserstofftechnologie befassten. Dazu gehören vor allem Anbieter von Herstellungstechnologien und von Lösungen für die Reduktion des Kohlenstoffausstoßes oder Kohlenstoffabscheidung. Andere Firmen befassen sich mit der Speicherung und Nutzung von Wasserstoff, beispielsweise in Brennzellen in Drohnen mit Wasserstoffantrieb.

In einer im März 2024 vorgelegten Studie unterstrich die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsfirma Deloitte Israel die Bedeutung der akademischen Forschung für die Entwicklung des israelischen Wasserstoffsektors. Unter anderem stellte Deloitte fest, in Israel seien mehrere weltweit führende Forschungseinrichtungen und Forscher tätig, die eine beträchtliche Anzahl von wasserstoffbezogenen Technologien entwickelt hätten.

Als Beispiele nannte die Studie das Technion - Israel Institute of Technology, die Tel Aviv University, das Weizmann Institute of Science und die Hebrew University of Jerusalem. Deloitte wies ferner darauf hin, dass israelische und europäische Partner im Rahmen des Rahmenforschungsprogramms Horizon Europa auch im Bereich der Wasserstoffwirtschaft zusammenarbeiten.

 

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