Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Interview | Israel | Deutsch-israelischer Handel

"Das Wirtschaftsleben läuft relativ normal"

Trotz des Gaza-Kriegs glaubt die AHK Israel an ein langfristiges Wachstum des israelischen Marktes. Germany Trade and Invest sprach mit Kammergeschäftsführer Michel Weinberg.

Von Wladimir Struminski | Israel

Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind eng. Michel Weinberg, Geschäftsführer der Deutsch-Israelischen Industrie- und Handelskammer (AHK), sieht gute Geschäftsaussichten für deutsche Exporteure auf dem israelischen Markt. Daran habe auch der Gaza-Krieg nichts Grundlegendes geändert. Die AHK Israel vertritt die Interessen der deutschen Exportwirtschaft im Land.

Michel Weinberg Michel Weinberg | © © Barak Aharon

Herr Weinberg, Israel befindet sich seit mehr als sieben Monaten im Kriegszustand. Wie wirkt sich das auf das Wirtschaftsleben im Allgemeinen aus?

Das Wirtschaftsleben ist weitestgehend zur Normalität zurückgekehrt.

Trotz des Krieges?

Die Intensität der Kampfhandlungen hat ungefähr seit Jahresbeginn stark abgenommen. Daher konnten die allermeisten der 360.000 einberufenen Reservisten wieder entlassen werden. Für Unternehmen, die wegen der Mobilisierung an Personalmangel litten, bedeutete die Rückkehr der Arbeitskräfte eine große Entlastung.

Damit will ich nicht sagen, dass das Leben im Land sich völlig normalisiert hat. Aber die israelische Wirtschaft ist Krisen gewohnt, und sie ist resilient. Die Zentralbank Israels geht von einem Wirtschaftswachstum von 2 Prozent in diesem und 5 Prozent im nächsten Jahr aus.

Wenn der Konflikt sich denn nicht verschärft.

Den Vorbehalt "wenn nichts Unvorhergesehenes passiert“ müsste man jeder Prognose hinzufügen, in Israel wie auch anderswo. Eine Verschärfung des Krieges gilt nicht als sehr wahrscheinlich. Natürlich wollen wir alle, dass er bald endet. Eine ernsthafte Wirtschaftskrise wird aber nicht erwartet.  

Und wie ist es um den deutsch-israelischen Handel bestellt?

Israels weltweite Wareneinfuhr ist im 1. Quartal 2024 - im Vergleich zum Vorjahreszeitraum - um 8,8 Prozent geschrumpft, die aus Deutschland um 7,3 Prozent. Dabei lässt es sich nicht mit Gewissheit sagen, inwieweit auch andere Faktoren bei diesem Rückgang eine Rolle gespielt haben. Wie auch immer: Ich glaube nicht, dass das der Beginn einer negativen Trendwende ist. Vielmehr bin ich überzeugt, dass die Nachfrage des israelischen Marktes nach ausländischen, darunter auch deutschen Produkten, langfristig expandieren wird. Daher lautet unsere Empfehlung an deutsche Unternehmen, ihre Geschäftskontakte in Israel auszubauen beziehungsweise anzubahnen.

Tun die deutschen Unternehmen das auch?

Soweit ich das aufgrund von Anfragen, die uns erreichen, überblicken kann, ist das Interesse von Firmen, die bereits nach Israel exportieren, ungebrochen. Neulich hat uns ein deutscher Exporteur um Hilfe bei der Suche nach einem Mitarbeitenden gebeten. Die Firma will ihr Israel-Geschäft ausbauen und möchte nicht mehr von einem Importeur abhängen, der auch eine Reihe weiterer ausländischer Lieferanten vertritt.

Und was ist mit deutschen Exporteuren, die bisher noch nicht in Israel aktiv sind?

Hier ergibt sich ein gemischtes Bild. Individuelle Anfragen sind in den letzten Monaten seltener geworden. Es kann durchaus sein, dass manche Firmen allein schon bei der Vorstellung, in Israel herrsche Krieg, erst einmal abwarten wollen. Auf der anderen Seite sind jetzt schon mehrere Delegationsreisen nach Israel geplant. Deren Teilnehmer wollen kommen, sobald die Einreisewarnung aufgehoben wird.

Ich glaube, es kommt sehr darauf an, wie gut Unternehmen über die tatsächliche Situation unterrichtet sind. Die Kammer steht deutschen Firmen auch in dieser Hinsicht mit Informationen und Lageanalyse zur Verfügung. Es gibt ein weiteres positives Indiz: Deutsche Unternehmen, die eine Niederlassung in Israel haben, zogen ihr deutsches Personal nach Kriegsausbruch ab. Inzwischen haben die meisten Firmen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aber wieder hierher entsandt.

Wie wirkt sich der Krieg auf Investitionen aus?

Israelische Unternehmen werden in diesem Jahr geringfügig weniger investieren als 2023. Laut der Zentralbankprognose wird das aber im nächsten Jahr mehr als wiedergutgemacht. Also eher ein Aufschub als ein wirklicher Rückgang.

Deutsche Firmen investieren vor allem in israelische Hightechdienstleistungen. Eine Reihe größerer Unternehmen unterhält hier eigene Forschungs- und Entwicklungszentren. Auch bei Übernahmen werden vor allem israelische Hightechfirmen angepeilt. Ich glaube nicht, dass solche Investitionen infolge des Krieges leiden werden.

Dagegen ist Israel kein Magnet für ausländische Investitionen in industrielle Produktion. Eine Ausnahme ist der US-amerikanische Intel-Konzern, der hier eine Fabrikationsstätte für 25 Milliarden US-Dollar baut. Deutsche Investitionen dieser Art gibt es in Israel aber nicht. Daher ist die Frage nach den Kriegsauswirkungen in diesem Fall eher hypothetisch.

 

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