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Wirtschaftsumfeld | Israel, MENA-Region | Regionale Wirtschaftsintegration

Regionale Integration schreitet nur langsam voran

Der 2020 angelaufene Normalisierungsprozess zwischen Israel und arabischen Staaten ist auch für die Wirtschaft wichtig und könnte westlichen Firmen Geschäftschancen bieten.

Von Wladimir Struminski | Jerusalem

Im September 2020 hat Israel unter der Ägide der USA Normalisierungsabkommen (Abraham Accords) mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Bahrain unterzeichnet. Später kamen Marokko und der Sudan hinzu. Ziel der Abkommen war aus israelischer Sicht eine zunehmende Einbindung des Landes in die MENA-Region (Nordafrika und Nahost), nicht zuletzt auf der Wirtschaftsebene.

Für westliche Partner von Interesse

Das Wirtschaftspotenzial im Verhältnis zwischen Israel und arabischen Partnerländern ist groß. Das gilt auch für gemeinsames Engagement in Drittländern. Die dadurch entstehende Wirtschaftsdynamik kann Partnern aus dem Westen Geschäftsmöglichkeiten bieten.

Eine wichtige Rolle bei den Beziehungen zwischen Israel und anderen Ländern der MENA-Region kommt der Hochtechnologie zu. Sie ist sowohl angesichts der Modernisierungspolitik arabischer Länder als auch im Hinblick auf Israels Pläne, seinen eigenen Hightechsektor weiter auszubauen, von großer Relevanz.

Der Klimawandel und andere Umweltprobleme schaffen ebenfalls einen gemeinsamen wirtschaftlichen Nenner. So etwa ist die Wasserwirtschaft, ein Gebiet, auf dem Israel zur technologischen Weltspitze gehört, ein attraktives Feld für Kooperationen.

Von gemeinsamem Interesse ist auch die Ernährungswirtschaft, die sich zugleich für Drittlandprojekte anbieten würde. Im August 2022 nannte Meir Ben-Shabbat, ehemaliger Leiter des israelischen Rats für nationale Sicherheit, die Verbesserung der Ernährungslage in Afrika als ein mögliches Ziel israelisch-arabischer Zusammenarbeit.

Beispiel Jordanien

Ein erstes Beispiel für die Wirkung, die die Abraham Accords über bilaterale Beziehungen hinaus entwickeln können, ist das im November 2021 unterzeichnete Dreiecksabkommen zwischen den VAE, Jordanien und Israel. Im Rahmen dieser Vereinbarung wollen die VAE die Errichtung eines 600-Megawatt-Solarkraftwerks in Jordanien finanzieren.

Die von der Anlage erzeugte Energie wird nach Israel geliefert. Im Gegenzug lässt Israel Jordanien jährlich 200 Millionen Kubikmeter entsalztes Meerwasser zukommen.

Politik erschwert Normalisierung

Allerdings verläuft der Normalisierungsprozess nicht so schnell, wie zumindest Israel es sich gewünscht hätte. Vor allem macht es der israelisch-palästinensische Konflikt manchen potenziellen Partnern auf arabischer Seite schwer, sich den Abraham Accords anzuschließen.

Einer der Hauptarchitekten dieser Vereinbarungen, Jared Kushner, seinerzeit Berater von Ex-Präsident der USA, Donald Trump, erklärte im September 2022 bei einer Veranstaltung in Washington, zum Jahreswechsel 2020/2021 seien mit sechs weiteren Ländern Gespräche über eine Normalisierung mit Israel geführt worden. Bisher blieb diesen Bemühungen der Erfolg versagt.

Vereinigte Arabische Emirate führender Partner

Die schnellsten Fortschritte auf der Wirtschaftsebene wurden im Verhältnis zwischen Israel und den VAE erzielt. Nach Angaben der israelischen Außenhandelsstatistik stieg das Warenhandelsvolumen zwischen den beiden Ländern von 11 Millionen US-Dollar (US$) 2019 auf 190 Millionen US$ 2020 und auf 1,2 Milliarden US$ 2021. Allein in der 1. Hälfte 2022 belief sich der Warenaustausch ebenfalls auf 1,2 Milliarden US$. Falls dieses Tempo anhält, wird sich das Handelsvolumen 2022 gegenüber dem Vorjahr in etwa verdoppeln. Nicht unerheblich dürfte der Abschluss eines Freihandelsabkommens sein, das beide Länder Ende Mai 2022 unterzeichnet haben.

Auch der israelische Tourismus wurde zu einem wichtigen Faktor. Im Jahr 2021 flogen 269.000 Israelis von Tel Aviv nach Dubai. Allein in den ersten acht Monaten 2022 waren es bereits 530.000.

Zudem setzt Israel auf Investitionen aus den Emiraten. Im Jahr 2021 erwarb der staatliche Mubadala Investitionsfonds aus Abu Dhabi einen Minderheitsanteil am israelischen Erdgasfeld Tamar. Nach Angaben der israelischen Wirtschaftszeitung Globes ist Wagniskapital in Höhe von rund 100 Millionen US$ aus den VAE nach Israel geflossen. Ferner wurde ein gemeinsamer Forschungs- und Investitionsfonds gegründet.

Handel mit Bahrain bleibt unbedeutend

Weitaus langsamer schreiten Israels Beziehungen zu Bahrain voran. Der Handel bleibt unbedeutend: 2021 lag der Warenaustausch bei nur 6,5 Millionen US$.  

Im Dienstleistungsbereich konnte die israelische Wasserversorgungsgesellschaft Mekorot 2021 zwar einen Auftrag für Planungs- und Beratungsdienste für die bahrainische Wasserwirtschaft erlangen. Wirklich enge Wirtschaftsbeziehungen haben sich bisher nicht entwickelt.

Marokko als Standort für israelische Unternehmen

Vielversprechender ist das Verhältnis zu Marokko. Zwar blieb das Handelsvolumen 2021 mit 42 Millionen US$ gering. Allerdings wurde im September 2022 die Einrichtung eines israelischen Handelsbüros in Marokko vereinbart.

Seine Aufgabe ist die Förderung von Handel und Investitionen zwischen den beiden Ländern. Wie Abderrahim Beyyoudh, der marokkanische Botschafter in Israel erklärte, wolle sein Land israelischen Unternehmen einen Standort zum Geschäftswachstum bieten - auch als Sprungbrett zu anderen Märkten.

Beziehungen zu Saudi-Arabien gelten als ausbaufähig

Kaum voran kommen die Beziehungen zu Saudi-Arabien. Das Königreich verweigert bislang offizielle Beziehungen mit Verweis auf den ungelösten israelisch-palästinensischen Konflikt.

Allerdings hat die saudi-arabische Regierung Israel gegenüber Gesten guten Willens gezeigt. So dürfen israelische Luftfahrtgesellschaften inzwischen den saudi-arabischen Luftraum durchqueren. Außerdem wurde die Einreise israelischer Geschäftsleute in das Königreich auf Einladung dortiger Geschäftspartner ermöglicht.

Zudem wird geschätzt, dass die Geschäftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern auf indirektem Weg ausbaufähig sind. Laut Yariv Becher, Vizepräsident der gemeinnützigen israelischen Organisation Start-up Nation Central, könne Bahrain als eine regionale Drehscheibe für israelische Hightechunternehmen dienen. Eine solche Sprungbrett-Funktion dürfte israelischen Firmen auch auf dem saudi-arabischen Markt zugutekommen.

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