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Branchen | Italien | Photonik, Elektronische Bauelemente

Italiens Halbleiterindustrie expandiert

In Italien werden Mikrochipfabriken gebaut. Zudem entstehen zwei neue Forschungszentren.

Von Torsten Pauly | Mailand

Das größte Halbleiterprojekt Italiens läuft im sizilianischen Catania. Dort investiert der italienisch-französische Hersteller STMicroelectronics 5 Milliarden Euro in eine Chipproduktion. Der italienische Staat beteiligt sich mit Fördergeldern in Höhe von 2 Milliarden Euro. Diese sind mit der Europäischen Kommission abgestimmt. Die gesamte Anlage soll 2032 in Betrieb gehen. Dies hat der Investor im Mai 2024 verkündet. Die neue Fabrik von STMicroelectronics entsteht im dortigen Elektronikcluster Etna Valley. Dort hatte im Frühjahr 2024 Europas bis dato größte Produktionsstätte für Solarzellen ihren Betrieb aufgenommen.

Auch im piemontesischen Novara entsteht bis 2028 ein Halbleiterwerk. Die Kosten belaufen sich auf 3,2 Milliarden Euro. Dies hat der Investor Silicon Box aus Singapur im März 2024 bekannt gegeben.

Im Piemont engagiert sich auch das deutsche Unternehmen Aixtron. Es hat im Juni 2024 angekündigt, 50 Millionen Euro in eine Chipfertigung in Turin, der Hauptstadt des Piemonts, zu investieren. 

Die italienische Halbleiterindustrie konzentriert sich außer im Piemont und in Sizilien in sechs weiteren Regionen: der Lombardei, Venetien, Friaul/Julisch-Venetien, der Toskana, Umbrien, den Abruzzen und Kampanien. Eine Studie des Thinktanks Aware hat 2023 insgesamt 381 Halbleiterunternehmen in Italien ausgemacht. Darunter befanden sich 278 ausländische Investoren.

Neue Institute erforschen Mikroprozessoren

Im November 2024 wird im lombardischen Pavia das Forschungsinstitut Fondazione ChipsIT seine Arbeit aufnehmen. Dieses untersucht neue Halbleitertechnologien. In den Aufbau des Instituts fließen 225 Millionen Euro. An einer Zusammenarbeit sind unter anderem STMicroelectronics, Infineon, Sony und Intel interessiert.

Ab 2025 baut der italienische Forschungsverbund Consiglio Nazionale delle Ricerche CNR ein Forschungs- und Entwicklungszentrum für Halbleiter mit Hauptsitz in Catania auf. Das Zentrum wird unter anderem Mikrochips für die Kfz-Industrie entwickeln. Es wird eine enge Kooperation mit deutschen, finnischen, französischen, schwedischen, polnischen und österreichischen Instituten geben. Die Hälfte der Investitionskosten in Höhe von 360 Millionen Euro machen Fördergelder der Europäischen Union aus. Der Verbund CNR betreibt angewandte Forschung und ist mit den deutschen Fraunhofer-Instituten vergleichbar.

Auch ausländische Investoren setzten auf Italien als Forschungsstandort. Im Mai 2024 hat der französische Hersteller SiPearl angekündigt, in der Universitätsstadt Bologna ein Entwicklungszentrum aufzubauen. SiPearl stellt Mikroprozessoren zur Nutzung in der künstlichen Intelligenz her. Bologna wird 2025 Sitz eines Instituts der Universität der Vereinten Nationen. Dieses forscht und lehrt zu den Themen Big Data und Künstliche Intelligenz. 

Neue Förderprogramme aufgelegt

Im April 2024 hat die italienische Regierung das Förderprogramm Contratti di sviluppo – Nuovo sportello Semiconduttori gestartet. Dieses richtet sich speziell an produzierende und forschende Unternehmen in der Halbleiterindustrie und stellt 3,3 Milliarden Euro an Fördermitteln bereit.

Mikrochipproduzenten können sich auch an das Förderprogramm Specializzazione intelligente wenden. Dieses unterstützt Investitionen in der Elektronik- und anderen strategischen Zukunftsindustrien in den Regionen Apulien, Basilikata, Kalabrien, Kampanien, Molise, Sardinien und Sizilien. Die Wirtschaftsleistung pro Kopf liegt dort unter dem italienischen Landesschnitt.

Italien muss elektronische Bauelemente importieren

Italien hat 2023 im Außenhandel mit elektronischen Bauelementen der SITC-Position 776 ein Importdefizit von 2,2 Milliarden Euro verzeichnet. Deutschland war 2023 mit einem Importanteil von 21,2 Prozent zweitwichtigster Lieferant, nach den Niederlanden mit 26,8 Prozent und vor der Volksrepublik China mit 16,5 Prozent.

Auch im Außenhandel mit Elektronikprodukten der SITC-Positionen 75, 76 und 776 insgesamt hatte Italien 2023 ein Importdefizit von 15 Milliarden Euro. Hier lag Deutschland bei den Einfuhren mit einem Anteil von 12,5 Prozent an dritter Stelle hinter der Volksrepublik China mit 24,4 Prozent und den Niederlanden mit 22 Prozent.

Elektronikindustrie wächst schneller als andere Branchen

Die italienische Elektronikindustrie wird ihren Umsatz von 2024 bis 2028 preisbereinigt um durchschnittlich 1,8 Prozent im Jahr steigern, erwarten der Verband der Elektronikindustrie ANIE und der Dachverband der italienischen Industrie Confindustria Mitte 2024. Damit wächst die Branche doppelt so stark wie das verarbeitende Gewerbe insgesamt, das von 2024 bis 2028 auf ein durchschnittliches Plus von 0,9 Prozent pro Jahr kommt.

In den kommenden Jahren werden auch der Maschinenbau und die Kfz-Industrie in Italien weiter wachsen. Auch diese für die Wirtschaft des Landes bedeutenden Branchen brauchen Mikrochips. Der Aufbau weiterer Kapazitäten zur Halbleiterfertigung ist daher dringend nötig, will Italien seinen Importbedarf nicht noch vergrößern.

In Italien haben 2022 laut Eurostat 4.698 Unternehmen Datenverarbeitungsgeräte oder elektronische beziehungsweise optische Erzeugnisse hergestellt. Diese haben mit 94.700 Beschäftigten einen Nettoumsatz von 23,9 Milliarden Euro erzielt. Der Nettoumsatz eines Beschäftigten war 2022 mit durchschnittlich 253.000 Euro um 14,3 Prozent geringer als in Deutschland.

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