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Branche kompakt | Italien | Medizintechnik

Markttrends

Hohe EU-Fördergelder ermöglichen Investitionen ins Gesundheitswesen. Die Ausgaben für Medizintechnik variieren jedoch je nach Region stark.

Von Torsten Pauly | Mailand

Italien war 2023 der drittgrößte europäische Medizintechnikmarkt, nach Deutschland und Frankreich sowie vor dem Vereinigten Königreich und Nordirland. Dies berichtet der Verband Medtecheurope. Lieferchancen bieten insbesondere Investitionsprogramme von Gebietskörperschaften. Unter anderem wendet die Region Emilia Romagna bis 2026 etwa 2 Milliarden Euro für drei neue Kliniken auf. Im Großraum Palermo fließt über 1 Milliarde Euro in vier Krankenhäuser. In Novara entsteht eine neue Stadt der Gesundheit und der Wissenschaft.

12,7 Milliarden Euro

soll das Marktvolumen für Medizintechnik 2024 betragen.

Absatz wächst konstant

In den kommenden Jahren ist mit steigenden Beschaffungen zu rechnen. Das Analyseinstitut BMI erwartet, dass sich das Marktvolumen von 2023 bis 2028 in Italien um 19,2 Prozent erhöht. Besonders hohe Zunahmen soll es bei Prothesen und orthopädischem Bedarf mit 41,1 Prozent, bei Zahntechnik mit 36,7 Prozent, bei Dialysegeräten mit 31 Prozent und bei Röntgentechnik mit 29,3 Prozent geben. BMI erwartet von 2023 bis 2028 nur eine Marktausweitung um 9,6 Prozent bei Apparaten zur medizinischen Bildgebung. Hier ist die Ausstattung im internationalen Vergleich bereits hoch.

Im Zuge der Coronapandemie, die Kapazitätsengpässe im Gesundheitswesen offengelegt hat, waren die Ausgaben für Medizintechnik in Italien bereits stark gestiegen. Das Marktvolumen war 2022 um 14,8 Prozent höher als 2020. Dabei hat der öffentliche Gesundheitssektor 10,7 Prozent mehr aufgewendet. Private Einrichtungen haben 2022 sogar 29,2 Prozent mehr für Medizintechnik ausgegeben als 2020. Dies berichtet der Branchenverband Confindustria Dispositivi Medici. 

Allerdings sind die Ausgaben regional unterschiedlich. Der öffentliche Sektor hat 2022 im Schnitt 126 Euro je Einwohner in Medizintechnik investiert. In der Spitzenregion Friaul-Julisch Venetien war die Summe jedoch doppelt so hoch wie im Schlusslicht Latium. Weitere Gebiete mit besonders hohen Ausgaben sind Südtirol, Umbrien, die Marken und die Toskana.

Italien hat bei Medizintechnik einen hohen Einfuhrbedarf. Laut Confindustria Dispositivi Medici war der Import 2022 um 10,7 Prozent höher als 2020. Das Handelsdefizit mit Medizintechnik ist im selben Zeitraum um 13,3 Prozent gestiegen.

EU-Fördergelder stehen bereit

Für Medizintechnik stellt die Aufbau- und Resilienzfazilität der Europäischen Union (EU) in Italien 15,6 Milliarden Euro von 2021 bis 2027 bereit. Davon fließen 7,4 Milliarden Euro in die digitale und nachhaltige Modernisierung von Kliniken, einschließlich der Beschaffung neuer Geräte für 1,2 Milliarden Euro. Für den Ausbau der medizinischen Grundversorgung gibt es 7 Milliarden Euro. Im Aufbau befinden sich dabei 1.350 lokale Gesundheitszentren, Casa della Communità genannt, und 400 Gemeindekrankenhäuser, den sogenannten Ospedale di Communità.

Darüber hinaus stehen von 2021 bis 2027 etwa 32,4 Milliarden Euro aus dem Europäischen Kohäsionsfonds für Investitionen in das italienische Gesundheitswesen zur Verfügung. Davon fließen 80 Prozent in südliche Regionen mit geringerer Gesundheitsversorgung. Allein 6,9 Milliarden Euro stellt der Kohäsionsfonds für Projekte auf Sizilien und weitere 6,6 Milliarden Euro in Kampanien zur Verfügung. Im Jahr 2020 standen im Aostatal 4,2 Krankenhausbetten pro 1.000 Einwohner zur Verfügung während es in der Emilia Romagna, der Lombardei, der Autonomen Provinz Trient und in Piemont etwa 3,6 Betten waren. Dagegen hatte Apulien unter 2,8 Betten, Kampanien 2,6 Betten und Kalabrien nur 1,9 Krankenhausbetten je 1.000 Bewohner.

Das Gesundheits- und Wirtschaftsministerium haben 2021 zusammen mit den Regionen und Autonomen Provinzen ein Investitionsprogramm für den öffentlichen Gesundheitssektor in Höhe von 23,3 Milliarden Euro aufgelegt. Hiervon steht 2024 noch etwa die Hälfte zur Verfügung.

Neue Kliniken entstehen im ganzen Land

Der Schock der Coronapandemie, die unzureichende Behandlungskapazitäten offengelegt hat, führt zu einer Vielzahl neuer und zum Ausbau bestehender Krankenhäuser.

Ausgewählte Großprojekte im Gesundheitssektor in Italien Investitionssumme in Millionen Euro
ProjektInvestitionssummeProjektstandAnmerkungen
Drei neue Krankenhäuser in Piacenza, Carpi und Cesena in der Emilia Romagna

2.000

BauFokus auch auf Energieeffizienz und Erdbebensicherheit
Vier neue Krankenhäuser in Palermo

1.070

Planung, teilweise BauBau einer Uniklinik, einer onkologischen Fachklinik, eines Mutter-Kind-Krankenhauses und einer Poliklinik; insgesamt entstehen 1.300 neue Betten
Neues Krankenhaus in Padua 

871

PlanungFertigstellung 2031 geplant; es entstehen 963 Betten, davon 90 auf der Intensivstation
Stadt der Gesundheit und der Wissenschaft in Novara

530 

Ausschreibung in VorbereitungFertigstellung 2027 geplant; es entstehen 711 Betten und ein Unikomplex; Bauträger ist die Uniklinik Novara
Neues Krankenhaus in Salento

400

PlanungEs entstehen 367 Betten
Drei neue Krankenhäuser in Avezzano, Lanciano und Vasto und neue Notaufnahme in L‘Aquila in den Abruzzen

388

Planung, tw. BauEs entstehen in Lanciano 286 Betten, in Avezzano 245 Betten und in Vasto 225 Betten
Neues Krankenhaus in Salerno

368

PlanungBauträger ist die Klinik San Giovanni di Dio e Ruggi d’Aragona; es entstehen 700 Betten und ein Kongresszentrum
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

Ausstattung ist im OECD-Vergleich gut

Die Verfügbarkeit von Medizintechnik ist in Italien besser als in den meisten anderen Mitgliedsstatten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Nach Angaben der OECD lag Italien 2022 bei der Ausstattung mit Computertomographen je Einwohner auf Rang 6 und mit MRT- und PET-Geräten sowie Mammographen auf Rang 4. Bei Gammakameras belegte Italien Rang 13 und bei Strahlentherapiegeräten zusammen mit Spanien Platz 11. Allerdings kam der Verband Confindustria Dispositivi Medici 2021 zu dem Schluss, dass 18.000 Geräte in Italien veraltet sind.

Auch die Wartezeiten für medizinische Behandlungen sind in Italien relativ kurz. Patienten mussten 2022 laut OECD im Schnitt 25 Tage auf eine Bypass-Operation, 61 Tage auf einen Katarakt-Eingriff und jeweils 81 Tage auf eine Hüft- und Knieoperation warten. Damit befand sich Italien unter 13 von der OECD untersuchten Mitgliedsstaaten auf dem ersten oder zweiten Platz. Allerdings bewerten Patienten, in einer 2024 von Deloitte veröffentlichten Analyse, das private Gesundheitswesen besser als das öffentliche. Zudem sind die Beurteilungen im Norden leicht besser als im Süden Italiens.

Alterung der Bevölkerung erhöht Bedarf langfristig

Im Jahr 2030 werden in Italien schätzungsweise 15,9 Millionen Menschen im Alter von 65 und mehr Jahren leben, erwartet das Europäische Statistikamt Eurostat. Das sind 13,3 Prozent mehr als 2022. Diese demografische Entwicklung erhöht den Bedarf an medizinischen Spezialbehandlungen und Pflegeleistungen.

Viele italienische Ruheständler können zuzahlungspflichtige Gesundheitsleistungen bezahlen, denn sie haben relativ geringe Einkommenseinbußen. Ihnen standen 2022 laut OECD netto 78 Prozent bis 88 Prozent ihres letzten Verdienstes im Arbeitsleben zur Verfügung, abhängig von dessen Höhe. Diese Spanne ist höher als in Deutschland mit 55 Prozent bis 73 Prozent und als im EU-Durchschnitt mit 60 Prozent bis 80 Prozent.

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