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Branche kompakt | Italien | Medizintechnik

Steigender Bedarf an Medizintechnik in Italien

Die Coronakrise war ein Alarmsignal für Italiens Gesundheitssektor. In den kommenden Jahren könnten die Investitionen in moderne Medizintechnik deutlich zunehmen. 

Von Torsten Pauly | Mailand

Ausblick der Medizintechnik in Italien

Bewertung:

 

  • Der italienische Medizintechnikmarkt ist der drittgrößte in Europa und wächst jährlich mit einstelligen Raten.
  • Die Branche hat über 4.600 Unternehmen und ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Sie hat die zweitmeisten Beschäftigten in Europa.
  • Verbände kritisieren, dass Lieferanten 0,75 Prozent ihres Nettoumsatzes in einen öffentlichen Fonds abführen müssen und oft jahrelange Außenstände haben.

Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: Oktober 2024

  • Markttrends

    Hohe EU-Fördergelder ermöglichen Investitionen ins Gesundheitswesen. Die Ausgaben für Medizintechnik variieren jedoch je nach Region stark.

    Italien war 2023 der drittgrößte europäische Medizintechnikmarkt, nach Deutschland und Frankreich sowie vor dem Vereinigten Königreich und Nordirland. Dies berichtet der Verband Medtecheurope. Lieferchancen bieten insbesondere Investitionsprogramme von Gebietskörperschaften. Unter anderem wendet die Region Emilia Romagna bis 2026 etwa 2 Milliarden Euro für drei neue Kliniken auf. Im Großraum Palermo fließt über 1 Milliarde Euro in vier Krankenhäuser. In Novara entsteht eine neue Stadt der Gesundheit und der Wissenschaft.

    12,7 Milliarden Euro

    soll das Marktvolumen für Medizintechnik 2024 betragen.

    Absatz wächst konstant

    In den kommenden Jahren ist mit steigenden Beschaffungen zu rechnen. Das Analyseinstitut BMI erwartet, dass sich das Marktvolumen von 2023 bis 2028 in Italien um 19,2 Prozent erhöht. Besonders hohe Zunahmen soll es bei Prothesen und orthopädischem Bedarf mit 41,1 Prozent, bei Zahntechnik mit 36,7 Prozent, bei Dialysegeräten mit 31 Prozent und bei Röntgentechnik mit 29,3 Prozent geben. BMI erwartet von 2023 bis 2028 nur eine Marktausweitung um 9,6 Prozent bei Apparaten zur medizinischen Bildgebung. Hier ist die Ausstattung im internationalen Vergleich bereits hoch.

    Im Zuge der Coronapandemie, die Kapazitätsengpässe im Gesundheitswesen offengelegt hat, waren die Ausgaben für Medizintechnik in Italien bereits stark gestiegen. Das Marktvolumen war 2022 um 14,8 Prozent höher als 2020. Dabei hat der öffentliche Gesundheitssektor 10,7 Prozent mehr aufgewendet. Private Einrichtungen haben 2022 sogar 29,2 Prozent mehr für Medizintechnik ausgegeben als 2020. Dies berichtet der Branchenverband Confindustria Dispositivi Medici. 

    Allerdings sind die Ausgaben regional unterschiedlich. Der öffentliche Sektor hat 2022 im Schnitt 126 Euro je Einwohner in Medizintechnik investiert. In der Spitzenregion Friaul-Julisch Venetien war die Summe jedoch doppelt so hoch wie im Schlusslicht Latium. Weitere Gebiete mit besonders hohen Ausgaben sind Südtirol, Umbrien, die Marken und die Toskana.

    Italien hat bei Medizintechnik einen hohen Einfuhrbedarf. Laut Confindustria Dispositivi Medici war der Import 2022 um 10,7 Prozent höher als 2020. Das Handelsdefizit mit Medizintechnik ist im selben Zeitraum um 13,3 Prozent gestiegen.

    EU-Fördergelder stehen bereit

    Für Medizintechnik stellt die Aufbau- und Resilienzfazilität der Europäischen Union (EU) in Italien 15,6 Milliarden Euro von 2021 bis 2027 bereit. Davon fließen 7,4 Milliarden Euro in die digitale und nachhaltige Modernisierung von Kliniken, einschließlich der Beschaffung neuer Geräte für 1,2 Milliarden Euro. Für den Ausbau der medizinischen Grundversorgung gibt es 7 Milliarden Euro. Im Aufbau befinden sich dabei 1.350 lokale Gesundheitszentren, Casa della Communità genannt, und 400 Gemeindekrankenhäuser, den sogenannten Ospedale di Communità.

    Darüber hinaus stehen von 2021 bis 2027 etwa 32,4 Milliarden Euro aus dem Europäischen Kohäsionsfonds für Investitionen in das italienische Gesundheitswesen zur Verfügung. Davon fließen 80 Prozent in südliche Regionen mit geringerer Gesundheitsversorgung. Allein 6,9 Milliarden Euro stellt der Kohäsionsfonds für Projekte auf Sizilien und weitere 6,6 Milliarden Euro in Kampanien zur Verfügung. Im Jahr 2020 standen im Aostatal 4,2 Krankenhausbetten pro 1.000 Einwohner zur Verfügung während es in der Emilia Romagna, der Lombardei, der Autonomen Provinz Trient und in Piemont etwa 3,6 Betten waren. Dagegen hatte Apulien unter 2,8 Betten, Kampanien 2,6 Betten und Kalabrien nur 1,9 Krankenhausbetten je 1.000 Bewohner.

    Das Gesundheits- und Wirtschaftsministerium haben 2021 zusammen mit den Regionen und Autonomen Provinzen ein Investitionsprogramm für den öffentlichen Gesundheitssektor in Höhe von 23,3 Milliarden Euro aufgelegt. Hiervon steht 2024 noch etwa die Hälfte zur Verfügung.

    Neue Kliniken entstehen im ganzen Land

    Der Schock der Coronapandemie, die unzureichende Behandlungskapazitäten offengelegt hat, führt zu einer Vielzahl neuer und zum Ausbau bestehender Krankenhäuser.

    Ausgewählte Großprojekte im Gesundheitssektor in Italien Investitionssumme in Millionen Euro
    ProjektInvestitionssummeProjektstandAnmerkungen
    Drei neue Krankenhäuser in Piacenza, Carpi und Cesena in der Emilia Romagna

    2.000

    BauFokus auch auf Energieeffizienz und Erdbebensicherheit
    Vier neue Krankenhäuser in Palermo

    1.070

    Planung, teilweise BauBau einer Uniklinik, einer onkologischen Fachklinik, eines Mutter-Kind-Krankenhauses und einer Poliklinik; insgesamt entstehen 1.300 neue Betten
    Neues Krankenhaus in Padua 

    871

    PlanungFertigstellung 2031 geplant; es entstehen 963 Betten, davon 90 auf der Intensivstation
    Stadt der Gesundheit und der Wissenschaft in Novara

    530 

    Ausschreibung in VorbereitungFertigstellung 2027 geplant; es entstehen 711 Betten und ein Unikomplex; Bauträger ist die Uniklinik Novara
    Neues Krankenhaus in Salento

    400

    PlanungEs entstehen 367 Betten
    Drei neue Krankenhäuser in Avezzano, Lanciano und Vasto und neue Notaufnahme in L‘Aquila in den Abruzzen

    388

    Planung, tw. BauEs entstehen in Lanciano 286 Betten, in Avezzano 245 Betten und in Vasto 225 Betten
    Neues Krankenhaus in Salerno

    368

    PlanungBauträger ist die Klinik San Giovanni di Dio e Ruggi d’Aragona; es entstehen 700 Betten und ein Kongresszentrum
    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

    Ausstattung ist im OECD-Vergleich gut

    Die Verfügbarkeit von Medizintechnik ist in Italien besser als in den meisten anderen Mitgliedsstatten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Nach Angaben der OECD lag Italien 2022 bei der Ausstattung mit Computertomographen je Einwohner auf Rang 6 und mit MRT- und PET-Geräten sowie Mammographen auf Rang 4. Bei Gammakameras belegte Italien Rang 13 und bei Strahlentherapiegeräten zusammen mit Spanien Platz 11. Allerdings kam der Verband Confindustria Dispositivi Medici 2021 zu dem Schluss, dass 18.000 Geräte in Italien veraltet sind.

    Auch die Wartezeiten für medizinische Behandlungen sind in Italien relativ kurz. Patienten mussten 2022 laut OECD im Schnitt 25 Tage auf eine Bypass-Operation, 61 Tage auf einen Katarakt-Eingriff und jeweils 81 Tage auf eine Hüft- und Knieoperation warten. Damit befand sich Italien unter 13 von der OECD untersuchten Mitgliedsstaaten auf dem ersten oder zweiten Platz. Allerdings bewerten Patienten, in einer 2024 von Deloitte veröffentlichten Analyse, das private Gesundheitswesen besser als das öffentliche. Zudem sind die Beurteilungen im Norden leicht besser als im Süden Italiens.

    Alterung der Bevölkerung erhöht Bedarf langfristig

    Im Jahr 2030 werden in Italien schätzungsweise 15,9 Millionen Menschen im Alter von 65 und mehr Jahren leben, erwartet das Europäische Statistikamt Eurostat. Das sind 13,3 Prozent mehr als 2022. Diese demografische Entwicklung erhöht den Bedarf an medizinischen Spezialbehandlungen und Pflegeleistungen.

    Viele italienische Ruheständler können zuzahlungspflichtige Gesundheitsleistungen bezahlen, denn sie haben relativ geringe Einkommenseinbußen. Ihnen standen 2022 laut OECD netto 78 Prozent bis 88 Prozent ihres letzten Verdienstes im Arbeitsleben zur Verfügung, abhängig von dessen Höhe. Diese Spanne ist höher als in Deutschland mit 55 Prozent bis 73 Prozent und als im EU-Durchschnitt mit 60 Prozent bis 80 Prozent.

    Von Torsten Pauly | Mailand

  • Digital Health

    Italien baut die digitale Vernetzung des Gesundheitssystems mit mehreren Programmen aus. Bei der Nutzung der elektronischen Patientenakte gibt es regionale Unterschiede.

    Der Kauf von Medizintechnik mit digitaler Vernetzung ist im Rahmen des Förderprogramms Bonus beni strumentali 4.0 steuerlich mit 15 Prozent der Anschaffungskosten absetzbar. Diese Quote sinkt 2025 auf 10 Prozent. Der anrechenbare Höchstpreis beträgt eine Million Euro.

    Investitionen in die digitale Vernetzung

    Bis 2026 investiert der Staat 501 Millionen Euro in das Programm „Vernetzte Gesundheit“ (Sanità connessa). Etwa 4.700 Einrichtungen sollen dadurch Zugang zum Breitbandnetz von 1 Gbps bis 10 Gbps erhalten.

    Auch die EU-Aufbau- und Resilienzfazilität stellt bis 2027 etwa 2,9 Milliarden Euro für die Digitalisierung des Gesundheitswesens zur Verfügung. Hiervon waren im ersten Quartal 2024 bereits 1,4 Milliarden Euro für Projekte vergeben. Durch die Mittel sollen 280 Krankhäuser bis Ende 2025 eine zeitgemäße Digitalisierung erhalten. Bis Ende 2026 sollen zudem 500 Notaufnahmen und 5.900 Betten, darunter 2.700 auf Intensivstationen, mit modernsten digitalen Geräten ausgestattet werden. Die digitale Gesundheitsinfrastruktur werden 600 landesweit verteilte operative Zentralen (Centrali operative territoriali) koordinieren und steuern. Hierfür stellt die EU-Fazilität 280 Millionen Euro bereit. 

    Nicht zuletzt zwingt der Fachkräftemangel zu digitalen Effizienzsteigerungen. Laut Gesundheitsministerium waren in Italien im 1. Quartal 2024 etwa 4.500 Arzt- und 10.000 Pflegestellen unbesetzt. Der Personalmangel ist in südlichen Zentren wie Reggio Calabria, Genua, Messina, Neapel und Bari aufgrund einer Binnenmigration in den Norden besonders ausgeprägt. Um Abhilfe zu schaffen, bemüht sich Italien um südamerikanische Fachkräfte.

    Elektronische Patientenakte ist verbreitet

    Die elektronische Patientenakte (Fascicolo sanitario elettronico) implementieren die 21 Regionen und Autonomen Provinzen. Im ganzen Land ist es 2024 möglich, darüber Arzneien und Überweisungen zu Fachärzten zu verschreiben und Labor- und andere Untersuchungsergebnisse zu erhalten. Vorsorgemaßnahmen, Impf- und andere Fachleistungen sind noch nicht überall mit der elektronischen Patientenakte möglich.

    Insgesamt ist die Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung hoch. Im Jahr 2023 waren 34 Prozent der von Deloitte befragten Menschen in Italien mit der Nutzung der elektronischen Patientenakte sehr zufrieden und weitere 56 Prozent zufrieden. Die Hälfte der Patienten nutzt diese, um online Termine zu vereinbaren. Insgesamt hatten 44 Prozent der Antwortenden in den letzten zwölf Monaten mit der elektronischen Patientenakte zu tun.

    Allerdings ist die Nutzung regional noch sehr unterschiedlich. Im 1. Quartal 2024 haben über 85 Prozent der Patienten in der Emilia Romagna, in Friaul-Julisch Venetien und Venetien ihre Zustimmung zum Gebrauch der elektronischen Patientenakte gegeben und in der Autonomen Provinz Trient, der Lombardei, dem Aostatal und in Apulien waren es über 60 Prozent. Unter 10 Prozent betrug die Quote dagegen in den Marken, Ligurien, Latium, Basilikata, den Abruzzen, Kalabrien und Kampanien.

    Mailand ist ein Entwicklungszentrum

    Laut dem Medizintechnikverband Confindustria Dispositivi Medici entwickeln 60 Start-ups oder hochinnovative kleine und mittlere Unternehmen in Italien digitale Lösungen. Die Polytechnische Hochschule Mailand betreibt eine Joint Research Platform Healthcare Infrastructures. Diese entwickelt unter anderem Sensoren für die Telemedizin, Apps zur Datenanalyse und Lösungen für ein nachhaltiges, smartes Krankenhaus. In der Region Apulien baut die Polytechnische Hochschule Mailand zudem eine Akademie für Telemedizin auf. Die Mailänder Klinik San Raffaele nutzt die Daten von 100.000 Patienten unter anderem für Systeme zur Heimbetreuung und um Narkosen vor Operationen virtuell zu optimieren.

    Von Torsten Pauly | Mailand

  • Branchenstruktur

    Die italienischen Medizintechnikunternehmen sind sehr innovativ und beschäftigen die zweitmeisten Mitarbeiter in Europa. Der Wettbewerb ist intensiv.

    Die italienische Medizintechnikbranche ist sehr forschungsintensiv. Im Jahr 2022 flossen 880 Millionen Euro in die Entwicklung neuer Produkte und weitere 98 Millionen Euro in klinische Studien dazu. Dies berichtet Confindustria Dispositivi Medici. Ein bedeutender Investor in Start-ups und innovative kleine und mittlere Unternehmen ist die Fondazione Enea Tech Biomedical. Die italienische Förderbank CDP hat mit der Healthware Group den Venture-Capital-Fonds VITA aufgelegt.

    Viele Cluster in Norditalien

    Die Medizintechnikbranche konzentriert sich stark in den nördlichen Regionen. Am bedeutendsten ist die Lombardei. Dort waren 2022 allein 30 Prozent aller Unternehmen ansässig, so Confindustria Dispositivi Medici. In der dortigen Metropole Mailand gibt es auch zwei Entwicklungshubs: Den Milano Innovation District und das Cluster Lombardo Scienze della vita.

    Weitere 11 Prozent aller Medizintechnikfirmen befinden sich in Venetien. Dort gibt es ebenfalls zwei Cluster: Tech4Life in Verona und Veneto Innovazione in Mestre. Auch in der Emilia-Romagna haben 11 Prozent der Branchenfirmen ihren Sitz. Dortige Cluster sind ART-ER und das Healt-Clust-ER in Bologna sowie der Distretto Biomedicale in Mirandola.

    Nur 17 Prozent aller italienischen Medizintechnikunternehmen sind im Mezzogiorno ansässig. Dieser umfasst die sechs südlichen italienischen Festlandsregionen und die Inseln Sizilien und Sardinien. Dort ist jedoch der Anteil kleiner, innovativer Firmen besonders hoch, so Confindustria Dispositivi Medici. Auch in Süditalien gibt es Branchencluster: Campania Bioscience in Neapel, Micro e nano sistemi im sizilianischen Catania, H-BIO im apulischen Bari, Sardegna Richerche im sardinischen Cagliari und BioTecnoMed im kalabrischen Catanzaro.

    Rege Start-up-Szene

    Confindustria Dispositivi Medici unterstützt Start-ups und innovative kleine und mittlere Unternehmen mit dem Projekt Primary. Der Verband unterhält auch das Programm Bio4Dreams für Life Sciences. In Ancona spezialisiert sich der Akzelerator AC75 auf die Silver Economy, das heißt auf Gesundheitsleistungen für über 50-Jährige.

    Insgesamt zählt Confindustria Dispositivi Medici in Italien 309 Start-ups oder innovationsstarke kleine und mittlere Medizintechnikunternehmen, darunter 60 Anbieter digitaler Lösungen. Weitere 79 Firmen beschäftigen sich mit Biomedizin und dazugehörigen Instrumenten und 45 Unternehmen erforschen die Elektromedizin. Geringere Bedeutung haben die Augen- und Zahnmedizin mit zusammen 8 Firmen.

    Gebietskörperschaften tragen öffentliche Gesundheitseinrichtungen

    Das Budget für den öffentlichen Gesundheitsdienst SSN (Servizio Sanitario Nazionale) soll 2025 moderat um 2,3 Milliarden Euro auf 136,5 Milliarden Euro steigen. Für 2026 plant die Regierung eine weitere Anhebung auf 140 Milliarden Euro. Diese Anstiege gleichen Landeskennern zufolge jedoch nicht die hohen Preissteigerungen seit 2022 aus.

    Die Implementierung der Gesundheitsleistungen obliegt den 21 Regionen beziehungsweise Autonomen Provinzen. Daher gibt es eine Vielzahl an Einrichtungen. Für größere Kommunen schaffen die Regionen zudem eigene Gesundheitsorganisationen (Azienda sanitaria locale), die auch lokale Krankenhäuser verwalten. Große öffentliche Kliniken sind oft eigene Unternehmen (Azienda ospedaliera), solche mit Forschung haben einen IRCCS-Status (Istituto di ricovero e cura a carattere scientifico). Private Gesundheitseinrichtungen werden von Unternehmen oder Versicherungsgesellschaften geführt.

    Rahmendaten zum Gesundheitssystem in Italien

    Indikator

    Wert

    Einwohnerzahl (01.01.2024 in Mio.)

    58,9

    Bevölkerungswachstum (2023 in % p.a.)

    -0,3

    Altersstruktur der Bevölkerung (2024)

     

      Anteil der unter 14-Jährigen (in %)

    11,2

      Anteil der über 65-Jährigen (in %)

    23,0

    Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (2023 in Jahren)

    83,8

    Durchschnittseinkommen (2023 in Euro) 

    26.722

    Gesundheitsausgaben pro Kopf (2023 in Euro)

    2.986

    Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP (2023 in %) 

    8,4

    Ärzte/100.000 Einwohner (2022)

    424

    Zahnärzte/100.000 Einwohner (2022)

    89

    Krankenhausbetten/100.000 Einwohner (2022), davon

    309

      privat

    200

      öffentlich

    109

    Quelle: Istat 2024, OECD 2024

    Deutschland ist zweitgrößter Medizintechniklieferant

    Die italienische Einfuhr wichtiger Medizintechniksparten ist 2023 um 14,8 Prozent gestiegen. Deutschland lag dabei mit einem Importanteil von 19,2 Prozent auf Rang zwei hinter den Niederlanden mit 33,6 Prozent, welche dank Europas größtem Hafen Rotterdam oft auch ein Durchgangsland für Waren aus anderen Kontinenten sind. Weitere führende Lieferländer sind Belgien und Frankreich mit Raten von 10,9 Prozent beziehungsweise 9,3 Prozent.

    Deutschland liefert fast 40 Prozent der zahnmedizinischen Instrumente Importe ausgewählter Medizinprodukte nach Italien (in Millionen Euro, Anteil in Prozent)
    SITC 

    Import (2023)

    Anteil Import aus  Deutschland (2023)

    774.1Elektrodiagnoseapparate und -geräte

    900,0

    30,8

    774.2Röntgenapparate etc.

    547,0

    29,5

    741.83 Sterilisierapparate

    13,4

    15,8

    872.1Zahnmedizinische Instrumente; a.n.g.

    212,7

    38,7

    872.21Spritzen, Nadeln, Katheter, Kanülen etc.

    1.356,6

    11,7

    872.25Ophthalmologische Instrumente

    153,0

    14,5

    872.29Andere Instrumente, Apparate und Geräte

    1.675,9

    19,0

    872.3Therapiegeräte, Atmungsgeräte etc.

    352,5

    17,7

    872.4Medizinmöbel etc.

    129,8

    23,7

    899.6Orthopädietechnik, Prothesen etc.

    2.075,5

    14,8

    Quelle: Istat 2024

    Italien hat 2023 auch Medizintechnik in diesen SITC-Sparten im Wert von 5 Milliarden Euro exportiert. Das waren 7,4 Prozent mehr als 2022. Etwa 18,3 Prozent aller Ausfuhren waren 2023 Prothesen und Orthopädietechnik, 12,9 Prozent waren Spritzen, Katheter und dergleichen, 12 Prozent waren Röntgenapparate und Elektrodiagnostik mit 10,4 Prozent. Deutschland hat 2023 etwa 9,6 Prozent der Medizintechnikexporte abgenommen und war damit der zweitwichtigste Auslandsmarkt nach den USA. Dorthin gingen 10,8 Prozent der Ausfuhren.

    Alle führenden Hersteller bedienen den Markt

    Der Wettbewerb auf dem italienischen Markt ist groß. Ausländische Medizintechnikkonzerne beliefern den Markt mit italienischen Töchtern. Laut Branchenverband gab es 2023 insgesamt 1.555 Vertriebs- und 367 Wartungsgesellschaften. Darunter befinden sich Boston Scientific, GE, Johnson & Johnson, Phillips und Siemens Healthcare. Auch eine eigene Produktion betreiben in Italien unter anderem die deutschen Hersteller B.Braun, Fresenius Medical Care und Ottobock.

    Laut Confindustria Dispositivi Medici gab es in Italien 2022 insgesamt 4.641 Medizintechnikunternehmen, darunter 2.749 Hersteller. Diese haben 117.600 Mitarbeiter beschäftigt. Die Branche stellt in Europa nach Deutschland die zweitmeisten Arbeitsplätze, so Medtecheurope. Seit der Coronapandemie gab es mit der Ausweitung des Marktes ein starkes Wachstum: 2019 bestanden 7,4 Prozent weniger Firmen und 24,9 Prozent weniger Arbeitsplätze. In Norditalien gibt es einen zunehmenden Fachkräftemangel. Im Mezzogiorno ist dagegen ein ausgeprägter Brain Drain zu beobachten.

     

    Auswahl führender Branchenunternehmen in ItalienUmsatz in Millionen Euro; Veränderung in Prozent
    Unternehmen

    Umsatz (2023)

    Veränderung 2023/2022

     

    Bracco S.p.A.       

     1.800

    1,0

    Diasorin S.p.A.        

    1.148

    -16,0

    El. En. S.p.A.      

    692

     2,8

    Amplifon Italia S.p.A.        

    378

    5,0

    Esaote S.p.A.       

    273

    6,5

    Fresenius Kabi Italia S.R.L.

    186

     6,2

    B. Braun Milano S.p.A.

    156

    9,1

    A. Menarini Diagnostics S.R.L. 

    100

    -38,7

    Quelle: Unternehmensangaben 2024

    Von Torsten Pauly | Mailand

  • Rahmenbedingungen

    Für Hersteller aus der EU bestehen in Italien keine Hemmnisse beim Marktzugang. Viele Lieferanten haben jedoch jahrelange Ausstände.

    Die Zulassung von Medizintechnik obliegt in Italien dem Gesundheitsministerium mit dem Generaldirektorat für Medizintechnik und pharmazeutische Dienstleistungen (Direzione Generale dei Dipositivi Medici e del Servizio Farmaceutico). Italien erkennt Zulassungen aus anderen EU-Staaten an. Medizintechnikhersteller müssen sich beim Gesundheitsministerium registrieren, das hierzu im Jahr 2021 eine englischsprachige Zusammenstellung veröffentlicht hat. 

    Für die Beschaffung sind die privaten sowie die öffentlichen regionalen und teilweise kommunalen Gesundheitseinrichtungen zuständig. Für öffentliche Ausschreibungen müssen sich Anbieter bei der Beschaffungsagentur Consip registrieren. Consip betreibt auch das E-Procurement-Portal MePa. Dort gibt es einen englischsprachigen Überblick über das Beschaffungswesen. Auch bei regionalen Ausschreibungsagenturen ist eine Registrierung zu empfehlen.

    Zahlungsmechanismus steht stark in der Kritik

    Das italienische Gesundheitsministerium legt für die Gebietskörperschaften jährliche Obergrenzen für Medizintechnikbeschaffungen fest. Überschreiten diese den Betrag, so müssen sie ihn aus ihrem Budget ausgleichen. Dies hat für Lieferanten mitunter jahrelange Ausstände zur Folge. Dieser Rückzahlungsmechanismus, der in Italien als Payback bekannt ist, ist derzeit beim italienischen Verfassungsgericht anhängig. Confindustria Dispositivi Medici und fünf weitere Verbände fordern von der Regierung eine baldige Regelung.

    Zudem müssen Medizintechniklieferanten seit 2024 einen Betrag in Höhe von 0,75 Prozent ihres in Italien realisierten Nettoumsatzes in einen Fonds für das Management von medizinischen Geräten abführen, der Beschaffungen finanziert. Auch dies wird von den sechs Verbänden kritisiert.

    Tipps für den Markteinstieg

    • Kenntnisse der italienischen Sprache sind unabdingbar.
    • Eine genaue Kenntnis der Vorschriften ist erforderlich.
    • Eine Vernetzung innerhalb der Branche sowie zu Gesundheitseinrichtungen ist von großem Vorteil. Unter anderem unterhält die AHK Italien eine Arbeitsgruppe zur Gesundheitswirtschaft.
    • Die Bonität von Geschäftspartnern sollte geprüft werden.

    Im innergemeinschaftlichen Warenverkehr der Europäischen Union (EU) sind die Regelungen des Umsatzsteuerkontrollverfahrens in der EU zu beachten. Informationen hierzu finden sich auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern. Hinsichtlich der Normierung gelten die einschlägigen EU-Richtlinien (siehe etwa die Website des Deutschen Instituts für Normung e.V.).

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Torsten Pauly | Mailand

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Italien

    Kontakte vor Ort und Hilfe beim Markteinstieg

    Exportinitiative GesundheitswirtschaftDie Exportinitiative bündelt Unterstützungsangebote für die Internationalisierung der Gesundheitswirtschaft

    Ministero della salute

    Gesundheitsministerium
    MePaÖffentliches Ausschreibungsportal
    Confindustria Dispositivi MediciItalienischer Medizintechnikdachverband
    Associazione Italiana Ingegneri CliniciVerband der klinischen Ingenieure
    VITAVenture Capital Fonds für Medizintechnik der öffentlichen Förderbank CDP
    PharmintechMesse für Maschinen und Anlagen für die Pharmaindustrie in Mailand; nächste: 27.- 30.05.2025 
    ExposanitàGesundheitsmesse in Bologna; nächste:  2026
    Sanità 24Online-Zeitschrift
    QSOnline-Zeitschrift

     

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