Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Wirtschaftsausblick | Italien

Italiens Wirtschaft wächst 2024 moderat

Investitionen in Nachhaltigkeit und der Auslandsabsatz bleiben in Italien starke Treiber der Konjunktur. Viele Projekte erhalten Fördergelder von der EU.

Von Torsten Pauly | Mailand

Top-Thema: Grüne Transformation bietet viele Auftragschancen

Italien investiert kräftig in energetische Sanierungen. Diese unterstützt das bis Ende 2025 laufende staatliche Förderprogramm Superbonus. Das so ermöglichte Projektvolumen hat sich zwischen September 2023 und März 2024 um 54 Prozent auf 122 Milliarden Euro erhöht. Italien will von 2022 bis 2030 auch 73 Gigawatt an Anlagen zur Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen zubauen. In das Schienennetz fließen über 60 Milliarden Euro. Viele Projekte laufen auch in der Wasser- und Abfallwirtschaft. Italien erhält hierfür noch bis 2027 hohe Fördergelder aus der Aufbau- und Resilienzfazilität der EU.

Auch die Investitionen der Kfz-Industrie in die Elektromobilität eröffnen gute Lieferchancen. Laufende Projekte summieren sich auf über 20 Milliarden Euro. Die Chemieindustrie realisiert eine Reihe von Waste-to-chemicals-Anlagen und Projekte zu nachhaltigerem Ressourcenverbrauch. Die bedeutenden Mode- und Möbelindustrien errichten ebenfalls umweltschonendere Produktionsanlagen.

Wirtschaftsentwicklung: Export sorgt für Wachstum

Die Ausfuhr ist - noch vor der Investitionstätigkeit - der stärkste Konjunkturmotor, während der Konsum fast stagniert. Die Europäische Kommission schätzt, dass Italiens Export von Waren und Dienstleistungen 2024 preisbereinigt um 2,4 Prozent steigt. Der entsprechende Import wird sich der Prognose zufolge um 0,9 Prozent erhöhen. Dadurch steigt Italiens Überschuss in der Leistungsbilanz.

Dank des höheren Auslandsabsatzes steigt das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2024 mit einem Zuwachs von 0,9 Prozent stärker als die reine Inlandsnachfrage, die um 0,5 Prozent zulegt. Im internationalen Wettbewerb profitieren italienische Unternehmen von Innovationsstärke und günstigen Lohnkosten. Der Bruttostundenlohn lag 2023 in der Privatwirtschaft um 6,3 Prozent unter dem EU-Durchschnitt. Die Energiekosten sind in Italien dagegen teurer als im EU-Mittel.

Bei der Wirtschaftskraft gibt es ein ausgeprägtes Nord-Süd-Gefälle. Im Süden des Landes laufen jedoch große Investitionsprojekte im Energiesektor und in der Batteriefertigung für Elektrofahrzeuge.

Problematisch bleibt die Budgetdisziplin der öffentlichen Hand. Die Europäische Kommission erwartet, dass Italiens Haushaltsdefizit 2024 etwa 5 Prozent des BIP ausmacht. Dies ist zusammen mit Frankreich der drittschlechteste Wert in der EU nach Rumänien und der Slowakei. Die Gesamtverschuldung des italienischen Staates wird 2024 etwa 138,6 Prozent des BIP erreichen. Dies ist in der EU die zweithöchste Schuldenquote nach Griechenland.

Ausrüstungsbeschaffungen steigen kräftig

Die Ausrüstungsinvestitionen nehmen 2024 real um 5,3 Prozent zu, erwartet die Europäische Kommission. Die zu den Ausrüstungsinvestitionen zählenden Zulassungen neuer Nfz sind in den ersten vier Monaten 2024 um 9,1 Prozent und diejenigen neuer Pkw um 6,1 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum gestiegen. Auch für Anlagen, etwa im Energiesektor und der Chemieindustrie, gibt es gute Auftragschancen. Dagegen werden die italienischen Bestellungen von Maschinen 2024 insgesamt sinken. Dies erwarten die Branchenverbände Federmacchine und Ucimu. Der Grund sind höhere Finanzierungskosten wegen der jüngsten Zinsanstiege.

Die realen Bauinvestitionen gehen 2024 laut Europäischer Kommission um 2 Prozent zurück, trotz vieler Großprojekte im Tiefbau und der geförderten energetischen Sanierungen. Der Grund sind die teureren Immobilienkredite.

Inflation dämpft Konsumnachfrage

Die Löhne steigen 2024 in Italien nominal um 3,8 Prozent und real um 2,3 Prozent, heißt es in der Frühjahrsprognose der EU. Viele Haushalte profitieren zudem von einer um 0,8 Prozent höheren Beschäftigung. In den Jahren 2022 und 2023 gab es jedoch Reallohnrückgänge von jeweils 2,7 Prozent, dies aufgrund der hohen Inflation. Da die Kaufkraft 2024 immer noch deutlich geringer als 2021 ist, wird sich die Konsumnachfrage preisbereinigt nur um 0,2 Prozent erhöhen.

Viele Haushalte konsumieren zunehmend auf Kredit. Das Volumen der in Italien ausgegebenen Konsumdarlehen war Ende 2023 um 15 Prozent höher als vier Jahre zuvor. Ein Einwohner war Ende 2023 statistisch mit 2.723 Euro verschuldet.

Deutschland ist wichtigster Handelspartner

Im Jahr 2023 hat Italien 15,2 Prozent seines Warenimports aus Deutschland bezogen. Damit lag Deutschland auf Rang eins vor der Volksrepublik China, die auf 8 Prozent kam, und vor Frankreich mit 7,9 Prozent. Deutschland war 2023 mit einem Exportanteil von 11,9 Prozent auch Italiens größter Auslandsmarkt vor den USA, die auf 10,7 Prozent kamen, und vor Frankreich mit 10,1 Prozent. Aus deutscher Sicht war Italien 2023 der sechstgrößte Handelspartner.

Italien hat in den vergangenen Jahren weltweite Exportüberschüsse erwirtschaftet. Eine Ausnahme ist das Jahr 2022, als die Weltmarktpreise für fossile Brennstoffe sehr hoch waren. Italien ist - trotz des Ausbaus erneuerbarer Energienutzung - auf deren Import angewiesen.

Deutsche Perspektive: Unternehmen wollen mehr investieren

Deutsche Firmen in Italien sind überwiegend positiv gestimmt. Im Mai 2024 rechnen 40 Prozent der von der Deutsch-Italienischen Industrie- und Handelskammer (AHK) befragten Mitglieder mit einer besseren Geschäftslage in den kommenden zwölf Monaten. Nur 13 Prozent erwarten eine Verschlechterung.

Dies führt zu einer höheren Investitionsbereitschaft: 35 Prozent aller AHK-Mitglieder wollen diese im nächsten Jahr hoch- und lediglich 11 Prozent zurückfahren. Ihren Mitarbeiterstand wollen 47 Prozent der Unternehmen ausbauen. Etwa 10 Prozent der Firmen planen Stellen abzubauen. Allerdings sehen 51 Prozent der von der AHK befragten Mitglieder den Fachkräftemangel als großes Problem an.

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.