Branchen | Japan | Unterhaltungselektronik, Fototechnik
Fotokameras geraten aus dem Fokus
In einem weltweit schrumpfenden Markt bleiben japanische Kameramarken die wichtigsten Akteure. Japans Fotoenthusiasten setzen auch auf deutsche Produkte.
03.03.2023
Von Jürgen Maurer | Tokyo
Japans Produktion und Absatz von Digitalkameras wie auch Objektiven bleibt weltweit unter Druck. Die japanische Camera & Image Products Association (CIPA) erwartet 2023 einen Rückgang im oberen einstelligen Bereich. Dabei schiebt der weltweit wiederauflebende Tourismus das Kamerageschäft an. Jedoch ist die Produktion von Digitalkameras von Lieferproblemen bei Halbleitern betroffen. Nicht zuletzt haben die immer besser ausgestatteten Smartphones teilweise die traditionellen Fotoapparate verdrängt.
Laut Angaben des Branchenverbandes, der seine Prognose für das Jahr 2023 Ende Februar veröffentlichte, soll die weltweite Produktion von Digitalkameras japanischer Hersteller um 7,6 Prozent gegenüber 2022 sinken. Dabei schrumpft der Markt in Japan selbst stärker als in anderen Absatzmärkten. Auf dem Archipel sollen die Lieferungen um 9,7 Prozent zurückgehen, insbesondere weil Kompaktkameras weiter Anteile verlieren.
Produktgruppe | 2022 | Veränderung 2022/21 | 2023* | Veränderung 2023/22* |
---|---|---|---|---|
Digitalkameras | 8,0 | -4,2 | 7,4 | -7,6 |
Wechselobjektive | 9,7 | 1,9 | 9,4 | -3,5 |
Produktion sinkt, Preise steigen
Das Hauptsegment der Fototechnik sind Kameras mit Wechselobjektiven. Hier rechnet CIPA damit, dass die Produktion und Lieferung in Japan im Jahr 2023 stagnieren und in anderen Märkten um 3,5 Prozent sinken wird. Kameras mit Wechselobjektiven wiesen im Jahr 2022 weltweit noch einen Zuwachs von 10,8 Prozent auf. Dieses Segment machte 2022 etwa drei Viertel des gesamten Kameraabsatzes aus und soll 2023 anteilsmäßig zulegen. Der Anteil von Kompaktkameras soll 2023 weiter auf rund 20 Prozent sinken.
Aber nicht alles geht nach unten. Die wertmäßigen Verkäufe legten 2022 gegenüber 2021 auf Yen-Basis weltweit um circa 40 Prozent zu, so die Angaben der CIPA. Die durchschnittlichen Preise für Digitalkameras sind in Japan gestiegen und lagen im Jahr 2022 etwa doppelt so hoch wie 2019. Mit verbesserten Modelleigenschaften und mehr Funktionen wie künstliche Intelligenz können die Anbieter offensichtlich bei professionellen, wie auch Hobbyfotografen punkten.
Spiegelreflex verliert Interessenten
Dabei dominieren spiegellose Systemkameras den Absatz weltweit, während Spiegelreflexkameras seit Jahren Anteile verlieren. Bei Wechselobjektiven hat sich der mengenmäßige Absatz im Jahr 2022 etwas erholt. Er soll laut CIPA-Prognose im Jahr 2023 jedoch an Schwung verlieren. Sony liegt in diesem Segment vor Canon und dem Branchenspezialisten Sigma, wie das BCN-Ranking zeigt. Es erfasst die tatsächlichen Verkaufsdaten von Elektrofachhändlern, Kamera-Fachgeschäften und Online-Shops.
Insgesamt wird der weltweite Markt für Fotokameras von drei japanischen Anbietern bestimmt: Canon, Sony und Nikon. Diese machen etwa 85 Prozent der weltweiten Verkäufe aus. Werden die beiden Marken Fujifilm und Panasonic hinzugerechnet, dann liegt der Weltmarktanteil an allen Fotokamerasegmenten bei über 90 Prozent. Über kurz oder lang werden sich jedoch Anbieter aus dem Markt verabschieden.
Marktumfeld bleibt schwierig
Beispielsweise hat sich in den letzten Jahren Olympus aus dem Markt für Fotokameras ganz zurückgezogen. Das Unternehmen verkaufte den unprofitablen Geschäftsbereich 2020 an die Kapitalbeteiligungsgesellschaft Japan Industrial Partners. Die Kameratechnologie lebt jedoch in der neuen Marke "OM-Digital" weiter. Unterdessen konzentriert sich Olympus auf Spezialkameras für medizinische und andere Zwecke.
Auf Veränderungen im Umfeld hat auch Sony reagiert. Der Konzern hat seine Kameraproduktion seit Anfang 2023 klar aufgeteilt. Demnach erzeugt Sony Modelle für den chinesischen Markt in China selbst. Für die Belieferung anderer Märkte, wie Japan, Europa und die USA, hat das Unternehmen seine Produktion in Thailand ausgebaut. Damit will Sony Lieferkettenprobleme verringern und sich resilienter aufstellen.
Da Kompaktkameras in der Käufergunst deutlich verloren haben, haben Panasonic und Nikon Mitte 2022 angekündigt, die Entwicklung neuer Modelle in diesem Segment nicht mehr weiterzuverfolgen. Aber die Anbieter haben zunächst nicht vor, ihre Produktion von Kompaktkameras ganz aufzugeben. Allerdings machten die weltweiten Kompaktkameraverkäufe aller japanischer Hersteller mit 2,1 Millionen Einheiten im Jahr 2022 nur noch einen Bruchteil des Rekordjahres 2008 mit 110 Millionen Einheiten aus.
Deutsche Marken finden rege Nachfrage
Freiwerdende Ressourcen konzentrieren Panasonic wie auch Nikon auf die Weiterentwicklung von spiegellosen Systemkameras. Dabei arbeitet Panasonic mit der deutschen Marke Leica zusammen. Beide Unternehmen haben im Mai 2022 eine Geschäftsallianz geschlossen, um neue Technologien zu entwickeln. Damit wird die seit über 20 Jahren bestehende Kooperation noch intensiver. Ein bekannter deutscher Lieferant von Objektiven für japanische Kameramarken ist zudem die Firma Carl Zeiss.
Beim japanischen Import von Kameras dominierten im Jahr 2022 deutsche Marken. Der Einfuhrwert von Kameras für Rollfilme mit einer Breite von 35 mm (HS-Pos. 9006.53) aus Deutschland belief sich auf über 16 Millionen US-Dollar (US$). Die japanischen Gesamteinfuhren in diesem Segment erreichten laut Zollstatistik 26 Millionen US$. Deutsche Kameramarken haben in Japan einen treuen Kundenstamm.
Jedoch stehen auch neue Kunden im Fokus. Gerade für die nachwachsende Generation von Profi- und Amateurfotografen spielen das Uploading von Fotos direkt in die sozialen Netzwerke und die Abspeicherung von Foto- und Videodaten in einer Cloud eine große Rolle. Künstliche Intelligenz lässt neue Funktionalitäten zu, wie das Autofokussieren auf sich schnell bewegende Objekte.