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Branchen | Japan | Photonik, Elektronische Bauelemente

Japans Halbleiterbranche investiert kräftig

Unterstützt von der japanischen Regierung investieren Japans Firmen und ausländische Partner in verschiedene Stufen der Wertschöpfungskette von Halbleitern.

Von Frank Robaschik | Tokyo

  • Deutlich mehr Halbleiterprojekte in Japan

    Japan fördert das Wiedererstarken seiner Halbleiterindustrie. Mittlerweile gibt es eine Reihe großer Vorhaben in verschiedenen Landesteilen.

    In den kommenden Jahren dürfte die Bedeutung Japans in der Halbleiterbranche wieder steigen. Der Marktforscher SEMI rechnet für Japan – wie auch für die EU – in den nächsten drei Jahren mit einer Verdopplung der Investitionen in Halbleiterwerke. Konkret sollen diese in Japan von 6,4 Milliarden US-Dollar (US$) im Jahr 2023 auf 13,2 Milliarden US$ im Jahr 2026 steigen. Das entspricht einem Anstieg von knapp 5 Prozent auf knapp 8 Prozent der weltweiten Investitionen in dem Bereich.

    Neue Vorhaben sollen wirtschaftliche Sicherheit fördern

    Um die wirtschaftliche Sicherheit zu erhöhen und die technologische Entwicklung voranzutreiben, fördert Japan ähnlich wie die USA oder die EU neue Halbleitervorhaben. Dabei gewährt es im internationalen Vergleich hohe Zuschüsse.

    Zu den Investoren gehört, wie in Deutschland auch, der taiwanische Auftragsfertiger TSMC. Ähnlich wie in Dresden investieren in Japan lokale Abnehmer der Chips gemeinsam mit TSMC in die Fertigung. Das erste Werk in der Präfektur Kumamoto auf der südjapanischen Insel Kyushu soll Ende Februar 2024 eröffnet werden. Der Bau eines zweiten Werks soll ebenfalls 2024 beginnen. Mittlerweile gibt es bereits Gerüchte über ein drittes Werk von TSMC in Japan. 

    Ein Vorhaben für 2-Nanometer-Chips auf Hokkaido soll Japan technologisch wieder näher an die Weltspitze bringen. Diese Chips will Rapidus zusammen mit dem amerikanischen Unternehmen Intel, dem Interuniversity Microelectronics Centre (imec) in Belgien und weiteren Partnern entwickeln. 

    Zahlreiche Großprojekte geplant

    Daneben laufen in Japan weitere Großprojekte: Sony Semiconductor Solutions erweitert die Produktion von Bildsensoren. Micron, Kioxia und Western Digital investieren in Werke für Speicherchips und Rohm, Toshiba, Mitsubishi Electric und Renesas in solche für Halbleiter für die Automobilindustrie. Für den letzteren Bereich wollen auch die japanische Finanzgruppe SBI und der taiwanische Auftragshersteller Powerchip Semiconductor Manufacturing Corporation (PSMC) ein Werk errichten. Darüber hinaus verkündete Renesas im Februar 2024, dass es die australischen Leiterplattendesignfirma Altium für etwa 5,9 Milliarden US$ übernehmen will.

    Mitsubishi Electric gab im Oktober 2023 bekannt, im Bereich der Leistungselektronik 500 Millionen US$ in eine Siliziumkarbidfirma zu investieren, die aus dem US-Unternehmen Coherent ausgegliedert werden soll. Japanische Hersteller von Leistungshalbleitern haben zudem Interesse an Galliumnitrid-Halbleitern. So gab Renesas im Januar 2024 bekannt, dass es das amerikanische Unternehmen Transphorm für 339 Millionen US$ übernehmen wird. Bei Galliumnitrid-Halbleitern sind daneben unter anderem Rohm, Mitsubishi Electric, Mitsubishi Chemical (Wafer), Toshiba und Fuji Electric aktiv. 

    Ausgewählte Großprojekte für Halbleiterwerke in Japan
    Projektbezeichnung

    Summe in Mrd. US$ *)

    ProjektzeitraumProjektträger
    Advanced 2-nm Chips, Halbleiterwerk, Chitose, Präfektur Hokkaido

    35,6

    Start der Massenproduktion Ende der 2020er-JahreRapidus
    Japan Advanced Semiconductor Manufacturing, Halbleiterwerk, Kikuyo, Präfektur Kumamoto

    >20

    Bau des 1. Werks für 8,6 Milliarden US$ von 2022 bis 2024; Bau des 2. Werks von 2024 bis 2027TSMC, Sony, Denso, Toyota
    Bildsensorenwerk, Koshi, Präfektur Kumamoto

    6,4

    Beginn des Betriebs: Fiskaljahr 2025Sony Semiconductor Solutions
    Werk zur Auftragsfertigung von 28-nm, 40-nm und 55-nm-Chips für die Automobilindustrie, Ohira, Präfektur Miyagi

    5,7

    AbsichtserklärungSBI, PSMC
    Next-Generation DRAM-Werk in Hiroshima, Präfektur Hiroshima

    bis zu 3,6 

    Produktionsstart: 2025Micron Technology
    Werke für Speicherchips in Kitakami, Präfektur Iwate und in Yokkaichi, Präfektur Mie

    >3,2 

    Kitakami 2023 bis 2027, Yokkaichi 2024 bis 2029; erste Auslieferung ab 2025Kioxia, Western Digital
    Werke für Siliziumkarbid-Leistungshalbleiter, Siliziumkarbid-Wafer und Silizium-Leistungshalbleiter, Kokufu, Präfektur Miyagi und Nomi, Präfektur Ishikawa

    2,8

    Produktion ab Ende 2025/2026 Rohm, Toshiba
    Werk für Siliziumkarbid-Halbleiter in Kikuchi, Präfektur Kumamoto

    0,7

    Produktion ab April 2026, Gesamtinvestitionen fünf Jahre bis 2026: 1,8 Milliarden US$Mitsubishi Electric
    Werk für Siliziumkarbid-Halbleiter in Takasaki, Präfektur Gunma

    k.A.

    Bauzeit 2023 bis 2025Renesas
    Werke für Microcontroller-Chips in Hitachinaka, Präfektur Ibaraki, Kumamoto, Präfektur Kumamoto und Kai, Präfektur Yamanashi

    0,34

    Bauzeit 2023 bis 2025 /2026Renesas
    * Umrechnung anhand des Wechselkurses 1 US$ = 140,6 Yen.Quelle: METI 2023 und 2024, Unternehmsangaben, Pressemeldungen 2023 und 2024; Recherchen von Germany Trade & Invest

    Japan fördert Forschung und Entwicklung auch in den Firmen

    Die japanische Regierung fördert zudem Entwicklungsprojekte von Unternehmen. So erhält das Vorhaben von Rapidus zur Entwicklung von 2-Nanometer-Chips großzügige Fördermittel. Zudem will der japanische Telekommunikationsgigant NTT gemeinsam mit Intel optische Technologien zum Einsatz in Halbleitern entwickeln. Diese sollen Chips schneller und stromsparender machen. Das Ministry of Trade, Industry and Economy (METI) will hierfür Subventionen in Höhe von etwa 324 Millionen US$ gewähren. 

    Samsung Electronics erhält für sein neues Forschungs- und Entwicklungszentrum in Yokohama Subventionen in Höhe von rund 142 Millionen US-Dollar. Auch andere Unternehmen wie Kioxia oder Fujitsu erhalten Forschungsgelder von der japanischen Regierung. 

    Japan ist auch im Quanten-Computing aktiv. Über das Investitionsvorhaben von Ibiden bei Packaging-Substraten hinaus gibt es weitere Projekte in den Bereichen Halbleiterchemikalien und Halbleiterausrüstung.

    Ausgewählte Projekte für Forschung, Entwicklung, Materialien und verwandte Prozesse in Japan
    Projektbezeichnung

    Summe in Mio. US$ *)

    ProjektzeitraumProjektträger
    Werk für FC-BGA-Packaging-Substrate

    864

    2023 bis 2025Ibiden
    Entwicklung optischer Technologien zum Einsatz in Halbleitern

    >324

    ab 2024NTT, Intel und eventuell SK Hynix
    Forschungs- und Entwicklungszentrum, Yokohama, Präfektur Kanagawa

    284

    2024 bis 2028Samsung
    Werk für Pre-Processing-Schritte für optische Halbleiter in Hamamatsu, Präfektur Shizuoka

    263

    7/2023 bis 6/2025Hamamatsu Photonics
    * Umrechnung anhand des Wechselkurses 1 US$ = 140,6 Yen.Quelle: METI 2023 und 2024; Unternehmensangaben 2024; Recherchen von Germany Trade & Invest

    Amazon Web Services investiert Milliarden in Japan

    Im Januar 2024 kündigte mit Amazon Web Services (AWS) ein Abnehmer von Chips hohe Investitionen in Japan an. Das Unternehmen will von 2024 bis 2027 umgerechnet circa 15 Milliarden US$ in eine Cloud-Infrastruktur in Japan investieren. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Ballungsräumen in Tokyo und Osaka. Seit Oktober 2023 bietet Amazon in Tokyo mit Amazon Bedrock japanischen Unternehmen einen Service zur Nutzung künstlicher Intelligenz an.

    Halbleiterproduktion in Japan schon heute relevant 

    Japan hat zwar in den letzten Jahren seine Führungsposition in der Halbleiterproduktion eingebüßt. Dennoch exportierte es 2023 noch Halbleiter im Wert von 39 Milliarden US$. Damit lag Japan jedoch deutlich hinter China, Taiwan, Südkorea, Malaysia und den USA. Gleichzeitig exportierte Japan mehr als Deutschland.

    In einigen Segmenten spielen japanische Firmen und Japan als Herstellerland nach wie vor international eine wichtige Rolle. So stellt das METI mit dem Verweis auf Auswertungen des Technologieberaters Omdia fest, dass Sonys Halbleitertochter Sony Semiconductor Solutions 2021 bei Bildsensoren einen Weltmarktanteil von 44 Prozent hält.

    Bei Speicherchips kommt Kioxia auf einen globalen Anteil von 19 Prozent. Darüber hinaus produzieren die US-Hersteller Western Digital (Weltmarktanteil 14 Prozent) und Micron (Weltmarktanteil 11 Prozent) ebenfalls in Japan Speicherchips. Bei den für die Automobilindustrie wichtigen Microcontroller-Chips hielt Renesas einen globalen Anteil von 17 Prozent. Bei Leistungshalbleitern hatten japanische Anbieter insgesamt einen Weltmarktanteil von 25,5 Prozent. Darunter fielen Mitsubishi Electric (7,7 Prozent), Fuji Electric (6,1 Prozent), Toshiba (5,1 Prozent) sowie Renesas und Rohm Semiconductor mit jeweils 3,3 Prozent. 

    Wichtige Messen für Japans Halbleiterindustrie sind die Semicon Japan (Tokyo, nächster Termin vom 11. bis 13. Dezember 2024) und die Nepcon Japan (Tokyo, 4. bis 6. September 2024). Auch auf Messen im Ausland, beispielsweise auf der Semicon Korea oder der Semicon Europa, stellen japanische Firmen aus.

    Von Frank Robaschik | Tokyo

  • Japans Halbleitermaschinenbauer erwarten 2024 viel mehr Nachfrage

    Japan ist der weltgrößte Exporteur von Maschinen zur Herstellung von Halbleitern und Displays. Die Firmen sind für 2024 sehr zuversichtlich.

    Im Jahr 2022 kamen etwa 23 Prozent der globalen Ausfuhren von Maschinen zur Herstellung von Halbleitern und Displays aus Japan. Beim kleineren Teilsegment der Ausrüstung für Displays betrug der Anteil sogar fast 50 Prozent. Daher ist der Ausblick der japanischen Maschinenbauer in diesen Segmenten ein Spiegel der Weltkonjunktur bei Halbleitern und Displays.

    Absatz von Halbleitermaschinen soll 2024 deutlich anziehen

    Die japanischen Hersteller sind für das Geschäft in den nächsten zwölf Monaten optimistisch. Die Semiconductor Equipment Association of Japan (SEAJ) rechnet im Fiskaljahr 2024 (1. April bis 31. März) mit einer deutlichen Zunahme des weltweiten Absatzes. Nach einem Rückgang im noch bis Ende März laufenden Fiskaljahr 2023 erwartet der Verband für 2024 ein Plus von 27 Prozent bei Halbleiterausrüstung und von 10 Prozent bei Displayausrüstung.

    Die SEAJ ist dabei noch etwas optimistischer als der internationale Branchenverband SEMI, der im Dezember 2023 für das Kalenderjahr 2024 nur mit einer Zunahme um 4 Prozent rechnete. Im Kalenderjahr 2025 soll das Wachstum auf 18 Prozent steigen und die weltweiten Ausgaben für Halbleiterausrüstung sollen rekordhohe 124 Milliarden US-Dollar (US$) erreichen.

    Weltweite Nachfrage nach japanischer Halbleiter- und Displayausrüstung (Umsatz in Milliarden US-Dollar; Veränderung im Vergleich zum Vorjahr in Prozent) *)
    Segment

    2023

    Veränderung 2023/2022 

    2024

    Veränderung 2024/2023

    Halbleiterausrüstung

    22,2

    -23,5

    28,2

    27,0

    Displayausrüstung

    2,2

    -29,1

    2,5

    10,0

    Insgesamt

    24,4

    -24,0

    30,6

    25,4

    * Umrechnung zum Wechselkurs 1 US$ = 135,4 Yen im Fiskaljahr 2022, und für die Fiskaljahre 2023 und 2024 1 US$ = 143,3 Yen (Wechselkurs im Zeitraum vom 1.4.2023 bis zum 17.1.2024).Quelle: SEAJ; Berechnungen von Germany Trade & Invest

    Der Markt für Halbleiterausrüstung soll im Inland laut der SEAJ im Fiskaljahr 2024 ebenfalls deutlich wachsen: Nach einem Rückgang im Vorjahr um etwa 10 Prozent soll er um rund ein Fünftel auf 9,1 Milliarden US$ steigen. Nach Angaben des Verbands kam im Jahr 2022 die Hälfte vom gesamten japanischen Markt für Halbleiterausrüstung aus Importen. Laut der japanischen Außenhandelsstatistik waren 2022 die wichtigsten Lieferländer von Halbleitermaschinen nach Japan die USA, die Niederlande (das heißt ASML) und Singapur mit deutlichem Abstand vor Südkorea, Taiwan, China, Malaysia, Deutschland, Österreich und der Schweiz. Ein ähnliches Bild ergibt sich für die ersten zehn Monate des Jahres 2023.

    Japanischer Markt für Halbleiterausrüstung (Umsatz in Milliarden US$; Veränderung im Vergleich zum Vorjahr in Prozent)*
    Segment

    2023

    Veränderung 2023/2022 

    2024

    Veränderung 2024/2023

    Halbleiterausrüstung

    7,6

    -10,2

    9,1

    20,0

    * Umrechnung zum Wechselkurs 1 US$ = 135,4 Yen im Fiskaljahr 2022, und für die Fiskaljahre 2023 und 2024 1 US$ = 143,3 Yen (Wechselkurs im Zeitraum vom 1.4.2023 bis zum 17.1.2024).Quelle: SEAJ; Berechnungen von Germany Trade & Invest

    Halbleitermaschinenbauer erweitern Produktionskapazitäten

    Zu den größeren japanischen Ausrüstungsanbietern im Halbleiterbereich zählen unter anderem Tokyo Electron, Screen Holdings, Hitachi High-Tech, Kokusai Electric, Disco, Canon, Nikon, Ulvac, Lasertec, Advantest, Tokyo Seimitsu, Shibaura Mechatronics, Sumitomo Heavy Industries Ion Technology, Ebara und Towa.

    Hitachi High-Tech verkündete im April 2023 Pläne zum Bau eines weiteren Werks für Ätzausrüstungssysteme für seine Fertigung von Maschinen zur Herstellung von Halbleitern. Die neue Fabrik soll in der Stadt Kudamatsu in der Präfektur Yamaguchi entstehen und die Produktion im Jahr 2025 starten. Die Investitionssumme beträgt circa 160 Millionen US$.

    Der Halbleiterschneideausrüstungshersteller Disco schloss Ende 2023 einen Vertrag zum Erwerb eines Grundstücks in der Stadt Kure in der Präfektur Hiroshima. Dieses geht zum 1. April 2025 auf das Unternehmen über. Laut einem Interview der Zeitung Nikkei mit dem CEO von Disco will die Firma von 2025 bis 2035 insgesamt circa 275 Millionen US$ in den Bau von weiteren Kapazitäten zur Produktion von Trennscheiben für die Vereinzelung von Halbleiterwafern sowie für Schleif- und Polierprozesse von Halbleitern stecken. Zudem entschied Disco im Oktober 2023, für etwa 85 Millionen US$ von 2025 bis 2027 ein neues Gebäude auf dem Gelände seines Forschungs- und Entwicklungszentrums in Higashi-Kojiya im Tokioter Stadtbezirk Ota nahe dem Flughafen Haneda zu errichten.

    Magnescale legte im September 2023 den Grundstein für ein neues Werk in der Präfektur Nara. Das Unternehmen ist ein zur DMG-Mori-Gruppe gehörender Hersteller von Positionserkennungssystemen mit Pikometerauflösung. Diese werden in der Halbleiterfertigung und in hochpräziser Metallbearbeitung eingesetzt. Die Fertigstellung des neuen Werks plant Magnescale für 2025. Das neue Werk soll die Produktionskapazität des Unternehmens mehr als verdoppeln. Die Investitionssumme beträgt etwa 78 Millionen US$.

    Der Hersteller von Produktionsausrüstung für Halbleiter Kokusai Electric erweitert seit 2023 für mehr als 160 Millionen US$ seine bestehenden Kapazitäten am Standort Tonami in der Präfektur Toyama. Die Produktion in der neuen Anlage soll im Herbst 2024 starten.

    Die Firma Screen, ein Hersteller von Maschinen zur Produktion von Halbleitern und Displays, verkündete im September 2023 Pläne zum Bau eines neuen Werksgebäudes in Hikone in der Präfektur Shiga. Die Investitionssumme beträgt circa 73 Millionen US$, und das Gebäude soll Ende 2024 fertig sein. Primär sollen dort Brennstoffzellen-Stacks für die Wasserelektrolyse und Membran-Elektroden-Einheiten für Brennstoffzellen hergestellt werden. Daneben sind unter anderem Flächen für die Testproduktion von Ausrüstungen zur Herstellung von Displays sowie für das Beschichten und die Inspektion von Teilen für Displayherstellungsmaschinen geplant.
     

    Von Frank Robaschik | Tokyo

  • Japans Chemieindustrie will mehr investieren

    Die Nachfrage nach Chemikalien für Halbleiter und für Batterien steigt deutlich, und so erweitert die Branche ihre Kapazitäten. Umweltaspekte sind ein weiterer Wachstumstreiber.

    Japans Branchenfirmen sind vor allem in der Spezialchemie stark, die getrieben etwa vom Boom in der Halbleiter- oder Batterieproduktion zulegt. Um die wachsende Nachfrage zu bedienen, nehmen japanische Branchenakteure für den Ausbau ihrer Fertigungslinien Geld in die Hand. Das untermauern Daten zu den Plänen der größten Chemiefirmen des Landes für das Fiskaljahr 2023. Dabei wollen die Firmen ihre Investitionen im Ausland stärker erhöhen als in Japan. 

    Schon im Fiskaljahr 2022 (1.4.2022 bis 31.3.2023) sind die Ausrüstungsinvestitionen der Chemie- und Pharmaindustrie deutlich gestiegen und dürften auch in den Fiskaljahren 2023 und 2024 weiter wachsen, so eine Umfrage der Development Bank of Japan. 

    Ausrüstungsinvestitionen ausgewählter japanischer Chemiefirmen (in Millionen US-Dollar; Veränderung in Prozent)

     

    Fiskaljahr 2022 (Ist)1)

    Fiskaljahr 2023 (Plan)1)

    Veränderung

    Fujifilm Holdings2)

    2.191

    3.407

    55,5

    Mitsubishi Chemical Group

    2.145

    2.342

    9,2

    Sumitomo Chemical

    1.073

    1.280

    19,4

    Mitsui Chemical

    1.048

    1.058

    0,9

    Toray

    827

    1.036

    25,3

    Resonac Holdings

    814

    1.055

    29,7

    Nippon Sanso Holdings

    698

    997

    42,8

    Asahi Kasei3)

    810

    802

    -0,9

    Nitto Denko

    384

    710

    84,9

    1 Fiskaljahr vom 1.4. bis 31.3. des Folgejahres, Wechselkurs 1 US$=131,56 (Fiskaljahr 2022) und 140,89 (1. April bis 27. September 2023); 2 einschließlich Großinvestitionen bei Biopharmazeutika; 3 nur Chemiegeschäft.Quelle: Nikkei Sangyo Shinbun 2023; Asahi Kasei 2023

    Viele Vorhaben bei elektronischen Chemikalien

    Japan ist bei Halbleiterchemikalien ein führender Anbieter. Das Segment profitiert in den kommenden Jahren von Großinvestitionen bei Halbleitern in Japan und in anderen Ländern. Gleichzeitig besteht jedoch die Sorge, dass China seine Eigenversorgung mit Halbleiterchemikalien erhöht und japanische Firmen weniger nach China exportieren könnten.

    Bei Batteriechemikalien gibt es auch von Seiten deutscher Firmen neue Vorhaben. So steckt Evonik von 2023 bis 2025 einen mittleren zweistelligen Euro-Millionenbetrag in eine Anlage für pyrogenes Aluminiumoxid für Lithium-Ionen-Batterien in Yokkaichi, Präfektur Mie. Ein Joint Venture von BASF und Toda Kogyo erweitert bis zum 2. Halbjahr 2024 seine Fertigung von Kathodenmaterial in Onoda, Präfektur Yamaguchi. Die Firma Idemitsu will ihre Produktion von festen Elektrolyten für Feststoffbatterien erhöhen.

    Ausgewählte aktuelle Investitionsprojekte der chemischen Industrie in Japan (Investitionssummen in Millionen US-Dollar)

    Akteur/Projekt

    Summe*)

    Projektlaufzeit

    Anmerkungen

    Erhöhung der Produktionskapazität von Wafern in der Präfektur Saga/SUMCO 

    1.600

    2023 bis Oktober 2029

    300-mm-Siliziumwafer: Kapazität von 200.000 Stück pro Monat in Kubara und 100.000 Stück pro Monat in Yoshinogari; Subvention des METI: 530 Millionen US-Dollar

    Bau einer neuen Fabrik in Hitachinaka, Ibaraki Präf./JX Nippon Mining & Metals 

    1.420

    2022 bis 2025

    Werk für Sputtertargets für Halbleiter, gewalzte Kupferfolien, Bänder aus legiertem Kupfer und kristalline Materialien

    Erweiterungen bei Silikonen und umweltfreundlichen Produkten/Shin-Etsu

    710

    ab Juli 2023

    Investitionen in drei Werken in Japan sowie in mehreren Auslandswerken

    Bau eines neuen Waferwerks in der Präfektur Gunma/Mimasu Semiconductor Industry

    518

    August 2023 bis Juli 2025

    Produktion von 300-mm-Siliziumwafern

    Steigerung der Polyvinylidenfluorid (PVDF)-Produktion in der Präfektur Fukushima/Kureha

    497

    Fertigstellung März 2026

    Produktionskapazität des neuen Werks der Batteriechemikalie PVDF in Iwaki; Kapazität von 8.000 Tonnen pro Jahr

    Erweiterung der Produktionskapazität für fluorchemische Produkte in der Präfektur Chiba/AGC

    248

    2023 bis 2. Quartal 2025

    Werk in Ichihara, Hauptabnehmerbranchen Halbleiter-, Luftfahrzeug- und Kraftfahrzeugindustrie

    Expansion im Bereich Katalysatoren und Feinchemikalien/JGC Holdings 

    142

    Betriebsbeginn: Fiskaljahr 2026

    Werke in Agano, Präfektur Niigata und in Kitakyushu, Präfektur Fukuoka

    Neues Werk in der Präfektur Fukushima/Tokyo Ohka Kogyo

    142

    Juli 2024 bis 2. Hälfte 2026

    Fotolacke, einschließlich EUV/ArF/KrF-Fotolacke für Halbleiterfertigungsprozesse

    * Umgerechnet zum Wechselkurs 1 US$ = 140,89 vom 1. April bis 27. September 2023.Quelle: Unternehmensangaben; Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

    Zahlreiche Auslandsprojekte

    Neben Chemiefirmen wie Toray und Fujifilm bauen im Ausland auch Engineeringfirmen wie Toyo, JGC und JFE neue Anlagen, zum Teil mit oder für deutsche Partner. So prüfen RWE, die südkoreanische Lotte Chemical und Mitsubishi die Entwicklung eines Projekts für nachhaltiges Ammoniak in Texas (USA). Toyo Engineering erhielt Aufträge von BASF für Chemieanlagen in Zhanjiang und in Nanjing in China. Fujifilm steckt nach Plänen vom April 2023 bis 2025 etwa 30 Millionen Euro in ein neues Werk für Fotolithografie-Peripheriematerialien für die Halbleiterindustrie in Zwijndrecht in Belgien.

    Ausgewählte aktuelle Chemieprojekte japanischer Chemie- und Engineering-Firmen im Ausland (Investitionssummen in Millionen US-Dollar)

    Akteur/Projekt

    Summe1)

    Projektlaufzeit

    Anmerkungen

    Bau einer Düngemittelfabrik in Nigeria/Toyo Engineering

    circa 5002)

    ab 2023

    Toyo hat bereits zwei Düngemittelfabriken in Nigeria gebaut

    Anlagen für ein Flüssiggasterminal in Taiwan/JGC Holdings

    241

    April 2022 bis 2024

    Gesamtwert des Projekts zusammen mit den Konsortialpartnern RSEA Engineering (Baufirma aus Taiwan) und Do&Find Consulting (aus Taiwan) 426 Millionen US-Dollar

    Bau einer Flüssiggas-Anlandestelle in Taiwan/JFE Engineering

    213

    2023 bis Mai 2025

    Auftraggeber: staatliches taiwanisches Öl- und Gas-Unternehmen CPC

    Erweiterung der Kapazitäten bei Karbonfasern in den USA und Südkorea/Toray

    k.A.

    2023 bis 2025

    Erweiterungen in Spartanburg (South Carolina, USA) und in Gumi (Provinz Nord-Gyeongsang, Südkorea); Kapazität der Toray-Gruppe soll dadurch um mehr als 20 Prozent auf 35.000 Tonnen steigen

    Erweiterung der Kapazitäten bei Schleifpaste zum Polieren und Glätten von Halbleitern in Taiwan/Fujifilm

    106

    2023 bis 2026

    Erweiterungen bei chemisch-mechanischer Schleifpaste in Taiwan (Neues Werk in Hsinchu und Erweiterung in Tainan)

    1 umgerechnet zum Wechselkurs 1 US$ = 140,89 vom 1. April bis 27. September 2023; 2 Toyo gibt „mehr als 425 Millionen US-Dollar“ an.Quelle: Unternehmensangaben; Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

    Speicherung und Export von Kohlenstoffdioxid geplant

    Klimafreundliche Lösungen sind auch in der Chemiebranche gefragt. Dabei geht es zunächst oft um Modellprojekte. So wählte die staatliche Japan Organization for Metals and Energy Security (JOGMEC) im Juni 2023 sieben Pilotprojekte zur Abscheidung und Speicherung von Kohlenstoffdioxid (Carbon Dioxide Capture and Storage, CCS) aus. Bei fünf Vorhaben soll die Speicherung in Japan stattfinden, bei einem in Malaysia und einem weiteren in Ozeanien. Das ab 2030 angestrebte Speichervolumen liegt bei 13 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO2) pro Jahr. Bis 2050 will JOGMEC Volumina von jährlich 120 bis 240 Millionen Tonnen CO2 erreichen. Sumitomo und andere japanische Firmen planen mit der australischen Woodside Energy eine Machbarkeitsstudie zum Export und der Speicherung von CO2 in Australien. Auch bei Wasserstoff gibt es Bewegung.

    Nachhaltige Treibstoffe für Flugzeuge

    Bis 2030 sollen nach Plänen der Regierung 10 Prozent der von japanischen Airlines eingesetzten Treibstoffe nachhaltig sein (Sustainable Air Fuel, SAF). Laut dem Wirtschaftsministerium entspräche das 1,7 Millionen Kilolitern. Für Entwicklung und Aufbau der Produktionsanlagen sollen von 2023 bis 2030 Investitionen in Höhe von etwa 7 Milliarden US-Dollar erfolgen, 60 Prozent davon von privaten Firmen. Mitsui und Taiyo Oil vereinbarten im Juli 2023, eine Studie zur Produktion von Ethanol-basiertem SAF und erneuerbarem Diesel durchzuführen. Die Firmen wollen 2028 mit der Produktion beginnen und streben eine Kapazität von 220.000 Tonnen an. Im November 2022 gründeten JGC Holdings, Cosmo Oil und Revo das Joint Venture Saffaire Energy. Dieses soll von Mitte 2023 bis Ende 2024 in Osaka ein Werk zur Herstellung von SAF aus gebrauchtem Speiseöl errichten.

    Nachfrage nach Farben zieht wieder an

    Die Japan Paint Manufacturers Association sagt für das Fiskaljahr 2023 eine um 4 Prozent höhere Nachfrage nach Farben als im Vorjahr voraus. Starke Zuwächse erwartet der Verband aus der Kfz-Industrie (um knapp 10 Prozent) und dem Schiffbau (um 5,5 Prozent).

    Japanische Unternehmen sind stark bei Druckfarben und Chemikalien für die Fotografie. Covestro übernahm 2022 die verbliebenen 30 Prozent an Japan Fine Coatings, einem Anbieter von Glasfaserbeschichtungen, und ist nun alleiniger Eigentümer.

    Agrarchemiehersteller kaufen im Ausland zu

    Bei Düngemitteln ist Japan vor allem Importeur. Die Produktionsmenge in Japan schrumpfte 2022 laut der Japan Fertilizer & Ammonia Producers Association angesichts hoher Preise um 9,9 Prozent auf 3 Millionen Tonnen. Massiv gestiegene Preise bremsten die Nachfrage.

    Angesichts der Düngerkrise wenden sich japanische Firmen dem Thema Biostimulanzien zu. Sumitomo Chemical übernahm über seine US-Tochterfirma Valent Biosciences im 1. Quartal 2023 den amerikanischen Anbieter von Biostimulanzien FBSciences. Idemitsu Kosan vereinbarte im Juni 2023 eine Kooperation mit dem kanadischen Start-up Anaconda Systems. Ziel ist es, in großen Mengen organischen Abfall zu organischen Düngemitteln zu verarbeiten und so chemische Düngemittel zu ersetzen.

    Bei Pflanzenschutzmitteln schloss Sumitomo Chemical India im September 2023 eine Vereinbarung zum Kauf der indischen Firma Barrix Agrosciences. Barrix produziert Insektenpheromone.

    Auslastung bei Basischemie schwächelt

    Rückblickend stieg in Japans Chemieindustrie 2022 vor allem die Fertigung von Mineralölerzeugnissen. Auch im 1. Halbjahr 2023 wuchs die Herstellung von Benzin für Kraftfahrzeuge und für Flugzeuge weiter. Dagegen sank 2022 die Produktion von Ethylen und Propylen deutlich. Ein Grund dafür ist der massive Kapazitätsaufbau in China, dem wichtigsten Käufer japanischen Ethylens. 

    Produktion ausgewählter chemischer Erzeugnisse in Japan (in 1.000 Tonnen)

     

    2019

    2020

    2021

    20221

    Mineralölerzeugnisse (in 1.000 Kilolitern)2

    168.851

    140.846

    140.440

    152.206

    Ethylen

    6.417

    5.943

    6.349

    5.488

    Propylen

    5.504

    4.998

    5.235

    4.514

    Paraxylol

    3.273

    2.330

    2.328

    2.462

    Benzol

    3.690

    3.245

    3.425

    3.129

    Farben und Lacke

    1.734

    1.555

    1.596

    1.544

    Druckfarben

    318

    283

    286

    281

    Pflanzenschutzmittel

    227

    223

    238

    k.A.

    Düngemittel

    2.821

    2.646

    2.731

    2.593

    1 vorläufige, noch unvollständige Daten, daher nur bedingt mit dem Wert des Vorjahres vergleichbar; 2 Benzin, Naphta, Flugbenzin, Kerosin, Gasöl, Schweröl und Schmieröl.Quelle: Ministry for Energy, Trade and Industry (METI) 2023; Ministry of Agriculture, Forestry and Fisheries (MAFF) 2023

    Von Frank Robaschik | Tokyo

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