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Wirtschaftsausblick | Jordanien

Ungewissheit bremst Wirtschaft in Jordanien

Die Konflikte im Nahen Osten erschweren der dienstleistungsorientierten Wirtschaft Jordaniens die Entwicklung. Der Einbruch ist bisher aber kleiner als befürchtet.

Von Marcus Knupp | Berlin

Top-Thema: Handel trotz Schwierigkeiten

Der Schiffsverkehr durch das Rote Meer ist seit Oktober 2023 erheblich zurückgegangen. Grund dafür sind die Angriffe auf Handelsschiffe durch die jemenitische Huthi-Miliz in Solidarität mit dem Gaza-Streifen. Jordanien ist davon besonders betroffen. Denn das Land verfügt nur über einen einzigen Seehafen: Akaba am Roten Meer. Die Zahl der hier anlegenden Schiff ist in den zwölf Monaten bis Oktober 2024 um 68,6 Prozent gesunken, wie Analysen des Wirtschaftsforschungsinstituts BMI zeigen.

Aber es gibt Alternativen. Viele Importgüter erreichen Jordanien nun auf dem Landweg von Häfen am Arabisch-Persischen Golf. Auch nach Israel gelangen Waren auf diesem Weg. Die Außenhandelsstatistik Jordaniens für die ersten neun Monate 2024 weist ein etwa gleich bleibendes Niveau der Ein- und Ausfuhren im Vergleich zum Vorjahreszeitraum aus. Dies zeigt, wie verletzlich das kleine Land am Übergang der Levante zu den Arabischen Wüsten ist – aber auch, dass die Strategie, gute Beziehungen mit verschiedenen Partnern zu pflegen, erfolgreich ist.

Für Jordanien wäre eine weitere Annäherung zwischen Israel und Saudi-Arabien durchaus vorteilhaft. Der Weiterbau der bisher am saudi-arabischen Grenzpunkt Al-Haditha endenden Eisenbahn durch Jordanien würde die Rolle des Königreichs als Bindeglied unterstreichen. Der Sturz des Assad-Regimes im nördlichen Nachbarland Syrien könnte Jordanien durch die Rückkehr von rund 700.000 Flüchtlingen Erleichterung bringen. Voraussetzung dafür ist allerdings der Übergang zu einer stabilen und inklusiven Regierung.

Wirtschaftsentwicklung: Leichte Erholung in Sicht

Das moderate Wachstum des jordanischen Bruttoinlandsproduktes (BIP) wird sich auch 2025 fortsetzen. Ob es leicht unter oder etwas über den 2024 vom Internationalen Währungsfonds (IWF) erwarteten realen Plus von 2,4 Prozent liegen wird, darüber gehen die Prognosen der Analyseinstitute noch auseinander. Eine Zwei sehen aber alle übereinstimmend vor dem Komma. Die Entwicklung in der gesamten Region wird durch den weiteren Verlauf des Gaza-Konfliktes und der Lage in Syrien beeinflusst. Bislang zeigen sich aber sowohl die Golfstaaten als auch die direkten Nachbarn Ägypten und Jordanien in wirtschaftlicher Hinsicht erstaunlich resilient gegenüber den Auswirkungen des Krieges.

Allerdings sehen weder der IWF noch die Weltbank oder die Economist Intelligence Unit (EIU) in den nächsten Jahren eine merkliche Beschleunigung des Wachstums. Es bleibt voraussichtlich bei Werten um 2,5 bis 2,7 Prozent. Der private Konsum wird dabei nach Ansicht von EIU eine größere Rolle spielen als die Investitionen. Auch die Inflationsrate bleibt mit rund 2 Prozent moderat. Der Jordanische Dinar ist fest an den US-Dollar gebunden, was größere Wechselkurseffekte ebenfalls ausschließt.

Investitionen: Wachstumspotenzial Infrastruktur

Relativ stabil sind im mehrjährigen Mittel auch die Zuflüsse ausländischer Direktinvestitionen. Diese lagen 2023 bei 843 Millionen US-Dollar (US$). Ein ähnliches Niveau erwartet EIU bei leicht steigender Tendenz auch für die kommenden Jahre. Ein wichtiges Investitionsfeld ist der Ausbau der Eisenbahn, zunächst im Süden Jordaniens: Im September 2024 unterschrieb das jordanische Transportministerium ein Memorandum of Understanding (MoU) mit Etihad Railways aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) zum Bau einer 360 Kilometer langen Bahnstrecke von den Bergbaustandorten Gaur al-Safi und Eshidiya zum Hafen Akaba.

Das ermöglicht weiteres Wachstum im Kali- und Phosphatabbau am Toten Meer. Investitionen sind auch im Energiesektor zu erwarten. Eine starke Zunahme der Solarstromkapazitäten dient dabei auch der graduellen Abkopplung von israelischen Gaslieferungen. Denn Jordanien ist bei der Wasser- und Energieversorgung stark von Israel abhängig, Alternativen dazu müssen erst aufgebaut werden. Neben dem Ausbau erneuerbarer Energien gehören dazu auch eigene Entsalzungskapazitäten.

Außenhandel: Dienstleistungen haben hohen Anteil

Fast die Hälfte der jordanischen Exporte entfallen auf Dienstleistungen. Der Tourismus hat daran mit rund 80 Prozent den größten Anteil. Auch hier zeigt sich Jordanien vergleichsweise resilient: In den ersten neun Monaten 2024 sanken die Einnahmen der Branche gegenüber 2023 um spürbare, aber moderate 4,2 Prozent.

Unter den Warenausfuhren dominieren Bekleidung und anorganische Chemikalien, Düngemittel und Kalisalze. Wichtigstes Zielland waren 2023 mit einem Anteil von rund 23 Prozent die USA. Dorthin exportiert Jordanien vor allem Bekleidung. Die nächstwichtigsten Märkte waren Indien, Saudi-Arabien und Irak.

Aus dem Ausland importiert Jordanien vor allem Nahrungsmittel, Treibstoffe, Maschinen, Fahrzeuge und Elektrogeräte sowie Vorprodukte für die lokale Schmuckindustrie. An der Spitze der Lieferländer lag 2023 China mit einem Anteil von 17,5 Prozent vor Saudi-Arabien, den USA, Indien und den VAE.

Deutsche Perspektive: Digitalisierungs-Partnerschaften

Deutschland ist mit einem Lieferanteil von 3,5 Prozent der wichtigste Handelspartner Jordaniens in Europa. Dominierende Warengruppen sind Fahrzeuge, Maschinen und Arzneimittel. Die Einfuhr aus Jordanien ist erheblich geringer. Neben Bekleidung bezieht Deutschland aus dem Königreich vor allem Schmuck sowie etwas Obst und Gemüse.

Die Stärkung produktiver Potenziale in Jordanien und der Ausbau der Energie- und Transportinfrastruktur eröffnet auch für deutsche Unternehmen Geschäftsmöglichkeiten. Chancen für eine vertiefte Zusammenarbeit gibt es aber auch bei der Digitalisierung. Jordanien hat in den letzten Jahren stark in die Bildung von digitalem Knowhow investiert, unterstützt von Institutionen wie der Weltbank oder GIZ. Im Netzwerk der technisch orientierten Deutsch-Jordanischen Hochschule bestehen bereits vielfältige Austauschbeziehungen, die kulturelle und sprachliche Barrieren verringern und den potenziellen Fachkräftepool vergrößern. 

Weitere Informationen zu Jordanien finden Sie auf unserer GTAI-Länderseite.

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