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Special | Kanada | Start-ups

Kanadas Start-up Szene blüht auf

Von staatlicher Förderung über Venture-Capital-Firmen bis zu den Einhörnern - Kanada entwickelt sein Start-up-Umfeld.

Von Daniel Lenkeit | Toronto

  • Steckbrief Start-ups in Kanada

    Von Daniel Lenkeit | Toronto

  • Kanadas Start-up-Umfeld wird immer interessanter

    Kanadas Start-up-Landschaft bietet Gründern eine gute Mischung aus Finanzierung und Förderung. Toronto, Montreal und Vancouver sind wichtige Innovationshubs für junge Unternehmer.

    Einhörner gibt es in Kanada immer häufiger. Die Anzahl dieser Jungunternehmen mit einer Marktbewertung von mindestens 1 Milliarde US-Dollar (US$) liegt heute bei etwa 20. Zwölf davon erreichten dieses Ziel 2021. Sehr viel passiert im Dienstleistungssektor. Aber die Tätigkeitsfelder der erfolgreichen Jungunternehmen sind breit gestreut, von Finanzwirtschaft über Blockchain/Web3 bis hin zu Landwirtschaft und IT-Hardware ist alles vertreten.

    Das kanadische Start-up-Ökosystem entwickelt sich schnell und ist mittlerweile international renommiert. Noch vor Jahren fiel es Kanada schwer, Einhörner hervorzubringen. Oft mangelte es am nötigen Kapital zur Skalierung. Nun ist hier ein Aufwärtstrend spürbar. Dieser gipfelte in über 11 Milliarden US$ an Wagniskapital, welches 2021 in kanadische Start-ups floss.

    Start-up-Ökosystem gewinnt an internationaler Bedeutung

    Im Global Startup Ecosystem Index steht Kanada weltweit auf Platz 4. Erstellt wird das Ranking von StartupBlink, einer Forschungsgemeinschaft für Start-up-Ökosysteme. Vier Länder dominieren das Ranking mit deutlichem Abstand zu den restlichen Kandidaten.

    Kanada gehört nach den USA, dem Vereinigten Königreich und Israel zu einer festen Größe, so StartupBlink. Damit ist Nordamerika das mit Abstand wichtigste regionale Ökosystem für Gründer in der Welt. Und: Kanada verringert seinen Abstand zu den USA im Ranking spürbar. Auch Israels dritte Position im globalen Vergleich könne Kanada bald herausfordern, sollte das Land seine dynamische Entwicklung fortsetzen, glaubt StartupBlink.

    In den Sektoren Bildung, Energie und Umwelt sowie Gesundheit schneidet das kanadische Ökosystem im internationalen Vergleich am stärksten ab. Die Atlantikprovinzen Kanadas bewertet Startup Genome, ein weiterer Analyst internationaler Gründer-Ökosysteme, als einen der besten Nährböden für Start-ups in der maritimen Wirtschaft. An der Ostküste Kanadas wird diese zudem durch das Ocean Supercluster gefördert. Der industriegeführte Zusammenschluss von Unternehmen, Forschungsinstituten, gemeinnützigen sowie staatlichen Organisationen soll sektorübergreifend Projekte finanzieren und durchführen, die Kanadas maritime Wirtschaft stärken.

    Potenzial weiter ausbauen

    Kanada will die Rahmenbedingungen für sein erfolgreiches Start-up-Umfeld weiter verbessern. Sowohl die Zentralregierung als auch die Provinzen bieten zahlreiche Programme, die Gründer unterstützen, sei es mit Beratung, Finanzierung oder Unternehmensdienstleistungen. 

    Der Staat hat die Bedeutung der Start-up-Szene für die Innovationskraft erkannt und bemüht sich um eine stetige Entwicklung dieses Sektors. Kanadas Regierung priorisiert dabei unter anderem den Faktor Humankapital. Das  Start-up Visa Programm lotst dabei ausländische Gründer ins Land, sodass diese mit neuen Firmen das Wirtschaftsumfeld ausbauen. Wer die (teilweise hohen) Anforderungen erfüllt, darf nach Kanada einwandern.

    Beste Voraussetzungen für Start-ups bietet Kanada durch seine Nähe zum riesigen US-Markt und dessen finanzkräftigen Wagniskapitalgebern. Ebenso attraktiv für Gründer ist die hohe Lebensqualität in vielen kanadischen Städten, die englische Sprache sowie das stabile, rechtssichere Wirtschaftsumfeld. Dazu kann das Land mit Erfolgsgeschichten wie Slack, Shopify, Hootsuite oder Wealthsimple punkten, die zeigen, dass das Umfeld ein erprobter Nährboden für junge Unternehmen ist. Zu den aufsteigenden neuen Sternen im kanadischen Start-up-Himmel gehören unter anderem Dapper Labs, 1Password, PointClickCare, Blockstream und Trulioo. 

    Kanada mit elf Gründerhochburgen in Global Top 200 vertreten

    Auch ein Blick auf das Städteranking zeigt den aufsteigenden Trend kanadischer Start-up-Zentren. Toronto steht als wichtigste Hochburg für Neugründer global auf Platz 25. Im Ranking von StartupBlink folgen Vancouver (40), Montreal (45), Ottawa (89) und Kitchener-Waterloo (91). Winnipeg kam 2022 erstmals unter die Top 200-Städte weltweit.

    Kanada wird 2022 insgesamt mit 41 Städten in den Top 1000 globaler Standorte für Start-ups geführt. Das sind elf Städte mehr als im Vorjahr und stellt einen der größten Entwicklungssprünge im Ranking dar.

    Toronto, Vancouver und Montreal sind nicht nur die größten Metropolregionen Kanadas, sondern auch die wichtigsten Start-up-Zentren des Landes. Das Gebiet zwischen dem Großraum Toronto bis hin zur Waterloo Region (Golden Horseshoe genannt) wird aufgrund seiner Innovationshubs und Gründeraktivitäten oft als Silicon Valley of the North bezeichnet. Toronto-Waterloo rangiert für Startup Genome global auf Position 17. Die Region habe zudem die höchste Konzentration an KI-Start-ups in der Welt. Ebenso forschen multinationale Unternehmen wie Google, SAP, Oracle Netsuite und EPAM in diesem Ökosystem an neuen Technologien.

    Top Start-ups im Kanada

    Name

    Stadt 

    Kapitalbeschaffung in Mrd. US$

    Branche

    Dapper Labs

    Vancouver

    7,6

    Internetsoftware und -dienstleistungen

    1Password

    Toronto

    6,8

    Cybersecurity 

    Hopper

    Montreal

    5,0

    Reisetech 

    SSENSE

    Montreal

    4,2

    E-Commerce

    PointClickCare

    Mississauga

    4,0

    Internetsoftware und -dienstleistungen

    Blockstream

    Vancouver

    3,2

    Fintech

    ApplyBoard 

    Kitchener

    3,2

    Bildung, Edtech

    Clearco

    Toronto

    2,0

    Fintech

    Quelle: CBInsights, Juli 2022

    Aber auch im Westen des Landes, in Vancouver, British Columbia gibt es eine boomende Start-up-Landschaft. Im StartupBlink Ranking liegt Vancouver im Bereich Energie und Umwelt auf Platz 6 weltweit. Von den aktuell etwa 600 aktiven Start-ups in der Stadt sind die meisten in diesem Sektor aktiv. Elektronik und Internet der Dinge sowie Marketing und Vertrieb sind ebenfalls stark vertretene Geschäftsfelder.

    Es gibt von der Ost- bis zur Westküste zahlreiche Veranstaltungen für Gründer und Start-ups in Kanada. Zu den wichtigsten Veranstaltungen des Jahres zählen Elevate und Collision in Toronto. Ebenfalls umfangreich vertreten sind Acceleratoren und Inkubatoren, deren Differenzierung in Kanada teilweise verschwimmt.

    Auswahl an Inkubatoren und Acceleratoren im Kanada

    Name

    Fokus

    Anmerkungen

    Innovacorp

    Frühphase, VC 

    Inkubator in Halifax, Investitionen in wissensbasierte Start-ups aus Nova Scotia

    MaRS Discovery District 

    Frühphase, Wachstum, Tech-Start-ups, Medtech, Cleantech, Fintech

    Weltweit größtes städtisches Innovationszentrum, Toronto

    CommuniTech

    Gründer, Wachstumsfinanzierung, Tech-Start-ups

    Für innovative Technologien in Kitchener/Waterloo

    L-SPARK

    Skalierung, Wachstum, Serie A, SaaS, Cloud 

    Accelerator und Inkubator in Ottawa

    Centech

    Frühphase, Deep-Tech, Medtech 

    Katalysator für Tech-Start-ups in Montreal

    LE CAMP 

    Frühphase, Wachstumsphase, Tech-Start-ups

    Quebec Inkubatoren und Acceleratoren

    Creative Destruction Lab 

    wissenschafts- und technologiebasierte Unternehmen in der Seed-Phase

    Standorte: Vancouver, Calgary, Toronto, Montreal, Halifax 

    Innovate BC 

    Frühphase, Tech-Start-ups

    Verbindet große und kleine Innovatoren mit der Finanzierung durch die Regierung von BC

    Next Canada 

    Tech-Start-ups

    NEXT Canada ist eine nationale, gemeinnützige Organisation; drei Programme: Next 36, Next Founders and Next AI

    The Accelerator Centre 

    Inkubation, Acceleration, VC, globaler Zugriff

    Private Acceleratoren in Waterloo 

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest, 2022

    Für kanadische Jungunternehmen, die auf Auslandsmärkten aktiv werden wollen, bietet der staatliche Canadian Technology Accelerator (CTA), der unter anderem in wichtigen globalen Technologiehubs wie San Francisco, Boston, Singapur, Hong Kong oder Berlin vertreten ist, klassische Acceleratoren-Dienstleistungen.

    Von Daniel Lenkeit | Toronto

  • Umfeld für Risikokapital gedeiht

    Eine wachsende Anzahl an Wagniskapitalgebern bereichert Kanadas Start-up-Szene. Dazu fördert die Regierung die Gründung und Kapitalbeschaffung.

    Die Finanzierungsbedingungen für kanadische Gründer haben sich in den letzten Jahren verbessert. Sowohl die Anzahl als auch die Größe kanadischer Venture Capital (VC) Fonds nimmt stetig zu. Unter anderem deshalb entwickelt sich Kanada zunehmend zu einem attraktiven Markt für Empfänger von Risikokapital.

    Mehr Wagniskapitalgeber für junge Unternehmen

    Vom Wagniskapitalboom der vergangenen Jahre profitierten auch kanadische Start-ups. Einer der Gründe für die hohen Kapitalflüsse aus VC-Firmen in Jungunternehmen waren günstige Finanzierungsbedingungen an den Kapitalmärkten. Diese entstanden durch eine lange Periode expansiver Geldpolitik vieler Zentralbanken. Auf der Suche nach höheren Renditen, als sie klassische Instrumente wie zinstragende Anleihen ermöglichen, setzten viele Investoren stärker auf Risikokapital.

    Die Business Development Bank of Canada (BDC) erwartet eine weitere Zunahme von Risikokapitalgebern in Kanada, von denen das Start-up-Ökosystem profitieren wird. Nach Recherchen der Investitionsbank verdoppelte sich die Zahl von "neuen General Partnern" (Management eines VC-Fonds) und "etablierten General Partnern" (Management von mindestens vier VC-Fonds) bereits im Zeitraum von 2014 bis 2021. Vor allem der stark gewachsene Anteil etablierter General Partner an allen Wagniskapitalmanagern im Land sei ein Zeichen eines zunehmend gereiften Markts.

    Auch der Appetit ausländischer Wagniskapitalgeber an kanadischen Gründern steigt. In den letzten fünf Jahren nahm vor allem der Anteil US-amerikanischen Wagniskapitals im gesamten kanadischen VC-Markt zu. Dieser stieg von 21 auf 31 Prozent. Ebenso interessierten sich 2021 europäische und asiatische VCs mehr für kanadische Gründer als noch vor fünf Jahren und erhöhten ihre Präsenz im Markt. Im Gegenzug fiel der Anteil kanadischer Risikokapitalgeber bei den Finanzierungen von 69 auf 54 Prozent.

    Risiken für die mittelfristige Entwicklung der Finanzierungsmöglichkeiten

    Vor dem Hintergrund des globalen VC-Booms erreichte kanadisches Wagniskapital 2021 eine Rekordhöhe von 14,7 Milliarden kanadischen Dollar (rund 11,7 Milliarden US$), berichtet der Verband Canadian Venture Capital Association (CVCA).

    Das für Risikokapital außergewöhnlich starke Jahr dürfte aufgrund der heute veränderten Vorzeichen in der Geldpolitik wohl für einige Zeit der Höhepunkt bleiben. Das 1. Halbjahr 2022 fiel für VC-Empfänger bereits etwas schwächer aus, sowohl bei den Investitionssummen als auch in der Anzahl der Projekte.

    Kanada kämpft momentan wie viele Länder gegen eine hartnäckige Inflation. Schnell steigende Zinsen machen einen wirtschaftlichen Abschwung in den nächsten Quartalen wahrscheinlicher. Im Zuge der restriktiven Geldpolitik dürfte die Konjunktur für Risikoanlagen mittelfristig eher schwächer als stärker werden.

    Staatliche Gründerförderung und Venture-Capital-Initiative stützen Ökosystem

    Trotz möglicher Konjunkturschwäche steht das kanadische Start-up-Ökosystem auf festen Füßen. Ein wichtiger Pfeiler sind dabei auch die zahlreichen staatlichen und privaten Förderprogramme. Einen guten Überblick zu den Optionen bei der staatlichen Förderung bietet die Regierungswebsite Business grants and financing, auf der Gründer unter anderem über den Business Benefits Finder ihre Fördermöglichkeiten einsehen können.

    Ende Oktober bestätigte die Regierung ihre Unterstützung für eine "florierende und nachhaltige Wagniskapitalbranche". Die Ministerin für Kleinbetriebe, Exportförderung und Internationalen Handel verkündete, der Staat werde umgerechnet rund 260 Millionen US-Dollar (US$) in vier VC-Dachfonds investieren. Die Investitionen laufen unter der erneuerten Venture Capital Catalyst Initiative (VCCI). Die vier Fondsmanager, HarbourVest Partners, Kensington Capital Partners, Northleaf Capital Partners, Teralys Capital sollen mit der staatlichen Förderung zusätzlich Kapital aus der Privatwirtschaft einwerben. Insgesamt soll so ein Investitionsaufkommen von 1 Milliarde US$ realisiert werden. Kanadas Regierung verspricht sich von dem Programm einen noch besseren Zugang zu Kapital für innovative Start-ups.

    Von Daniel Lenkeit | Toronto

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkung

    Innovation, Science and Economic Development Canada (ISEDC) 

    Ministerium für Innovation, Wissenschaft und wirtschaftliche Entwicklung

    Canada Business and Industry Portal 

    Behördenportal für Unternehmensinformationen

    Startup Canada 

    Unternehmensorganisation

    Canadian Venture Capital and Private Equity Association (CVCA) 

    Nationaler Verband 

    Startupfest

    Konferenz in Montreal

    Collision 

    Konferenz in Toronto 

    Elevate Festival

    Konferenz in Toronto 

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