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Special | Kanada | Start-ups

Kanadas Start-up-Ökosystem gewinnt Talente aus aller Welt

Kanadas Start-up-Szene wächst dank staatlicher Unterstützung, internationaler Talente und starker Innovationshubs wie Toronto. Die Zahl der Unicorns hat sich seit 2020 verdoppelt.

Von Heiko Steinacher | Toronto

  • Steckbrief Start-ups in Kanada

    Kanadas Start-up-Ökosystem bietet zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten, darunter eine breite Palette an Finanzierungsmöglichkeiten für Jungunternehmen in allen Wachstumsphasen.

    Neben dem Ökosystem sind auch die hohe Lebensqualität in vielen Städten des Landes, die englische Sprache sowie das stabile, rechtssichere Wirtschaftsumfeld attraktiv für Gründer. Der Markteintritt wird jedoch teilweise durch ein stark reguliertes Umfeld erschwert. Das Ausmaß der Regulierung durch Bund und Provinzen hängt vom konkreten Produkt oder der Dienstleistung ab, die ein Start-up anbietet. Genehmigungsverfahren können dadurch schnell komplex und zeitaufwändig werden.

    "Kanadas Start-up-Ökosystem fördert Innovationen mit starken Netzwerken. Die Mentalität ist aber vorsichtig, bevorzugt werden traditionelle Branchen. Dort zu skalieren bedeutet, jeden Schritt zu prüfen, während der US-Markt schneller Kapital bietet. Handelskonflikte erhöhen indes die Komplexität. Kanada muss mehr Risiken eingehen, mutige Ideen fördern und in heimische Innovationen investieren."


     

    Jennifer Schell CEO und Gründerin des Start-ups Finliti (www.finliti.com)

    Von Heiko Steinacher | Toronto

  • Kanadas Start-up-Szene mausert sich

    Kanada bietet starke staatliche Unterstützung, die auf die Einwanderung talentierter Gründer abzielt. Die Zahl kanadischer Unicorns ist in den letzten Jahren stetig gewachsen.

    Im Global Startup Ecosystem Index steht Kanada weltweit auf Platz 4, hinter den USA, dem Vereinigten Königreich und Israel. Erstellt wird das Ranking von StartupBlink, einer Forschungsgemeinschaft für Start-up-Ökosysteme. Kanada hat seinen Rang seit 2020 gehalten und ist eines der wenigen Länder, das mindestens drei Städte in den globalen Top 50 platziert hat. Allerdings ist die Kluft zwischen der Spitzenstadt Toronto und anderen kanadischen Städten größer geworden.

    Start-ups in Kanada stehen trotz Chancen auch vor großen Hürden

    Die Chancen, aber auch die Herausforderungen Kanadas für Start-ups lassen sich gut an zwei Firmenbeispielen ablesen. Das erste ist Slack: Ursprünglich 2009 in Vancouver gegründet, hat der webbasierte Instant-Messaging-Dienst heute seinen Hauptsitz in den USA, ging dort 2019 an die Börse und wurde 2021 von Salesforce übernommen.

    Das zweite Beispiel ist Shopify: Die cloudbasierte E-Commerce-Plattform wurde 2004 von einem deutschen Einwanderer in Ottawa gegründet und ist heute eines der erfolgreichsten Onlineshopsysteme weltweit.

    Kanada sollte sich daher bemühen, erfolgreiche Unternehmer im Land zu halten und gleichzeitig hochqualifizierte ausländische Talente anzuziehen. Das bezwecken zwei Initiativen: das Start-up Visa Program und die Global Skills Strategy. Während die erste ausländische Gründer ins Land lotst, zielt die zweite auf hochqualifizierte Arbeitskräfte ab. Das Start-up Visa Program ermöglichte zum Beispiel den Gründern des Start-ups ApplyBoard schnell und unkompliziert aus dem Iran nach Kanada zu ziehen und dort 2015 ihr Unternehmen aufzubauen. Inzwischen ist ApplyBoard ein führender Anbieter im Bereich Bildungstechnologie.

    Erfolgsbeispiele kanadischer Unicorns

    Viele Start-ups, darunter Shopify, Wealthsimple und Element AI, haben von Kanadas robustem Netzwerk an Tech-Talenten, lokalen Inkubatoren und Acceleratoren sowie der Nähe zu führenden Universitäten profitiert, die einen stetigen Strom an qualifizierten Absolvierenden liefern. Alle drei Unternehmen haben zudem Einhorn-Status erreicht (Marktbewertung von mindestens 1 Milliarde US-Dollar; US$); Element AI zumindest bis 2020, dann wurde es von ServiceNow übernommen.

    Ein weiteres Start-up, das all diese Kriterien erfüllt, ist Xanadu: Das in Toronto ansässige Einhorn hat sich auf die Entwicklung von photonischen Quantencomputern spezialisiert – eine Technologie, mit der komplexe Probleme schneller und effizienter lösbar sein könnten als mit anderen Quantenrechnern.

    Xanadu hat in Kanada mehrere Finanzierungsrunden bis zur Serie C abgeschlossen und erhebliche Förderungen auf Bundes- und Provinzebene bekommen, darunter vom Strategic Innovation Fund und von FedDev Ontario. Auch die Partnerschaften mit der University of Toronto und dem Vector Institute haben Xanadu dabei geholfen, sich als führendes Unternehmen im Bereich Quantencomputing zu etablieren und seine Technologien weiterzuentwickeln. Ende Januar 2025 gab Xanadu bekannt, vier unabhängige Server-Racks miteinander vernetzt zu haben, um den weltweit ersten modularen, skalierbaren und vernetzten Quantencomputer zu bauen.

    Spitzenforschung und proaktive Politik verschaffen Standortvorteile

    Vor allem bei künstlicher Intelligenz (KI) und Cleantech ist Kanada für seine Innovationskraft bekannt. Erfolge im Bereich der KI-Forschung sind auch das Ergebnis der unter der Regierung von Ex-Premierminister Justin Trudeau geschaffenen fünf kanadischen Spitzencluster. Eines davon, AI-Powered Supply Chains Cluster (Scale AI), spezialisiert sich auf KI für resiliente Lieferketten.

    Unternehmen wie Element AI und Cohere sind führend in der Entwicklung von KI-Technologien. Bei nachhaltigen Baustoff- und Energietechnologien stechen Start-ups wie EnviCore und Heliene hervor. Ein weiteres wichtiges Feld sind Quantentechnologien: McKinsey zufolge haben sich in Kanada bereits um die 50 Start-ups im Bereich Quantencomputing herausgebildet. Noch mehr gibt es mit knapp 100 nur in den USA. Den Finanzsektor revolutionieren Unternehmen wie Neo Financial und Wealthsimple.

    Auswahl an Inkubatoren und Acceleratoren in Kanada
    NameFokusAnmerkungen
    Velocity Seed-Phase, Frühphase, Wachstum, Tech-Start-upsInkubator an der Universität Waterloo
    MaRS Discovery District Frühphase, Wachstum, Tech-Start-ups, Medtech, Cleantech, FintechGrößtes urbanes Innovationszentrum Nordamerikas, Toronto
    CommuniTechGründer, Wachstumsfinanzierung, Tech-Start-upsFür innovative Technologien, Kitchener/Waterloo
    L-SPARKSkalierung, Wachstum, Serie A, SaaS (Software-as-a-Service), Cloud Accelerator und Inkubator, Ottawa
    CentechFrühphase, Deeptech, Medtech Technologie-Inkubator, Montreal
    LE CAMP Frühphase, Wachstumsphase, Tech-Start-upsTechnologie-Inkubator und -Accelerator in Québec City
    Creative Destruction Lab wissenschafts- und technologiebasierte Unternehmen in der Seed-PhaseInkubator und Accelerator; Standorte: Vancouver, Calgary, Toronto, Montreal, Halifax 
    Innovate BC Frühphase, Tech-Start-upsFörderung von Technologieentwicklung, -anwendung und -kommerzialisierung für Jungunternehmen in British Columbia
    Next Canada Tech-Start-upsVerschiedene Programme, um das Wachstum und die Entwicklung von aufstrebenden und skalierenden Unternehmen zu beschleunigen, Hauptstandort: Toronto
    The Accelerator Centre Unter anderem High Tech, digitale Medien, Gesundheitswesen und KIprivater Business-Accelerator in Waterloo
    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2025

    Toronto, Vancouver und Montreal sind wichtige Innovationshubs

    Die Zahl der Unicorns, also Jungunternehmen mit einer Marktbewertung von mindestens 1 Milliarde US-Dollar (US$), wächst in Kanada stetig. Sie hat sich bis Anfang 2025 auf 31 erhöht und damit seit 2020 mehr als verdoppelt. Technologien von Unternehmen wie Shopify, Lightspeed und Element AI (nach der Übernahme durch ServiceNow im Jahr 2020 kein unabhängiges Einhorn mehr) finden weltweit Beachtung.

    Kanadische Einhörner sind vor allem in den Bereichen Unternehmensanwendungen und Hightech zu finden. Auch im FinTech-Bereich sind sie stark vertreten: Die beiden in Montreal ansässigen Fintechs Nuvei und Plusgrade haben 2024 zusammen Kapital in Höhe von mehr als 7 Milliarden US$ angezogen und zählten damit zu den fünf größten Deals in dieser Branche weltweit.

    Unter den Großstädten führt Toronto mit zehn Einhörnern, gefolgt von Vancouver mit sechs und Montreal mit fünf. Das Gebiet zwischen dem Großraum Toronto und der Region Waterloo (sogenannter Golden Horseshoe) wird aufgrund seiner Innovationshubs und Gründeraktivitäten oft auch als Silicon Valley des Nordens bezeichnet. Die Region gilt auch als ein wichtiges Zentrum für KI-Start-ups. Multinationale Unternehmen wie Google, SAP, Netsuite (gehört zu Oracle) und EPAM Systems forschen dort an neuen Technologien.

    Top Start-ups im Kanada
    NameStadt 

    Bewertung in Mrd. US$

    Branche
    Dapper LabsVancouver

    7,6

    Internetsoftware und -dienstleistungen
    1PasswordToronto

    6,8

    Cybersicherheit
    HopperMontreal

    5,0

    Travel Tech 
    SSENSEMontreal

    4,2

    E-Commerce
    PointClickCareMississauga

    4,0

    Internetsoftware und -dienstleistungen
    BlockstreamVancouver

    3,2

    Fintech
    Applyboard  Kitchener  

    3,2

    Bildungstechnologie
    Clio Vancouver  

    3,0

    Legal Tech 
    Quelle: CBInsights 2025

     

    In den letzten Jahren ist kontinuierlich mehr Wagniskapital in kanadische Start-ups geflossen, was zur Förderung und Skalierung vieler Unternehmen beigetragen hat. Im Jahr 2024 waren es 5,5 Milliarden US$.

    Handelsstreit mit den USA könnte auch auf die Gründerszene durchschlagen

    Der kanadische Binnenmarkt ist wesentlich kleiner als der in den USA oder China. Für Start-ups kann es daher schwierig sein, ihre Geschäfte im Inland zu skalieren, bevor sie international expandieren. Dennoch bietet die Nähe zum riesigen US-Markt und dessen finanzkräftigen Wagniskapitalgebern grundsätzlich gute Voraussetzungen. Vor dem Hintergrund des jüngsten Handelsstreits zwischen den USA und Kanada könnten Kapitalgeber allerdings zögern, in kanadische Jungunternehmen zu investieren, wenn sie befürchten, dass Handelsbarrieren die Geschäftstätigkeit und den Marktzugang negativ beeinträchtigen werden.

    Unterstützung beschränkt sich oft auf städtische Zentren

    Kanada bietet von der Ost- bis zur Westküste eine Vielzahl von Veranstaltungen. Ebenfalls umfangreich vertreten sind Acceleratoren und Inkubatoren. Für kanadische Jungunternehmen, die auf Auslandsmärkten aktiv werden wollen, bietet der staatliche Canadian Technology Accelerator (CTA), der unter anderem in wichtigen globalen Technologiehubs wie San Francisco, Boston, Singapur, Hong Kong oder Berlin vertreten ist, klassische Acceleratoren-Dienstleistungen.

    Wichtigste Start-Up-Events
    EventOrt
    WebSummit Vancouver 
    Elevate FestivalToronto 
    Startupfest Montreal
    Atlantic Venture Forum Halifax

    Außerhalb der großen städtischen Zentren kann es für Start-ups aber schwierig sein, Unterstützungsleistungen zu nutzen. Trotz verschiedener Gründerzentren, Acceleratoren und Networking-Events sind erfahrene Mentoren mit Fachwissen in dem riesigen Land nicht überall verfügbar. Zudem ist in Bereichen wie Technologie und elektronischer Handel schnelles Internet von entscheidender Bedeutung, was in abgelegenen oder ländlichen Gebieten ein Problem darstellen kann.

    Von Heiko Steinacher | Toronto

  • Kanada bietet Start-ups vielfältige Finanzierungsoptionen

    Kanadas Start-up-Ökosystem bietet Gründern zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten. Viele gehen aber auch in die USA, wo die Risikokapitalmärkte größer und leichter zugänglich sind.

    Kanada bietet eine breite Palette an Finanzierungsmöglichkeiten für Start-ups in allen Wachstumsphasen. Einen Überblick zu den Optionen bei der staatlichen Förderung gibt die Regierungswebsite Business Grants and Financing, auf der Gründer unter anderem über den Business Benefits Finder ihre Fördermöglichkeiten einsehen können.

    Viele Programme und Netzwerke sind international ausgerichtet und bieten daher auch ausländischen Firmen Zugangsmöglichkeiten. Frühe Phasen werden oft durch spezialisierte Programme und Netzwerke unterstützt, während in späteren global agierende Risikokapitalgeber dominieren.

    So konzentriert sich zum Beispiel der Venture-Capital (VC)-Fonds TandemLaunch aus Montreal auf Deep-Tech-Start-ups in der Seed-Phase. Ein weiterer Frühphaseninvestor, ebenfalls mit Sitz in Montreal, ist Diagram Ventures; er konzentriert sich auf die Bereiche Fintech, ClimateTech und Web3. Der Techstars Montreal AI Accelerator dagegen wählt Start-ups aus, die KI in verschiedenen Branchen vorantreiben.

    In der Seed-Phase steigen Angel-Investoren, VCs und Inkubatoren ein

    Ein führender Seed-Stage-VC-Fonds mit Sitz in Toronto ist Golden Ventures. Ein führender Accelerator ist FounderFuel (Montreal). Die Risikokapitalgesellschaft Relay Ventures (Toronto) konzentriert sich auf Frühphaseninvestitionen in Techunternehmen. Bekannte Business-Angel-Netzwerke, die Start-ups in der Frühphase mit Investoren verbinden, sind:

    Eine Reihe von VCs unterstützt und fördert Start-ups auch in der anschließenden Aufbau-, Wachstums- und Reifephase. Zu den bedeutendsten gehören:

    Inovia Capital hat unter anderem in Lightspeed (cloudbasierte Point-of-Sale- und E-Commerce-Lösungen für kleine und mittlere Unternehmen/KMU), Sonder (Travel Tech) und BenchSci (KI-Lösungen für die Arzneimittelforschung) investiert.

    Zu den Portfoliounternehmen von Real Ventures gehören unter anderem XpertSea (Technologie zur Verbesserung der Aquakulturindustrie), Mejuri (Direct-to-Consumer-Schmuckunternehmen) und Tenstorrent (Entwicklung von Hochleistungscomputern für KI).

    BDC, Omers und Inovia haben auch in internationale Start-ups investiert, darunter einige in Deutschland. Teachers’ Venture Growth (TVG) hat sogar in mehrere deutsche Jungfirmen investiert, darunter in DeepL, Instagrid, Trade Republic und Taxfix.

    Die Zugangschancen zu Kapital variieren je nach Wachstumsphase eines Start-ups. Ausländische Start-ups haben in der Pre-Seed- und Seed-Phase oft Zugang zu einer Vielzahl von Programmen und Netzwerken, die speziell darauf ausgelegt sind, internationale Talente anzuziehen. Auch in den späteren Phasen (Series A bis E) können gute Zugangschancen bestehen, da viele kanadische Risikokapitalgeber in vielversprechende Start-ups weltweit investieren.

    Kanada bietet mehrere Gründerzentren und Förderprogramme

    Der MaRS Discovery District (Toronto) ist eines der größten Innovationszentren der Welt und bietet eine Vielzahl von Programmen und Ressourcen für Start-ups, einschließlich Finanzierung, Mentoring und Zugang zu einem umfangreichen Netzwerk. Die E-Commerce-Plattform Shopify hatte dort ihre Anfänge.

    Neben Acceleratoren und Inkubatoren gibt es in Kanada auch viele Gründungsprogramme und -wettbewerbe. Dazu gehört das staatliche Industrial Research Assistance Program (IRAP), das Forschungs- und Entwicklungs(FuE)-Projekte von KMU unterstützt. Über IRAP hat zum Beispiel D-Wave Systems Fördermittel erhalten; das Unternehmen aus Burnaby, British Columbia, entwickelt spezielle Quantencomputer zur Lösung von Optimierungsproblemen.

    Ein weiteres öffentliches Programm, Sustainable Development Technology Canada (SDTC), bietet Unterstützung für Projekte, die zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen beitragen; einer der prominentesten Nutznießer ist CarbonCure Technologies, das für seine Technologie zur Reduzierung von CO2-Emissionen in der Betonproduktion bekannt ist.

    In Kanada existiert auch ein Ableger der ursprünglich britischen Fernsehshow Dragons' Den, in der Unternehmer ihre Geschäftsideen einer Gruppe von wohlhabenden Investoren (den "Drachen") präsentieren. Die Investoren entscheiden dann, ob sie in die vorgestellten Unternehmen investieren möchten. Es gibt auch eine Québec-spezifische Version namens "Dans l'oeil du Dragon".

    Heimische Geldgeber erwarten oft schnelle Renditen

    Nach Angaben der Canadian Venture Capital and Private Equity Association (CVCA) erreichten die Wagniskapitalinvestitionen 2024 zwar beachtliche 5,5 Milliarden US$. Obwohl sich die Situation für Jungunternehmen in frühen Phasen insgesamt etwas gebessert hat, beklagt die Szene weiterhin mangelhafte Finanzierungsmöglichkeiten durch heimische Business Angels und Wagniskapitalgeber. Diese erwarten oft schnelle Renditen.

    Auch risikobehaftete Start-ups stoßen mitunter schnell an ihre Grenzen: So kann zum Beispiel ein Biotech-Start-up, das sich auf die Entwicklung innovativer medizinischer Geräte spezialisiert hat, Schwierigkeiten bei der Kapitalgebersuche bekommen, da Forschung und Entwicklung in der Gesundheitsbranche oft mit hohen Risiken verbunden ist.

    BDC Capital kündigte im Februar 2025 fast 0,7 Milliarden US$ an neuen Mitteln für kanadische Technologieunternehmen in der Spätphase an. Damit soll sichergestellt werden, dass kanadische Top-Start-ups in späteren Finanzierungsphasen ihr Geschäft innerhalb Kanadas skalieren und ihre Investoren nicht im Ausland suchen.

    Dennoch sind viele aufstrebende Firmen auf ausländische Geldgeber angewiesen. So suchen kanadische Start-ups oft nach Finanzierungsmöglichkeiten in den USA, wo die Risikokapitalmärkte größer und leichter zugänglich sind. Das führt häufig dazu, dass diese Start-ups auf dem US-Markt wachsen und skalieren und so ihre Aktivitäten möglicherweise südlich der Grenze verlagern.

    Von Heiko Steinacher | Toronto

  • Auch in Kanada sind deutsche Start-ups erfolgreich unterwegs

    Deutsche Start-ups, die nach Kanada expandierten, berichten von wertvollen Netzwerken, die den Markteintritt erleichtern. Einige konnten auch kanadisches Kapital anziehen.

    Kanada hat sich zu einem florierenden Zentrum für Start-ups entwickelt, das innovative Unternehmen aus der ganzen Welt anzieht – auch aus Deutschland.

    Ontarios starkes Innovationsökosystem verhalf Celonis zum Erfolg

    Zum Beispiel Celonis: Das 2011 als Spin-off der Technischen Universität München (TUM) gegründete und auf Process Mining spezialisierte Softwareunternehmen eröffnete 2020 ein Büro in Toronto, um den nordamerikanischen Markt zu erschließen. Celonis kooperierte mit SAP und ging Partnerschaften mit großen Beratungsfirmen wie Deloitte und PwC ein, um seine Technologie in kanadischen Unternehmen zu implementieren. Celonis bekam auch Unterstützung durch kanadische Investoren wie RBC Capital und Irving Investors und profitierte von Netzwerken wie dem Toronto Region Board of Trade, das bei der Vernetzung mit lokalen Unternehmen und Entscheidungsträgern half.

    Zudem ermöglichte der MaRS Discovery District als eines der größten Innovationszentren in Nordamerika dem Softwareunternehmen Zugang zu einem breiten Netzwerk von Start-ups, Investoren und Mentoren. Im FuE-Bereich arbeitete Celonis mit der University of Toronto zusammen, während die Ryerson University (offizieller Name seit April 2022: Toronto Metropolitan University) vor allem dabei half, lokale Talente zu rekrutieren. Auch die Ontario Centres of Excellence (OCE), jetzt bekannt als Ontario Centre of Innovation (OCI), haben Celonis durch verschiedene Programme dabei unterstützt, ihre Technologie in Kanada zu etablieren.

    BioNTech profitierte von schneller und effizienter Gesundheitsbehörde

    Beistand durch lokale Netzwerke wie den MaRS Discovery District und das Toronto Region Board of Trade bekam auch BioNTech. Das Mainzer Biotechunternehmen hat sich 2021 entschieden, nach Kanada zu expandieren, um seine mRNA-Technologie und Impfstoffentwicklung voranzutreiben. Dabei kooperierte es mit kanadischen Universitäten wie der University of Toronto und der McGill University. Um die Zulassung und Verteilung seiner Covid-19-Impfstoffe zu beschleunigen, arbeitete BioNTech eng mit der Gesundheitsbehörde Health Canada zusammen. Die Kooperation mit Pfizer Canada kam BioNTech insbesondere bei der Verteilung des Impfstoffs zugute. BioNTech hat seine Präsenz in Kanada weiter ausgebaut und arbeitet weiterhin eng mit lokalen Partnern zusammen, um innovative Impfstoffe und Therapien zu entwickeln.

    Darüber hinaus kam in den letzten Jahren noch eine Reihe weiterer deutscher Start-ups nach Kanada, darunter das Göppinger Technologieunternehmen TeamViewer und die Kölner KI-Schmiede DeepL.

    DeepL expandierte 2022 nach Kanada. Angetrieben wurde dieser Schritt durch das wachsende Tech-Ökosystem des Landes und die Nachfrage nach fortschrittlichen KI-Lösungen. Die finanzielle Unterstützung von Teacher's Venture Growth (TVG) war dabei ebenfalls entscheidend. 

    TeamViewer eröffnete bereits 2018 ein Büro in Toronto

    TeamViewer entschied sich bereits 2018, nach Kanada zu expandieren, um seine Fernzugriffstechnologien auf dem nordamerikanischen Markt zu etablieren. Dazu eröffnete die auf sichere Remote-Konnektivitätslösungen spezialisierte Softwarefirma ein Büro in Toronto und arbeitete eng mit kanadischen IT-Dienstleistern und Beratungsfirmen, aber auch mit kanadischen Universitäten wie der University of Waterloo im Bereich IT-Sicherheit und Fernzugriffstechnologien zusammen. 

    An Celonis (Irving Investors, RBC Capital) und DeepL (TVG) ist auch kanadisches Wagniskapital beteiligt. Kanadische Geldgeber haben auch in andere deutsche Start-ups investiert, darunter in Instagrid (mobile Batteriesysteme), Trade Republic (Online-Broker) und Taxfix (mobile App und Webanwendung zur Vereinfachung von Steuererklärungen). Es liegen indes keine spezifischen Informationen darüber vor, dass kanadische VCs auch an den Expansionen von TeamViewer und BioNTech in Kanada beteiligt waren.

    Von Heiko Steinacher | Toronto

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