Special | Kenia | Wasser - Die knappe Ressource
Kenia investiert in Dämme
Sauberes Wasser wird in Kenia zu einem knappen Gut. Die Preise spiegeln das noch nicht wider. Investitionen kommen deswegen vor allem von Gebern.
06.05.2024
Von Carsten Ehlers | Nairobi
Die Dringlichkeit von Investitionen in die kenianische Wasserversorgung und Abwasserentsorgung wird in den kommenden Jahren steigen. Das schnelle Bevölkerungswachstum von rund 1,2 Millionen Menschen pro Jahr, Verstädterung, Zersiedelung, zunehmende Umweltprobleme und die in den letzten Jahren unberechenbar gewordenen Regenzeiten erhöhen den Handlungsdruck. Viele Regionen des Landes sind trocken. Das regenreiche Hochland ist als Wasserreservoir von großer Bedeutung.
Angesichts der hohen Staatsverschuldung sitzt das Geld bei der Regierung keineswegs locker. Internationale Geberorganisationen werden aber weiterhin Kredite für Projekte bereitstellen. Private Investitionen finden aktuell unter erschwerten Bedingungen statt. Kredite sind in Kenia teuer und auch der Import von technischem Gerät ist angesichts des Kursverlustes der Währung Kenianischer Shilling (KES) deutlich kostspieliger geworden.
Ihre Exportchancen in mehr als 20 Ländern
Wir haben besonders aussichtsreiche Wassermärkte in Lateinamerika, Asien, Afrika und Europa unter die Lupe genommen. Alle Länderanalysen finden Sie auf unserer Seite zum Wassersektor.
Deutsche Unternehmen sind als Berater gefragt
Trotz des aktuell schwierigen Umfelds besteht kein Zweifel am langfristigen Wachstum des Wassersektors in Kenia. Auch wenn asiatische Billigkomponenten den Markt dominieren, bestehen Chancen für deutsche Unternehmen.
Bei staatlichen kenianischen Wasserprojekten sind deutsche Firmen als Berater oder Zulieferer von technischen Komponenten beteiligt. Deutsche Bauunternehmen sind dagegen derzeit nicht in Kenia ansässig. Zuletzt war das österreichische Unternehmen Strabag am Bau des Thiba-Staudamms beteiligt. In den letzten etwa zehn Jahren haben staatliche chinesische Bauunternehmen den Bausektor in Kenia weitgehend übernommen. Geber haben kaum eine andere Wahl, als die Projekte an die als lokales Unternehmen registrierten chinesischen Baukonzerne zu vergeben. Sie sind extrem günstig und auch in der Lage, gute Qualität zu liefern.
Sowohl die kenianische Regierung als auch einige Geber legen jedoch großen Wert auf die Bauaufsicht, die deutsche Ingenieurbüros regelmäßig übernehmen. Auch werden die Spezifizierungen in den Ausschreibungen mitunter derart ausgestaltet, dass bei zentralen technischen Komponenten wie Pumpen gewisse Qualitätsstandards eingehalten werden müssen. Dann sind auch deutsche Zulieferer mit im Geschäft.
Beratende Ingenieure im Ausland
Bei großen Infrastrukturprojekten sind vielfältige Beratungsleistungen gefragt. Deutsche Ingenieurbüros führen weltweit unter anderem Machbarkeitsstudien durch, prüfen Designs und überwachen den Bau. Branchenvertreter berichteten GTAI von ihren Projekten in Europa, Asien, Afrika und Lateinamerika. Dabei wird deutlich: Deutsche Ingenieure sind vor allem in aufstrebenden Märkten aktiv. Dort sind sie oft auf Partner angewiesen. Wir beleuchten, wie sich die Deutschen gegen die Konkurrenz durchsetzen und an Aufträge kommen. Außerdem geben wir rechtliche Tipps. Erfahren Sie im GTAI-Online-Special mehr über Erfolgsfaktoren, Hürden und Besonderheiten der Branche.
Für Komponentenlieferanten ist Kenia ein interessanter Standort, denn von Nairobi aus kann man neben dem lokalen Markt weitere Länder wie Uganda, Tansania und Ruanda bedienen. Wilo hat im Jahr 2023 damit begonnen, in Kenia lokal zu montieren. Ein enger Draht zum Kunden inklusive Beratung und flexibler Finanzierung spielt eine große Rolle, wenn man langfristig ins Geschäft kommen will.
Das gesamte Interview zu den Plänen des Unternehmens Wilo East Africa in der Region lesen Sie hier.
Trinkwasserversorgung: Geber finanzieren mehrere Dämme
In der Wasserversorgung hat das Land in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte erzielt, sodass heute 50 bis 60 Prozent der Bevölkerung Zugang zu Trinkwasser haben. Die klimatischen Veränderungen der letzten Jahre haben zu unregelmäßigeren oder ausbleibenden Regenfällen und zum teilweisen Austrocknen von Süßwasserreservoirs geführt. Der Bau von Dämmen und der Schutz bestehender Wasserreservoirs stehen daher im Vordergrund. Neuerdings können private Unternehmen im Rahmen von Public Private Partnerships (PPP) in Dämme investieren und sie betreiben. In Mombasa, wo der Wassermangel am gravierendsten ist, wird auch über Meerwasserentsalzung nachgedacht.
Weiterhin werden zudem die Netze insbesondere in den Großstädten wie Nairobi, Mombasa, Nakuru und Kisumu ausgebaut. Allein die Stadt Nairobi hat einen Bedarf von aktuell rund 350.000 Kubikmetern Wasser pro Tag mit einer jährlichen Zunahme von etwa 20.000 Kubikmetern pro Tag. Das Wasser soll über Tunnel aus den regenreichen Bergen der Aberdares in die Stadt gepumpt werden.
Durch die Kommerzialisierung hatte man eigentlich gehofft, dass Wassernetzbetreiber (Water Service Provider/WSP) wie Nairobi Water aus eigenem Kapital in neue Anschlüsse investieren können. Durch den politisch sehr niedrig gehaltenen Preis für Wasser reichen die Einnahmen jedoch nicht aus. Geber wie die Weltbank drängen seit Jahren auf Preiserhöhungen, damit die Betreiber kostendeckend arbeiten können, aber politisch ist das nicht gewollt.
In unserer Projektdatenbank finden Sie aktuelle Ausschreibungen im dem Bereich Wasser und Umwelt.
Betreiber suchen kostensparende Lösungen
Interessant für die Betreiber sind Lösungen, die Kosten einsparen oder die Einnahmen erhöhen. Deutsche Unternehmen haben dann einen Vorteil, wenn sie sich nicht nur auf das Zuliefern von Komponenten beschränken, sondern kostensparende Lösungen bieten können, zum Beispiel die Installierung und die Wartung solarbetriebener Pumpen. Auch günstige Lösungen für die Reduzierung der sehr hohen Wasserverluste sind gefragt.
In den schnell wachsenden sogenannten Informal Settlements und Slums an den Rändern der Städte werden eigene Lösungen für die Wasserversorgung benötigt. Denn hier mangelt es oft an Platz für die Verlegung eines Wassernetzes und auch auf die Kosten muss geachtet werden. Als praktikabel haben sich dort vor allem privat betriebene Wasserkioske erwiesen. Hier können Anwohner sich Trinkwasser gegen Bezahlung in Kanister abfüllen lassen.
Abwasserentsorgung: Umweltprobleme machen Maßnahmen dringender
Die Abwasserentsorgung gewinnt in Kenia an Bedeutung, auch weil die Abwassermenge drastisch steigt. Mit einer Abdeckungsrate von etwa 15 Prozent existiert eine Abwasserentsorgung bislang nur rudimentär. Die sehr kleinen Abwassernetze in den Städten stammen oft noch aus der Kolonialzeit, werden nun aber umfangreich ausgebaut, auch weil die Umweltprobleme deutlich zunehmen. Geber stellen immer mehr Kredite für den Abwassersektor bereit.
So sind zum Beispiel die nahe den Großstädten Kisumu und Nakuru gelegenen Seen inzwischen stark verschmutzt, weil städtische Abwässer ungeklärt in die Seen gelangen. In den Städten werden Abwasseraufbereitungsanlagen gebaut, die bislang jedoch nur unzureichend genutzt werden. Es fehlen die teuren Hausanschlüsse. Verschiedene Lösungen werden angedacht: Dazu zählen mehrere dezentrale Abwasserreinigungsanlagen, damit die Leitungen leichter verlegt werden können. Auch Gemeinschaftssanitäranlagen, die regelmäßig entleert werden, könnten eine Lösung sein, vor allem in dicht besiedelten Gegenden.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Mio. US$) | Projektstand | Anmerkung/Ansprechpartner |
Northern Collector Tunnel | 240 Mio. Euro | Seit 2015 in der Durchführung. Bau steht kurz vor dem Abschluss. | Wasserversorgung für Nairobi. Investor: Athi Water Works Development Agency. Baudurchführung: China Gezhouba Group Company (CGGC). Tunnelbau in den Aberdares. Zu dem Projekt gehört auch der Bau einer Wasseraufbereitungsanlage sowie von Pipelines vom Ndakaini-Damm nach Nairobi. Steigerung der Wasserversorgung um 140.000 cbm/Tag. |
Ruiru II Damm | 67 Mio. US$ | Im Bau seit 2021. | Wasserversorgung für Nairobi. PPP zwischen Sogea-Satom, Egis (beide Frankreich) und Athi Water Works Development Agency. Bau eines Damms bei Nairobi mit 7,5 Mio. cbm Kapazität. Auch soll eine Trinkwasseraufbereitungsanlage mit 40.000 cbm/Tag nahe der Stadt Kiambu gebaut werden. Finanzierung: U.a. Deutsche Bank. |
Karimenu II Damm | 192 Mio. Euro | Im Bau seit 2019. Fertigstellung geplant für 2022. | Wasserversorgung für Nairobi und Umland (Ruiru und Juja). Baudurchführung: Chinesische EPC-Kontraktoren. Investor: Athi Water Works Development Agency. Der Damm hat eine Kapazität von 23.500 cbm und liegt ca. 50 km westlich der Stadt Thika. |
Thwake Multipurpose-Damm | 647 Mio. Euro | Im Bau. Fertigstellung geplant für 2022. | Wasserversorgung für die Distrikte Makueni und Kitui, östlich von Nairobi. Investor: Tanathi Water Works Development Agency. Baudurchführung: CGGC. Finanzierung: Kenianische Regierung, AfDB. Zu dem Projekt gehört auch die teilweise Umleitung des Athi-Flusses in zwei 700-Meter-lange Tunnel. |
Mwache Damm | 160 Mio. Euro | Baubeginn sollte im Februar 2022 sein. | Wasserversorgung für die Küstenregionen Kwale, Mombasa und Kilifi, vor allem für die Bewässerung von Agrarflächen. Die Kapazität des Dammes liegt bei 118 Mio. cbm. Investor: Ministry of Water, Sanitation & Irrigation. Finanzierung: Weltbank. |
Mzima Springs II | 280 bis 336 Mio. Euro | Geplant. | Wasserversorgung der Küste. Investor: Coast Water Works Development Agency. Finanzierung: China Exim Bank. Bau eines Damms sowie einer 220-km-langen Pipeline von den Mzima-Springs im Tsavo-West Nationalpark über Taita und Voi bis an die Küste. |
Shimo La Tewa Mombasa Desalination Plant | 128 Mio. Euro | Geplant. Verzögert sich. | Bau einer Meerwasserentsalzungsanlage für die Trinkwasserversorgung von Mombasa. |
Water & Sanitation Development Project (Weltbank) | 300 Mio. US$ | Seit 2018 in der Durchführung. Läuft noch bis 2022. | Hierunter fallen mehrere Projekte, u.a. der Ausbau und die Modernisierung der Infrastruktur in Küstenprovinzen sowie im Norden (Wajir, Garissa) |
Lake Victoria Water & Sanitation Project(LVWATSAN; EIB und AFD) | 79 Mio. US$ | Seit 2018. Läuft bis 2023. | Ausbau der Wasser und Abwasserkapazitäten. Bau einer Aufbereitungsanlage, Erhöhung der Managementkapazitäten bei den Wasserversorgern der Region, Ausweitung der Anschlüsse in sog. Informal Settlements. |
Nakuru Sewerage System Expansion | 60 Mio. US$ | Seit 2020. | KfW finanziert. Die Studien sind fertig. Ausschreibungen für den Bau werden für 2023 erwartet. |
Landwirtschaft und Industrie: Private Player sind interessante Kunden
Landwirtschaft und Industrie spielen eine wichtige Rolle in Kenias Wirtschaft. In Nairobi befindet sich der größte Industriestandort Ostafrikas. Vor allem die Hersteller von Nahrungsmitteln und Baustoffen benötigen große Mengen an Wasser und produzieren gleichzeitig viel Schmutzwasser. Konzerne wie Coca-Cola haben ihre internen internationalen Standards und investieren daher auch in eigene in der Regel qualitativ gute Abwasseraufbereitungsanlagen.
Das Gros der Industrieunternehmen unterliegt derartigen Standards aber nicht und leitet im Zweifelsfall die Abwässer ungereinigt in die Flüsse ab. Es gibt in Kenia zwar eine relativ gute Umweltgesetzgebung aber deren Einhaltung wird nur unzureichend durchgesetzt. Gut denkbar, dass aufgrund der Umweltprobleme langfristig strenger mit Verstößen umgegangen wird.
In Kenia wird auch intensiv Landwirtschaft betrieben. Vor allem die Exportfarmen, die beispielsweise Schnittblumen, Kaffee oder Avocados anbauen, müssen zunehmend auf Auflagen aus den Abnehmerländern achten. Insbesondere bei den Blumenfarmen gelangt eine große Menge an Dünger und Agrochemikalien mit den Abwässern in die nahegelegenen Seen und Flüsse.
Gut zu wissen: Beteiligungschancen, Finanzierung und rechtliche Rahmenbedingungen
Ausschreibungen: Die staatlichen Water Works Development Agencies (WWDA) sind für die Infrastrukturmaßnahmen zuständig und in insgesamt neun Regionen aktiv. Die größten sind Athi WWDA (Region Nairobi), Central Rift Valley WWDA (Naivasha und Nakuru) sowie Coast WWDA (Küste, Mombasa). Vereinzelt schreibt auch das Ministry of Water, Sanitation and Irrigation aus. Vorsicht: Die Zahlungsmoral einiger kenianischer Behörden ist schlecht, speziell wenn kein Geber involviert ist.
Betrieb: Water Service Providers (WSP) sind die (in der Regel staatlichen) Betreiber der Wassernetze. Einer der größten WSP ist Nairobi City Water & Sewerage Company (kurz: Nairobi Water).
Finanzierung: Im Wasser- und Abwasserbereich dominieren: Weltbank, Afrikanische Entwicklungsbank (AfDB), EU, KfW und Agence Française de Développement (AFD) und Danida. Die KfW hat im Jahr 2013 entschieden, sich in Kenia aus dem Wassersektor herauszuziehen. Einige damals zugesagte Projekte werden aktuell noch ausgeschrieben bzw. durchgeführt.
Eine Reihe von Projekten werden von der chinesischen Regierung finanziert. Hier bestehen geringe Beteiligungschancen für deutsche Unternehmen.
Informationen zu aktuellen Projekten bietet die GTAI-Länderseite Kenia, Rubrik "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte".
- Gesetzlicher und politischer Rahmen: Das wichtigste Gesetz ist der Water Act aus dem Jahr 2016. In der Water Policy aus dem Jahr 2021.
Bezeichnung | Anmerkungen |
Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft | |
Anlaufstelle für deutsche Unternehmen mit Kompetenzzentrum „Energie und Umwelt“ | |
Zuständiges Ministerium für den Wassersektor | |
Regulierer der Wasserversorgung | |
Zuständig für das Management der Wasserressourcen | |
Regulierer für die Wasserressourcen | |
Geplant als hybride Konferenz für den 29. 11.-2.12.2022 in Nairobi | |
Verband für die Zulieferer des Wassersektors |