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Kenias Bausektor hofft auf ein Ende der Flaute
Der verschuldete Staat muss seine Aktivitäten im Infrastrukturbereich vorübergehend einschränken. Für deutsche Zulieferer könnte sich das schwierige Umfeld etwas bessern.
27.05.2024
Von Carsten Ehlers | Nairobi
Der Bausektor in Kenia leidet weiter unter der hohen Staatsverschuldung. Vom Staat oder von Gebern finanzierte Infrastrukturprojekte werden längst nicht mehr so umfangreich durchgeführt, wie noch vor einigen Jahren. Positiv ist: Beobachter stellen seit Anfang 2024 eine Zunahme der vom Staat beauftragten Studien für Infrastrukturprojekte fest, speziell in den Bereichen Energie und Wasser. Im besten Fall deutet das auf eine Zunahme der Baumaßnahmen in einigen Jahren hin.
Die chinesische Regierung agiert als Geber bei Infrastrukturmaßnahem inzwischen etwas zurückhaltender. Stattdessen stellen vermehrt westliche Geber wie die Weltbank oder die EU die Finanzierung bereit. Damit steigen auch die Geschäftsmöglichkeiten deutscher Zulieferer und Consultants. Zudem öffnet sich der Staat aus Geldmangel für private Investitionen oder Public Private Partnerships (PPP), zum Beispiel beim Bau und Betrieb von Mautstraßen, Kraftwerken oder Dämmen. Fehlende Rechtssicherheit und unausgegorene PPP-Arrangements lassen private Investoren jedoch oft zögern.
Beratende Ingenieure im Ausland
Bei großen Infrastrukturprojekten sind vielfältige Beratungsleistungen gefragt. Deutsche Ingenieurbüros führen weltweit unter anderem Machbarkeitsstudien durch, prüfen Designs und überwachen den Bau. Branchenvertreter berichteten GTAI von ihren Projekten in Europa, Asien, Afrika und Lateinamerika. Dabei wird deutlich: Deutsche Ingenieure sind vor allem in aufstrebenden Märkten aktiv. Dort sind sie oft auf Partner angewiesen. Wir beleuchten, wie sich die Deutschen gegen die Konkurrenz durchsetzen und an Aufträge kommen. Außerdem geben wir rechtliche Tipps. Erfahren Sie im GTAI-Online-Special mehr über Erfolgsfaktoren, Hürden und Besonderheiten der Branche.
Stärkerer Kenianischer Shilling verbilligt Importe
Positiv sind auch die sinkenden Preise für importierte Güter und Dienstleistungen. Denn der kenianische Shilling hat im 1. Halbjahr 2024 nach einem starken Verlust im Vorjahr wieder an Wert gewonnen. Durchwachsen ist die Situation im privaten Hochbau, da es Investoren nicht mehr so leicht fällt, das Geld für Projekte aufzutreiben. Die Zinsen wurden von der Zentralbank auf Rekordniveau gesetzt. Ausführlichere Informationen zu den Konjunkturerwartungen Kenias liefert der aktuelle GTAI-Wirtschaftsausblick. Die im Bausektor aktiven Unternehmen sind sich sicher, dass es bald wieder aufwärts in der Branche gehen wird.
Ein jährlicher Bevölkerungszuwachs von rund 1,3 Millionen Menschen macht den Ausbau der Infrastruktur sowie zusätzliche Gebäude dringend nötig. Solange es in Kenia nicht läuft, bleibt auch noch der Blick auf andere Märkte in Ostafrika, die nicht wenige Firmen von Kenia aus bedienen. "Für unsere Maschinen sind insbesondere die Infrastrukturprojekte in Uganda und Tansania aktuell sehr interessant", sagt Daniel Werner-Meier, Gebietsverkaufsleiter Afrika des Baumaschinenherstellers Bomag. Das Bopparder Unternehmen vertreibt seine Maschinen über die Filialen des Bremer Handelshauses Achelis in Kenia, Tansania und Uganda. GTAI informiert regelmäßig über die Bausektoren in Tansania und Uganda sowie auch über Äthiopien und Ruanda.
Chinesische Dominanz im Bausektor schmälert deutsche Chancen
Erschwert wird das Geschäft durch die Dominanz chinesischer Baufirmen, die in Kenia inzwischen als lokal registrierte Unternehmen aktiv sind. Bei Infrastrukturprojekten, die von der chinesischen Regierung finanziert werden, kommen sie automatisch zum Zuge. Sie partizipieren regelmäßig aber auch bei Projekten, die von westlichen Gebern finanziert werden. Das Problem: Chinesische Bauunternehmen kaufen in der Regel bei chinesischen Zulieferern. Ausnahmen davon gibt es: So können hohe technische Standards bei bestimmten Komponenten von chinesischen Zulieferern nicht immer abgedeckt werden können. In diesem Fall wird international eingekauft.
Bauunternehmen | Spezialisierung |
---|---|
China Road & Bridge Corporation (CRBC) | Tiefbau |
China Gezhouba Group Company (CGGC) | Tiefbau |
China Communications Construction Corporation (CCCC) | Hoch- und Tiefbau |
Seyani Brothers | Hochbau |
Cementers | Hoch- und Tiefbau |
Associated Construction | Hoch- und Tiefbau |
Intex Construction | Hoch- und Tiefbau |
Hayer Bishan Singh & Sons | Hoch- und Tiefbau |
Laxmanbhai Construction | Hochbau |
Weiter expandieren dürfte die Baustoffindustrie, insbesondere die Zementproduktion und die Metallverarbeitung, wenngleich der energieintensive Sektor aktuell steigende Energiekosten beklagt. Lag die Produktion im Jahr 2019 noch bei 6,2 Millionen Tonnen, wurden im Jahr 2022 schon rund 9,7 Millionen Tonnen in Kenia hergestellt. Kürzlich hat East African Portland Cement seine Zementfabrik bei Nairobi modernisiert. Großinvestitionen sind auch in der Klinkerproduktion geplant, unter anderem von Savannah Clinker und Simba Cement.
Projektbezeichnung | Investitionssumme | Projektstand | Projektträger |
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Lamu Port South Sudan Ethiopia Transport Corridor (LAPSSET) | 27.000 | Baubeginn bei Einzelprojekten, u.a. Hafen in Lamu | Lamu Port South Sudan Ethiopia Transport Corridor (LAPSSET) |
Standard Gauge Railway (SGR) von Naivasha nach Malaba (Grenze zu Uganda) | 3.600 | Absichtserklärung wurde 2024 von der kenianischen Regierung unterzeichnet. Investor wird noch gesucht | Kenya Railways Corporation (KRC) |
Nairobi-Nakuru-Mau Summit Highway (Teil des Northern Corridors) | 1.470 | Baubeginn verzögert sich weil privater Investor fehlt | PPP-Maut-Projekt unter der Kenya National Highways Authority (KeNHA) |
Kisumu-Uganda Expressway (Teil des Northern Corridors) | k.A. | Geplant. Die die von der AfDB finanzierte Machbarkeitsstudie mit Kosten von etwa 1,5 Mio. US-Dollar wurde im April 2024 an die deutsche GOPA Infra vergeben | Kenya National Highways Authority (KeNHA) |
Thwake-Multipurpose-Damm (Wasserversorgung für die Distrikte Makueni und Kitui, östlich von Nairobi) | 820 | Im Bau | Tanathi Water Works Development Agency (TWWDA) |
Deutsche Firmen operieren meist über Handelsvertreter
Deutsche Zulieferer im Bausektor sind in Kenia entweder mit einer eigenen Vertriebsniederlassung oder über Handelsvertreter präsent. Für Baumaschinen gibt es in Nairobi größere bekannte Distributoren mit hohem Professionalisierungsgrad. Komponenten wie Armaturen, Inneneinrichtung oder Werkzeuge können in Kenia über den Fachhandel vertrieben werden, der geprägt wird von kleineren lokalen Händlern wie Alibhai Shariff, Elite Tools, United Tools und Tolsen Tools. Die südafrikanische Baumarktkette Builders Warehouse hat indes ihre im Jahr 2021 eröffnete Filiale in Karen (Nairobi) mangels Geschäft wieder geschlossen. Eigene Präsenzen kommen insbesondere für Ingenieurberater in Frage, die bei der Projektakquise ein gutes eigenes Netzwerk benötigen.
Händler | Baumaschinenhersteller | Kurzbeschreibung des Händlers |
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Hitachi, Terex, FRD Furukama | Seit 2009 in Kenia und seit 2013 mit Niederlassungen in Tansania und Uganda | |
Bell, Liebherr | Neben Kenia noch aktiv in mehreren Ländern West-, Zentral- und des südlichen Afrikas. In Kenia präsent in Nairobi. Firmiert in Kenia unter dem Namen ESS, weil den Namen KANU bereits eine wichtige politische Partei trägt | |
Bomag, Case | Achelis betreibt in Ostafrika Filialen in Nairobi, Kampala und Daressalam (Tansania). Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Bremen | |
Komatsu, Wirtgen | Präsenz in Nairobi. Mit mehreren Niederlassungen im anglophonen West- und Ostafrika präsent; Hauptsitz ist in Dubai | |
Caterpillar | Aktiv in einigen anglophonen Ländern Afrikas. Hauptsitz ist nahe London. In Ostafrika präsent in Kenia, Tansania und Uganda | |
Volvo | Niederlassungen in Nairobi und Daressalam. Betreut den Markt in Uganda von Nairobi aus | |
JCB | Filialen in Nairobi und Mombasa. Ebenfalls in Kampala (Uganda) präsent |
Geschäftspraxis: Staatliche Ausschreibungen bleiben kompliziert
Die praktische Abwicklung von Geschäften ist in Kenia mitunter kompliziert. So können bei staatlichen Stellen, insbesondere wenn keine Geberorganisationen bei Bauprojekten involviert sind, eine schlechte Zahlungsmoral sowie Compliance-Themen eine große Rolle spielen. Besser sind die Erfahrungen bei privaten Abnehmern. Allerdings kann hier die Finanzierung eine Hürde darstellen.
Von Schwierigkeiten berichten Unternehmen derzeit auch mit der kenianischen Steuerbehörde Kenya Revenue Authority (KRA). Sie steht unter starkem Druck, die Staatseinnahmen zu erhöhen und nutzt bei Steuern und Zöllen anscheinend ihren Auslegungsspielraum zunehmend für Ad-hoc-Veränderungen. Unternehmen klagen zudem über die oft aufwändigen und teuren Inspektionen im Verschiffungshafen (Pre-Export Verification of Conformity - PVoC), welche internationale Dienstleister wie Intertek und SGS im Auftrag der kenianischen Standardbehörde Kenya Bureau of Standards (KEBS) durchführen.