Branchen | Kolumbien | Bergbau und Rohstoffe
Kolumbiens Bergbau will von der Energiewende profitieren
Der Andenstaat will die Förderung von Kupfer ausweiten. Die Steuerpläne der neuen Regierung sorgen für Unruhe in der Branche.
30.09.2022
Von Janosch Siepen | Bogotá
Kolumbien ist einer der attraktivsten Bergbaustandorte in Lateinamerika. Im vom Fraser Institute herausgegebenen Survey of mining companies 2021 liegt das Land auf Rang zwei in der Region. Die volatile Situation in Peru, Chile und Mexiko begünstigt die Stellung des Landes.
Trotz der guten Platzierung zieht der Rohstoffsektor in Kolumbien aber verhältnismäßig wenig Investitionen an. Laut dem Bergbauverband ACM stagniert die Produktion der Branche seit längerer Zeit. Auch in den kommenden Jahren wird der Bergbau voraussichtlich nur langsam wachsen. Das spanische Kreditinstitut BBVA erwartet jährliche Zuwächse von 1 Prozent.
Für Impulse sorgen aber Projekte im Gold- und Kupferbergbau. Bis 2025 soll die Produktion der beiden Metalle deutlich steigen und zur Diversifizierung der Branche beitragen.
Fokus auf Förderung und Verarbeitung von Kupfer
Studien zufolge wird sich die weltweite Nachfrage nach Metallen, die für die Energiewende wichtig sind, bis 2050 zum Teil versechsfachen. Kolumbien will davon profitieren, besonders vom steigenden Bedarf an Kupfer. Ausgehend von einem niedrigen Niveau soll sich die Förderung von Kupfer von 2020 bis 2024 verzehnfachen, schätzt die Nationale Bergbauagentur ANM. Bislang fließen aber nur wenig Investitionen in die Exploration. Dank der Lage am Kupfergürtel der Anden verfügt das Land aber über große vermutete Ressourcen des Metalls. Die Ergebnisse von Erkundungsbohrungen an den Projekten La Mina und Alacrán sind vielversprechend.
Auch die Weiterverarbeitung von Kupfer hat Kolumbien im Blick. Zehn Bergbaufirmen und -organisationen unter anderem aus Kolumbien, Chile und Schweden arbeiten an der Schaffung eines entsprechenden Hubs. Dabei geht es um Themen wie die Nutzung von Kupfer in der Energiewende, der Veredelung des Metalls und soziale Aspekte der Branche.
Name | Investitionen (in Mio. US$) | Projektstand | Anmerkungen |
---|---|---|---|
San Juan | 5.500 | Der Projektträger hat den zuständigen Regierungsbehörden einen Plan für die Umsetzung des Projekts vorgelegt und erwartet dessen Bewertung und Genehmigung | Die Mine San Juan (Bundesstaat La Guajira) soll bei Fertigstellung das größte Bergwerk mit Abbau im Strebbauverfahren in Lateinamerika sein; geplante Produktion: 25 Mio. t Kohle pro Jahr; Investor: Best Coal Company (Tochter von Yildirim Group) |
Quebradona | 1.400 | Betriebsbeginn ab 2026 geplant; Betreiber hatte zuletzt Probleme, eine Umweltlizenz zu bekommen | Mine in Antioquia für Gold, Silber und Kupfer; Investor: Minera de Cobre Quebradona |
Soto Norte | 1.200 | Umweltlizenz muss neu beantragt werden; Machbarkeitsstudie soll 2023 aktualisiert werden; Bau ab Mitte 2026, Betrieb ab Mitte 2028; Aris Gold aus Kanada hat im Frühjahr 2022 einen Anteil von 20 Prozent an dem Projekt erworben | Goldmine in Santander; 430.000 Unzen/Jahr; Investor: Sociedad Minera de Santander (Minesa) |
Gramalote | 925 | Machbarkeitsstudie soll 2022 abgeschlossen werden; danach Baubeginn, Hochfahren ab 2025 | Goldmine in Antioquia; 281.000 Unzen/Jahr; Investor: Gramalote Colombia Limited |
Berlin | 450 | Betreiber möchte Pilotanlage bauen; wirtschaftliche Bewertung soll aktualisiert werden | Uranprojekt zwischen Bogotá und Medellín; Investor: U308 |
San Matías | 435 | Machbarkeitsstudien laufen; erste Ergebnisse der Forschungsbohrungen liegen vor; geplanter Bau ab März 2024, Betrieb ab 2026 | Bergwerk in Córdoba; jährliche Kapazität von 34.400 Tonnen Kupfer, 386.000 Unzen Silber und 55.000 Unzen Gold; Investor: Minerales Córdoba |
La Mina | 300 | Fortgeschrittene Explorationsphase, Bohrungsergebnisse liegen vor | Gold-Kupferbergwerk in Antioquia; Investor: La Mina (Goldmining) |
Marmato | 269 | Im Bau; erste Förderung Ende 2023 erwartet | Untergrundmine mit einer jährlichen Kapazität von 175.000 Unzen Gold, Investor: Caldas Gold Marmato (GCM Mining) |
Die Goldproduktion hat sich in den vergangenen Jahren positiv entwickelt, nicht zuletzt dank der Inbetriebnahme der Großprojekte Cisneros und Buriticá. Weitere Zuwächse stehen an. So startete Kolumbien im Juli 2022 Ausschreibungen von Lagerstätten im Bundesstat Antioquia. Der Bau des Goldbergwerks Gramalote soll Ende 2022 beginnen.
Kohle erfährt Aufschwung
Kohle macht knapp 14 Prozent der kolumbianischen Exporte aus. Im Jahr 2020 war das Land der fünftgrößte Kohleexporteur der Welt. Der Verband ACM geht davon aus, dass Kohle auch künftig eine wichtige Rolle bei der globalen Energiegewinnung spielen wird. Grund dafür ist vor allem der steigende Bedarf in Asien, wohin Kolumbien das Gros seiner Kohleexporte liefert.
Der Sektor profitiert 2022 von den hohen Preisen infolge des Ukrainekrieges und der gestiegenen Nachfrage nach kolumbianischer Kohle auf dem Weltmarkt. Die Mineralexporte des Landes erreichten im 1. Quartal 2022 ihren höchsten Wert seit zehn Jahren, vor allem angetrieben durch Kohle. Auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz sprach im April mit dem damaligen Präsidenten Iván Duque über verstärkte Kohlelieferungen von der Lagerstätte El Cerrejón, dem größten Steinkohletagebau Lateinamerikas. Hier hatte es in der Vergangenheit immer wieder Kritik an der Missachtung von sozialen und Umweltstandards gegeben. Gemäß ACM möchte der kolumbianische Bergbau allerdings in Zukunft nachhaltiger und sozialverträglicher werden.
Regierungsvorschläge sorgen für Unsicherheit
Kolumbien hat die Rahmenbedingungen für den Bergbau in den vergangenen Jahren vereinfacht. Seit 2021 können Investoren an Auktionen zur Vergabe von Lagerstätten in strategischen Bergbaugebieten teilnehmen und damit einfacher als bislang an Rechte zur Exploration und Förderung gelangen. Im März 2021 wurden erste Kupferprojekte ausgeschrieben. Der Senat bestätigte Ende 2021 zudem ein Gesetz, das Bergbauakteuren Zugang zum staatlichen Finanz- und Versicherungssystem gibt.
Altbekannte Probleme der Branche bestehen allerdings weiter. Dabei gelten vor allem der Erhalt von Betriebslizenzen, lange Verfahrenszeiten und das Verhältnis zu lokalen Gemeinden als größte potenzielle Risiken für Unternehmen. Auch das Fraser Institute zählt Umweltlizenzen und territoriale Ansprüche zu Risikofaktoren. Das Thema dürfte künftig an Bedeutung gewinnen: Die neue Bergbauministerin, die Philosophin Irene Vélez, fokussierte sich in ihrer Forschungskarriere vor allem auf Landkonflikte und -enteignung. Sie kündigte bereits an, das Bergbaugesetz nach 20 Jahren reformieren zu wollen.
Generell sorgt die neue Regierung im Bergbausektor für Unsicherheit: Der Entwurf der angekündigten Steuerreform sehe die Anhebung des effektiven Steuersatzes für Bergbauunternehmen von 68 Prozent auf 90 Prozent vor, so ACM. Laut Industrievertretern könnten verschiedene Projekte dadurch unrentabel werden. Die Reform umfasst auch höhere Abgaben auf sogenannte "außergewöhnliche" Gewinne aus der Ausfuhr von Kohle. Demnach würden Exporterlöse über einem Schwellenwert von 87 US-Dollar pro Tonne mit 10 Prozent besteuert.
Kundennähe ist entscheidend
Laut Marcelo Paraluppi, Hauptgeschäftsführer von SEW Eurodrive in Kolumbien, spielt der Bergbau für das Unternehmen im Andenstaat eine immer wichtigere Rolle. Inzwischen setze seine Niederlassung viermal so viele Produkte in dem Sektor ab als noch vor zwei Jahren. Zwar könnten die Investitionen wegen der neuen Regierung abnehmen, doch zum Stillstand käme die Branche nicht. Die zahlreichen neuen Großprojekte und eine stärkere weltweite Nachfrage versprächen Dynamik.
Paraluppi rät zur Nähe zum Kunden, um Erfolg in der Branche zu haben. "Wichtig ist das Vertrauen des Kunden." Dazu müssten Firmen Präsenz vor Ort und auf Messen zeigen. Ratsam sei zudem, dem Kunden durch Besuche und technische Supportangebote Aufmerksamkeit zu schenken. "Die Reputation deutscher Produkte öffnet dabei Türen", sagt Paraluppi.
Bezeichnung | Anmerkung |
---|---|
Bergbau- und Energieministerium | |
Kolumbianischer Bergbauverband | |
Nationale Bergbauagentur | |
Nationale Planungseinheit für Bergbau und Energie |