Branchen | Kolumbien | Windenergie
Marktchancen
Ein attraktives regulatorisches Fundament und Auktionen haben die Branche bislang angetrieben. Natürliche Bedingungen und zahlreiche Projektvorhaben sorgen weiter für Chancen.
24.08.2023
Von Janosch Siepen | Bogotá
Windkraft zieht große Geldsummen an
In Kolumbien befanden sich im August 2023 rund 40 Projekte im Bau oder in der Planung, so der Global Energy Monitor. Zwar ging der Ausbau der Windkraft bislang langsamer voran als bei der Solarenergie. Jedoch zählte die Windenergie Mitte 2023 acht der zehn investitionsstärksten Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien in Kolumbien. Eine Reihe großer Projekte geht voraussichtlich 2024 in Betrieb. Der 400 Megawatt Guajira II Windpark von Isagén befindet sich in der Machbarkeitsphase. Die Vorbereitung für die Vergabe von Aufträgen für Technik und ein Generalunternehmen laufen. Der Windpark Casa Eléctrica (347 Megawatt) von AES hat eine Umweltlizenz und geht Ende 2024 in Betrieb. Das portugiesische Unternehmen EDP möchte Ende 2024 die Alpha und Beta Projekte mit insgesamt 400 Megawatt Kapazität ans Netz bringen.
Projektbezeichnung (On/Offshore bzw. Standort) | Leistung (MW) | Unternehmen | Status | Investitionsvolumen |
---|---|---|---|---|
Vientos Alisios (Offshore; Atlántico, Bolívar) | 500 | BlueFloat Energy, Promoenergía | Vormachbarkeitsphase | 1.500 |
Barranquilla Park (Offshore; Atlántico) | 350 | Copenhagen Infrastructure Partners, Apbaq | Frühes Design | 1.000 |
Guajira II (Onshore; La Guajira) | 400 | Isagén (EPM, Brookfield Renewable Partners) | Machbarkeitsphase | 582 |
Kuisa (Onshore; La Guajira) | 200 | Enel Green Power | Umweltstudien | 401 |
India Catalina (Onshore; Bolívar) | 300 | EGAL | Frühes Design | 400 |
San Martin (Onshore; Atlántico) | 300 | Proseall, Siemens Gamesa | Vormachbarkeitsphase | 385 |
Andre Jusayu (Onshore; La Guajira) | 378 | Desarrollos Eólicos Uribia (I.C. Asesorías y Proyectos) | Umweltstudien | 375 |
Kolumbiens Onshore-Projekte befinden sich an der Karibikküste, vor allem im Bundesstaat La Guajira im Nordosten. Hier herrschen erstklassige Windgeschwindigkeiten von durchschnittlich 10 Metern pro Sekunde und laut Präsident Gustavo Petro eine potenzielle Kapazität von 25 Gigawatt. Kolumbiens Windenergiepotenzial wird insgesamt auf 30 Gigawatt geschätzt. Das große Leistungsvermögen Kolumbiens erfordert unterschiedliche Windturbinen je nach Einsatzstandort. In La Guajira nutzt das Hamburger Unternehmen Nordex Turbinen für IEC II Mittelwind für den Einsatz bei eingeschränkter Netzinfrastruktur. Die Turbinen können mit wenigen Anlagen zu besseren Gestehungskosten erzeugen. Im Bundesstaat Atlántico verwendet das deutsche Unternehmen Turbinen, die für bessere Erträge und Kosten bei geringen Einschränkungen sorgen.
Kolumbien für Offshorewind besonders attraktiv
Bei Offshorewind ist Kolumbien einer der Vorreiter in Lateinamerika. Windstärken sind hervorragend, die Wassertiefe gering. Das spanische Unternehmen BlueFloat Energy führt technische Studien für das Vientos Alisios Offshorewindprojekt durch. Kosten: 1,5 Milliarden US$ für 500 Megawatt. Insgesamt möchte die Firma bis 2032 über 5 Gigawatt Offshorewindkraft ans Netz bringen. Zusätzlich wird eine Auktion für vier bis sechs Offshorewindprojekte im Bundesstaat Atlántico im zweiten Halbjahr 2023 für Dynamik sorgen. Laut kolumbianischem Energieministerium wäre es die erste dieser Art in Lateinamerika. Die Offshorewind Roadmap des Landes hat insgesamt knapp 50 Gigawatt Offshorepotenzial ausgemacht (27 Gigawatt für feste Anlagen und 21 Gigawatt für schwimmende Anlagen). Bis 2050 sollen 9 Gigawatt installierte Kapazitäten Offshorewindenergie am Netz sein.
Steueranreize und Auktionen sind Treiber
Kolumbien hat einige Mechanismen eingeführt, um die Windkraft im Land zu fördern. Das Gesetz 1715 von 2014, das Energiewendegesetz 2099 von 2021 sowie weitere Beschlüsse und Gesetze etablieren Vorschriften und Anreize für erneuerbare Energien. Dazu gehören ein Einkommenssteuerabzug von 50 Prozent des Investitionswerts für bis zu 50 Prozent des steuerpflichtigen Einkommens für bis zu 15 Jahre, Mehrwertsteuerbefreiung für Geräte und Dienstleistungen im Bereich erneuerbare Energien, Einfuhrzollbefreiung für ausländische Geräte für erneuerbare Energien und beschleunigte Abschreibung von bis zu 33 Prozent pro Jahr für Investitionen in erneuerbare Energien. Die kolumbianische Gesetzgebung sieht zudem vor, dass Energiehändler ab 2023 10 Prozent des Stroms aus nicht-konventionellen erneuerbaren Energien beziehen.
Seit der MME-Resolution 40590 von 2019 sind langfristige Stromabnahmeverträge (Power Purchase Agreements, PPAs) und Auktionen für erneuerbare Energien möglich. Jeher vergeben staatliche und private Ausschreibungen Stromlieferverträge für Wind und Solar. Im Jahr 2022 legte die Resolution 40284 zudem Wettbewerbsregeln für die Entwicklung der Offshorewindenergie fest.
Finanzinstrumente helfen
Kolumbien nutzt zusätzlich Instrumente zur öffentlichen Finanzierung erneuerbarer Energien durch diverse Quellen. Der Fonds für nichtkonventionelle Energie und effizientes Energiemanagement (FENOGE) speist sich aus einer Gebühr (0,4 kolumbianische Pesos pro Kilowattstunde) auf dem Stromgroßhandelsmarkt. Hinzukommen Investitionen inländischer und ausländischer Banken, Spenden sowie öffentliche und private Mittel. Ein allgemeines Lizenzgebührensystem (SGR), der IPSE-Energiezugangsfonds und die Finanzinstitution für Entwicklung (FINDETER) sind weitere Quellen. Auch multilaterale und ausländische Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen wie die deutsche Investitionsbank KfW engagieren sich im Sektor.
Zwar herrscht in Kolumbien enormes Windpotenzial. Allerdings stellt die Solarkraft eine Konkurrenz dar. Laut dem britischen Informationsdienstleister WoodMckenzie überholt Fotovoltaik die Windkraft 2023 als günstigste Technologie in Lateinamerika. Die Firma prognostiziert, dass Solarenergie bis 2050 mit 14 US-Dollar pro Megawattstunde die günstigste Quelle in der Region sein wird. Laut Claudia Fonseca, Expertin für Energierecht in Kolumbien, hat die Windenergie dennoch diverse Vorteile. "Kolumbien hat für Solarenergie nicht die riesigen Landflächen wie Chile", sagt Fonseca. "Dadurch ist Windkraft oft geeigneter und effizienter, trotz ihrer hohen Kosten." Darüber hinaus sei Windenergie nicht nur dauerhaft verfügbar, sondern habe auch eine geringere Belastung für die Umwelt, insbesondere im Offshore-Bereich. "Gerade in einem Megabiodiversitätsland wie Kolumbien ist das entscheidend."