Der kroatische Energiesektor ist formal liberalisiert, der staatliche Einfluss bleibt dennoch hoch. Regulierungslücken und lange Genehmigungsverfahren bremsen Investoren aus.
Schaut man auf die politischen Rahmenbedingungen des kroatischen Energiemarkts, wirken diese auf Investoren zunächst einladend: Die Regierung unterstützt den Ausbau erneuerbarer Energien und ist generell unternehmerfreundlich eingestellt. Die Probleme beginnen dann aber schnell in der Praxis: Langwierige Genehmigungsverfahren und eine ineffiziente, teils überforderte Verwaltung sind eine Herausforderung für die Umsetzung von Investitionsplänen.
Hinzu kommt: Der Energiemarkt wurde nur halbherzig liberalisiert. Der Staat bestellt weiter die Leitungsposten von offiziell unabhängigen Institutionen. Machtmissbrauch und Korruption führen zu häufigen Personalwechseln. So trat etwa 2022 der Leiter der Regulierungsbehörde HERA in Folge von Unregelmäßigkeiten zurück, der Posten ist nach wie vor unbesetzt. Auch die Wirtschaftsminister wechselten zuletzt beinahe jährlich. Marktkenner kritisieren die mangelnde Kontinuität der kroatischen Energiepolitik.
Regulierungsbehörde ächzt unter Aufgabenfülle
Wichtigster Akteur auf dem kroatischen Energiemarkt ist die Regulierungsbehörde HERA (Hrvatska energetska regulatorna agencija). Als unabhängige Behörde ist sie dem Parlament unterstellt und für die Regulierung des gesamten Energiesektors zuständig, also des Strom-, Wärme-, Öl- und Gasmarkts in Kroatien. Zu den vielfältigen und komplexen Aufgaben von HERA gehört etwa das Festlegen des kompletten kroatischen Energiepreisrahmens. Gleichzeitig ist HERA die zuständige Genehmigungsstelle für Energieaktivitäten und gibt Investitions- und Entwicklungspläne der Netzbetreiber frei.
Die enorme Aufgabenfülle kann HERA nur bedingt bedienen. Marktakteure berichten von verschleppten Verfahren und Regulierungslücken, die hohe Kosten erzeugen. Am Strommarkt warten Investoren beispielsweise seit mehr als zwei Jahren auf die Umsetzung einer neuen Berechnungsgrundlage für den Netzanschluss. Im künftigen Modell werden Netzkosten breiter verteilt, was für Investoren ein deutlich geringeres Risiko bedeutet. Doch HERA hat es bis jetzt versäumt, Einheitsnetzanschlussgebühren festzulegen, was private Investitionsprojekte aktuell blockiert. Auch der kroatische Rechnungshof stellt immer wieder Mängel in der Aufgabenwahrnehmung fest.
Genehmigungsprozesse führen zu Verzögerungen
Die Umsetzung von Energieprojekten ist an eine Reihe von Genehmigungen geknüpft. Dazu gehören Standort-, Energie- und Baugenehmigungen sowie Umweltverträglichkeitsprüfungen und die Zusage zum Netzanschluss. Kleinere Projekte mit einer Kapazität von weniger als 10 Megawatt Leistung können ohne Baugenehmigung umgesetzt werden, kleinere private Projekte sind auch von der Energiegenehmigung ausgenommen. Ist die Energiegenehmigung einmal erteilt, hat der Investor sieben Jahre Zeit, das Investitionsprojekt umzusetzen.
In der Praxis ist die Erteilung der Energiegenehmigung eines der ersten größeren Probleme von Investoren. Das liegt vor allem an langwierigen Bearbeitungszeiten, schlechter Kommunikation und mangelnder Transparenz bei den zuständigen Ämtern und Behörden. In der Energiedirektion des Wirtschaftsministeriums sind derzeit viele beratende und leitende Positionen nicht besetzt. Marktteilnehmer kritisieren, dass Sachbearbeiter fachlich nicht qualifiziert seien. Dazu kommen hohe Bearbeitungsgebühren, die bei rund 8.000 Euro pro Megawatt liegen. Investoren gehen schon mit dem Antrag eine erhebliche finanzielle Verpflichtung ein.
In der jüngsten EU-Verordnung zu erneuerbaren Energien RED III (Renewable Energy Directive III) schreibt die Kommission den Mitgliedstaaten explizit beschleunigte Genehmigungsverfahren und klare Fristen vor. Kroatiens Regierung hat bislang kein umfassendes Gesetz zur Umsetzung der Direktive vorgelegt und wurde dafür von der EU im September 2024 verwarnt.
Übertragungs- und Verteilnetze benötigen hohe Investitionen
Das Stromübertragungsnetz liegt in der Hand eines einzigen Netzbetreibers. HOPS (Hrvatski operator prijenosnog sustava) arbeitet formal unabhängig von der Muttergesellschaft, dem staatlichen Energiekonzern HEP und stellt die Übertragungsleitungen als öffentliche Dienstleistung marktneutral zur Verfügung. In der Praxis benachteiligt HOPS mitunter Marktteilnehmer, etwa indem nach Erteilung von Energiegenehmigungen dafür erforderliche technische Anschlussbedingungen modifiziert werden.
Die Verteilnetze gehören dem Betreiber HEP-ODS, der unter dem Dach der HEP-Gruppe operiert und für Betrieb, Wartung und Ausbau zuständig ist. Die kroatischen Verteilnetze sind genauso wie die Übertragungsnetze chronisch überlastet und stark veraltet. In den kommenden Jahren müssen die Betreiber auch angesichts zunehmender Schwankungen in der Stromerzeugung massiv in die Modernisierung investieren. Der Nationale Energie- und Klimaplan (NEKP) kalkuliert dafür bis 2030 Kosten in Höhe von 2,8 Milliarden Euro.
EU-Gelder stehen für energiepolitische Maßnahmen bereit
Kroatien steht als EU-Mitglied nicht nur in der Pflicht, die klimapolitischen Ziele der Gemeinschaft zu erreichen. Das Land kann dafür auch auf hohe Summen an EU-Fördermitteln zurückgreifen. Die EU ergänzte 2022 den EU-Wiederaufbaufonds (ARF) um die energiepolitische Komponente REPowerEU. In diesem Zuge wurden die ARF-Gelder aufgestockt und die Empfängerländer aufgefordert, konkrete Maßnahmenpläne aufzusetzen. Alle aus dem Wiederaufbaufonds finanzierten Projekte müssen bis Ende 2026 abgeschlossen sein.
Im kroatischen REPowerEU-Plan sind insgesamt 864,6 Millionen Euro für den Energiesektor vorgesehen. Davon fließen mit 559 Millionen Euro mehr als zwei Drittel in den Ausbau des LNG-Terminals auf der Insel Krk und den Bau neuer Pipelines. Wasserstofflösungen sollen mit 101 Millionen Euro gefördert werden. Für die Modernisierung des Stromübertragungs- und Verteilnetzes sind 99,5 Millionen Euro vorgesehen. Bereits 2022 wurden aus dem ursprünglichen Wiederaufbaufonds 235,7 Millionen Euro an den Übertragungsnetzbetreiber HOPS vergeben.
Weitere Gelder stehen Kroatien aus diversen Fonds des laufenden EU-Haushalts zur Verfügung. Allein aus dem EU-Modernisierungsfonds fließen bis 2030 geschätzt 1,3 Milliarden Euro in die Modernisierung des Energiesektors. Die Mittel werden über größere Ausschreibungsrunden vergeben, bisher vor allem für Projekte zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen und im Wärmebereich. Der letzte Projektaufruf wurde im Juli 2024 veröffentlicht. Zusätzlich laufen jährlich Sonderprogramme für private Haushalte.
Tipps für den Markteinstieg in Kroatien- Nutzen Sie lokale Netzwerke und Fachverbände, um frühzeitig Projekte zu identifizieren.
- Arbeiten Sie mit kroatischen Partnern, die fundierte Kenntnisse der regulatorischen Vorgaben mitbringen und bürokratische Hürden meistern können.
- Verzögerungen von Projekten sind nicht unüblich, planen Sie entsprechende zeitliche und finanzielle Puffer ein.
- Projekte für erneuerbare Energien werden staatlich gefördert, informieren Sie sich über verfügbare Fördermittel.
- Der kroatische Energiemarkt ist vergleichsweise klein, eignet sich aber zur Erschließung benachbarter Märkte.
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Von Kirsten Grieß
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Zagreb