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Wirtschaftsumfeld | Kolumbien | Arbeitskräfte

Fachkräfte

Das Angebot an spezialisierten Fachkräften ist zwar begrenzt. Doch die Unternehmen sind mit Ausbildungsniveau und Arbeitsmoral ihrer Angestellten meist zufrieden. 

Von Janosch Siepen | Bogotá

In Kolumbien gibt es viele Arbeitskräfte mit geringem Bildungsniveau. Hinzu kommen viele Absolventen geistes- und humanwissenschaftlicher Studiengänge, auf die der Bildungsmarkt nach Aussage eines Personalers noch zu stark fokussiert ist. Die Zahl der Fachkräfte und Techniker ist dementsprechend geringer. Dennoch berichten deutsche Unternehmen, dass sie in der Regel gutes Personal finden. Das liege zum Teil an den renommierten Namen der Unternehmen.

Laut einer Studie des Think Tanks ANIF entfallen 36 Prozent der Absolventen auf die Fachrichtungen Wirtschaft, Verwaltung und Rechnungswesen, 22 Prozent auf Ingenieurwesen sowie Architektur und 20 Prozent auf Geistes- und Sozialwissenschaften. 

Personalsuche ist einfacher als in Europa

Bei der Verfügbarkeit von Fachkräften spielt der Standort eine Rolle. In Industriezentren wie Barranquilla sei es leichter, Personal zu finden. Generell gestalte sich die Personalsuche in Kolumbien einfacher als in europäischen Ländern: Eine junge Bevölkerung und viele Hochschulabsolventen sorgen für ein gutes Arbeitskräfteangebot. Dennoch steigt in einigen Dienstleistungsbranchen der Wettbewerb um Fachkräfte. Daher müsse vor allem ein Zugehörigkeitsgefühl geschaffen werden, um die Mitarbeitenden zu binden und die Fluktuation gering zu halten, berichtet eine Firma. Vorgesetzte sollten vor Ort sein und Zeit investieren. 

Hohe Arbeitslosigkeit und Informalität

Die Arbeitslosenquote lag im Juni 2024 bei 10,3 Prozent. Strukturelle Probleme bestehen weiterhin. Die Arbeitslosigkeit ist regional sehr unterschiedlich. Außerdem ist die Informalität auf dem kolumbianischen Arbeitsmarkt sehr hoch. Zahlen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zufolge arbeiten 56 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung informell. Eine geplante Arbeitsreform sorgt in Kolumbien derzeit für Diskussionen. Kritiker befürchten weniger Flexibilität und Mehrkosten für Arbeitgeber. Dies könnte insbesondere die Software- und IT-Branche treffen und den Fachkräftemangel in diesem Sektor verschärfen. 

Deutsche Firmen mit Ausbildungsniveau zufrieden

Deutsche Unternehmen in Kolumbien sind in der Regel mit dem Bildungsniveau ihrer Mitarbeitenden zufrieden. Personaler geben zu bedenken, dass die Englischkenntnisse häufig ein Problem darstellen. Teilweise fehle auch die Fähigkeit zu analytischem und kritischem Denken. Das Ausbildungsangebot der öffentlichen Institutionen ist in vielen Fällen nicht auf die Bedürfnisse der lokalen Wirtschaft ausgerichtet.

Zu den renommiertesten Universitäten Kolumbiens zählen die Universidad de los Andes, die Universidad Nacional de Colombia und die Pontifica Universidad Javeriana, heißt es im aktuellen QS-Ranking der besten Universitäten 2025. Absolventen dieser Universitäten kommen als Angestellte für deutsche Unternehmen meist infrage. Auch kleinere, aber traditionsreiche Universitäten wie die Universidad del Rosario haben ein hohes Ausbildungsniveau. Bei Absolventen anderer, weniger bekannter Institutionen sollten Unternehmen das Niveau der Bewerber genau prüfen. Kolumbiens Regierung eröffnete im August 2024 eine Fakultät für künstliche Intelligenz, die erste in Lateinamerika, die an der Universität von Caldas angesiedelt ist und ab 2025 Studierende aufnimmt.

Duale Ausbildungsprogramme werden in Kolumbien vom Servicio Nacional de Aprendizaje (SENA) organisiert. Dabei wechseln Auszubildende rund alle drei bis sechs Monate zwischen Schule und Betrieb. Laut Aussagen des Unternehmens Vonovia und den Arbeitsagenturen beider Länder ist die Ausbildung in Kolumbien mit der in Deutschland vergleichbar. Der Abschluss des SENA ist landesweit standardisiert. Laut Daniela Schwarzbach, Projektleiterin für Fachkräftevermittlung bei der Deutsch-Kolumbianischen Industrie- und Handelskammer (AHK Kolumbien), wird die Ausbildung zunehmend digitalisiert und Themen wie erneuerbare Energien und Nachhaltigkeit werden wichtiger. "Im Vergleich zu Deutschland ist die Ausbildung in Kolumbien zum Teil weniger spezialisiert. Andererseits braucht man für manche Berufe, die in Deutschland eine Ausbildung erfordern, in Kolumbien ein Studium. Zum Beispiel bei Erziehern oder Krankenpflegern", sagt Schwarzbach. Verglichen mit Deutschland sei in MINT-Berufen in Kolumbien der Frauenanteil deutlich höher.

Bei sehr speziellen Positionen wie beispielsweise im Vertrieb von onkologischen Geräten können Personalvermittlungsagenturen helfen. Die wichtigsten Agenturen in Kolumbien sind Michael Page und Hays, bei deutschen Unternehmen ist zudem Top Management beliebt.

Arbeitsmoral ist hoch

Unternehmen loben die Arbeitsmoral in Kolumbien. Die Menschen gelten als motiviert und fleißig. Viele Angestellte würden sogar nebenberuflich weiterstudieren, um sich fortzubilden, berichtet ein Unternehmer. Weiterbildungen sind üblich. Allerdings wechseln Beschäftigte häufig den Arbeitsplatz. Die Gesetzeslage erlaubt sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern kurzfristige Kündigungen. Zwar investieren Unternehmen nur ungern viel Zeit in die teure Ausbildung ihrer Beschäftigten. Allerdings binden Firmen ihre Angestellten durch Sachleistungen oder Prämien an sich. Es empfiehlt sich, ein Zugehörigkeitsgefühl unter den Mitarbeitenden zu schaffen. Präsenz vor Ort und Teambuildingmaßnahmen helfen dabei. Das hält im besten Fall die Fluktuationsrate niedrig. 

Kolumbien im weltweiten Vergleich

Folgende Karte ermöglicht den Vergleich zwischen zahlreichen Ländern weltweit. Bitte beachten Sie, dass die Werte in der Karte aus international standardisierten Quellen stammen und somit ggf. von Angaben aus nationalen Quellen im Text abweichen können.

 

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