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Marktchancen
Kroatien hat die EU-Abfall- und Recyclingziele bis 2020 bei Weitem nicht erreicht. Die Entsorgungsbranche ist an modernsten Technologien interessiert.
05.04.2023
Von Waldemar Lichter | Budapest
Umsetzung von EU-Standards braucht mehr Tempo
Kroatien muss mehr tun, um ein EU-konformes System der integrierten Abfallbewirtschaftung zu schaffen. Das beim EU-Beitritt vereinbarte Ziel, bis zum Jahr 2020 mindestens 50 Prozent der Siedlungsabfälle getrennt zu sammeln und wiederzuverwerten, hat das Land weit verfehlt. Der Anteil lag 2021 bei mageren 31 Prozent. Noch ungünstiger war das Ergebnis bei der Deponierungsquote von biologisch abbaubaren Abfällen. Statt 35 Prozent wurden 2021 knapp 80 Prozent der einschlägigen Abfallmenge deponiert. Auch ein funktionierender Markt für Sekundärrohstoffe ist noch nicht vorhanden.
Mit dem neuen Abfallbewirtschaftungsgesetz von 2021 (Zakon o gospodarenju otpadom, Amtsblatt Narodne novine 84/2021) werden die 2018 beschlossenen strengeren EU-Zielvorgaben in nationales Recht umgesetzt. Allerdings kann das Land unter bestimmten Umständen bei deren Nichterfüllung längere Übergangsfristen beanspruchen. Demnach könnte das für 2025 angepeilte Recyclingziel bei Siedlungsabfällen von 55 Prozent um bis zu fünf Jahre verlängert werden.
Bei der Wiederverwertung von Siedlungsabfällen schneidet Kroatien im EU-Vergleich trotz eines deutlichen Aufwärtstrends schlecht ab. So verbesserte sich die Recyclingquote nach Angaben von Eurostat von 4,0 Prozent im Jahr 2010 auf 31,4 Prozent im Jahr 2021. Im EU-Durchschnitt lag diese Kennzahl jedoch bei 49,6 Prozent. Schlechter als Kroatien waren 2021 in der EU nur Rumänien (11,3 Prozent), Malta (13,6), Zypern (15,3), Estland (30,3) und Portugal (30,5).
In der Abfalltrennung ist das Niveau unterschiedlich
Ein deutlicher Fortschritt bei der Abfalltrennung ist einer regen Investitionstätigkeit beim Aufbau der erforderlichen Infrastruktur zu verdanken. Insgesamt ist der Anteil von getrennt gesammelten Siedlungsabfällen (einschließlich der gesondert erfassten Abfallströme wie Papier und Kunststoffe) von 28 Prozent (2017) auf 43 Prozent (2021) gestiegen. Allerdings fällt die Quote regional unterschiedlich aus. In 7 Prozent der Gemeinden wird überhaupt keine Abfalltrennung durchgeführt. Die besten Ergebnisse kann die Gespanschaft Međimurje in Nordwest-Kroatien verbuchen.
Der Anteil des in Deponien entsorgten Abfalls ist trotz einiger Fortschritte immer noch hoch. Hatte dieser 2008 noch 96,8 Prozent betragen, so ging dieser Wert bis zum Jahr 2021 auf 58,3 Prozent zurück. Im EU-Durchschnitt belief sich dieser 2021 auf 22,9 Prozent. Besorgniserregend ist es Angaben der EU-Kommission zufolge, dass eine große Anzahl der Müllhalden, die den Vorgaben der EU-Deponierichtlinie nicht entsprechen, immer noch in Betrieb ist.
2016 | 2018 | 2020 | |
---|---|---|---|
.Baugewerbe und Bergbau | 2.017 | 1.928 | 2.125 |
.Haushalte | 1.144 | 1.294 | 1.212 |
.Entsorgungswirtschaft und Wasserversorgung | 538,1 | 699,6 | 977,3 |
.Dienstleistungsgewerbe | 603,2 | 507,9 | 605,8 |
.Agrarsektor | 496,2 | 550,5 | 565,3 |
.Industrie und Energieversorgung | 568,7 | 564,4 | 518,1 |
Abfall insgesamt, davon 2) | 5.367 | 5.543 | 6.004 |
.stoffliche Verwertung | 35,1 | 37,9 | 41,7 |
.energetische Verwertung | 0,7 | 1,3 | 3,5 |
.Verbrennung ohne Energiegewinnung | 0 | 0 | 0 |
.Deponieablagerung und sonstige Beseitigung | 32,8 | 28,7 | 23,8 |
Abfallmanagementplan bis 2028 legt Schwerpunkte für Investitionen fest
Die Pläne für Reformen und Investitionen im Abfall- und Recyclingsektor bis 2028 hat das Wirtschaftsministerium im Februar 2023 im Entwurf des neuen Abfallmanagementplans vorgestellt. Insgesamt soll die Durchführung aller Maßnahmen einschließlich derjenigen zur Abfallvermeidung 2,18 Milliarden Euro kosten. Der größte Teil des Investitionsbedarfs entfällt auf den Ausbau der Recyclingkapazitäten (912,4 Millionen Euro) und die Errichtung von Abfallmanagementzentren (725 Millionen Euro).
Großen Nachholbedarf gibt es bei der Wiederverwertung von Kunststoffabfällen, in die bis 2028 etwa 346 Millionen Euro investiert werden sollen. Die landesweiten Kapazitäten zur stofflichen Aufbereitung von Papier und Glas gelten als ausreichend.
Hoher Bedarf besteht ferner an Sortieranlagen für getrennt gesammeltes Papier, Metall, Glas und Kunststoffe, deren Ausbau bis 2028 gute 273 Millionen Euro kosten soll. Insgesamt 183 Millionen Euro sind für die Wiederverwertung von Bioabfällen eingeplant. Für die Sanierung von Müllkippen (ungefährlicher Abfall) sowie wilden Deponien sind rund 262 Millionen Euro eingeplant.
Nach dem Ausbau der Abfallwirtschaftszentren wird ab 2028 Schätzungen zufolge jährlich rund 400.000 Tonnen Brennstoff aus Müll entstehen. Dazu kommt noch die Entsorgung von Klärschlamm, der in Kläranlagen vorübergehend gelagert oder ins Ausland exportiert wird.
Private Investoren sollen eine wichtige Rolle spielen
Ein großer Teil der vorgesehenen Maßnahmen soll von privaten Investoren finanziert werden. Der Ausbau des künftigen Abfallwirtschaftszentrums Zagreb könnte im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft realisiert werden. Ein weiterer Teil der vorgesehenen Maßnahmen soll aus EU-Mitteln sowie vom Fonds für Umweltschutz und Energieeffizienz (FZOEU), Gemeinden und Gespanschaften finanziert werden.
Nach Angaben des kroatischen Wirtschaftsministeriums stehen dem Land aus dem EU-Finanzierungsinstrument Next Generation für nachhaltige Abfallbehandlung bis 2026 rund 166 Millionen Euro zur Verfügung. Ausgeschrieben wurden bisher die Sanierung von Müllkippen (10,6 Millionen Euro) sowie die Errichtung von Kompostieranlagen (47 Millionen Euro) und Recyclinghöfen (8,5 Millionen Euro). Aus dem EU-Kohäsionsfonds sind rund 167 Millionen Euro für den Bereich Abfallbehandlung eingeplant.
Landesweit entstehen Abfallwirtschaftszentren
Eine Schlüsselrolle spielen Abfallwirtschaftszentren (centar za gospodarenje otpadom), die in allen Regionen entstehen sollen. Deren Bau wird aus EU-Mitteln kofinanziert. Ursprünglich war der Bau von 21 Abfallwirtschaftszentren vorgesehen, deren Zahl ist jedoch auf elf reduziert worden.
In Kroatien sind drei Abfallwirtschaftszentren in Betrieb: Marišćina (Primorje- Gorski kotar), Kastijun (Istrien) und Bikarac (Sibenik-Knin). Fachleute kritisieren aber, dass darin zum Teil veraltete Technologie verbaut worden sei. Die Errichtung der Abfallwirtschaftszentren wird durch langwierige Raumplanungsverfahren, lange Ausschreibungsprozeduren und stark gestiegene Baukosten behindert.
Abfallwirtschaftszentrum (AWZ)/ geplante Kapazität in Tonnen pro Jahr*) | Investition, in Millionen Euro | Stand | Projektträger |
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AWZ Zagreb für Hauptstadt und Umland; 180.000 | 167 | Projektunterlagen liegen vor; für Bauarbeiten Antrag auf Kohäsionsmittel 2021- 2027 geplant | |
AWZ Piskornica für Gespanschaften Krapina-Zagorje, Varazdin, Medjimurje, Koprivnica-Krizevci und Bjelovar-Bilogora; 110.000 | 120 | Anfang 2023 Bauvertrag an das slowenische Bauunternehmen Kostak d.d. Krsko vergeben; Finanzierungsengpässe wegen stark gestiegener Baukosten | |
AWZ Lecevica in Split-Dalmatien; 110.000 | 120 | Ende 2022 Bauvertrag ans kroatisch- slowenische Baukonsortium von Saradjen, GH Holding und VGP Drava Ptuj vergeben | |
AWZ Orlovnjak für Osijek-Baranja und Vukovar-Srijem; 60.000 | 81 | Projektunterlagen liegen vor; für Bauarbeiten Antrag auf Kohäsionsmittel 2021- 2027 geplant | |
AWZ Sagulje für Pozega-Slawonien, Slavonski Brod-Posavina, Teile von Sisak-Moslavina und Virovitica-Podravina; 55.000 | 75 | Ausschreibung für Bauarbeiten für das 4. Quartal 2023 angekündigt | |
AWZ Lucino Razdolje in Dubrovnik-Neretva; 40.000 | 74 | Geplante Inbetriebnahme: 2026; Bauauftrag an das kroatische Konsortium von Magnum supra d.o.o. und Elektrocentar Petek d.o.o. erteilt | |
AWZ Biljane Donje für Zadar und Teil der Gespanschaft Lika-Senj; 88.000 | 65 | Geplante Inbetriebnahme bis Ende 2023; Bauzuschlag an das slowenische Unternehmen Riko vergeben | |
AWZ Babina Gora für Karlovac, Teile von Lika-Senj sowie Sisak-Moslavina; 30.000 | 57 | Bauarbeiten im November 2022 ans bosnisch-herzegowinische Baukonsortium von Hering, Elcom und Enova vergeben |