Wirtschaftsumfeld | Kroatien | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Lohnkosten
Nach einem vorübergehenden Rückgang infolge der Coronakrise stiegen die Arbeitskosten kontinuierlich an. Kroatien ist nach wie vor günstiger als Slowenien.
07.07.2023
Von Waldemar Lichter, Snjezana Buhin Peharec | Zagreb
Löhne und Gehälter
Der durchschnittliche Bruttomonatslohn ist in Kroatien deutlich höher als in anderen Ländern des ehemaligen Jugoslawiens. Nur in Slowenien wurden 2022 um rund ein Drittel höhere Löhne gezahlt. Es gibt ein beträchtliches Lohngefälle zwischen öffentlichem und privatem Sektor.
Zudem sind die Löhne regional sehr unterschiedlich. Nach Angaben des Internetportals MojPosao wurden 2022 die höchsten Löhne in der Hauptstadt Zagreb und deren Umland gezahlt. Generell sind die Gehälter in den Verwaltungsbezirken (Gespanschaften) an der Küste wie Dubrovnik-Neretva, Primorje-Gorski kotar, Split-Dalmatien und Istrien höher als im Hinterland.
Die höchsten Gehälter wurden 2022 laut Erhebung des Internetportals MojPosao außer bei Führungskräften im Bereich Forschung und Entwicklung sowie in der Informations- und Telekommunikationsbranche gezahlt. Die niedrigsten Bezüge wurden bei Hilfsarbeitern, in der Textil- und Lederverarbeitung sowie in einigen Dienstleistungssparten registriert.
Die Regierung bereitet eine Einkommensteuerreform vor, die ab 2024 vor allem Niedriglohnverdienern höhere Nettoverdienste ermöglichen soll.
2020 | 2021 | 2022 | 2023 1) | |
---|---|---|---|---|
nominal in Kuna (K) | 9.216 | 9.599 | 10.400 | - |
nominal in Euro | 1.223 | 1.274 | 1.380 | 1.500 3) |
reale Veränderung (in %) 2) | 2,4 | 1,6 | -2,3 | 2,0 |
Durchschnittliche Bruttomonatslöhne nach Regionen
Das Nord-Süd-Gefälle und die Eigentumsstruktur in den Unternehmen haben einen großen Einfluss auf die gezahlte Vergütung. Nach Erhebungen der Stellenbörse MojPosao bezahlten 2022 ausländische Unternehmen in Kroatien ihre lokalen Beschäftigten oft besser als inländische Unternehmen - im Durchschnitt um 13 Prozent.
Bei allen Angaben des kroatischen Statistikamtes ist zu beachten, dass die amtlich erfassten Löhne niedriger sein können, als die tatsächlich gezahlten. Früheren Erhebungen zufolge haben mindestens 6,6 Prozent der registrierten Arbeitnehmer noch eine zusätzliche Gehaltsauszahlung "bar auf die Hand" erhalten. Diese Praxis ist vorwiegend im Bausektor sowie in einigen Dienstleistungssparten anzutreffen.
Die Gesamtarbeitskosten pro Arbeitsstunde lagen in Kroatien 2022 nach Eurostat-Angaben mit durchschnittlich 12,10 Euro in etwa auf dem gleichen Niveau wie in Polen (12,50 Euro). In Slowenien beliefen sie sich auf 23,10 Euro. Seit 2008 sind diese Kosten in Kroatien nominal um 31,5 Prozent gestiegen.
2022 (in Euro) | Veränderung 2022/2021 (in %) * | |
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Insgesamt | 1.380 | 8,3 |
Bauwirtschaft | 1.095 | 9,0 |
Bergbau | 1.634 | 9,6 |
Verarbeitendes Gewerbe, darunter | 1.264 | 8,9 |
Nahrungsmittelindustrie | 1.133 | 9,3 |
Getränkeindustrie | 1.667 | 15,4 |
Textilindustrie | 1.013 | 11,4 |
Holzindustrie | 1.008 | 10,9 |
Papierindustrie | 1.259 | 9,7 |
Chemische Industrie | 1.312 | 6,5 |
Gummi- und Kunststoffindustrie | 1.107 | 8,7 |
Maschinenbau | 1.434 | 8,9 |
Metallverarbeitung | 1.248 | 10,0 |
Elektrotechnik | 1.578 | 9,0 |
Fahrzeugbau | 1.415 | 31,5 |
Handel, Reparaturen | 1.249 | 9,9 |
Hotel und Gastronomie | 1.111 | 14,8 |
Transport und Lagerung | 1.308 | 9,0 |
Information und Kommunikation | 2.057 | 11,1 |
Finanzwesen, Banken, Versicherungen | 1.970 | 7,4 |
Immobilienbranche | 1.288 | 8,0 |
Löhne und Gehälter werden in Kroatien meist netto (nach Steuern und Abgaben) vereinbart. Ab 2023 müssen sie aber in Arbeitsverträgen mit dem entsprechenden Bruttobetrag ausgewiesen werden. Für bestimmte Branchen oder Bereiche handeln Tarifpartner Kollektivverträge aus. In Kroatien gilt seit 2008 ein gesetzlicher Mindestlohn. Für Vollzeitbeschäftigte beträgt dieser 700 Euro brutto pro Monat (2023). In Ausnahmefällen kann durch Kollektivvertrag ein niedrigerer Mindestbetrag vereinbart werden. Er darf jedoch 95 Prozent des Mindestlohns nicht unterschreiten. Das Mindestgehalt erhielten 2018 etwa 3,2 Prozent aller Beschäftigten. Von den 22 Ländern der Europäischen Union mit gesetzlichem Mindestlohn liegt Kroatien zusammen mit der Slowakei auf Platz 18, so Berechnungen der europäischen Agentur Eurofound. Niedriger sind die Mindestbezüge nur in Ungarn, Rumänien, Lettland und Bulgarien.
2023 (in Euro) 2) | |
Geschäftsführerin eines großen Unternehmens (über 250 Beschäftigte) | 160.891 |
Geschäftsführerin eines kleinen bis mittleren Unternehmens | 115.721 |
Vertriebsleiterin | 72.002 |
Ingenieurin Fertigung | 22.896 |
Systemprogrammiererin | 36.882 |
Assistentin der Geschäftsführung | 21.652 |
Buchhalterin | 20.927 |
Fahrerin | 14.504 |
2021 (in K) | Veränderung 2021/20 (in %) 1) | 2021 (in Euro) 2) | |
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Angelernte Arbeiterin (Tätigkeiten, die in wenigen Tagen zu erlernen sind und für die keine spezielle Berufsausbildung notwendig ist), unskilled 3) | 5.955 | 6,7 | 791 |
Mitarbeiterin, die unter Aufsicht Tätigkeiten ausführt, für die eine mehrjährige Berufsausbildung erforderlich ist, semi-skilled | 6.276 | 2,8 | 834 |
Ausgebildete Mitarbeiterin mit mehrjähriger, praktischer Berufserfahrung, die Aufgaben zuverlässig ohne Aufsicht durchführen und Fertigungsprozesse einrichten kann, skilled | 7.027 | 6,5 | 933 |
Mitarbeiterin mit mehrjähriger Erfahrung und Leitungsbefugnis, die als Vorarbeiterin die Arbeit von Produktionsbereichen verantwortet, highly skilled | 8.723 | 6,9 | 1.159 |
Weitere Lohnbestandteile
Gezahlt werden in der Regel zwölf Monatsgehälter pro Jahr. Hinzu kommt eine Reihe von zum Teil steuerfreien Sonderzulagen. Dazu gehören unter anderem Leistungen für Kinder, Weihnachts- und Urlaubsgeld. Im Herbst 2019 wurden der Umfang sowie die Höhe der steuerfreien Zulagen deutlich ausgeweitet. Diese Zusatzleistungen sind von den Arbeitgebern als Folge der Coronakrise teilweise stark eingeschränkt worden. Angesichts des wachsenden Fachkräftedefizits haben sie jedoch weiterhin eine große Bedeutung.
Laut einer Umfrage von MojPosao hatten 2022 mehr als drei Viertel der kroatischen Arbeitnehmer Anrecht auf mindestens einen Leistungsanreiz. Dazu gehört vor allem die Erstattung von Dienstreisekosten und der Fahrtkosten zum und vom Arbeitsplatz sowie die private Nutzung des Diensthandys. Eher selten werden dagegen Sportaktivitäten oder die Beiträge zur privaten Rentenversicherung bezuschusst.
Sozialversicherungsbeiträge
Die Sozialabgaben der Arbeitnehmer bestehen vor allem aus Beiträgen zur Rentenversicherung, die der Arbeitgeber in Höhe von 20 Prozent vom Bruttolohn direkt einbehält und abführt. Im Zuge der Anfang 2019 durchgeführten Steuerreform wurden die Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosen- und Arbeitsunfallversicherung abgeschafft. Dadurch hat sich die Arbeitgeberbelastung von 17,2 Prozent auf 16,5 Prozent des Bruttogehalts verringert. Vom Arbeitgeber ist nur noch der Beitrag zur Krankenversicherung zu tragen. Bei einer unbefristeten Einstellung von unter 30-Jährigen sind die Arbeitgeber für fünf Jahre von der Abführung der Sozialbeiträge befreit.
Lohnfortzahlungen im Falle des Mutterschutzes/Elternurlaubs trägt von Anfang an die Krankenkasse HZZO, und zwar für das erste halbe Jahr in voller Höhe. Ab 70 Tagen nach der Geburt kann das Anrecht auf Elternurlaub auf den Vater übertragen werden. Der Arbeitgeber muss den Arbeitsplatz beim ersten und zweiten Kind für mindestens ein Jahr nach der Geburt des Kindes, bei Mehrlingsgeburten und weiteren Kindern auch länger sichern.
Arbeitgeber | Arbeitnehmer | |
---|---|---|
Rentenversicherung | 0 | 20 |
Krankenversicherung | 16,5 | 0 |
Insgesamt | 16,5 | 20 |