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Liberia plant Ausbau der Stromkapazitäten

Mehrere Wasserkraftwerke sollen entstehen oder erweitert werden. Neben Wasserkraft setzt Liberia auf Solarenergie.

Von Corinna Päffgen | Accra

Liberias Stromsektor hat in allen Bereichen großen Nachholbedarf. Die Elektrifizierungsrate beträgt nach Angaben der Weltbank gerade einmal 30 Prozent. Rund 50 Prozent der urbanen Bevölkerung und weniger als 10 Prozent der Bevölkerung in ländlichen Gegenden haben Zugang zu Strom.

Neben Strom aus Wasserkraft wird vor allem mit Dieselgeneratoren Elektrizität erzeugt. Teilweise betreiben Unternehmen ihre gesamte Produktion mit Generatoren. Hohe Energiekosten und weitere strukturelle Defizite hemmen die wirtschaftliche Dynamik des Landes und schrecken Investoren ab. Der geplante Ausbau der Stromerzeugungskapazitäten kann deshalb für wichtige Impulse sorgen.

Stromnachfrage wird deutlich steigen

Der Bedarf an Energie in Liberia wird zunehmen, Branchenkenner gehen von einer Zunahme der Nachfrage auf etwa 300 Megawatt bis zum Jahr 2028 aus. Treiber sind unter anderem Expansionspläne von Bergbauunternehmen und Anschluss-Pläne von produzierenden Unternehmen, Gastgewerbe und Büro- sowie Wohngebäuden an das öffentliche Stromnetz.

Liberia kann seinen derzeitigen Strombedarf von etwa 90 Megawatt aufgrund eingeschränkter Erzeugungskapazitäten nicht decken. Diese liegen bei rund 125 Megawatt, wobei 88 Megawatt aus Wasserkraft und 38 Megawatt aus einem HFO-Kraftwerk (Heavy Fuel Oil) sowie Dieselgeneratoren stammen. Die grundsätzlich ausreichenden Kapazitäten zur Deckung des Strombedarfs sind aktuell jedoch nur begrenzt nutzbar. Das HFO-Kraftwerk Bushrod-Island, das mit Schweröl betrieben wird, ist derzeit außer Betrieb. Beim Mount-Coffee-Wasserkraftwerk am Saint-Pauls-River laufen momentan nur drei von insgesamt vier Turbinen. Die ausgefallene Turbine soll in diesem Jahr repariert werden. Darüber hinaus schwankt die Erzeugung zwischen Regen- und Trockenzeit deutlich, vor allem während der Trockenzeit kommt es aufgrund von Niedrigwasser zu Ausfällen.

Zur Deckung des Bedarfs importiert Liberia deshalb Strom aus dem Nachbarland Côte d'Ivoire, mit dem Liberia im Rahmen des grenzüberschreitenden Stromverbunds zwischen Côte d'Ivoire, Liberia, Sierra Leone und Guinea verbunden ist. Der CLSG-Stromverbund ist Teil des Westafrikanischen Stromverbunds (West African Power Pool, WAPP).

Mammut-Projekt „Saint Paul River II“ in Planung

Zur Deckung des derzeitigen und künftigen Bedarfs plant Liberia den Ausbau der Erzeugungskapazitäten und die Vorantreibung der Elektrifizierung. Das Wasserkraftwerk Mount Coffee (Saint Paul River I) mit einer Kapazität von 88 Megawatt soll durch eine Erweiterung der Anlage einschließlich zwei weiterer Turbinen zusätzliche 40 Megawatt produzieren können. Finanziert wird der Ausbau durch das RESPITE-Programm (Regional Emergency Solar Power Intervention Project) der Weltbank. 

Des Weiteren plant Liberia den Neubau eines Wasserkraftwerks mit einer Leistung von 150 Megawatt. Das Saint Paul River II-Projekt sieht den Bau eines Staudamms sowie eines großen Wasserrückhaltebeckens vor. Eine Machbarkeitsstudie und die Umwelt- sowie Sozialverträglichkeitsprüfung stehen kurz vor dem Abschluss. Ein Teil des Projekts wird von der Weltbank finanziert, die restliche Finanzierung ist noch offen.

Für deutsche Unternehmen können sich interessante Geschäftsmöglichkeiten ergeben, zum Beispiel bei der Lieferung von Turbinen, Generatoren, Leittechnik sowie elektrischer und mechanischer Kraftwerksausrüstung. Bedarf besteht zudem an entsprechenden Mitarbeiter-Schulungen und Kapazitätsbildung in den Bereichen Betrieb und Wartung.

Weltbank unterstützt Bau des ersten Solar-Großkraftwerks

Im Rahmen der politischen Strategie zum Ausbau grüner Energie möchte Liberia künftig weniger Strom aus fossilen und dafür mehr aus erneuerbaren Quellen beziehen. Neben dem Ausbau des Saint Paul River I-Projekts ist der Bau eines Solarkraftwerkes auf dem gegenüberliegenden Ufer des Flusses mit einer Kapazität von 22 Megawatt geplant. Das Photovoltaik-Projekt wird ebenfalls durch das RESPITE-Programm der Weltbank finanziert. Dies ist das erste Projekt in dieser Dimension, bislang kommen Solaranlagen aus Kostengründen kaum zum Einsatz.

Elektrifizierung wird vorangetrieben

Zwar ist die Elektrifizierungsrate in Liberia immer noch sehr gering, aber der Anteil der Bevölkerung mit Zugang zu Strom konnte von 23 Prozent im Jahr 2019 auf 30 Prozent im Jahr 2021 gesteigert werden. Das Stromübertragungsnetz wird derzeit ausgebaut; bis Ende 2023 soll es eine Gesamtlänge von 2.000 Kilometer erreichen. Künftig möchte Liberia zu einem Exporteur von grünem Strom werden.

Große Herausforderung ist neben dem Anschluss an das Netz die Eintreibung der Stromkosten. Stromdiebstahl ist relativ weit verbreitet und das Stromnetz wird illegal angezapft. Allerdings konnte hier die Strombehörde Liberia Electricity Corporation (LEC) in letzter Zeit signifikante Fortschritte erzielen und kommerzielle Verluste von mehr als 50 auf etwa 30 Prozent reduzieren.

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