Branchen | Luxemburg | Medizintechnik
Luxemburg plant große Krankenhausinvestitionen
Luxemburg beschafft in den kommenden Jahren viel Medizintechnik. Zwei Klinikneubauten mit zahlreichen fachmedizinischen Abteilungen kosten 1,4 Milliarden Euro.
22.02.2023
Von Torsten Pauly | Berlin
Die luxemburgischen Gesundheitsausgaben haben sich 2020 auf 5.875 Euro pro Kopf summiert. Das ist das vierthöchste Niveau unter allen Mitgliedsstaaten der OECD (Organisation for Economic Cooperation and Development). Die OECD umfasst 38 hochentwickelte Volkswirtschaften mit demokratischer Verfassung. Die hohen Gesundheitsausgaben sind möglich, weil Luxemburg die stärkste Wirtschaftsleistung pro Kopf in der Europäischen Union (EU) erbringt. Auf den öffentlichen Gesundheitssektor entfallen 86 Prozent aller Aufwendungen.
Klinikzentrum in der Hauptstadt wächst
In den kommenden Jahren stehen große Krankenhausinvestitionen an. Das bedeutendste Projekt ist die Modernisierung und Erweiterung des Klinikzentrums CHL (Centre Hospitalier de Luxembourg). Hierfür sind 821 Millionen Euro veranschlagt. Die Arbeiten haben Ende 2022 begonnen und sollen 2028 abgeschlossen sein.
Das CHL erhält auf dem Gelände der früheren Entbindungsklinik ein neues Gebäude. Der Neubau bietet auf zwölf Stockwerken und 54.000 Quadratmetern unter anderem Platz für 474 Betten und 18 Operationssäle. Davon werden drei auf kardiologische Eingriffe spezialisiert sein. Es entsteht auch eine Notaufnahme, die täglich bis zu 315 Patienten versorgen kann.
Bau der Südspidol-Klinik verzögert sich
Das zweite luxemburgische Großprojekt ist die Südspidol-Klinik in Esch-sur-Alzette. Diese einst von der Stahlindustrie geprägte Stadt an der Grenze zu Frankreich hat sich in den letzten Jahrzehnten zum Hochschul- und Dienstleistungszentrum gewandelt. Auch für das Südspidol sind die Investitionen mit über 570 Millionen Euro sehr hoch.
Die Klinik wird Teil des Krankenhausbetreibers CHEM und soll dessen Leistungen teilweise konzentrieren. Vorgesehen sind unter anderem Intensiv- und Reha-Stationen sowie solche für Geburtshilfe, Onkologie, Geriatrie und Psychiatrie. Das Südspidol soll auch als Militärkrankenhaus dienen und höchsten Nachhaltigkeitsstandards entsprechen. Die Realisierung des Projekts zieht sich allerdings in die Länge. Grund dafür ist, dass das ursprüngliche Architektenbüro den Bau nicht bis zum Ende betreut. Die Fertigstellung soll jetzt 2030 erfolgen.
Wachsende und alternde Bevölkerung erfordert Investitionen
Die demografische Entwicklung macht einen starken Ausbau des Gesundheitswesens nötig. Das hohe Wirtschaftswachstum hat in den letzten Jahren zum Zuzug vieler qualifizierter Arbeitskräfte geführt. Daher zählte Luxemburg 2022 etwa 23 Prozent mehr Einwohner als 2012.
Diese Entwicklung soll anhalten. Das europäische Statistikamt Eurostat erwartet, dass 2032 nochmals 9 Prozent mehr Menschen in Luxemburg leben werden als 2022. Die Zahl der Bevölkerung über 64 Jahren soll bis 2032 sogar um 40,2 Prozent steigen. Der luxemburgische Arbeitgeberverband UEL schätzt, dass bis 2030 etwa 300.000 Stellen neu oder wegen Rentenabgängen nach zu besetzen sind. Dies entspricht knapp der Hälfte der 2022 in Luxemburg ansässigen Bevölkerung.
Medizintechnikausstattung ist OECD-Mittelmaß
Bereits jetzt ist die medizintechnische Versorgung trotz der hohen Finanzkraft noch ausbaufähig. Bei der Ausstattung mit modernsten Geräten auf 100.000 Einwohner hat das luxemburgische Gesundheitswesen in vielen Sparten zuletzt nur einen mittleren OECD-Rang belegt.
Sparten | Geräte je 100.000 Einwohner | OECD-Rang *) |
---|---|---|
Computertomografen | 2,2 | 17 |
Magnetresonanztomografen | 1,8 | 10 |
Positronen-Emissions-Tomografen | 1,6 | 20 |
Mammografen | 1,1 | 21 |
Gammakameras | 1,1 | 7 |
Geräte zur Strahlentherapie | 1,0 | 9 |
Importabhängigkeit ist sehr hoch
Luxemburg muss Medizintechnik überwiegend importieren. Im Land selbst gab es 2020 insgesamt 56 Branchenbetriebe. Diese hatten im Schnitt zehn Beschäftigte. Der Gesamtumsatz belief sich auf 53 Millionen Euro.
Im Jahr 2021 hat Luxemburg wichtige Medizintechniksegmente im Umfang von 131 Millionen Euro eingeführt. Das waren 6,9 Prozent weniger als 2020. Im Jahr des Ausbruchs der Coronapandemie hatte Luxemburg verstärkt Atmungs-, Röntgen- und andere Diagnosegeräte beschafft. Zuletzt stiegen die Medizintechnikimporte wieder: Zwischen Januar und Oktober 2022 war das Niveau um 11,4 Prozent höher als in den ersten zehn Monaten 2021.
Produktgruppe (SITC-Position) | 2021 | Veränderung 2021/2020 |
---|---|---|
Insgesamt, davon | 131,1 | -6,9 |
Orthopädietechnik, Prothesen etc. (899.6) | 45,1 | 19,6 |
Spritzen, Nadeln, Katheter, Kanülen etc. (872.21) | 17,8 | 20,0 |
Therapiegeräte, Atmungsgeräte etc. (872.3) | 9,3 | -42,2 |
Röntgenapparate etc. (774.2) | 5,8 | -52,5 |
Zahnmedizinische Instrumente (872.1) | 5,1 | 9,9 |
Elektrodiagnoseapparate und -geräte (774.1) | 4,4 | -41,3 |
Medizinmöbel (872.4) | 3,2 | -20,8 |
Rollstühle (785.31) | 1,7 | 15,1 |
Sonstige (741.83;782.25; 872.29) | 38,9 | -29,0 |
Deutsche Lieferposition noch ausbaufähig
Etwa 21 Prozent aller luxemburgischen Medizintechnikeinfuhren kamen 2021 aus Deutschland. Belgien hatte einen fast doppelt so hohen Lieferanteil. Dabei ist jedoch zu erwähnen, dass Belgien mit Europas zweitgrößtem Hafen Antwerpen-Brügge oft Durchgangsland für Waren aus Übersee ist. Dennoch bietet der luxemburgische Markt für deutsche Medizintechnikhersteller noch Wachstumspotenzial.
Unterstützung beim Markteintritt bietet unter anderem die Deutsch-Belgisch-Luxemburgische Handelskammer an.