Wirtschaftsausblick | Malaysia
"America First" sorgt auch in Malaysia für Verunsicherung
Die Wirtschaft in Malaysia sieht Herausforderungen, denn die US-Handelspolitik könnte die wichtige Halbleiterindustrie treffen. Die Konjunkturprognosen fallen aber positiv aus.
11.12.2024
Von Boris Alex | Kuala Lumpur
Top-Thema: US-Handelspolitik könnte Teile der Industrie treffen
Die Wirtschafts- und Handelspolitik unter dem zukünftigen US-Präsidenten Donald Trump wird auch in Malaysia zu spüren sein. Vor allem die Ankündigung, die Einfuhrzölle auf bis zu 20 Prozent anheben zu wollen, bereitet den Unternehmen Sorgen. Denn das Land verzeichnet einen kräftigen Handelsüberschuss mit den USA - 2023 belief er sich auf 16 Milliarden US-Dollar (US$). Dabei könnte die Elektro- und Elektronikindustrie, die einen Anteil von 55 Prozent an den Gesamtexporten in die USA hat, ins Fadenkreuz der Trump-Administration geraten.
Die USA beziehen rund ein Fünftel ihrer Solarmodule aus Malaysia, die dort zum Teil von chinesischen Unternehmen gefertigt werden. Im Oktober 2024 hatte die US-Regierung - nach einem zweijährigen Moratorium - auf Solarzellen und -panels Einfuhrzölle in Höhe von 9 Prozent erhoben. Die Exporte von Solarausrüstungen dürften nun weiter unter Druck geraten und deren Hersteller befürchten, dass die Einfuhrabgaben unter der künftigen Administration steigen könnten. Die angekündigte Kehrtwende in der US-Energiepolitik hin zu fossilen Brennstoffen dürfte die Nachfrage nach Solarausrüstungen zusätzlich belasten.
Reshoring statt US-Investitionen in Malaysia?
Trump hatte im Wahlkampf auch angekündigt, die Auslandsinvestitionen von US-Unternehmen unter die Lupe zu nehmen. Mit der Fokussierung auf Reshoring könnten beispielsweise Datenzentren-Projekte von Amazon Web Service, Google und Microsoft in Malaysia mit einem Volumen von zusammen 10 Milliarden US$ und darüber hinaus die geplanten Investments von Intel und Texas Instruments ins Visier geraten.
Es ist aber auch möglich, dass Malaysia von einer aggressiveren US-Handelspolitik gegenüber China profitiert. Während der ersten Trump-Präsidentschaft zählten malaysische Halbleiterhersteller zu den Gewinnern der Strategie China Plus One, mit der Unternehmen aus den USA und Europa ihre Lieferketten diversifizierten.
Wirtschaftsentwicklung: Regierung stützt Konsum und Investitionen
Malaysias Wirtschaft dürfte 2025 etwas weniger stark als im Vorjahr wachsen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) ein reales Plus von 4,4 Prozent - nach voraussichtlich 4,8 Prozent im Jahr 2024. Die malaysische Regierung ist mit ihrer BIP-Prognose von 4,5 bis 5,5 Prozent für 2025 noch optimistischer gestimmt. Die positive Konjunkturentwicklung wird sowohl von stabil wachsenden Konsumausgaben der Haushalte als auch steigenden privaten und öffentlichen Investitionen getragen, meint auch die malaysische Zentralbank.
Die Regierung kündigt in ihrem Haushalt für 2025 eine Reihe von Maßnahmen an, welche die Wirtschaft anschieben sollen. Ab Februar 2025 steigt beispielsweise der Mindestlohn um 13 Prozent auf umgerechnet rund 380 US$ monatlich. Zudem ist eine Anhebung der Gehälter im öffentlichen Dienst geplant.
Im Privatsektor dürften die Löhne um durchschnittlich 5 Prozent zulegen. Zudem können die Haushalte im nächsten Jahr höhere Ausgaben für ärztliche Behandlungen oder Kinderbetreuung steuerlich geltend machen und hätten damit etwas mehr Geld im Portemonnaie.
Unternehmen wollen in Automatisierung investieren
Der Privatsektor ist bei den Investitionen die treibende Kraft. Immer mehr Unternehmen wollen in Digitalisierung und Automatisierung investieren. Und die Hersteller von Elektronik bauen angesichts der anziehenden Nachfrage ihre Kapazitäten aus. Dabei unterstützt sie der Staat, beispielsweise durch kürzere Abschreibungszeiten bei Anschaffungen von Maschinen und Ausrüstungen.
Bei den öffentlichen Investitionen steht 2025 der Gesundheitssektor im Mittelpunkt. Die Gesundheitsausgaben sollen um 10 Prozent auf 10 Milliarden US$ zulegen. Davon sind 750 Millionen US$ für den Aus- und Neubau von staatlichen Krankenhäusern sowie für Beschaffungen von Medizintechnik vorgesehen.
Außenhandel hat sich 2024 erholt
Der Außenhandel hat sich nach einem Rückgang im Jahr 2023 im Laufe des Jahres 2024 erholt. In den ersten drei Quartalen 2024 legten die Exporte um gut 5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu. Bei den Importen ging es sogar um 16 Prozent nach oben. Treibende Kraft war der Industriesektor, der mehr industrielle Vorprodukte und Maschinen aus dem Ausland bezog. Für 2025 erwartet die malaysische Zentralbank einen weiteren Anstieg der Exporte um 5,1 und der Importe um 4,4 Prozent.
Deutsche Perspektive: Energiewende eröffnet Geschäftschancen
Fossile Brennstoffe tragen gut 90 Prozent zur malaysischen Energieversorgung bei. Bis 2050 möchte das Schwellenland aber klimaneutral sein. Daher soll bis 2044 die Kohleverstromung auslaufen, die zurzeit die Hälfte der Stromerzeugung ausmacht. Gleichzeitig will die Regierung erneuerbare Energien ausbauen. Bis 2050 soll ihr Anteil an den Stromerzeugungskapazitäten von 25 auf 70 Prozent steigen, so das Ziel der im August 2023 verabschiedeten "National Energy Transition Roadmap".
Dies könnte vor allem über den Ausbau der Stromerzeugung aus Fotovoltaik (PV) erreicht werden. Hier soll der Anteil bis 2050 von rund 5 auf 58 Prozent steigen. Marktforscher von BMI berechnen, dass die installierten PV-Kapazitäten von derzeit rund 2 Gigawatt bis 2033 um durchschnittlich 10 Prozent pro Jahr wachsen werden. Malaysia will zudem in die Produktion von grünem Wasserstoff einsteigen und ist an Kooperationen mit Technologieanbietern insbesondere im Bereich Wasserstoffspeicherung und -transport interessiert. Die Energiewende dürfte auch den Aufwärtstrend bei den deutschen Exporten nach Malaysia stützen.
Mehr Informationen erhalten Sie auf unserer Länderseite Malaysia.