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Mexiko will LNG nach Europa exportieren
Mexiko will zukünftig Europa und Asien mit flüssigem Erdgas beliefern. Dazu sind zahlreiche LNG-Terminals im Land geplant.
03.11.2022
Von Edwin Schuh | Mexiko-Stadt
Ende September 2022 verkündete Präsident Andrés Manuel López Obrador Pläne zum Aufbau eines Exportterminals von Flüssigerdgas (LNG, liquefied natural gas) am Golf von Mexiko. Darüber solle zukünftig LNG nach Europa geliefert werden, so der Präsident. Erst wenige Tage zuvor hatte er dem deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier bei seinem Besuch in Mexiko die Unterstützung bei der Energieversorgung Deutschlands zugesichert.
Konkret soll der LNG-Exporthub im Hafen der Stadt Coatzacoalcos im Bundesstaat Veracruz entstehen. Die nötigen Grundstücke seien bereits gesichert, so die mexikanische Regierung. Nun werden private Investoren für das 4 Milliarden bis 5 Milliarden US-Dollar (US$) teure Projekt gesucht.
US-Gas soll über Mexiko nach Europa kommen
Das Kuriose an dem Vorhaben: Bislang exportiert Mexiko noch gar kein Flüssigerdgas. Zudem produziert es noch nicht einmal genügend Erdgas, um seinen eigenen Bedarf zu decken. Stattdessen bezieht Mexiko einen Großteil des benötigten Erdgases über Pipelines aus den USA, hauptsächlich aus den Schiefergasvorkommen im Südwesten des Nachbarlandes.
Die grenzüberschreitenden Gaspipelines wurden während der Amtszeit des ehemaligen Präsidenten Enrique Peña Nieto 2012 bis 2018 ausgebaut. In dieser Zeit vergrößerte sich das landesweite Netz an Gaspipelines von zuvor 11.347 Kilometer auf 18.889 Kilometer, so das Energieministerium SENER (Secretaría de Energía). Über die Pipelines können täglich bis zu 14 Milliarden Kubikfuß Erdgas transportiert werden. Zahlen der nationalen Kommission für fossile Brennstoffe CNH (Comisión Nacional de Hidrocarburos) zufolge besteht genügend Kapazität in den Pipelines für zusätzliches Erdgas aus den USA, welches dann in Terminals verflüssigt und nach Europa geliefert werden soll.
Auch Pipelines sollen ausgebaut werden
Der staatliche Energieversorger CFE (Comisión Federal de Electricidad) und das kanadische Unternehmen TC Energy betreiben bereits mehrere Gaspipelines in Mexiko gemeinsam, darunter die Sur de Texas-Tuxpan Pipeline (Inbetriebnahme 2019). Sie ist die bislang einzige Offshore-Gaspipeline Mexikos und verbindet Texas (USA) mit dem Bundesstaat Veracruz.
Im August 2022 unterzeichneten die beiden Unternehmen die Final Investment Decision für eine weitere Gaspipeline, genannt Southeast Gateway. Sie soll an die Sur de Texas-Tuxpan Pipeline anknüpfen und durch das Meer von Tuxpan (Veracruz) bis Dos Bocas (Tabasco) verlaufen. Unter anderem soll dadurch die im Bau befindliche Raffinerie in Dos Bocas des staatlichen Erdölkonzerns Pemex beliefert werden. Durch einen Landgang in Coatzacoalcos soll die Pipeline auch Gas an den oben beschriebenen LNG-Exporthub liefern und, über eine weitere geplante Pipeline (Transístmico), Gas an ein geplantes LNG-Terminal in Salinas Cruz an der Pazifikküste befördern.
Neue LNG-Terminals am Atlantik und Pazifik
Neben dem erwähnten LNG-Projekt in Coatzacoalcos listet das Nachrichtenportal Bloomberg sieben weitere LNG-Exportvorhaben in Mexiko auf. Eine Anlage an der Pazifikküste, Energía Costa Azul, wird bereits gebaut. Daneben sind vier weitere Projekte an der Pazifikküste in den Bundesstaaten Sonora, Sinaloa und Oaxaca geplant, sowie zwei Projekte am Golf von Mexiko - Tamaulipas und Veracruz. Von den Terminals an der Pazifikküste soll das US-Gas nach Asien exportiert werden, auf diese Weise bleibt den Schiffen die teure Durchfahrt durch den Panamakanal erspart. Die Anlagen am Golf von Mexiko sind als schwimmende FLNG-Stationen (floating liquefied natural gas) konzipiert.
Im Oktober 2022 gab die mexikanische Regulierungsbehörde CNH (Comisión Nacional de Hidrocarburos) grünes Licht für die Erschließung des Tiefseegasfeldes Lakach im Golf von Mexiko durch den staatlichen Erdölkonzern Pemex. Die Investitionen belaufen sich auf rund 1,8 Milliarden US$, so die Pläne von Pemex. Für die Erschließung will das Unternehmen einen Dienstleistungsvertrag mit der US-amerikanischen Firma New Fortress Energy abschließen, bei dem Pemex alleiniger Eigentümer des Gasfeldes bleibt. Lakach liegt rund 70 Kilometer von der Küste entfernt und ist zusammen mit den angrenzenden Gasfeldern Kunah und Piklis eines der größten unerschlossenen Gasvorkommen des Kontinents. Als Teil des Vertrages soll New Fortress Energy auch eine schwimmende FLNG-Station bereitstellen, das verflüssigte Erdgas könnte nach Europa geliefert werden.
New Fortress Energy ist auch in das zweite FLNG-Projekt im Golf von Mexiko eingebunden. Im Oktober 2022 einigte sich das Unternehmen mit dem mexikanischen Energieversorger CFE darauf, vor der Küste vor Altamira (Bundesstaat Tamaulipas) mehrere schwimmende Erdgasverflüssigungsanlagen zu installieren. Sie sollen über die Sur de Texas-Tuxpan Gaspipeline mit Gas aus den USA beliefert werden und dem Export von Flüssigerdgas nach Europa dienen. Die erste FLNG-Einheit wird derzeit in einer Werft in Corpus Christi (Texas) gebaut und soll Mitte 2023 nach Mexiko geliefert werden, so New Fortress Energy.
Mexiko könnte Kapazität für LNG deutlich erhöhen
Werden alle genannten Projekte umgesetzt, würde Mexiko laut Bloomberg zukünftig eine Kapazität zum Export von 50,2 Millionen Tonnen Flüssigerdgas haben. Im weltweiten Vergleich stünde das Land dann auf Platz vier hinter den USA, Australien und Katar.
Ein Grund für das Interesse US-amerikanischer und kanadischer Unternehmen, über die Pazifikküste Mexikos Gas nach Asien zu exportieren, seien auch regulatorische Hindernisse zum Aufbau neuer LNG-Exportterminals in den US-Bundesstaaten Kalifornien und Oregon, so Bloomberg.
Mexikos Präsident López Obrador regte die Unternehmen in seiner Ansprache im September 2022 an, möglichst schnell mit dem staatlichen Energieversorger CFE Vereinbarungen über die Realisierung der geplanten LNG-Exportterminals zu treffen. Eine Übersicht über Mexikos bestehendes Netz an Gaspipelines und LNG-Terminals findet sich hier.