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Schiffbauer erhalten rekordhohe Bestellungen für LNG-Tanker
Nach einem sehr hohen Auftragseingang im Vorjahr bekamen Südkoreas Werften auch 2022 wieder zahlreiche Bestellungen. Besonders stark nachgefragt sind Flüssiggastanker.
09.02.2023
Von Frank Robaschik | Seoul
Im Jahr 2022 erhielten Südkoreas Werften nach Angaben der Export-Import Bank of Korea (EIB) Aufträge zum Bau von Schiffen über 16,3 Millionen Bruttoregistertonnen (Compensated Gross Tons; CGT). Zwar fiel der Wert damit niedriger aus als im Vorjahr, dennoch ist das Ergebnis deutlich höher als das Niveau der Bestellungen in den vorherigen Jahren. Nach Angaben des Ministry of Trade, Industry and Energy (MOTIE) erzielten südkoreanische Schiffbauer einen Anteil von etwa 37 Prozent am weltweiten Auftragseingang im Schiffbau. Damit lag Südkorea wie schon 2021 global auf Rang zwei nach China.
Der Wert der im Jahr 2022 eingegangenen Aufträge betrug 45,3 Milliarden US-Dollar (US$). Trotz des geringeren physischen Volumens war die Auftragssumme damit nominal etwas größer als im Vorjahr. Grund sind gestiegene Preise. Für 2023 rechnet die EIB mit einer Halbierung des Auftragswertes auf circa 22 Milliarden US$. Das entspräche jeweils knapp dem Auftragseingang 2019 und 2020. Dabei hat das Jahr 2023 durchaus gut begonnen. Allein der Branchenprimus Korea Shipbuilding & Offshore Engineering (KSOE) erhielt im Januar 2023 neue Bestellungen über 3 Milliarden US$.
Indikator | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023* |
---|---|---|---|---|---|
Auftragseingang (in Millionen CGT) | 10,1 | 8,3 | 17,9 | 16,3 | 8,5 |
Auftragseingang (in Milliarden US$) | 22,8 | 19,5 | 44,5 | 45,3 | 22,0 |
Die südkoreanische Ausfuhr von Schiffen sank 2022 gegenüber dem Vorjahr um 22,2 Prozent auf 17,1 Milliarden US$. Im Jahr 2023 dürften die Exporte sämtlichen Prognosen zufolge wieder deutlich anziehen und mindestens wieder das Niveau von 2021 erreichen.
Indikator | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Fertigstellungen (in Mio. CGT) | 12,69 | 12,42 | 10,58 | 7,73 | 9,55 | 8,82 | 10,51 | 7,81 |
Auftragsbestand (in Mio. CGT) | 31,95 | 20,80 | 17,98 | 23,13 | 23,55 | 22,96 | 29,50 | 37,50 |
Exportvolumen (in Mrd. US$)* | 38,42 | 33,14 | 40,99 | 20,33 | 18,89 | 18,73 | 22,02 | 17,14 |
LNG-Tanker besonders gefragt
Südkoreas Schiffbau profitiert von den Änderungen auf dem weltweiten Gasmarkt. Viele europäische Länder, die vor Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine russisches Pipelinegas importiert haben, haben 2022 verstärkt auf Flüssiggas umgestellt. Das führte zu mehr Bestellungen von Tankern zum Transport von Flüssiggas (LNG-Tanker). Allein bei südkoreanischen Werften gingen laut MOTIE 2022 Bestellungen über mehr als 10 Millionen CGT für große LNG-Tanker ein. In diesem Segment betrug der Anteil Südkoreas an den weltweiten Bestellungen demnach 70 Prozent, doch gegenüber dem Vorjahr ist der Marktanteil deutlich gesunken. Da Südkorea die riesige Nachfrage nach LNG-Tankern nicht allein bedienen konnte, tätigten Auftraggeber viele Bestellungen auch in China.
Die gute Entwicklung bei Flüssiggastankern dürfte nach EIB-Einschätzung im Jahr 2023 anhalten. Insgesamt werden die Auftragseingänge im südkoreanischen Schiffbau aber sinken. Hauptgründe sind die Abschwächung der weltweiten Konjunktur und höhere Zinsen, die die Finanzierung von Schiffen verteuern. Die Auflösung der Engpässe bei den weltweiten Schiffstransporten wird zudem die Nachfrage nach Containerschiffen bremsen.
Umweltfreundlichere Antriebe im Kommen
Von den neuen Aufträgen bei südkoreanischen Werften 2022 wurde gemäß MOTIE-Angaben mit 13,1 Millionen CGT der Großteil mit umweltfreundlicheren Antrieben beauftragt – im Vergleich zum früher üblichen Schweröl. Die Alternativen waren größtenteils Flüssiggas (92 Prozent LNG und 3 Prozent LPG) sowie vor allem Methanol (5 Prozent). Bei diesen umweltfreundlicheren Antrieben erhielt Südkorea insgesamt mehr als die Hälfte der weltweiten Bestellungen.
Der Großauftrag eines europäischen Reeders über zwölf Containerschiffe bei KSOE vom Januar 2023, der Ende 2026 abgeschlossen sein soll, ist laut südkoreanischen Pressemeldungen für Schiffe mit Methanol-Antrieb. Den Bau der Schiffe übernimmt die Werft Hyundai Samho Industries.
Gemäß EIB könnten umweltfreundlichere Schiffe mehr Impulse erhalten, wenn die Entwicklung von Ammoniakmotoren abgeschlossen ist. Laut der Bank könnte dies im Jahr 2024 der Fall sein. Daneben entwickeln Südkoreas Schiffbauer selbstfahrende Schiffe und wollen Transportschiffe für Wasserstoff anbieten.
Zentrale Stellung der drei großen Schiffbauer
Der Löwenanteil der Aufträge entfiel auf die drei großen Schiffbauer KSOE (mit Hyundai Heavy Industries, Hyundai Mipo Dockyard und Hyundai Samho Heavy Industries), Samsung Heavy Industries sowie Daewoo Shipbuilding & Marine Equipment (DSME).
Gemessen am Auftragsbestand belegten Ende 2022 gemäß MOTIE-Angaben mit Bezug auf Clarkson die Schiffbauer Samsung Heavy Industries, Hyundai Heavy Industries, DSME und Hyundai Samho Heavy Industries weltweit die ersten vier Plätze. Hyundai Mipo Dockyard folgte auf Rang acht.
Die staatliche Korea Development Bank (KDB) versucht seit Jahren, ihre Anteile an DSME zu reduzieren. Nachdem die Übernahme von DSME durch Hyundai Heavy Industries am Veto der EU-Kommission Anfang 2022 scheiterte, hat sich nun ein neuer Hauptanteilseigner gefunden. Die Hanwha-Gruppe leitete im Dezember 2022 den Prozess zum Erwerb von Anteilen in Höhe von 49,3 Prozent an DSME ein. Dafür investieren verschiedene Firmen der Gruppe im Zuge einer Kapitalerhöhung von DSME insgesamt circa 1,6 Milliarden US$. Der KDB-Anteil schrumpft auf 28,2 Prozent.
Der in früheren Jahren mittelgroße Schiffbauer STX Offshore & Shipbuilding hat seit 2021 einen neuen Eigner und firmiert nunmehr als K Shipbuilding. Die Fertigungskapazität stieg von 108.000 CGT pro Jahr Ende 2021 auf 239.000 CGT Ende September 2022. Der Auftragsbestand wuchs im gleichen Zeitraum von 398.000 CGT auf 629.000 CGT.
Obwohl 2023 weniger Bestellungen prognostiziert werden, ist die Auftragslage der Schiffbauer gut. Alle drei großen Werftkonzerne haben ein Auftragspolster von mehr als drei Jahren. Die mögliche Flaute bei den Bestellungen dürften sie daher mindestens ein bis zwei Jahre lang gut überstehen. Andererseits sind für Werften Orderbestände und ein Vorlauf von um die drei Jahre optimal, weil es ungefähr so lange dauert, ein Schiff zu bauen. In der Produktion herrschen derzeit Engpässe, und die Regierung versucht, mehr ausländische Arbeitskräfte für den Sektor zu gewinnen.
Unternehmen | Auftragsbestand Ende 2022 | Fertigstellungen 2021 | Auftragsbestand in Jahren (gemessen an Fertigstellungen 2021 |
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KSOE | 16,87 | 5,08 | 3,3 |
Hyundai Heavy Industries | 8,60 | 2,44 | 3,5 |
Hyundai Samho Heavy Industries | 5,84 | 1,62 | 3,6 |
Hyundai Mipo Dockyard | 2,43 | 1,02 | 2,4 |
Samsung Heavy Industries | 10,19 | 2,47 | 4,1 |
DSME | 8,48 | 2,40 | 3,5 |
Im Oktober 2023 findet die internationale Schiffbaumesse Kormarine in Busan auf dem BEXCO-Messegelände statt. Dort wird es wieder einen deutschen Gemeinschaftsstand geben. Die Koordinierung liegt bei der Hamburg Messe und Congress GmbH. Anmeldeschluss ist laut Angaben des Ausstellungs- und Messe-Ausschusses der deutschen Wirtschaft Ende Mai 2023.