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Special | Mexiko | Robotik

Mexiko ist ein interessanter Robotikmarkt

Aufgrund seiner starken industriellen Basis ist Mexiko ein wichtiger Absatzmarkt für Robotik. Die wichtigsten Zulieferer sind Japan, die Europäische Union, Südkorea und die USA.

Von Edwin Schuh | Mexiko-Stadt

  • Branchenüberblick: Markt für Robotik hat Wachstumspotenzial

    Mexiko gehört weltweit zu den Ländern mit dem größten Bestand an Industrierobotern. Rund die Hälfte der Installationen entfällt auf den Automobilsektor.

    Mexiko ist ein bedeutender Markt für Robotik. Mit insgesamt 41.000 Industrierobotern in Betrieb steht Mexiko Ende des Jahres 2020 weltweit auf Rang neun. Dies belegen Zahlen des internationalen Dachverbandes für Robotik, der International Federation of Robotics (IFR). Mexiko liegt damit knapp vor Spanien (38.000 Roboter) und ist - mit deutlichem Abstand vor Brasilien (16.000 Roboter) - der wichtigste Markt für Robotik in Lateinamerika.

    Großteil der Nachfrage kommt aus Automobilsektor

    Aufgrund hoher Investitionen im verarbeitenden Gewerbe, insbesondere im Kfz-Sektor, wurden in den Jahren 2015 bis 2018 Rekordwerte bei der Installation neuer Roboter erreicht. Ab 2019 waren die Unternehmen aufgrund des Regierungswechsels zurückhaltender, danach folgte die Corona-Pandemie. Die Installationszahl neuer Roboter lag daher im Jahr 2020 etwa bei der Hälfte des bisherigen Rekordwertes aus dem Jahr 2016.

    Trotz der schon jetzt wichtigen Stellung von Robotik in Mexiko besteht laut IFR noch ein großer Nachholbedarf im Land. So sind je 10.000 Angestellte im verarbeitenden Gewerbe in Mexiko nur 47 Roboter installiert. Der weltweite Durchschnitt liegt währenddessen bei 126 Robotern je 10.000 Angestellte. Spitzenreiter Südkorea kommt im Vergleich gar auf 932 Roboter, das Nachbarland USA auf 255.

    Quelle: VDMA-IFR Statistical Department, World Robotics 2021

    Niedriges Lohnniveau spricht gegen Einsatz von Robotik

    Wichtigste Ursache für die weiterhin geringe Dichte von Robotern ist in Mexiko das geringe Lohnniveau. In Werken deutscher Unternehmen liegen die Lohnkosten je Angestelltem grob geschätzt bei 500 US-Dollar (US$) monatlich - deutlich unter dem Niveau von China. Branchenexperten zufolge rechnet sich die Installation eines Roboters häufig erst, wenn die Lohnkosten bei über 1.000 US$ monatlich liegen.

    Betrachtet man ausschließlich die Kfz-Industrie, so ist die Roboterdichte jedoch bereits deutlich höher. Laut der Studie des IFR kommt Mexiko hier auf 377 installierte Roboter je 10.000 Angestellte. Die Kfz-Industrie gilt somit als Anwendungspionier von Robotik. In anderen wichtigen Automobilherstellerländern wie Südkorea (2.750 Roboter) und den USA (1.528 Roboter) sind jedoch verhältnismäßig deutlich mehr Roboter in den Kfz-Werken installiert.

    Zweistellige Wachstumsraten bis 2024 erwartet

    Nach Berechnungen des Nordamerikanischen Verbandes für Automatisierung A3 ("Association for Advancing Automation") hatten die Neuinstallationen von Robotern in Nordamerika 2020 im Durchschnitt einen Wert von jeweils 48.300 US$. Für Mexiko getrennt liegen keine Werte vor. Vorherrschender Typ in der Region sind Gelenkarmroboter für die Industrie. Zwischen 2022 und 2024 erwartet der Verband in Mexiko zweistellige Wachstumsraten bei den Neuinstallationen von Robotern. Im Jahr 2024 sollen rund 5.550 Einheiten neu Einheiten installiert werden.

    Aktuell entwickelt sich besonders der Elektroniksektor kräftig als Abnehmer von Robotik. Zwischen 2015 und 2020 legten die Neuinstallationen in diesem Sektor jährlich im Durchschnitt um 49 Prozent zu, so die Studie- allerdings ausgehend von einem niedrigen Niveau. Investitionen von Unternehmen wie Samsung, Hisense oder LG in Produktionsstätten in Mexiko dürften diesen Trend angestoßen haben.

    Immer stärkeren Einsatz finden in Mexiko sogenannte kollaborative Roboter (Cobots), die mit Menschen gemeinsam arbeiten. So verwendet etwa Volkswagen in seinem Werk in Puebla Cobots zur Messung von Abständen bei der finalen Inspektion der hergestellten Fahrzeuge.

    Die lokale Produktion von Robotern liegt in Mexiko noch auf einem niedrigen Niveau und beschränkt sich meist auf die Montage importierter Teile. Die Einfuhren von Robotern lagen im Jahr 2021 bei insgesamt 134,3 Millionen US$. Im gleichen Zeitraum exportierte das Land Roboterteile im Wert von 24,6 Millionen US$. Über die Hälfte der Importe stammte aus Japan und Südkorea, während die Exporte zu 99 Prozent an die USA gingen.

    Importe an Industrierobotern (in Millionen US-Dollar)

    Land

    2011

    2021

    Insgesamt

    98,5

    134,3

    Japan

    29,0

    55,3

    Südkorea

    4,0

    18,8

    USA

    21,1

    14,6

    China

    3,3

    12,4

    Deutschland

    26,1

    12,1

    Dänemark

    0

    7,1

    Österreich

    2,1

    4,1

    Schweden

    3,0

    3,7

    Frankreich

    3,3

    3,4

    HS-Position 847950Quelle: UN Comtrade 2022

    Deutsche Anbieter expandieren in Mexiko

    Das deutsche Unternehmen SCHUNK aus Laufen am Neckar, Weltmarktführer für Greifsysteme und Spanntechnik, ist bereits seit rund zehn Jahren mit einer Niederlassung im mexikanischen Querétaro vertreten. Mit 40 Mitarbeitenden deckt SCHUNK von dort aus ganz Lateinamerika ab, mit der Ausnahme Brasiliens. "Rund 85 Prozent unserer Kunden befinden sich jedoch in Mexiko", sagt Ángel Valle, Vertriebsleiter des Unternehmens im Gespräch mit GTAI. Etwa 65 Prozent der Verkäufe SCHUNKs gehen in Mexiko an den Automobilsektor, der Rest an die Metallverarbeitung. "Trotz Problemen in den Lieferketten rechnen wir für 2022 mit einem Anstieg des Umsatzes von 15 Prozent, deutlich besser als erwartet", so Valle.

    Neben SCHUNK haben sich auch die deutschen Anbieter von Automatisierungstechnik Schmalz und Zimmer Group in Querétaro niedergelassen. Die Zimmer Group eröffnete ihr dortiges Vertriebsbüro erst 2021, nachdem Mexiko zuvor über einen lokalen Händler bedient wurde. Der Anstieg der Nachfrage habe eine eigene Geschäftsstelle notwendig gemacht, so Geschäftsführer der mexikanischen Niederlassung Vincent Zimmer.

    Neben den erwähnten Mittelständlern sind auch die deutschen bzw. ehemals deutschen Branchengrößen Festo und KUKA in Mexiko präsent. Festo hat im Norden von Mexiko-Stadt eine Produktionsstätte sowie landesweit zehn eigene Vertriebsbüros. KUKA betreibt im Ort Toluca westlich von Mexiko-Stadt ebenfalls eine Produktionsstätte und hat eine weitere Niederlassung in der Stadt San Luis Potosí.

    Von Edwin Schuh | Mexiko-Stadt

  • Strategien und Ziele: Industrie investiert in Automatisierung

    Die verarbeitende Industrie investiert zunehmend in ihre Automatisierung und den Einsatz von Robotik. Aufgrund von Nearshoring-Tendenzen wird Mexiko als Standort attraktiver.

    Mexiko gilt als Profiteur des Nearshoring

    In Mexiko kurbeln einige mittelfristige Trends die Nachfrage nach Robotik an. Dazu zählen die fortschreitende Automatisierung der verarbeitenden Industrie, die Umrüstung der Kfz-Werke auf die Herstellung von Elektrofahrzeugen sowie der Bestrebung des Nearshorings (Verlagerung der Produktion in das Heimatland oder Nachbarland, um Transportkosten zu sparen). Letzterer macht sich bereits jetzt bemerkbar: Zahlreiche Unternehmen bauen aktuell ihre Produktion in Mexiko für den US-Markt aus. Dadurch wollen sie die Risiken in den Lieferketten sowie höhere Transportkosten, die bei der Produktion in Asien anfallen, vermeiden. 

    Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums Secretaría de Economía (SE) lagen die ausländischen Direktinvestitionen in Mexiko im 1. Halbjahr 2022 bei insgesamt 27,5 Milliarden US$. Das sind rund 12 Prozent mehr als in der Vorjahresperiode. Ein Drittel davon entfiel auf das verarbeitende Gewerbe, insbesondere den Automobilsektor. 

    Ausgewählte Investitionsprojekte in der Robotik in Mexiko

    Akteur

    Investitionssumme in Mio. US$

    Anmerkungen

    General Motors

    1.000

    Investitionen zur Umrüstung des Werks in Ramos Arizpe (Bundesstaat Coahuila) für die Herstellung von Elektrofahrzeugen ab 2023

    Volkswagen

    1.000

    Investitionen in Digitalisierung und Robotik der Werke in Chattannooga (USA), Puebla und Silao bis 2025

    Nissan

    700

    Investitionen in die Automatisierung des Werks in Aguascalientes; angekündigt im Mai 2022

    Samsung Electronics

    500

    Erhöhung der Produktion von Haushaltsgeräten in den Werken Querétaro und Tijuana; angekündigt Mitte 2022

    Michelin

    400

    Phase 2 des Ausbaus des Werkes in León (Guanajuato); soll 2024 in Betrieb gehen

    ZF Friedrichshafen

    300

    Produktionsstätte und Entwicklungszentrum für elektrische Fahrzeuge und autonomes Fahren in Monterrey (Nuevo León); Baubeginn Mai 2022

    Bosch Rexroth

    215

    Bau eines neuen Werks mit 900 Mitarbeitern in Pedro Escobedo (Bundesstaat Querétaro) zur Herstellung von Systemen für die Automatisierung von Fabriken; im September 2022 angekündigt

    Metalsa

    170

    Neues Werk in Apaseo el Grande (Guanajuato); Produktionsstart Ende 2023 geplant; jährliche Produktion von 270.000 Chassis für Toyota

    Faurecia

    150

    Neues Werk für Innenraumkomponenten und Autositze in Monterrey (Nuevo León)

    LG Magna e-Powertrain

    100

    Neues Werk in Ramos Arizpe (Coahuila) für Wechselrichter, Elektromotoren und integrierte Ladegeräte; Produktionsstart 2023; soll General Motors beliefern

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2022

    Deutsches Unternehmen eröffnet Robotiklabor

    Forschung zu Systemautomatisierung betreibt unter anderem das staatliche Institut CIDESI ("Centro de Ingeniería y Desarrollo Industrial"), dessen Mittel in den vergangenen Jahren jedoch gekürzt wurden. Auch die Universitäten UNAM ("Universidad Nacional Autónoma de México") und Tec de Monterrey betreiben Forschung zu Robotik und Automatisierung. 

    Neben den öffentlichen Einrichtungen haben auch einige Unternehmen Forschungszentren eröffnet. Der deutsche Anbieter von Automatisierungstechnik SCHUNK eröffnete im März 2022 in Querétaro ein Roboter-Applikationszentrum, genannt CoLab. Es ist das vierte Labor dieser Art weltweit neben Deutschland, den USA und China. "Das Angebot richtet sich an Kunden, Systemintegratoren, Händler und Universitäten - so können auch Studierende bei SCHUNK praktisches Wissen zur Automatisierung gewinnen", heißt es in der Pressemitteilung des Unternehmens. Mit einem Querschnitt aus Industrie- und Leichtbaurobotern deckt das CoLab Handhabungsbereiche von 3 bis 80 Kilogramm Werkstückgewicht ab.

    Kaum staatliche Förderung der Industrie

    Bislang gibt es in Mexiko keinen eigenständigen Verband für Robotik. Seit 2016 existiert jedoch der Verband A3 México, der zum US-amerikanischen Verband für Automatisierung A3 ("Association for Advancing Automation") gehört. Er umfasst die drei Sparten Robotik, Bildgebung und Bewegungskontrolle. Auch der nationale Industrieverband Concamin setzt sich für Industrie 4.0 ein.

    Die aktuelle Regierung berücksichtigt das Thema Robotik in ihrer Wirtschaftspolitik kaum. Aufgrund von Sparmaßnahmen wurde etwa das Programm zur Steigerung der industriellen Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit PPCI ("Productividad y Competitividad Industrial") im Jahr 2020 eingestellt. Das mexikanische Wirtschaftsministerium fährt keine klare Linie zur Förderung der verarbeitenden Industrie, stattdessen fließen Fördergelder eher an Sektoren wie Infrastruktur, Rohstoffe und Energie.

    Von Edwin Schuh | Mexiko-Stadt

  • Rahmenbedingungen: Handelsabkommen bringen Vorteile

    Der Import von Robotik läuft in der Regel problemlos ab und es wird keine spezielle Lizenz benötigt. Berücksichtigt werden müssen die Normen zur Sicherheit von Maschinen.

    Verschiedene Stellen führen Zertifizierungen durch

    Für Normen und Standards ist in Mexiko die Behörde SINEC ("Sistema Integral de Normas y Evaluación de la Conformidad") zuständig, welche dem Wirtschaftsministerium Secretaría de Economía untersteht. Das mexikanische Recht unterscheidet zwischen folgenden Normen:

    • Normas Oficiales Mexicanas (NOM) sind technische Regulierungen, die von der Regierung erlassen werden und von Unternehmen eingehalten werden müssen
    • Normas Mexicanas (NMX) sind freiwillige Standards, die von anerkannten nationalen Organisationen erlassen werden

    Für die Sicherheit von Maschinen gilt die Norm NOM-004-STPS-1999 des Arbeitsministeriums STPS ("Secretaría del Trabajo y Previsión Social"). Es existiert ein Gesetzesvorschlag für eine neue Norm (PROY-NOM-004-STPS-2020), die jedoch noch nicht in Kraft getreten ist. Die Normen schieben die Verantwortlichkeit für die Sicherheit nicht auf den Hersteller von Maschinen, sondern auf den Anwender.

    Zertifizierungen führen unter anderem die folgenden Stellen durch: Normalización y Certificación NYCE (gehört zur globalen QIMA Group), Asociación de Normalización y Certificación, A.C. (ANCE) und Instituto Mexicano de Normalización y Certificación (IMNC). 

    Generell wird für den Import von Robotik und Maschinen in Mexiko keine Importlizenz benötigt und das Importverfahren verläuft nach den allgemein geltenden Regeln ab. Unternehmen berichten jedoch seit gut zwei Jahren von größeren Schwierigkeiten bei der Zertifizierung von Produkten. Wenn früher nur ein Zertifikat für ein Produkt verlangt wurde, müssen inzwischen auch einzelne Teile (Touchscreen, Steuerungsgerät etc.) zertifiziert werden.

    Zollvorteile dank Handelsabkommen 

    Freihandelsabkommen haben einen Einfluss auf die Importe Mexikos von Robotern. Mit dem wichtigsten Lieferanten Japan hat Mexiko bereits seit 2005 ein Handelsabkommen. Japans Anteil an den Einfuhren Mexikos von Robotik (HS-Klassifizierung 847950) lag wohl auch dank den Zollvorteilen des Handelsabkommens 2021 bei rund 41 Prozent.

    Fasst man die Länder der Europäischen Union (EU) zu einem Handelspartner zusammen, hatte die EU im Jahr 2021 einen Anteil von rund 31 Prozent an den Importen Mexikos von Robotern. Auch hier dürfte das Handelsabkommen, welches bereits seit dem Jahr 2000 besteht, einen positiven Einfluss haben. Der Anteil des drittwichtigsten Lieferanten Südkorea lag bei rund 19 Prozent. Im Frühjahr 2022 beschlossen die Handelsminister beider Länder den Beginn von Verhandlungen für ein Handelsabkommen. Bei einem erfolgreichen Abschluss könnte das Abkommen zukünftig zu einer stärkeren Stellung Südkoreas bei Robotik führen. 

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Edwin Schuh | Mexiko-Stadt

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest/Mexiko

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Mexiko

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Secretaría de Economía

    Mexikanisches Wirtschaftsministerium

    A3 México

    Branchenverband der Automatisierung; gehört zum nordamerikanischen Verband Association for Advancing Automation (A3)

    Concamin

    Mexikanischer Industrie-Dachverband

    CIDESI

    Forschungsinstitut für Ingenieurwesen und industrielle Entwicklung

    Industrial Transformation México

    Fachmesse für Industrie 4.0; durchgeführt von der Hannover Messe; nächste Durchführung: 5.-7. Oktober 2022 in León

    Autonomous Mobile Robots & Logistics Week 2022

    Fachmesse des Verbandes A3; nächste Durchführung: 10.-13. Oktober 2022 in Boston (USA)

    Von Edwin Schuh | Mexiko-Stadt

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