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Containerschiff in Manzanillo, Mexico Containerschiff in Manzanillo, Mexico, Amerika, Nordamerika | © GettyImages/Plentius

Special | Mexiko | US-Zollpolitik

US-Zölle würden Mexiko in eine Rezession stürzen

Der Handelsaustausch zwischen Mexiko und den USA ist weltweiter Rekord. Umso gravierender wären die Folgen von Strafzöllen für Unternehmen und Verbraucher.

Von Edwin Schuh | Mexiko-Stadt

Die zuletzt von Donald Trump ins Spiel gebrachten Zölle in Höhe von 25 Prozent würden die mexikanische Wirtschaft empfindlich treffen: Ein Drittel der Wirtschaftskraft hängt vom Export ab. Gleichzeitig gehen 80 Prozent der mexikanischen Ausfuhren in die USA. Seit Beginn der Freihandelszone NAFTA im Jahr 1994 haben die Unternehmen fein abgestimmte, grenzüberschreitende Wertschöpfungsketten aufgebaut, so etwa im Automobilsektor und bei Elektronikprodukten, in der Luftfahrtindustrie und bei der Herstellung von Medizintechnik. Zudem ist Mexiko ein wichtiger Nahrungsmittelieferant und versorgt die USA unter anderem mit Avocados, Bier und Blaubeeren.

Mexiko ist wichtigster Handelspartner der USA

Damit hat Mexiko in den vergangenen Jahren China und Kanada überholt und ist zum wichtigsten Handelspartner der USA aufgestiegen. Der Warenverkehr zwischen den beiden Ländern erreichte 2024 insgesamt 839,9 Milliarden US-Dollar (US$) – weltweit gibt es kein Länderpaar mit einem höheren Austausch.

Wirtschaft könnte um bis zu 4 Prozent einbrechen

Zwar könnte eine erwartete Abwertung des mexikanischen Peso die Zölle bis zu einem gewissen Grad abfedern. Dennoch würden Produkte aus Mexiko wohl deutlich teurer werden und die Nachfrage abnehmen. Zudem würden die USA mehr Waren aus Drittländern in Asien oder Lateinamerika beziehen, Produktion könnte aus Mexiko wegverlagert werden. Der Thinktank Atlantic Council rechnet mit einem Rückgang der mexikanischen Ausfuhren von mindestens 10 Prozent, sollten Zölle erhoben werden.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) würde zwischen 1 und 4 Prozent einbrechen, so Analysten. Ohne Zölle erwarten sie für 2025 ein Plus von rund 1 Prozent. Allerdings hängen die Zölle weiterhin wie ein Damoklesschwert über Mexiko und bremsen die Investitionspläne der Unternehmen. Zuletzt hatten internationale Konzerne im Zuge des Nearshoring ihr Engagement im Land ausgeweitet.

Eine Rezession in Mexiko kann Trump nicht wollen: Noch mehr Mexikaner könnten sich den Drogenkartellen anschließen oder in die USA auswandern, wenn die Armut im Land und die Perspektivlosigkeit junger Menschen zunehmen. Vielleicht hat Trump auch deshalb die Zölle im letzten Moment zurückgenommen.

Automobilindustrie am stärksten betroffen

Deutliche Auswirkungen hätten Zölle auf die mexikanische Kfz-Industrie. Das Land ist der siebtgrößte Pkw-Hersteller weltweit. Fast alle großen Autobauer, die in den USA verkaufen, lassen in Mexiko produzieren. Im vergangenen Jahr liefen 4 Millionen Fahrzeuge vom Band, wovon rund 70 Prozent in den USA abgesetzt wurden.

Von Zöllen wären vor allem die US-Konzerne selbst betroffen: Niemand liefert mehr Autos aus Mexiko in die USA als General Motors und Ford, beide haben jeweils vier Werke im Land. Einer Studie der Zeitschrift Expansión zufolge schickten die zwei amerikanischen Hersteller 2023 insgesamt 1,1 Millionen Fahrzeuge mexikanischer Bauart in die USA. Das entspricht rund 90 Prozent ihrer Produktion im Land.

Auch die deutschen Autobauer würden die Zölle zu spüren bekommen. Sie lieferten 2023 rund 340.000 Pkw von Mexiko an die USA. Zwei Drittel davon entfielen auf Volkswagen, das in Puebla die in den USA beliebten Modelle Jetta und Tiguan fertigt. BMW, Audi und Mercedes hängen etwas weniger von den USA ab. Die Luxushersteller liefern ihre Fahrzeuge von Mexiko aus auch nach Asien und Europa.

Autobauer dürften im Falle von Zöllen ihre Produktion zumindest teilweise in bestehende Werke in den USA oder in Drittländern verlagern. "Wir sind in der Lage, alle Lkw- und Busmodelle sowohl in den USA als auch in Mexiko zu produzieren“, äußerte sich Eva Scherer, Finanzchefin von Daimler Truck bereits Ende 2024.

Eng getaktete Lieferketten zwischen den USA und Mexiko

Branchenkennern zufolge überqueren einzelne Autoteile mehrfach die Grenze, bevor sie in einem Auto verbaut werden. Zölle würden dies erschweren, die Hersteller müssten ihre eng getakteten Lieferketten neu optimieren. "Bevor wir gezwungen werden, die Preise zu erhöhen, schauen wir uns die gesamte Daimler-Kette an, um die Auswirkungen möglichst gering zu halten", wird Raúl González, Manager bei Mercedes-Benz Autobuses in Mexiko, in der Zeitschrift Expansión zitiert.

Neben den Automobilherstellern sind auch die deutschen Kfz-Zulieferer in Mexiko stark vertreten. Unternehmen wie ZF Friedrichshafen, Continental oder Bosch beschäftigen mehrere tausend Mitarbeitende. Nach Angaben des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) haben deutsche Zulieferer mehr als 330 Standorte in Mexiko.

Laut einem Statement der Deutsch-Mexikanischen Industrie- und Handelskammer (AHK Mexiko) ist Mexiko seit Jahren der wichtigste Investitionsstandort der deutschen Wirtschaft in Lateinamerika. "Im Vertrauen auf das (USMCA-)Abkommen haben zahlreiche Unternehmen in Mexiko ihre Aktivitäten ausgebaut", so die Kammer. Zölle wären demzufolge ein herber Schlag für die 2.100 Firmen mit deutscher Kapitalbeteiligung, von denen viele den US-Markt beliefern.

Präsidentin Sheinbaum wollte keine Konfrontation mit Trump

Die zuletzt zwischen Claudia Sheinbaum und Donald Trump verhandelte Aufschiebung der Zölle kann als außenpolitischer Erfolg der Regierung Sheinbaum gewertet werden, die - anders als Kanada - keine direkten Vergeltungsmaßnahmen angekündigt hatte. Nach der ursprünglichen Bekanntgabe der Zölle sagte Claudia Sheinbaum in einer Videobotschaft, Mexiko wolle "eine Konfrontation vermeiden" und kündigte ihre Bereitschaft zu Verhandlungen an. Nun stehen die Chancen gut, dass Zölle verhindert oder zumindest auf ein erträgliches Maß reduziert werden können.

Verhandlungsgeschick wird die mexikanische Regierung auch bei der anstehenden Revision des USCMA-Handelsabkommens brauchen. Die Gespräche dazu sollen demnächst starten und bis Mitte 2026 gehen. Donald Trump dürfte dabei versuchen, weitere Vorteile für die USA herauszuholen.

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