In Mexiko rollen immer mehr Elektroautos vom Band. Dieser Trend wird anhalten, da neben Tesla auch Autobauer wie Volkswagen oder BMW entsprechende Investitionen tätigen.
Pkw-Produktion erreicht Niveau von vor der Pandemie
Dank eines kräftigen Anstiegs der Pkw-Produktion im Jahr 2023 wurde das Vorpandemieniveau von 3,8 Millionen Fahrzeugen wieder erreicht. Das Plus gegenüber 2022 betrug 14,2 Prozent, so der Verband der Automobilindustrie AMIA (Asociación Mexicana de la Industria Automotriz). Für 2024 rechnet AMIA mit 4 Millionen bis 4,1 Millionen produzierten Pkw. Damit werden in Mexiko ähnlich viele Autos hergestellt wie in Deutschland.
Neben einer deutlichen Erholung der Pkw-Exporte (+15,2 Prozent auf 3,3 Millionen Fahrzeuge) entwickelte sich auch der lokale Absatz in Mexiko stark (+24,4 Prozent auf 1,4 Millionen Pkw). Jedoch werden nur rund 13 Prozent der in Mexiko hergestellten Fahrzeuge im Heimatmarkt verkauft. Der Rest geht ins Ausland, insbesondere in die USA.
Hersteller starten mit der Produktion verschiedener Elektromodelle
Volkswagen kündigte im Februar 2024 hohe Investitionen für die Umrüstung des Werkes in Puebla an. Mit Ausgaben von knapp 1 Milliarde US$ sollen in dem Werk künftig Elektrofahrzeuge hergestellt werden. Genauere Angaben machte das Unternehmen nicht. Holger Nestler, Geschäftsführer von Volkswagen de México sagte gegenüber lokalen Medien, dass "Volkswagen mit diesem zweiten Investitionspaket die Relevanz des Standortes bestätigt". Das erste Paket hatte der Konzern Ende 2022 bekannt gegeben, es umfasste unter anderem eine neue Lackieranlage.
Bereits im Februar 2023 kündigte BMW an, umgerechnet rund 860 Millionen US$ in den Standort San Luis Potosí zu investieren, damit dort ab 2027 vollelektrische Pkw der "Neuen Klasse" vom Band rollen.
Bei Ford ist man schon weiter: Hier wurde 2020 mit der Produktion des vollelektrischen Modells Mustang Mach-E in einem Werk nahe Mexiko-Stadt begonnen. Im Jahr 2023 fuhr Ford die Produktion dort um 20,5 Prozent auf rund 94.000 Stück hoch. General Motors startete im Oktober 2023 mit der Herstellung der Modelle Equinox EV und Blazer EV in seinem Werk im nordmexikanischen Ramos Arizpe (Bundesstaat Coahuila). Zuvor hatte der US-Konzern rund 1 Milliarde US$ in den Ausbau des Werkes investiert.
Wichtige Investitionsprojekte von Kfz-Herstellern in MexikoInvestitionen in Millionen US-DollarUnternehmen | Beschreibung | Investitionen | Anmerkung |
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Tesla | Gigafactory für Elektroautos in Santa Catarina (Nuevo León) | 5.000 | Vorarbeiten laufen; ab 2025 sollen Autos vom Band rollen |
Volkswagen | Investitionen in das Werk in Puebla zur Umrüstung auf Elektromobilität | 942 | Mitte Februar 2024 angekündigt |
BMW | Investitionen in das Werk in San Luis Potosí zur Herstellung von Elektrofahrzeugen ab 2026 | 860 | Ankündigung im Februar 2023; beinhaltet Montagezentrum für Hochvoltbatterien |
Volkswagen | Investitionen in das Werk in Puebla bis 2025 | 763 | Ende 2022 angekündigt; beinhaltet neue Lackieranlage |
Nissan | Investitionen in das Werk in Aguascalientes | 700 | Mitte 2022 angekündigt; sieht unter anderem neue Produktionslinie für das Modell CVT-X AXO vor |
Kia | Investitionen in Werk in Pesquería (Nuevo León) | 408 | Ausbau der Kapazität von 250.000 auf 400.000 Fahrzeuge jährlich; Herstellung des Elektromodells EV9 und eines anderen Hyundai-Modells |
Toyota | Anpassung der Produktionslinien des Werks in Apaseo El Grande (Guanajuato) | 328 | Herstellung der vierten Generation des Modells Tacoma (hybrid) |
Navistar | Ausbau des Werks in Escobedo (Nuevo León) | 120 | Angekündigt Anfang 2023, Ausbau soll bis 2026 abgeschlossen sein; jährliche Kapazität des Werks liegt bei 67.000 Nutzfahrzeugen |
Audi | Investitionen in Werk in San José Chiapa (Puebla) | k. A. | Herstellung einer Elektroversion des Modells Q5 ab 2026; geplant ist eine spiegelbildliche Kopie des bestehendes Werkes |
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024
Längerer Streik bei Audi Anfang 2024
Audi produziert das weltweite Angebot des Modells Q5 in Mexiko (Bundesstaat Puebla), mit Ausnahme eines Werks in China, das den dortigen Markt bedient. Nach einem fast einmonatigen Streik einigte sich das Unternehmen im Februar 2024 mit der Gewerkschaft Sitaudi auf eine Lohnerhöhung um 10,2 Prozent. Die Gewerkschaft hatte ursprünglich 15,5 Prozent gefordert. Am nahe gelegenen Werk von Volkswagen wurden die Gehälter 2023 um 8,1 Prozent angehoben. Landesweit ist zuletzt ein Erstarken der Automobilgewerkschaften zu beobachten.
Die größten Hersteller in Mexiko insgesamt waren 2023 General Motors, Nissan, Stellantis, Ford, Volkswagen und Toyota. Nissan stieg dank eines Produktionszuwachses von 57,5 Prozent vom dritten auf den zweiten Platz im Herstellerranking auf. Jede der genannten Firmen hat mindestens zwei Werke in Mexiko. Eine Übersicht der insgesamt 37 Autofabriken im Land bietet AMIA.
Die Automobilwerke haben sich in den vergangenen Jahren auf die starke Nachfrage in den USA nach Sport Utility Vehicles (SUV), Pick-ups und Geländewagen eingestellt. Dementsprechend führen nicht Klein- oder Kompaktwagen die Produktionszahlen an, sondern die Modelle Toyota Tacoma (250.000 hergestellte Einheiten im Jahr 2023) und General Motors Equinox SUV (229.000). Es folgten der Nissan Sentra (194.000), Audi Q5 (175.000) und Honda HR-V (167.000).
Wichtige Investitionsprojekte von Kfz-Zulieferern in MexikoInvestitionen in Millionen US-DollarUnternehmen | Beschreibung | Investitionen | Anmerkung |
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AGP Glass | Herstellung von High-Tech-Glas in Santa Catarina (Nuevo León) | 800 | Beliefert Tesla |
Nidec | Neues Werk zur Herstellung von Antriebsmotoren für Elektroautos | 715 | Noch keine Standortentscheidung getroffen |
Citic Dicastal | Neue Produktionsanlage zur Herstellung von Aluminiumfelgen in Ramos Arizpe (Coahuila) | 550 | Phase 1 im Juni 2023 eröffnet |
Michelin | Phase 2 des Ausbaus des 2019 in León (Guanajuato) eröffneten Werks | 400 | Soll 2024 in Betrieb gehen; insgesamt sechs Ausbaustufen geplant |
Ningbo Xusheng Group | Werk zur Herstellung von Teilen für Elektroautos in Saltillo (Coahuila) | 350 | Nach acht Werken in China jetzt erstes Werk in Mexiko |
ZF Friedrichshafen | Erweiterung des Werks in El Marqués (Querétaro) zur Herstellung von Bremstechnologie | 263 | Im Februar 2023 angekündigt |
Bosch | Investitionen in Werk in Aguascalientes zur Herstellung von Bremstechnologie | 258 | Beliefert unter anderem Nissan, Tesla und BMW |
ZKW | Ausbau des Werks in Silao (Guanajuato) | 255 | Produktion von Autoscheinwerfern; beliefert unter anderem Ford, BMW und General Motors |
Continental | Ausbau des Werks und Bau eines zweiten Werks in Las Colinas (Guanajuato) | 210 | Herstellung von Bremstechnologien und Federungssystemen |
BorgWarner | Neues Werk in San Luis Potosí zur Herstellung von Komponenten für Elektromotoren | 198 | Baubeginn Juli 2023 im Industriepark WTC 2 |
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024
Auch Zulieferer expandieren
Neben den Erstausrüstern (Original Equipment Manufacturer, OEM) errichten auch Tier-1- und Tier-2-Zulieferer neue Werke in Mexiko oder erweitern bestehende Produktionsanlagen. Die Pandemie legte die Anfälligkeit der globalisierten Lieferketten offen. Viele OEM möchten das Ausfallrisiko durch kürzere Lieferwege ihrer Zulieferer verringern. Wegen des großen Andrangs sind Industrieflächen in Nordmexiko bereits knapp, so Branchenkenner.
ZF Friedrichshafen etwa investiert über einen Zeitraum von vier Jahren rund 1 Milliarde US$ in Mexiko, berichtet Alberto de Icaza, Head of External Affairs Mexico im Interview mit GTAI. Dazu gehören ein neuer Komplex in Monterrey mit einem Forschungs- und Entwicklungszentrum für selbstfahrende Autos, ein neues Werk für Elektromobilität in Ciudad Juárez sowie der Ausbau verschiedener Werke. "In Saltillo etwa wollen wir zukünftig keine Kupplungen für Verbrennerautos mehr herstellen, sondern elektrische Wechselrichter für Elektroautos", erklärt de Icaza.
Auch der Automobilzulieferer KOSTAL weihte im Oktober 2023 in Querétaro ein neues Produktionszentrum für eingebaute Bordladegeräte (on-board chargers, OBC) für Elektrofahrzeuge ein. Die Fabrik mit 750 Beschäftigten wurde nahezu eins zu eins von einer bestehenden Produktionsanlage des Unternehmens in China übernommen und soll vor allem Fahrzeughersteller in den USA beliefern.
Fertigung von Autoteilen auf Rekordkurs
Mit einem Produktionsvolumen von 121,7 Milliarden US$ hat Mexiko nach Angaben des Autoteileverbandes INA (Industria Nacional de Autopartes) seinen Platz als weltweit viertgrößter Hersteller von Kfz-Teilen gefestigt. Dank eines Produktionsanstiegs von 17,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr wurde ein neuer Rekordwert erreicht. Für 2024 erwartet INA ein Produktionsvolumen in Höhe von 125,5 Milliarden US$. Im vergangenen Jahr wurden 87 Prozent der produzierten Autoteile ins Ausland exportiert, vor allem in die USA.
Zahlreiche deutsche Zulieferer sind in Mexiko vertreten, darunter Continental, ZF Friedrichshafen, Bosch, Dräxlmaier, Schaeffler, Mahle, Brose und ThyssenKrupp. Auch ausländische Branchengrößen wie Bridgestone, Pirelli, Lear Corporation, Magna und SKF sowie mexikanische Anbieter wie Condumex, GIS, Metalsa, Nemak und Rassini sind auf dem Markt präsent.
Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile nach Mexiko In Millionen US-Dollar, Veränderung in Prozent | 2022 | Veränderung 2022/2021 | aus Deutschland (2022) |
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SITC 778.3 Kfz-Elektrik | 3.729 | 8,1 | 141 |
SITC 784 Karosserien, Stoßstangen etc. | 29.615 | 13,7 | 2.295 |
SITC 773.13 Zündkabelsätze | 1.610 | 38,6 | 10 |
SITC 713.2 Motoren | 8.982 | 17,5 | 380 |
Summe | 43.936 | 14,8 | 2.826 |
Quelle: UN Comtrade 2024
Von Edwin Schuh
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Mexiko-Stadt