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Wirtschaftsumfeld | Mexiko | US-Wahl

Mexiko nach der US-Wahl: Zwischen Sorge und Selbstbewusstsein

Der wichtigste Handelspartner der USA bereitet sich auf harte Verhandlungen bei der Revision des USMCA-Abkommens vor. Zugleich weiß Mexiko um die eigene Stärke.

Von Björn Lisker | Mexiko-Stadt

Vertreter aus Politik und Wirtschaft in Mexiko haben auf den Ausgang der Präsidentschaftswahl in den USA mit einer Mischung aus Besorgtheit und Selbstbewusstsein reagiert. Sorgen bereitet die Ankündigung von Donald Trump, Strafzölle zu verhängen, sollte die mexikanische Regierung bei Migration, Drogenhandel und in der Chinapolitik nicht den Vorgaben aus Washington folgen. Das hatte Trump in den letzten Tagen vor der Wahl mehrfach angedroht. Zugleich wird selbstbewusst darauf hingewiesen, dass nicht nur Mexiko abhängig ist vom großen Nachbarn im Norden, sondern umgekehrt dieser auch von Mexiko.

Mexiko ist der wichtigste Handelspartner der USA. Rund 15 Prozent der US-Importe kommen aus mexikanischer Fertigung. Beide Länder teilen eine 3.200 Kilometer lange Grenze, über die in beide Richtungen täglich Waren im Wert von 2 Milliarden US-Dollar (US$) gehen; dieses Volumen dürfte weltweit einmalig sein.

"Fraglos haben die Androhungen eine gewisse Nervosität hier im Land erzeugt, aber keine Panik", beschreibt der Geschäftsführer der AHK Mexiko, Johannes Hauser, die Stimmung der Unternehmerschaft. Und er ergänzt: "Aus den Erfahrungen der USMCA-Verhandlungen wissen wir, dass Donald Trump immer mit Extremforderungen auftritt."

Trumps Forderungen an die mexikanische Regierung 

Angekündigt hat der Republikaner, dass er der mexikanischen Präsidentin Claudia Sheinbaum zeitnah drei Forderungen diktieren will: Mexikos Militär müsse die Südgrenze zu Guatemala wieder besser schützen, um Migranten den Transit durch Mexiko in Richtung USA zu versperren. Zudem erwarte er ein härteres Vorgehen gegen die Drogenkartelle. Und sie solle die Avancen chinesischer Unternehmen zurückweisen, die in Mexiko investieren wollen. Sollte Sheinbaum seine Forderungen nicht erfüllen, werde er Waren aus Mexiko zunächst mit 25 Prozent besteuern, dann mit 50 und schließlich mit 100 Prozent.

"Wahlkampfgetöse“ sei das, zeigte sich der Vorsitzende der nationalen Automobilindustrie (AMIA), Odracir Barquera, überzeugt. Und der Präsident des Unternehmerrats für Außenhandel (Comce), Sergio Contreras, pflichtet ihm bei: "Trump redet viel, aber er wird sich nicht in den eigenen Fuß schießen." Davon geht auch AHK-Geschäftsführer Johannes Hauser aus. Trump sei klar, dass die negativen Auswirkungen durch eine importierte Inflation für die US-Konsumenten gravierend wären. "Deswegen glaube ich nicht, dass die Drohungen in der extremen Form umgesetzt würden.“ Mit ihnen würden beispielsweise nicht nur die aus Mexiko eingeführten Autos teurer. Auch solche aus amerikanischer Produktion würden sich verteuern, denn ohne die Komponenten vom südlichen Nachbarn läuft in den USA kaum ein Auto vom Band.

Gleichwohl muss sich Mexiko auf harte Gespräche vorbereiten. Im Sommer 2026 entscheiden die Regierungen der USA, Kanadas und Mexikos turnusmäßig, ob sie am NAFTA-Nachfolgeabkommen USMCA festhalten. Erwartet wird, dass Trump die Gespräche für Neuverhandlungen nutzen wird mit dem Ziel, die Rolle der US-Wirtschaft zu stärken und Mexikos Attraktivität als Nearshoring-Standort zu schmälern. Claudia Sheinbaum hat beim Thema China bereits vor Wochen Entgegenkommen signalisiert und angekündigt, die Importe zurückfahren zu wollen. Wirtschaftsminister Marcelo Ebrard ist mit Unternehmen im Gespräch, um zu prüfen, welche Rohwaren und Komponenten im Land gefertigt werden könnten.

Mexikos neue Präsidentin muss Trump überzeugen

Das allein wird Trump nicht genügen. Besonders die Zahl der Migranten muss zeitnah sinken, um seinen Wählern einen sichtbaren Erfolg präsentieren zu können. Die Androhung von Strafzöllen hatte sich für ihn schon in seiner ersten Amtszeit bewährt, da Mexiko daraufhin 27.000 Soldaten an die Südgrenze zu Guatemala entsandte, um Asylsuchenden den Transit Richtung USA zu versperren. Die Wiederholung einer solchen Aktion würde innenpolitisch zwar als Einknicken der mexikanischen Präsidentin gegenüber Trump gewertet werden. Würde der aber stattdessen die Grenzkontrollen zu Mexiko verschärfen, hätte dies weit dramatischere Konsequenzen: Der Warenfluss würde sich verlangsamen, der Absatz sinken, auch Probleme in den eng getakteten Lieferketten wären die Folge.

Erstmals persönlichen Kontakt hatten Trump und Sheinbaum, als die Mexikanerin dem US-Politiker nach der Wahl telefonisch zum Sieg gratulierte. Immerhin: Der Anruf verlief nach ihren Angaben harmonisch. Man habe sich gegenseitig der guten bilateralen Beziehungen versichert.

Unter den deutschen Unternehmern in Mexiko überwiegt derweil der Optimismus. Bei der jüngsten Konjunkturumfrage der AHK Mexiko, die im Oktober und somit kurz vor den US-Wahlen stattfand, bezeichnen 93 Prozent der Teilnehmer die aktuelle Geschäftsentwicklung als "gut“ oder "zufriedenstellend“. Mit Blick auf die nächsten zwölf Monate antworteten 52 Prozent, sie erwarteten nochmals bessere Geschäfte, 34 Prozent rechnen mit einer gleichbleibenden Entwicklung. Der Optimismus spiegelt sich auch bei geplanten Investitionen und Einstellungen wider.

Für Optimismus ist durchaus Platz

Besonders kräftig investieren aktuell die deutschen Automobilzulieferer in Mexiko. Im 1. Halbjahr 2024 beliefen sich die Investitionen auf 885 Millionen US$ ein historischer Rekord. Das entsprach dem Dachverband der Kfz-Teile-Industrie INA zufolge 54 Prozent aller Auslandsinvestitionen in dem Sektor. Deutschland belegte damit Platz 1 der Ursprungsländer.

Auch aus anderen Staaten fließen die Investitionen weiter. So kündigte der japanische Autobauer Toyota nur zwei Tage nach Trumps Wahlsieg an, knapp 1,5 Milliarden US$ in seine beiden Werke in Mexiko zu investieren. Offenbar teilen die ausländischen Investoren die Ansicht vieler Mexikaner, dass Trumps erste Amtszeit für Mexiko alles in allem doch ganz gut gelaufen sei. Schließlich profitierte das Land von dessen Handelskrieg gegen China. Das könnte sich in Trumps zweiter Amtszeit durchaus wiederholen, wenn Mexikos Regierung der Linie des US-Präsidenten bei Handel, Migration und Sicherheit folgt.

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