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Wirtschaftsumfeld | Mexiko | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Arbeitsmarkt

Das knappe Angebot an technischen Fachkräften ist für deutsche Unternehmen in Mexiko ein Problem. Das Outsourcing von Personal ist seit 2021 nicht mehr zulässig.

Von Edwin Schuh | Mexiko-Stadt

Mexikos Arbeitsmarkt hat sich von den Schocks der Coronapandemie erholt. Die Arbeitslosigkeit lag im März 2022 dem Statistikamt INEGI zufolge bei 3,5 Prozent - sogar leicht unter dem Wert vor der Pandemie im Januar 2020 (3,7 Prozent). Viele Beschäftigte kehren dank sinkender Coronazahlen seit Jahresbeginn wieder in die Büros zurück und es finden vermehrt Veranstaltungen, Messen und Meetings in Präsenz statt. Häufig wird ein hybrides Modell gefahren, mit der Option sowohl einer physischen als auch einer virtuellen Teilnahme.

Im Büroalltag sind Videokonferenzen nicht mehr wegzudenken. Insbesondere bei größeren Firmen ersetzen sie viele Dienstreisen und Kundenmeetings. In Großstädten sind virtuelle Treffen zudem ein gängiges Mittel geworden, um dem Verkehrschaos zu entgehen. Auch Bewerbungsgespräche finden zunehmend digital statt, hauptsächlich bei einem ersten Kennenlernen der Bewerber.

Informalität weit verbreitet

"Die im internationalen Vergleich geringe Arbeitslosigkeit in Mexiko ist trügerisch, denn Informalität und Unterbeschäftigung sind weit verbreitet", sagt Rosemarie Fleischmann von der Personalberatung Boege & Business in Mexiko-Stadt. Vor allem im Einzelhandel, im Dienstleistungssektor und in der Landwirtschaft ist der Anteil informell Beschäftigter hoch. "Da die Personen nicht in der Sozialversicherung IMSS (Instituto Mexicano del Seguro Social) registriert sind, haben sie keinen Zugang zum Gesundheitssystem und werden nicht vom Arbeitsschutz gedeckt", so Fleischmann. Im Dezember 2021 war deutlich mehr als die Hälfte der arbeitenden Bevölkerung (rund 56,5 Prozent) informell tätig - das entspricht 32 Millionen Menschen, so das Statistikamt INEGI. Zum Vergleich: Formell beschäftigt waren zu dem Zeitpunkt nur 25 Millionen Mexikaner.

Allgemeine Arbeitsmarktdaten

Bevölkerung (2021, in Mio.)

128,0

Erwerbspersonen (2021, in Mio.) 1)

88,3

Erwerbstätige (2021, in Mio.)

56,6

Arbeitslosenquote, offizielle (2021, in %, nach ILO-Definition)

4,4

Analphabetenquote (2020, in %) 2)

4,8

Universitätsabschluss (2020, in %) 3)

18,8

1) Bevölkerung zwischen 15 und 65 Jahre; 2) Bevölkerung ab 15 Jahre; 3) Bevölkerung ab 25 JahreQuelle: INEGI (Encuesta Nacional de Ocupación y Empleo, ENOE); Weltbank

Personal-Outsourcing ist seit 2021 verboten

Eine wichtige Neuerung im mexikanischen Arbeitsmarkt ergab sich 2021 mit dem Verbot des Outsourcings von Personal. Seit dem 1. September 2021 müssen Beschäftigte, die im Kerngeschäft eines Unternehmens tätig sind, auch direkt dort angestellt sein. Davor waren rund 5 Millionen Personen über Dritte beschäftigt und erlitten dadurch arbeitsrechtliche Nachteile. Branchenkennern zufolge mussten auch viele deutsche Unternehmen aufgrund dieser Gesetzesänderung Teile ihres Personals direkt beschäftigen.

Insgesamt wurden acht Gesetze angepasst, wobei das Bundesarbeitsgesetz (Ley Federal de Trabajo, LFT) am stärksten geändert wurde. Dienstleistungen, die nicht zum Kerngeschäft eines Unternehmens gehören, können weiterhin outgesourct werden. Dazu gehören etwa Reinigung, Buchhaltung oder Wachdienste. Gemäß der Sozialversicherung IMSS wurden dank dieser Arbeitsmarktreform rund 3 Millionen Personen neu direkt bei den Unternehmen angestellt, bei denen sie auch arbeiten.

Personalsuche bleibt schwierig

Deutsche Unternehmen in Mexiko beklagen den Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften. Dies gilt vor allem für technische Berufe, die kein Hochschulstudium verlangen. Aber auch im mittleren Management sind Positionen im technischen Vertrieb, in der Qualitätskontrolle und im Projektmanagement schwer zu besetzen. Seit den in der Coronapandemie entstandenen Lieferkettenproblemen besteht zudem ein hoher Bedarf an Logistikexperten, bei gleichzeitig geringem Angebot an solchen Fachkräften.

Häufig müssen kompetente Personen daher von der Konkurrenz abgeworben werden, berichtet der Mexiko-Repräsentant eines deutschen Unternehmens aus dem Bereich der erneuerbaren Energien. Die betroffenen Personen wüssten, dass sie begehrt sind - und würden dementsprechend hoch pokern bei Gehaltsverhandlungen. Personalvermittlungsagenturen wie Manpower, Michael Page oder Hays können bei der Personalsuche helfen; auf deutsche Unternehmen spezialisiert ist zudem Boege & Business. Die Agenturen sind insbesondere bei der Vermittlung von Führungskräften nützlich.

Produzierende Unternehmen fragen vor allem Angestellte unterhalb des Ingenieurlevels nach. Besonders schwer zu finden sind erfahrene Mitarbeitende im Werkzeug- und Formenbau sowie für das Schweißen und Einrichten von Maschinen. Häufig müssen junge Menschen im Unternehmen angelernt werden, wobei Vertreter deutscher Firmen generell zufrieden mit dem Arbeitseinsatz und der Lernfähigkeit mexikanischer Mitarbeitender sind. Auch technische Spezialisierungen in Kombination mit Englischkenntnissen sind selten. Allerdings verbessert sich das Fremdsprachenniveau allmählich mit dem Eintritt der jüngeren Generation in den Arbeitsmarkt.

Bildungssystem mit Mängeln

Das öffentliche Bildungssystem in Mexiko ist mangelhaft, wie die jüngste Pisa-Studie aus dem Jahr 2018 belegt. Dort schnitt Mexiko mit Rang 56 unter 77 Ländern nur schwach ab. Vor allem im Bereich Mathematik wiesen mexikanische Schüler Mängel auf. Im Vergleich zu anderen lateinamerikanischen Ländern stand Mexiko jedoch vergleichsweise gut dar: Nur Chile (Rang 46) und Uruguay (52) haben bessere Bewertungen bekommen.

In Mexiko gibt es nur wenige Hochschulen, die im internationalen Vergleich gut abschneiden. Das Tecnológico de Monterrey (Tec) und die Universidad Nacional Autónoma de México (UNAM) etwa belegen im QS Ranking der besten Universitäten Lateinamerikas 2022 Platz vier und sechs und gehören weltweit zu den 200 besten Universitäten. Das Tec betreibt landesweit 26 Campusse und ist dafür bekannt, dass Absolventen gute Voraussetzungen für eine Einstellung bei Industrieunternehmen mitbringen. Die UNAM ist mit aktuell rund 360.000 Studierenden die größte Universität Lateinamerikas.

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