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Kaschmir: Mongolei will mehr "weißes Gold“ im Land verarbeiten

Die Mongolei ist reich an tierischen Rohstoffen. Sie werden aber nur sehr selten auch verarbeitet. Mittelfristig sollen Woll- und Lederprodukte zu Exportschlagern aufsteigen.

Von Viktor Ebel | Almaty

Die Mongolei ist der am dünnsten besiedelte Staat der Welt, zumindest wenn es nach der Einwohnerzahl geht. Anders sieht es bei der tierischen Population aus: Knapp 58 Millionen Tiere grasten 2024 in den weiten Steppen des Landes. Neben Schafen, Rindern, Pferden und Kamelen sind hier auch besonders viele Kaschmirziegen anzutreffen, aus deren Fell die begehrte Kaschmirwolle gekämmt wird. Der warme, leichte und isolierende Stoff liegt im Trend. 

Die Analysten von Fortune Business Insights schätzen, dass der Markt für Kaschmirbekleidung weltweit von knapp 3,5 Milliarden auf fast 5 Milliarden US-Dollar (US$) zwischen 2024 und 2032 ansteigen wird. Die Mongolei steht für etwa 40 Prozent der weltweiten Kaschmirproduktion. Ein Großteil der auch als "weißes Gold“ bezeichneten Kaschmirwolle wird aber unverarbeitet exportiert, vor allem nach China und Italien. Mit einem Förderprogramm will die Regierung das nun ändern und damit auch die dringend benötigte Diversifizierung der vom Bergbau dominierten Wirtschaft anstoßen.

Investitionskredite für Textil- und Lederindustrie angekündigt

Im Rahmen der Kampagne "Weißes Gold“ strebt die Regierung einen deutlichen Ausbau der lokalen Verarbeitung bis 2028 an. Dafür hat das Ministerium für Nahrungsmittel, Landwirtschaft und Leichtindustrie einen Finanzierungsrahmen für zweckgebundene Investitionen von knapp 220 Millionen US$ mit zehn Banken im Land vereinbart. Das Geld soll in die Textil- und Lederindustrie fließen und unter anderem dem Einkauf neuer Anlagen dienen. Die damit erzielbare zusätzliche Wertschöpfung könnte alleine im Kaschmirsegment die Exporte in den nächsten Jahren auf fast das Doppelte hochschnellen lassen, schätzt die Regierung.

Programm "Weißes Gold“ strebt höhere Wertschöpfung bei Wolle und Leder anAnteil in Prozent
 

Ist-Wert (2024)

Ziel für 2028

Verarbeitung von Kaschmir

20

40

Verarbeitung von Schafwolle

25

55

Verarbeitung von Häuten und Fellen

30

50

Quelle: Nationale Nachrichtenagentur der Mongolei (Montsame) 2025

In der Mongolei werden jährlich durchschnittlich 37.000 Tonnen Schafwolle, 10.000 Tonnen Kaschmir, 2.000 Tonnen Kamelhaare, 400 Tonnen Yakwolle und 18 Millionen Stück Häute und Felle produziert, wie die mongolische Nachrichtenagentur Montsame meldet. Um diese verstärkt zu verarbeiten, werden mongolische Unternehmen in den nächsten Jahren Kardier-, Spinn-, Färbe-, Strick- und Veredelungsmaschinen sowie Anlagen für das Bearbeiten von Leder anschaffen müssen.

Technik muss aus dem Ausland beschafft werden

Dabei ist die Mongolei auf Technik aus dem Ausland angewiesen. Die Importe von Textil- und Ledermaschinen waren in den letzten Jahren bescheiden. Laut mongolischem Zoll beliefen sie sich 2023 auf 10 Millionen US$. Darunter entfiel der größte Anteil auf das Nachbarland China. Andere Lieferanten waren Japan, Italien und auch Deutschland. Wer neue Ausrüstung kauft, dürfte in Zukunft besonderen Wert auf Energieeffizienz legen. Das zeigt das Beispiel des Unternehmens Tumen Suljee, das Kaschmirbekleidung in Ulan Bator produziert.

Der Familienbetrieb erhielt ein Darlehen von der Khan Bank, um eine neue Maschine für die Produktion von Pullovern, Hosen, Handschuhen und Kopfbedeckungen zu kaufen. Die grüne Kreditlinie von einer der wichtigsten mongolischen Geschäftsbanken, die auch von internationalen Gebern mitfinanziert wird, ist 60 Millionen US$ schwer und fördert seit 2023 umweltfreundliche Projekte im Land. Mit Erfolg: Im Interview mit der Weltbank-Gruppe gibt der CEO von Tumen Suljee an, dass der Energieverbrauch pro Kleidungsstück um 21 Prozent gesenkt werden konnte und die Produktivität deutlich gestiegen ist.

 "Ich sah, wie energieeffiziente Technik das Geschäft verändern kann, und nun setze ich nur noch auf energieeffiziente Maschinen“, 

sagt Namkhaijamts Erdenebat, CEO Tumen Suljee. 

Mongolei profitiert bis 2027 von zollfreien Exporten in EU

Laut Fortune Business Insights war Europa 2024 mit einer Marktgröße von 1,4 Milliarden US$ der wichtigste Absatzmarkt für Kaschmirprodukte. Vor allem in Deutschland, Frankreich und Italien ist das edle Material gefragt. In diese und weitere EU-Länder kann die Mongolei ihre Wollerzeugnisse, darunter auch solche aus Kaschmir, vorerst bis 2027 zollfrei exportieren. Damit unterstützt Brüssel das Land dabei, alternative Exportindustrien aufzubauen und seine Wirtschaft zu diversifizieren. 

Darüber hinaus läuft mit International Trade Development in Mongolia (ITDM) seit 2024 ein EU-finanziertes Projekt in der Mongolei, das mongolischen Unternehmen den Weg nach Europa ebnen soll. Fachleute beraten, um den Weg für internationale Produktstandards, Geschäftspläne und digitale Lösungen zu ebnen. Der abgelegene, zwischen Russland und China eingeklemmte Binnenstaat erhofft sich davon auch neue Vertriebsstrukturen.

Kaschmirproduktion hat auch ihre Grenzen

Die Zahl der Weidetiere in der Mongolei hat sich seit 1990 mehr als verdoppelt, so Zahlen des mongolischen Statistikamtes. Darunter leidet Umweltfachleuten zufolge die Steppe, die aufgrund von Überweidung zu degradieren droht. Vor allem die Kaschmirziege hinterlässt große Schäden.

Hinzu kommen extreme Wetterphänomene wie Dzud, ein besonders kalter Winter mit viel Schnee, in dessen Folge zuletzt 2023/24 fast 5 Millionen Tiere verhungerten. Langfristig kann sich das verarbeitende Gewerbe nicht auf Kaschmir allein verlassen. Auch alternative Tierfasern wie Yakwolle und Kamelhaare müssen stärker als bisher berücksichtigt werden.

Aufholjagd beim Onlineshopping hat begonnen

Das dünn besiedelte, teils schwer zugängliche Land bietet für Händler nicht die besten Voraussetzungen. Deswegen sind digitale Vertriebswege auch im Binnenhandel der Mongolei enorm wichtig. Die Vereinten Nationen (UN) bescheinigen dem Land einige Fortschritte, beispielsweise bei der Internetanbindung der Bevölkerung.

Laut Zahlen der UN hat die Mongolei zwischen 2017 und 2021 sogar die Aufholjagd beim Onlineshopping angeführt. In diesem Zeitraum hat sich der Anteil der Bevölkerung, der in der Mongolei online eingekauft, von 7 auf 42 Prozent versechsfacht. Damit überholte das Land andere Binnenstaaten wie Kasachstan (38 Prozent) oder Nordmazedonien (31 Prozent).

Freihandelsabkommen mit EAWU vorerst auf Eis

Ein weiterer potenzieller Absatzmarkt für mongolische Woll- und Lederwaren ist die Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) mit einer 184 Millionen starken Bevölkerung, der auch der nördliche Nachbar Russland angehört. Im Jahr 2024 plante die Regierung der Mongolei, ein vorläufiges Freihandelsabkommen mit dem Wirtschaftsblock abzuschließen, welches Zölle und Quoten für 375 Waren abgeschafft hätte.

Die Unterzeichnung wurde im Dezember 2024 jedoch verschoben, wie auf dem Portal Global Voices zu lesen ist. Mongolische Unternehmen und Verbände äußerten sich besorgt, dass günstige landwirtschaftliche Erzeugnisse aus Russland den heimischen Markt überschwemmen und der mongolischen Wirtschaft schaden könnten.

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