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Bürgerkrieg in Myanmar gefährdet Versorgung mit Seltenen Erden
Die Kämpfe in Myanmar könnten Lieferketten in Branchen unterbrechen, die auf bestimmte Seltene Erden angewiesen sind. China spielt eine entscheidende Rolle.
20.12.2024
Von Frank Malerius | Bangkok
Seltene Erden aus Myanmar sind für eine Vielzahl von industriellen Anwendungen unverzichtbar. China ist zwar mit Abstand größtes Förderland von Seltenerdelementen. Myanmar folgt nach den USA aber bereits an dritter Stelle.
Bei einigen Seltenen Erden hat China keine Selbstversorgung erreicht. Chinesische Bergbauunternehmen kamen auch wegen eines Schwenkes der chinesischen Rohstoffpolitik ab 2012 nach Myanmar. Die dort abgebauten Seltenen Erden sollten die chinesischen Ressourcen schonen. Unternehmen aus dem Reich der Mitte kontrollieren seitdem den Abbau in dem südostasiatischen Land. Niemand sonst fördert dort
Kritische Rohstoffe aus Myanmar: Dysprosium und Terbium
Chinesische Firmen bauen die kritischen Rohstoffen ab und liefern diese in die Volksrepublik. Bei ihren Aktivitäten kooperieren sie mit dem Militär Myanmars, dennoch sind vielerorts die Minen de facto ohne Regulierung.
Da China rund 75 Prozent seines Nachschubs an schweren Seltenen Erden aus Myanmar bezieht, könnten die andauernden Konflikte zu signifikanten globalen Engpässen führen. Besonders kritisch ist dies für den Technologiebereich und den Energiesektor, die stark auf diese Materialien angewiesen sind.
Unübersichtliche Lage
Die Situation ist brüchig. "Myanmar liefert 57 Prozent der weltweiten Produktion an Dysprosium und Terbium", sagt Giese weiter. "Die Bergbauregionen Shan und Kachin sind strategisch entscheidend."
Rebellen haben mehrere zentrale Umschlagplätze in den dortigen Minengebieten eingenommen, was die ohnehin fragilen Lieferketten weiter destabilisiert hat. Besonders schwer wiegen auch temporäre Grenzschließungen durch China, die den Exportfluss erheblich beeinträchtigen. Derzeit kontrolliert die Militärjunta nur noch einen einzigen Grenzübergang in den Hauptabbauregionen, während Rebellen fast die Hälfte des Landes beherrschen.
In vielen Abbaugebieten haben internationalen Medienberichten zufolge lokale Milizen die Macht übernommen, insbesondere im an Seltenen Erden reichen sogenannten Kachin-Staat, der nördlichen Region Myanmars, die an China grenzt. Diese Meldungen sendeten Schockwellen an Internationalen Rohstoffmärkten: Die Preise von Seltenen Erden schossen zwischenzeitlich in die Höhe. Dabei wurde die Förderung an vielen Orten des Landes gar nicht unterbrochen, in der insgesamt unübersichtlichen Lage sprechen einige Medien sogar von Förderrekorden im Jahr 2023.
China sucht Lösungen
Dennoch glauben Beobachter, dass chinesische Minenbetreiber den Handel mit Seltenen Erden mit lokalen Milizen - etwa zu deren finanzieller Versorgung - nicht ohne weiteres weiterführen können. Denn sie müssen fürchten, die alten Machthaber zu verärgern, auf Kosten zukünftiger Geschäfte. Für Myanmar gehören Seltene Erden zu den wichtigen Devisenquellen.
China ist insgesamt der mit Abstand wichtigste Investor und Handelspartner für Myanmar. Die Volksrepublik betreibt dort nicht nur Minen. Sie hat unter anderem eine Ölpipeline gebaut, die vom Indischen Ozean durch das Land bis in die chinesische Provinz Yunnan verläuft.
Myanmar das ärmste Land in Südostasien
Das Militär hat die Ergebnisse der Parlamentswahlen von 2020 nicht anerkannt und kämpft in weiten Teilen des Landes gegen lokale Milizen. Bewaffnete Aufstände hat es auch in Zeiten früherer Militärherrschaften und in den demokratischen Zwischenperioden in dem Vielvölkerstaat gegeben. Allerdings in geringerem Ausmaß als derzeit.
An der Bevölkerung in den Abbauregionen geht der allergrößte Teil der Wertschöpfung auch deshalb vorbei, weil die Weiterverarbeitung in der Volksrepublik stattfindet. Die mit dem Abbau verbundenen Eingriffe in die Umwelt geschehen zudem ohne Mitsprache lokaler Bevölkerungsgruppen.
Das Land mit seinen 54 Millionen Einwohnern war schon vor dem Ausbruch des Bürgerkriegs das mit Abstand ärmste der südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN. Nach Angaben der Weltbank lebt ein Drittel der Bevölkerung seit dem Ausbruch des Konfliktes unter der Armutsgrenze. Die Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung dürfte 2024 auf gerade einmal rund 1.180 US-Dollar fallen.