Die Zwangsvollstreckung (tenuitvoerlegging) nach niederländischem Recht fußt vor allem auf den Artikeln 430 ff.--folgende der niederländischen Zivilprozessordnung (Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering - im Folgenden: "WBR").
Voraussetzung für die Durchführung der Zwangsvollstreckung ist, dass der Zwangsvollstreckungsgläubiger einen vollstreckbaren Titel (executoriale titel) hat. Vollstreckbare Titel sind Entscheidungen von niederländischen Gerichten (z.B.--zum Beispiel Urteile (vonnis) und Beschlüsse (beschikking)), öffentliche Urkunden (authentieke akte) sowie sonstige Dokumente, die laut Gesetz vollstreckbar sind (Artikel 430 Absatz 1 WBR). Hierzu zählen beispielsweise Schiedssprüche mit Vollstreckungsbewilligung (Artikel 1062 Absatz 1 WBR) (vgl.--vergleiche Abschnitt Außergerichtliche Streitbeilegung dieses Länderberichts). Die beglaubigte Abschrift (grosse) des vollstreckbaren Titels muss am oberen Rand den Wortlaut "Im Namen des Königs" ("In naam des Konings") tragen (Artikel 430 Absatz 2 WBR). Der vollstreckbare Titel muss dem Zwangsvollstreckungsschuldner zugestellt (betekening) werden (Artikel 430 Absatz 3 WBR).
Gegenstand der Zwangsvollstreckung kann grundsätzlich das gesamte Vermögen des Schuldners sein - sowohl bewegliche als auch unbewegliche Vermögenswerte sowie Forderungen. Es sind jedoch Beschränkungen im Hinblick auf die Vollstreckung zu beachten (Artikel 447 f WBR).
Das niederländische Zwangsvollstreckungsrecht kennt als Zwangsvollstreckungsmaßnahmen die Vollstreckungspfändung (executoriaal beslag). Hiermit können nicht nur bewegliche Gegenstände (roerende zaken) (Artikel 439 ff. WBR), sondern beispielsweise auch Rechte (rechten) (Artikel 474a ff. WBR), AG- und GmbH-Anteile (aandelen op naam in N.V. en B.V.) (Artikel 474c ff. WBR) (vgl. Abschnitt Gesellschaftsrecht dieses Länderberichts), Forderungen (onder derden) (Artikel 475 ff. WBR) sowie Immobilien (onroerende zaken) (Artikel 502 ff. WBR) gepfändet werden. Darüber hinaus kann auch ein Zwangsgeld (dwangsom) (Artikel 611 ff. WBR) und Ordnungshaft (lijfsdwang) (Artikel 585 ff. WBR) verhangen werden.
Vollstreckungsorgan ist der Gerichtsvollzieher (deurwaarder) (Artikel 434 WBR). Übergibt der Zwangsvollstreckungsschuldner die beglaubigte Abschrift des vollstreckbaren Titels an den Gerichtsvollzieher, so ermächtigt er diesen die Zwangsvollstreckung durchzuführen (Artikel 434 WBR). Allein für die Ordnungshaft muss separat die Genehmigung des Gerichts eingeholt werden (Artikel 434 in Verbindung mit Artikel 585 WBR).
Der Zwangsvollstreckungsschuldner kann vor dem Bezirksgericht (rechtbank) gegen die angeordneten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen vorgehen. Die örtliche Zuständigkeit des Bezirksgerichts richtet sich nach den allgemeinen Regeln (vgl. Abschnitt Zuständige Gerichte dieses Länderberichts). Es kann aber auch das Gericht angerufen werden, in dessen Bezirk die Pfändung durchgeführt wurde oder werden wird, der betroffene Besitz belegen ist oder die Vollstreckung erfolgen wird (Artikel 438 Absatz 1 WBR). Die Vollstreckungsstreitigkeit kann sich allein auf den Gegenstand der Vollstreckung beziehen. Bei materiellen Einwänden gegen den der Zwangsvollstreckung zugrundeliegenden Anspruch muss der Zwangsvollstreckungsschuldner die normalen Rechtsmittel anstrengen (vgl. Abschnitt Zuständige Gerichte dieses Länderberichts).
Germany Trade & Invest (Stand: September 2022)